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Soziale Wohlfahrt und Sozialwahltheorie

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Angewandte Mikroökonomie und Wirtschaftspolitik
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Zusammenfassung

In diesem Kapitel wollen wir nun der Frage nachgehen, ob es einen Punkt auf der Nutzenmöglichkeitenkurve gibt, der das gesellschaftliche Maximum der optimalen Allokationen darstellt. Man spricht in diesem Zusammenhang vom sog. Optimum Optimorum. Gibt es also eine Güteraufteilung zwischen Anton und Berta, die ihre gemeinsame bzw. soziale Wohlfahrt optimiert? Hierzu nehmen wir zunächst an, es gäbe so etwas wie ein Optimum Optimorum. Dann wird die Wahl dieses Gesellschaftsoptimums unmittelbar von unseren Werturteilen hinsichtlich der Verteilung der Wohlfahrt auf unsere Gesellschaftsmitglieder abhängen. Wir betrachten in diesem Zusammenhang zwei philosophische Denkschulen (den Utilitarismus und die Gerechtigkeitstheorie nach John Rawls) zur Ableitung einer sog. soziale Wohlfahrtsfunktion. Je nachdem, welches Weltbild (Utilitarismus versus Rawls) wir dabei zugrunde legen, wird die soziale Wohlfahrtsfunktion einen anderen Verlauf bzw. eine andere Form aufweisen und damit ein anderer Punkt auf unserer Nutzenmöglichkeitenkurve das Optimum Optimorum determinieren. n.

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Notes

  1. 1.

    Das Konzept des „Optimum Optimorums“ geht auf die sog. Bergsonsche-Indifferenzkurve zurück, die nicht den individuellen, sondern den gesellschaftlichen Nutzen bzw. die Gesamtwohlfahrt in einem interpersonellen Nutzenvergleich betrachtet. Analog zu unseren Überlegungen zur individuellen Nutzenmaximierung gibt es eine Allokation, die die gesellschaftliche Wohlfahrt maximiert, d. h. einen Punkt, in dem die höchstmögliche soziale Indifferenzkurve erreicht wird.

  2. 2.

    Analog zu unseren Überlegungen zum Pareto und Kaldor-Hicks-Kriterium in Kap. 2, ist zu unterscheiden zwischen dem ordinalen und kardinalen Nutzenkonzept. Ordinal bedeutet, dass wir die Nutzenniveaus lediglich in eine sinnvolle Reihenfolge bringen können, d. h. besser vs. schlechter oder mehr vs. weniger. Kardinalität verlangt hingegen, dass wir auch Differenzen und/oder Quotienten interpretieren können, d. h. um 5 Einheiten besser oder schlechter bzw. doppelt so gut oder halb so gut.

  3. 3.

    In Übungsaufgabe 2 im Abschn. 5.4 greifen wir die Gewichtung und ihre Wirkung für das soziale Optimum nochmal auf.

  4. 4.

    Wellisch (2000) diskutiert die utilitaristische und Rawlsche Wohlfahrtsfunktionen vor dem Hintergrund einer asymmetrischen Nutzenmöglichkeitenkurve.

  5. 5.

    Siehe hierzu Übungsaufgabe 2 im Abschn. 5.4.

  6. 6.

    Siehe grundlegend hierzu Rawls (1971).

  7. 7.

    Zum Prinzip des normativen Individualismus siehe Kap. 2.

  8. 8.

    Für einen besonders asymmetrischen Verlauf der Nutzenmöglichkeitenkurve siehe Übungsaufgabe 1 im Abschn. 5.4. Hier wird deutlich, dass auch bei Rawls eine Ungleichverteilung der Nutzen zwischen Anton und Berta gerechtfertigt werden kann.

  9. 9.

    Eine dritte Form der sozialen Wohlfahrtsfunktion ist die Wohlfahrtsfunktion nach John Nash (auch Bernoulli-Nash-Wohlfahrtsfunktion). Diese weist den idealtypischen Verlauf einer Indifferenzkurve auf, d. h. hier sind die Nutzen der Gesellschaftsmitglieder nur begrenzt gegeneinander substituierbar. Bei Nash ergibt sich die soziale Wohlfahrt folglich aus dem Produkt der Nutzenniveaus der Gesellschaftsmitglieder, sodass gilt: \( SW\left({N}_1,{N}_2,\dots, {N}_n\right)={N}_1\cdot {N}_2\cdot \dots \cdot {N}_n \).

