FormalPara Zusammenfassung

Krankenhäuser können auf unterschiedliche Weise finanziert werden. Es bestehen verschiedene Ziele, die mit der Finanzierung von Krankenhäusern verbunden werden können. Der Beitrag gibt einen knappen Überblick über die möglichen Modelle der Krankenhausfinanzierung – insbesondere Budgets, Vergütung von unterschiedlich abgrenzbaren Leistungen (Pflegetage, medizinische Interventionen, Fälle), Vergütung für Behandlungserfolg – und stellt die diskutierten Anreizwirkungen mit Blick auf die Ziele dar. Ein „optimales“ System der Krankenhausfinanzierung existiert nicht, Spannungsverhältnisse müssen ausbalanciert werden, wobei Wertentscheidungen eine zentrale Rolle zukommt.

Hospitals can be financed in different ways. Different goals exist which can be achieved through mechanisms of hospital financing. The paper gives a brief overview over possible models of hospital financing – in particular budgets, paying for hospital days, medical interventions, cases, pay for performance are described with regard to the objectives of the incentives discussed and their effects. An “optimal” system of hospital finance does not exist. Trade-offs have to be balanced, with value-based decisions playing an important role.

1 Einleitung

Teilnehmer am Wirtschaftsleben reagieren auf ökonomische Anreize (Prendergast 1999). Dies gilt auch für Leistungserbringer im Gesundheitswesen, insbesondere Ärzte und Krankenhäuser (Christianson und Conrad 2011). Da Krankenhäuser weit überwiegend nicht auf Märkten direkt durch die Patienten, sondern durch staatliche Stellen oder Krankenversicherer bezahlt werden, besteht einerseits die Notwendigkeit, die Spielregeln dafür zu bestimmen, andererseits bietet diese Zahlungsbeziehung die Gelegenheit, durch die Ausgestaltung des Finanzierungsmechanismus erwünschte Verhaltensweisen hervorzurufen bzw. unerwünschte Verhaltensweisen negativ zu sanktionieren. Dies gilt insbesondere, als in den meisten Ländern die Krankenhausversorgung der größte „Ausgabenblock“ ist, auf den zwischen 20 und 40 % der Gesundheitsausgaben entfallen.Footnote 1

So überrascht es nicht, dass die Krankenhausfinanzierung in vielen Ländern regelmäßig Gegenstand von Auseinandersetzungen der Akteure und gesundheitspolitischen Reformen ist. Anreizbasierte Reformen der Krankenhausvergütung werden auch für Deutschland gefordert (Schreyögg 2017). In diesem Beitrag werden zunächst mögliche gesundheitspolitische Ziele thematisiert, die mit Vergütungssystemen für Krankenhäuser vor dem Hintergrund der Anreizwirkungen adressiert werden können, anschließend wird ein Überblick über mögliche Ausgestaltungen von Systemen der Krankenhausfinanzierung und ihre Wirkungen gegeben. Einige Schlussfolgerungen beschließen den Beitrag.

2 Ziele von Vergütungssystemen für Krankenhäuser

Vergütungssysteme für medizinische Leistungserbringer sind in der Regel auf mehrere Zielfelder hin ausgerichtet:

  • Bedarfsgerechte Versorgung: Das Vergütungssystem soll für die Krankenhäuser Anreize setzen, den – gesellschaftlich akzeptierten (dazu: Herr et al. 2018; Robra und Spura 2018) – Bedarf von Patienten in Art und Umfang zu decken. Würden die Krankenhäuser kein ausreichendes Interesse an der Teilnahme an der Versorgung und Erbringung der notwendigen Leistungen haben, würde dieses Ziel ebenso verfehlt wie wenn – umgekehrt – eine deutlich über dem Bedarf liegende Versorgung erbracht würde. Dies schließt ein, dass Krankenhäuser kein Interesse haben sollten, bestimmte Patienten nicht, andere hingegen bevorzugt zu behandeln, also nicht zur Risikoselektion von Patienten(kollektiven) angereizt werden.

