Zusammenfassung
Ich bin der Ansicht, daß Zwischen der christlichen Lehre und der modernen Kirche als Ausüberin derselben ein ungeheuerer Unterschied besteht, den meder geistreiche Redewendungen noch wohlgemeinte Phrasen abzuleugnen wermögen. Der eigentliche Kern der ganzen christ lichen Lehre besteht in der Tat. Die Kirche hat mit der Zeit an ihre Stelle das Wort gefetzt. Aus der Handlung ist die predigt gemorden. Nehmen wir 3. B. die ganze Lehre Christi: überall finden wir, daß das Wort Gottes ihm undenkbar erscheint, ohne die Erfüllung desselben auf Erden. Es gibt nichts, was ihm höher erschiene, als die gute uneigennützige Tat. Ich betone das Wort uneigennützig, weil die moderne Kirche diese Eigenschaften nicht für sich in Anspruch nehmen kann. Sie hat bis jetzt so gut wie nichts dazu beigetragen, den Egoismus aus der Welt zu Schaffen. Dadurch, daß sie sich zur Dienerin des Staates gemacht hat, hat sie zu gleicher Zeit die Pflicht übernommen, die Interessen des Staates in jeder Beziehung walzunehmen. Sie hat also ihrem ganzen Wirkungskreis eine Befchrankung auferlegt, die das sogenannte praktische Christentum, wie es 3efus gelehrt hat, in feinen letzten Konsequenzen unmöglich macht. Und das nenne ich einfach eine Lüge.
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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
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Heininger, F. (1928). 1885–1900. In: Heininger, F. (eds) Religion und Dichtung. Literaturkundliche Lesehefte, vol 23. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-15827-1_2
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-15827-1_2
Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-663-15262-0
Online ISBN: 978-3-663-15827-1
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