  10. 10.

    Die Nutzenmöglichkeitenkurve folgt in seiner Struktur in etwa den Abbildungen aus Wellisch (2000). Wir erinnern uns, dass sich die Nutzenmöglichkeitenkurve aus der Kurve des effizienten Tauschs ableitet. Eine asymmetrische Nutzenmöglichkeitenkurve geht damit auf eine asymmetrische Kurve des effizienten Tauschs zurück und spiegelt nur wider, wo die Tangentialpunkte der Indifferenzkurven unserer beiden Individuen in der Endgeworth-Box wiederzufinden sind.

  11. 11.

    In diesem Zusammenhang spricht man auch vom sog. Condorcet-Paradoxon. Siehe hierzu auchFritsch (2014) im Abschn. 14.1.2 sowie die dort zitierte Literatur.

  12. 12.

    Siehe Abschn. 3.1 für eine Wiederholung.

  13. 13.

    Wir erinnern uns, dass öffentliche Güter durch Nicht-Rivalität im Konsum und durch Nicht-Ausschließbarkeit charakterisiert sind. Insbesondere die Nicht-Ausschließbarkeitseigenschaft führt dazu, dass niemand einen Anreiz hat, sich an der Finanzierung des öffentlichen Guts zu beteiligen. Die Konsequenz dieses Trittbrettfahrerproblems ist ein Unterangebot öffentlicher Güter. Deshalb gibt es gute Gründe, warum öffentliche Güter staatlich bereitgestellt und steuerfinanziert werden sollten. Siehe Abschn. 3.4 für ein Wiederholung.

  14. 14.

    Das heißt auch, dass nicht eingehaltene Wahlversprechen sofort (bei der nächsten Wahl) sanktioniert werden.

  15. 15.

    Die Normalverteilung ist eine symmetrische Verteilungsfunktion mit den Parametern Erwartungswert (µ) und Standardabweichung (σ). Für große Stichprobengrößen (Faustregel: n ≥ 30) sind letztendlich viele Merkmale normalverteilt. Eine wichtige Eigenschaft ist, dass die Normalverteilung symmetrisch ist und um den Erwartungswert schwankt. Häufigkeiten interpretieren wir dann als Fläche unterhalb der Vertleiungsfunktion. Aufgrund der Symmetrie weisen folglich 50 Prozent der Personen der Stichprobe höchstens den Wert µ auf, und die restlichen 50 Prozent mindestens den Wert µ.

  16. 16.

    Der Wähler mit einer Präferenz von \( x= 55 \) ist indifferent zwischen den beiden Parteien.

  17. 17.

    Für gewöhnlich geht man im Medianwählertheorem davon aus, dass aufgrund der Anpassung an den Medianwähler auch Stimmen in den Extrempunkten (durch Enthaltung) verloren gehen. Beim Zugrundelegen einer Normalverteilung sind diese Verluste jedoch deutlich geringer als die Gewinne in der Mitte der Verteilung.

  18. 18.

    Bei einem öffentlichen Gut haben die Haushalte einen Anreiz, eine falsche (bzw. zu niedrige) Zahlungsbereitschaft vorzutäuschen, zumal sie nicht von der Nutzung des Guts ausgeschlossen werden können. Diese Überlegung hat zur Folge, dass keine horizontale Aggregation der individuellen Nachfragefunktionen, sondern eine vertikale Aggregation dieser zur Gesamtmarktnachfrage erfolgt. Siehe hierzu auch Beispiel 5.3.

  19. 19.

    Siehe hierzu z. B. Duvergers (1972). Insbesondere in den angelsächsischen Ländern zeigt sich diese Tendenz auch in der Realpolitik deutlich.

  20. 20.

    Siehe hierzu Fritsch (2014).

  21. 21.

    Letztlich entscheiden nicht die Politiker selbst, sondern Bürokraten über die tatsächlich bereitgestellte Menge öffentlicher Güter. In diesem Zusammenhang zeigt die sog. Bürokratietheorie, dass die Bürokraten (als Agenten) ihren Informationsvorsprung gegenüber den Politikern (als Prinzipal) ausnutzen, um eine politische Rente abzuschöpfen. Mikroökonomische Modelle von Niskanen (1971) sowie Leibenstein (1966) verdeutlichen die Konsequenzen aus diesem Prinzipal-Agent-Problem. Wir werden in Kap. 6 hierauf zurückkommen und Lösungsmöglichkeiten bei asymmetrischer Informationsverteilung diskutieren.