  • Qualität der Versorgung: Die Versorgung soll nicht nur „irgendwie“ erbracht werden, sondern sie soll qualitativen Anforderungen genügen. Dies zielt zunächst auf den Prozess der Leistungserbringung, letztlich aber auf die Outcomes, also die Ergebnisqualität. Das Ziel schließt die Umsetzung des medizinisch-wissenschaftlichen und medizinisch-technischen Fortschritts bei der Leistungserbringung ein. Würde das Vergütungssystem auf die Erbringung qualitativ minderwertiger Leistungen hinzielen oder medizinischer Fortschritt unbeachtet bleiben, würde dieses Ziel verfehlt.

  • Effizienz bei der Leistungserbringung: Angesprochen ist zum einen die technische Effizienz, also sowohl die Verwendung der optimalen Kombination der Produktionsfaktoren für eine gegebene Leistung (Koopmans 1951) als auch die ökonomische Effizienz, nach der keine aufwändigere Leistung als erforderlich erbracht wird. Dies bezieht sich in einem weiteren Verständnis auch auf die Effizienz des einrichtungsübergreifenden Behandlungspfades – mithin auf die Frage, ob das Krankenhaus Anreize hat, die Übernahme der Patienten aus anderen Einrichtungen und die Weitergabe an andere Einrichtungen wirtschaftlich angemessen zu organisieren.

  • Gerechtigkeit gegenüber den Leistungserbringern: Mit dem Einsatz von Vergütungssystemen wird zudem Fairness gegenüber den Leistungserbringern angestrebt (Ellis und McGuire 1993): Dies bezieht sich auf den Vergleich mit anderen Wirtschaftszweigen oder anderen Sektoren des Gesundheitswesens, aber auch auf den Vergleich der Krankenhäuser untereinander. Als eine Minimalbedingung ließe sich formulieren, dass Leistungserbringer innerhalb des Vergütungssystems unter sonst gleichen Kosten- und Effektivitätsbedingungen gleichbehandelt werden (Sell 2000).

  • Fairness gegenüber den Kostenträgern: In einem System pluraler Finanzierungsträger ist zudem eine sachgerechte Zuordnung von Finanzierungsbeiträgen gegenüber den einzelnen Kostenträgern anzustreben. In einem wettbewerblichen Krankenversicherungssystem mit kollektiver Vergütungsordnung bedeutet dies zum Beispiel, dass vom Vergütungssystem keine verzerrenden Effekte auf den Kassenwettbewerb ausgehen sollten. Umgekehrt aber soll der Kassenwettbewerb über das Vergütungssystem effizienzsteigernd auf die Versorgung wirken (Ebsen et al. 2003). Daher sind z. B. unterschiedliche Preise, die etwa mit unterschiedlicher Marktmacht einhergehen, nicht ausgeschlossen (Barros und Olivella 2011).

In der mikroökonomischen Theoriebildung lassen sich meist unter zu spezifizierenden Voraussetzungen vergleichsweise klare Regeln formulieren, wie ein spezifisches Ziel durch die Ausgestaltung des Vergütungssystems angenähert werden kann. Die Operationalisierung in der institutionellen Realität ist demgegenüber deutlich komplexer. Zudem bestehen mannigfache Zielkonflikte.

3 Überblick über Maßstäbe für die Vergütung von Krankenhäusern

Grundsätzlich stehen zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung, wie Krankenhäuser vergütet werden können. Sie werden im Folgenden aufgelistet, bevor einzelne von ihnen ausführlicher besprochen werden (Breyer et al. 2013):

  • Vergütung der vom Krankenhaus eingesetzten Faktoreinsatzmengen (z. B. Arbeitszeit der Ärzte, verabreichte Medikamente, Abnutzung der Geräte)

  • Vergütung nach der Anzahl der vorgehaltenen Betten

  • Vergütung nach der Zahl aller behandelten Patienten, ggf. nach Diagnosen differenziert

  • Vergütung nach Anzahl und Art der erbrachten Leistungen (z. B. Operationen, Pflegetage etc.)

  • Vergütung nach der Zahl der potenziellen Patienten

  • Erreichen bestimmter Qualitäts- und Behandlungsziele (festgemacht an Strukturen, Prozessen oder Ergebnissen)

  • Ein von allen diesen Größen unabhängiges Budget

Die meisten dieser konzeptionell denkbaren Möglichkeiten sind international in einzelnen Gesundheitssystemen oder in Bereichen der Krankenhausversorgung auch bereits zum Einsatz gekommen.

3.1 Finanzierung der Krankenhäuser durch ein Budget

Das „einfachste“ Modell der Finanzierung von Krankenhäusern ist ihre Finanzierung durch ein Budget. Dies ist eine naheliegende Finanzierungsform zum Beispiel staatlicher Krankenhäuser in nationalen Gesundheitsdiensten, in denen das Gesundheitsministerium „seine“ Krankenhäuser finanziert. Aber auch in Krankenversicherungssystemen findet sich der Mechanismus, wobei bei Systemen mit mehreren Kostenträgern ein Mechanismus zur Verteilung des Budgets auf die einzelnen Finanzierer zu definieren ist. Budgets können sich auf die Gesamtheit der Ausgaben eines Krankenhauses oder nur auf einzelne Bereiche beziehen. So sind oftmals die Investitionskosten ausgenommen (für die dann eigene Spielregeln gelten), sodass sich das Budget dann nur auf die laufenden „Benutzerkosten“ bezieht. In Belgien bestand für während des Krankenhausaufenthaltes eingesetzte Arzneimittel ein Budget (Gerkens und Merkur 2010), in Deutschland wird ab 2020 ein eigenständiges Budget für die Kosten des Pflegepersonals eingerichtet.

Zumeist werden Budgets prospektiv – für einen künftigen Zeitraum – festgesetzt (Cylus und Irwin 2010). Dies gilt etwa auch für das seit 1984 in Deutschland praktizierte Budget für die Benutzerkosten (Tuschen 1984), das im Vorhinein zwischen den Krankenhäusern und den Krankenkassen vereinbart wird. Beim prospektiven Budget bestehen ceteris paribus für das Krankenhäuser Anreize, die Leistungen möglichst kostengünstig zu erbringen, denn überschreiten seine Kosten das Budget, muss es die Differenz tragen, umgekehrt kann es c. p. positive Deckungsbeiträge erzielen. Zu den Instrumenten des Krankenhauses, unter Budget Leistungen einzelwirtschaftlich kostengünstig zu erbringen, gehören allerdings auch Selektion von Patienten und Qualitätsminderung (Simon und Kühn 1999) – es bedarf daher entsprechender Qualitätssicherungsinstrumente.

Auch die Budgets der psychiatrischen Krankenhäuser sind prospektiv ausgerichtet. Dagegen ist das ab 2020 in Deutschland geltende Budget für die Pflegekosten retrospektiv und wird auf Basis der Ist-Ausgaben der Krankenhäuser für diesen Bereich bestimmt (vgl. den Beitrag von Leber und Vogt, Kap. 7 in diesem Band). Bei einem derart an den Selbstkosten orientierten retrospektiven Budget bestehen nur geringe Anreize zur Wirtschaftlichkeit; umgekehrt sind allerdings die Anreize, Ressourcen zu knapp einzusetzen, ebenfalls gering ausgeprägt und in Bezug auf die Pflegeintensität bestehen keine Anreize zur Risikoselektion.

Zu den Vorzügen des Budgets gehört seine gute Planbarkeit für Krankenhäuser und Finanzierer. Es drohen kurzfristig weder Einnahmeneinbrüche des Krankenhauses noch Ausgabenanstiege der Finanzierer. Zu den Nachteilen gehört, dass von ihm zumindest kurzfristig keine Anreize zu intensiver Leistungserbringung ausgehen. Daher wird das Budget teilweise nur zur Grundfinanzierung eingesetzt und durch andere Mechanismen ergänzt. So erhalten etwa die norwegischen Krankenhäuser ein Budget in Höhe von ca. 60 % der Ausgaben, 40 % werden nach erbrachten Leistungen vergütet (Cylus und Irwin 2010; Ringard et al. 2013).

Ceteris paribus hat ein Krankenhaus unter prospektivem Budget auch keine Anreize zu „guter Medizin“. Allerdings ist die damit verbundene Annahme, dass auch eine deutlich rückläufige Leistungsmenge in dynamischer Perspektive keine Effekte auf die Budgethöhe hat, weil einweisende Ärzte und Patienten das „schlechte“ Krankenhaus meiden, nicht besonders realistisch. Daher hängt die Wirkung auch von den realen Wettbewerbsverhältnissen ab (Herder-Dorneich und Wasem 1986).

Der Link zwischen Leistungsmenge und Budgethöhe kann auch direkt in den Findungsprozess des Budgets einbezogen werden, etwa indem dieses auch für die kurze Periode nicht starr, sondern flexibel ausgestaltet wird und mit der Leistungsmenge variiert. So ist das Budget in Deutschland seit 1984 (mit der Ausnahme von 1993 bis 1996, wo die Krankenhausbudgets jeweils fix waren) flexibel – seine Höhe verändert sich retrospektiv, wenn die realisierte Leistungsmenge von der bei der Festsetzung zugrunde gelegten Leistungsmenge abweicht. Auch das Budget für die psychiatrischen Einrichtungen wird prospektiv vereinbart, dann aber retrospektiv an die erbrachte Leistungsmenge angepasst (Klever-Deichert et al. 2017).

Soweit historische Budgets fortgeschrieben werden, stellt sich die Frage der Leistungsgerechtigkeit im Vergleich der Krankenhäuser. Die Beurteilbarkeit hängt von der Transparenz über die Leistungen ab, die von den einzelnen Krankenhäusern unter dem Budgetdeckel erbracht werden. Erst mit Einführung des DRG-Systems hatte sich vor 15 Jahren in Deutschland gezeigt, dass Krankenhäuser mit in etwa gleich großen Budgets sehr unterschiedliche Leistungsintensitäten aufwiesen. In Systemen mit mehreren Kostenträgern ist die Ermittlung der von diesen jeweils zu leistenden Budgetanteilen zu regeln – so wurde das Budget in Deutschland bis 2003/2004 im Kern nach Anteilen an den Pflegetagen des Krankenhauses aufgeteilt, seitdem wird es nach Anteilen der Krankenversicherer an seinem Case Mix auf die Kostenträger verteilt.

3.2 Vergütung nach Anzahl potenzieller Patienten

Einwohner einer Region oder Versicherte einer Krankenversicherung sind die Grundgesamtheit potenzieller Patienten eines Krankenhauses. In Verbindung mit historischen oder epidemiologischen Daten zur Krankenhaushäufigkeit (in den betreffenden Fachgebieten) können daraus Erwartungen zu der Zahl tatsächlicher Patienten abgeleitet werden. Die Vereinbarung einer Vergütung nach Zahl potenzieller Patienten kommt einem prospektiven Budget für ein Krankenhaus nahe und geht mit ähnlichen Anreizwirkungen einher.

Ein Beispiel ist ein Modellvorhaben in Itzehoe: Dort haben die Krankenkassen basierend auf der Zahl potenzieller Patienten mit dem Klinikum ein regionales Budget für die psychiatrische Versorgung vereinbart (König et al. 2010). Hierbei ändert sich das Budget ceteris paribus nicht, wenn das Krankenhaus verstärkt stationäre Aufenthalt durch ambulante Behandlungen substituiert, sodass ein Anreiz in Richtung effizienter Allokation der Produktionsfaktoren gesetzt ist. Ein solches Modell bedarf der regelmäßigen Anpassung etwa an epidemiologische Entwicklungen.

3.3 Vergütung nach Anzahl und Art der erbrachten Leistungen

In der Krankenhausbetriebslehre gibt es eine lange und intensive Diskussion, welche Leistungen ein Krankenhaus eigentlich erbringt – mögliche Definitionen reichen von kleinteiligen einzelnen Handgriffen über Aggregate mittlerer Größenordnung (häufig werden diese Aggregate „Zwischenprodukte“ genannt, z. B. Pflegetage, Operationen, Fälle) bis zur Heilung des Patienten als letztlich erstrebtem Ziel der Krankenhausbehandlung (Eichhorn 1987). Die Vergütung erbrachter Leistungen der Krankenhäuser findet in weitem Umfang in Gesundheitssystemen statt, – teilweise als alleiniges Instrument, teilweise in Verbindung mit anderen Mechanismen. Im Folgenden werden drei Varianten unterschieden.

Pflegetage als Anknüpfungspunkt für die Vergütung erbrachter Leistungen

Besonders prominent war lange Zeit die Definition von Pflegetagen als Zwischenprodukte der Krankenhäuser, an denen sich die Vergütung orientieren kann. Die Vergütung nach Pflegetagen kann über mehrere Krankenhäuser (z. B. einer Region) einheitlich, für jedes Krankenhaus individuell oder z. B. auch nach Fachabteilungen differenziert erfolgen. Die Anreize zur Wirtschaftlichkeit je Pflegetag variieren zwischen diesen Optionen: Am einen Ende stehen prospektive Pflegesätze, die für eine größere Zahl von Krankenhäusern einheitlich sind – hier bestehen starke Anreize, je Pflegetag möglichst wenig Ressourcen einzusetzen. Inwieweit dies auf ein qualitätsminderndes Cost Cutting hinausläuft, dürfte – ähnlich wie für das Budget oben beschrieben – insbesondere auch davon abhängen, ob und wie intensiv das Krankenhaus einem Wettbewerb ausgesetzt ist.

Werden hingegen die Pflegesätze krankenhausindividuell auf der Basis von Selbstkosten festgesetzt – so etwa „in Reinkultur“ im Rahmen der Bundespflegesatzverordnung von 1973 bis zum Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz von 1981 (Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung 1983) – ist der Anreiz zur wirtschaftlichen Erbringung eines Pflegetages deutlich abgeschwächt.

Von der Vergütung für Krankenhäuser über Pflegetage gehen Anreize aus, möglichst viele Pflegetage zu erbringen – was sowohl über eine Ausdehnung der Verweildauer der Patienten als auch über die Generierung von Krankenhausfällen erreicht werden kann. Anreize zur Verweildauerausdehnung werden insbesondere deswegen diskutiert, weil die Pflegesätze meist unabhängig von der Verweildauer sind, die täglichen Kosten eines Krankenhausaufenthaltes jedoch sinken, nachdem die Hauptleistung (z. B. Operation) erbracht worden ist (Neubauer 1984). In der Literatur wurden deswegen schon lange „degressive“ Pflegesätze diskutiert, die mit der Verweildauer sinken und so die Anreize zur Verlängerung der Aufenthalte abschwächen (GEBERA und Deutsches Krankenhausinstitut 1984). Mit dem PEPP-System ist ein solcher Ansatz seit wenigen Jahren nunmehr für den Bereich der psychiatrischen Krankenhausversorgung auch implementiert (Wasem et al. 2012).

Unterscheidet sich die Höhe der Pflegesätze zwischen den an der Versorgung teilnehmenden Krankenhäusern, entspricht dies dann dem Grundsatz der Leistungsgerechtigkeit, wenn die unterschiedlichen Ressourcenaufwände notwendig sind, insbesondere weil der durchschnittliche Schweregrad der Patientenkollektive sich entsprechend unterscheidet. Unter dieser Voraussetzung würden einheitliche Pflegesätze dem Grundsatz der Leistungsgerechtigkeit widersprechen. Inwieweit sich die Patientenkollektive zwischen den Krankenhäusern unterscheiden, kann allerdings nur dann festgestellt werden, wenn über Betriebsvergleiche Transparenz herstellt wird, indem entsprechende Messinstrument zum Einsatz kommen – wie dies etwa mit den Krankenhausvergleichen für die psychiatrischen Einrichtungen nach dem PsychVVG intendiert ist (Cuntz et al. 2017).

Prospektiv vereinbarte Pflegesätze lösen Anreize aus, überdurchschnittlich kostenintensive Patienten nicht zu behandeln – was dem Ziel einer bedarfsgerechten Versorgung widerspricht. Dies ist umso stärker ausgeprägt, je weniger sich – auch in dynamischer Perspektive – krankenhausindividuelle Charakteristika der Patientenstruktur in den Pflegesätzen niederschlagen können.

In einigen Gesundheitssystemen (z. B. den USA) verhandeln die Kostenträger mit den Krankenhäusern individuelle Pflegesätze. Diese spiegeln dann auch die Marktmacht der verschiedenen Krankenversicherer wider (Barros und Olivella 2011). Daraus entstehen Anreize für die Krankenhäuser, Unterdeckungen bei Patienten marktstarker Kostenträger bei den Pflegesätzen kleinerer Versicherer wieder einzuspielen.

Nicht selten wird die Vergütung nach Pflegetagen auch in Verbindung mit Budgets eingesetzt. So können tagesbezogene Pflegesätze auch zur Ablastung eines Budgets auf unterschiedliche Kostenträger eingesetzt werden – so etwa in Deutschland zwischen dem Krankenhausneuordnungsgesetz von 1984 und dem Übergang zum DRG-System ab 2003/2004. In dieser Konstellation ist das Krankenhaus einer komplexen Anreizstruktur ausgesetzt, die nicht zuletzt von den Details der Kombination beider Instrumente geprägt ist.

Therapeutische Interventionen als Anknüpfungspunkt für die Vergütung erbrachter Leistungen

Grundsätzlich können Krankenhäuser auch für die einzelnen therapeutischen Verrichtungen (z. B. diagnostische Tests, Operationen, Medikamentengabe) vergütet werden. Als alleiniges Merkmal der Krankenhausvergütung ist dies im Allgemeinen nicht der Fall, aber in Verknüpfung mit anderen Vergütungselementen durchaus verbreitet.

So sind etwa Belegarztsysteme, wie sie z. B. in den USA verbreitet sind, aber auch in anderen Ländern einschließlich Deutschland existieren (Walendzik et al. 2019), dadurch gekennzeichnet, dass die (beleg)ärztliche Leistung aus der allgemeinen Krankenhausvergütung herausgelöst und über Einzelleistungen vergütet wird. Dies bezieht sich primär auf Operationen, aber auch konservative Leistungen können belegärztlich erbracht werden. Für die Belegärzte bestehen Anreize, ihre Leistungsmenge auszudehnen. Die Anreize für die Krankenhäuser hängen hingegen von der organisatorischen und finanziellen Ausgestaltung der Schnittstelle zwischen belegärztlichen Leistungen und den an den Belegpatienten erbrachten übrigen Krankenhausleistungen ab. So stellt sich für das Krankenhaus die Frage, ob es ökonomisch attraktiver ist, anstelle belegärztlich erbrachter Operationen medizinische Interventionen durch eigenes Personal zu erbringen.

Auch die Vergütung privatärztlicher Leistungen durch die Chefärzte bzw. Krankenhäuser in Deutschland stellt eine gesonderte Finanzierung therapeutischer Interventionen dar. Hier handelt es sich um eine ungedeckelte Einzelleistungsvergütung mit entsprechenden Anreizen zur Leistungsausweitung, die auch in Überversorgung münden kann (Jörg 2015).

Ein in verschiedenen Ländern praktizierter anderer Ansatz ist, den Krankenhäusern besonders aufwändige Patientengruppen oder Indikationen oder Leistungen außerhalb des im Übrigen praktizierten Finanzierungssystems gesondert zu vergüten (vgl. den Beitrag von Stephani et al., Kap. 4 in diesem Band). Dies ist im Kontext der Vergütung der Krankenhausleistungen, die durch Fallpauschalen und Elemente von prospektiven Budgets gekennzeichnet ist, zu sehen. Sie sollen insbesondere verhindern, dass den diesen Finanzierungsmechanismen immanenten Anreizen zu Risikoselektion und Unterversorgung bei diesen Patientengruppen oder Indikationen gefolgt wird. In Deutschland geschieht dies etwa durch das Konstrukt der Zusatzentgelte.

Ähnlich ist die Motivation für die gesonderte Vergütung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Hierdurch soll insbesondere verhindert werden, dass die vom Fallpauschalen- und Budget-System ausgehenden Anreize zu einem unerwünscht geringen Einsatz medizinisch-technischer Innovationen führen.

Fälle als Anknüpfungspunkt für die Vergütung erbrachter Leistungen, insbesondere DRGs

In den letzten drei Jahrzehnten hat sich die Leistungsdefinition „Behandlung eines Patienten/Falles“ als Anknüpfungsmerkmal für die Vergütung von Krankenhäusern besonders verbreitet. Der Grundgedanke ist, eine Pauschale für einen Fall zu vergüten. Dabei werden die vergüteten Fälle in der Regel nach Schweregraden differenziert, etwa bei dem diagnosebezogenen Fallpauschalen-System DRGs. Die DRGs haben nach anfänglichem Einsatz in der Rentnerkrankenversicherung Medicare in den USA (ab 1984) zwischenzeitlich ihren „Siegeszug“ durch zahlreiche weitere Gesundheitssysteme angetreten (Cylus und Irwin 2010; Fischer 2008).

Bei einer Vergütung nach Fallpauschalen entsteht – ähnlich der Vergütung nach Pflegetagen – ein Anreiz, die Leistungsmenge auszudehnen: Während der Anreiz dort auf die Vermehrung der Zahl der Pflegetage gerichtet war, ist es hier rational, die Zahl der Fälle auszudehnen. Der Anreiz auf die Verweildauer ist umgekehrt zu der bei den Pflegetagen. Denn es ist nicht nur deswegen rational, Patienten unter Fallpauschalenvergütung möglichst rasch zu entlassen, weil einer längeren Verweildauer zwar mehr (verweildauerbedingte) Kosten, aber keine zusätzlichen Erlöse entgegenstehen, sondern auch, weil durch rasche Entlassung freie Kapazitäten für zusätzliche Fälle geschaffen werden. Die dadurch entstehenden Risiken mit Blick auf eine verfrühte Entlassung (Mihailovic et al. 2016) können durch vergütungssystemimmanente Feinsteuerung abgeschwächt und müssen im Übrigen durch Instrumente der Qualitätssicherung kontrolliert werden.

Eine Fallpauschale zieht – ähnlich der Anknüpfung der Vergütung an Pflegetage – grundsätzlich Anreize zur Patientenselektion und zur Unterversorgung nach sich. Wie stark der Anreiz wirksam wird, hängt insbesondere davon ab, wie detailliert der Differenzierungsgrad des Klassifikationssystems zur Schweregradmessung besteht. Hierbei besteht ein Spannungsverhältnis zur ökonomischen Effizienz. So kann der Anreiz zur Unterversorgung gesenkt werden, wenn das Klassifikationssystem nicht nur nach Art der Diagnose, sondern auch nach den Prozeduren differenziert. Unter Umständen ist es dann jedoch für ein Krankenhaus rational, zwar eine gegebene Maßnahme möglichst effizient zu erbringen (technische Effizienz), jedoch eine aufwändigere Prozedur als erforderlich zu wählen, wenn damit höhere Deckungsbeiträge erzielt werden können. Dieser Anreiz, die Fallschwere zu erhöhen, gilt umso stärker, je mehr damit zusätzliche Einnahmen und weniger zusätzliche Ressourcenverbräuche verbunden sind. Daher ist „Upcoding“, also die Kodierung in einer höheren als sachgerechten Fallpauschalengruppe, bei möglichst unverändertem Ressourceneinsatz für Krankenhäuser attraktiv und ein Dauerthema für Schweregrad-differenzierende Finanzierungssysteme (Wasem et al. 2007).

Die Anreize, Fallzahl und Fallschwere auszuweiten, werden teilweise dadurch abgeschwächt, dass das Fallpauschalensystem nicht für sich allein steht, sondern in eine komplexere Finanzarchitektur eingebunden wird. So kann es mit retrospektiven Elementen (z. B. in Österreich; Bachner et al. 2019) verbunden werden. In Deutschland ist das Fallpauschalensystem in das bereits genannte System flexibler Budgets eingebunden: Ex ante geplante Mengenausweitungen werden nur mit einem Abschlag vergütet, ex post realisierte Abweichungen der realisierten von der vereinbarten Menge werden teilweise ausgeglichen.

3.4 Pay-for-Performance

Die Orientierung der Bezahlung der Krankenhäuser an ihrer „Performance“ kann konzeptionell für unterschiedliche Ziele eingesetzt werden – je nachdem, was unter guter Performanz verstanden werden soll. Einerseits können Voraussetzungen für gute Behandlungsprozesse definiert werden, andererseits kann an guten Behandlungsergebnissen angeknüpft werden. Unter Pay-for-Performance (P4P) werden dann Erfolgsprämien an die Erreichung der definierten Ziele geknüpft. Die Idee ist, dass die Bezahlung in Verbindung mit der Publikation der Ergebnisse Anreize in Richtung besserer Qualität setzt und infolgedessen die Qualität steigt. In Deutschland wird P4P bislang bei Krankenhäusern kaum praktiziert, allerdings wurden Vorschläge einer Integration von Qualitätsanreizen in das Vergütungssystem unterbreitet (Schreyögg 2017).

Wo P4P für Krankenhäuser praktiziert wird, stellt es in aller Regel nur eine – relativ kleine – Komponente der Krankenhausvergütung dar. Es ist zumeist „aufgesattelt“ auf das Krankenhausfinanzierungssystem im Übrigen, also z. B. auf eine Mischung aus Budgets, fallbezogenen Zahlungen und Vergütung aufwändiger einzelner Leistungen. Die isolierten Effekte sind daher jeweils nur schwer zu erfassen. Die bisherige Evidenz bei Krankenhäusern ist ambivalent, erwartbare Effekte treten nur teilweise ein und es werden Spannungsverhältnisse zu anderen Zielen, etwa der Vermeidung einer Selektion von Patienten berichtet (Schmacke 2019).

4 Schlussfolgerungen

Ökonomische Anreizsysteme rufen Wirkungen hervor. Deswegen werden sie eingesetzt. Mit ihnen sollen Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele erzielt werden. Oft allerdings rufen sie auch Nebenwirkungen hervor und die Ziele stehen untereinander in einem Spannungsverhältnis. So bestanden bei dem in Deutschland ab 1973 praktizierten System, bei dem die Bundesländer auf Basis der vom Krankenhaus aufgeschriebenen Selbstkosten die Pflegesätze festsetzten, die Kostenträger völlig bei der Preisgestaltung außen vor waren und eine Mengensteuerung nicht existierte, wenig Risiken einer Unterversorgung oder Patientenselektion durch die Krankenhäuser. Zugleich aber gab es auch keinerlei Anreize für technische oder ökonomische Effizienz für die Einrichtungen. Aus diesen Gründen hat der Gesetzgeber dieses aus der Zeit vor der Ölkrise und nach der Überwindung der ersten Rezession in Deutschland eingeführte System im Zuge sich verändernder gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen und einer stärkeren Gewichtung von Wirtschaftlichkeitsaspekten Mitte der achtziger Jahre abgeschafft und eine prospektive Budgetierung und Mitwirkung der Krankenkassen bei Preisfindung und Mengensteuerung eingeführt.

Umgekehrt ist der gesundheitspolitische Gesetzgeber nach knapp zehn Jahren des vollständigen Rollout des prospektiven Budgets mit diagnosebezogenen Fallpauschalen zu der Einschätzung gelangt, dass zumindest in Bezug auf den Einsatz von Pflegekräften die Anreize der DRGs für die Krankenhäuser zur Unterversorgung zu stark geworden sind, sodass er für diesen zentralen Ausgabenbereich im Krankenhaus zumindest temporär zur Selbstkostendeckung zurückgekehrt ist.

Dies macht anschaulich, dass es das „optimale“ Vergütungssystem nicht gibt. Dies begründet auch, warum in der Gesundheitsökonomie seit vielen Jahren „gemischte Systeme“ präferiert werden (Newhouse 1996). Damit sollen die Stärken und Schwächen unterschiedlicher Vergütungsmodelle ausbalanciert werden. Gemessen daran war das deutsche Vergütungssystem seit der DRG-Einführung – auch im internationalen Vergleich – bis vor kurzem sehr stark einseitig orientiert (Schreyögg et al. 2006; Srivastava et al. 2016).

Allerdings führen auch „gemischte Systeme“ nicht dazu, dass unter realistischen Annahmen technisch eindeutig beste Lösungen identifizierbar sind; noch befinden wir uns in einem wertungsfreien Raum. Krankenhäuser sind – auch im eigenen Interesse – aufgefordert, die Spannungsverhältnisse intern durch „Wertemanagement“ auszutarieren (Marckmann und Maschmann 2014). Aber auch die Gesellschaft muss sich zwischen Bedarfsgerechtigkeit, Qualität, Effizienz und Leistungsgerechtigkeit stetig neu positionieren. Dass hier kein einmal gefundenes Gleichgewicht lange Zeit fortgeschrieben werden kann, versteht sich angesichts der Dynamik des Umfeldes von selber: Medizinisch-wissenschaftlicher und medizinisch-technischer Fortschritt, Veränderungen in den Gesundheitsberufen und auf den Arbeitsmärkten, gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen und die absehbare demografische Entwicklungen werden uns stets neu dazu zwingen, Güterabwägungen zu treffen – und diese dann in Modifikationen der Arrangements der Finanzierungsmechanismen zu übersetzen.