  22. 22.

    Der Begriff des Rent-Seekings wurde von Anne Krueger (1974) geprägt.

  23. 23.

    Siehe hierzu Bundestag (2019).

  24. 24.

    Das Modell geht ursprünglich auf Gordon Tullock (1967) zurück (auch Tullock-(Contest)-Modell genannt).

  25. 25.

    Als klassisches Beispiel wird in diesem Kontext häufig auf die Vergabe der UMTS-Lizenzen (in den Jahren 2000 und 2010) zurückgegriffen. Letztlich betrifft Rent-Seeking aber alle politischen Entscheidungsprozesse, aus denen eine Rente realisiert wird bzw. mit einer Veränderung der individuellen Wohlfahrt für die Gesellschaftsmitglieder einhergeht. In unserem Anwendungsbeispiel zum Urheberrecht (Abschn. 5.3.1) werden wir sehen, dass auch die letzte Ausweitung des Urheberrechts (CTEA 1998) durch Rent-Seeking beeinflusst wurde.

  26. 26.

    Für eine Wiederholung der Ableitungsregel (auch für Differentialgleichungen) siehe Abschn. 4.3.2.

  27. 27.

    Es kann gezeigt werden, dass für \( n> 2 \) Wettbewerber die Summe des Rent-Seeking Aufwands weiter steigt, sodass für \( n> 2 \) sogar mehr als die Hälfte der Rente in Lobbyaktivitäten investiert wird.

  28. 28.

    Zum Patentrecht siehe Abschn. 3.4.

  29. 29.

    Zum Kreativitätsbegriff aus ökonomischer Sicht siehe u. a. Demsetz (2009).

  30. 30.

    Zu unterscheiden ist dabei zwischen dem Informationsgut und dem Informationsträger. Das Informationsgut entspricht dabei der Information, die dem Werk zugrunde liegt, z. B. der Inhalt eines Romans oder die Melodie eines Lieds. Der Informationsträger ist das entsprechende Speicher- oder Distributionsmedium der Information, z. B. das Papier (Roman) oder die CD (Lied). Während das Informationsgut die klassischen Charakteristika eines öffentlichen Guts aufweist, handelt es sich beim Informationsträger um ein privates Gut.

  31. 31.

    Siehe Abschn. 3.4 für eine Wiederholung zur Kategorisierung von Wirtschaftsgütern.

  32. 32.

    Wie Sir Isaac Newton bereits mit seinem Satz „if I have seen far, it’s by standing on the shoulders of giants“ andeutet, entsteht wissenschaftlicher Fortschritt aus einem kumulativen Produktionsprozess. Schließlich bauen wir auf dem Wissen anderer Autoren auf und entwickeln Ideen weiter bzw. überprüfen ihre Theorien.

  33. 33.

    Daneben dienen die Natur des urheberrechtlichen Werks („the nature of the copyrighted work“), die Menge und Substanz des verwendeten Ausschnitts („the amount and substantiality of the portion used“) sowie die Wirkung der Nutzung für den (potentiellen) Markt bzw. für den Wert des Werks („the effect of the use upon the potential market for or value of the copyrighted work“) als Abwägungskriterien.

  34. 34.

    Die Kosten des Urhebers entsprechen damit letztlich einer negativen Nutzenveränderung und umgekehrt.

  35. 35.

    Selbstverständlich kann die Steigung der sozialen Wohlfahrtsfunktion (EU(\( {\upalpha}_{\mathrm{A}}<1 \))) hier nur näherungsweise wiedergegeben werden. Nichtsdestotrotz zeigt die Abbildung, dass auch feinste Unterschiede zwischen den Urheberrechtssystemen Kontinentaleuropas mit einer Veränderung der Steigung einhergeht. Je bedeutender das Interesse des Urhebers dabei im Urheberrechtssystem verankert ist, desto flacher verläuft die soziale Wohlfahrtsfunktion. Im Extremfall einer horizontalen Wohlfahrtsfunktion würde man gar keine Schranke zu Lasten des Urhebers ermöglichen.

  36. 36.

    Schließlich ergibt sich hierbei ein klassisches Hold-up Problem, zumal das Drucken der Originale Voraussetzung für das Kopieren und Verbreiten von Informationsgütern ist. Ohne die Erwartung auf mögliche Gewinne aus dem Drucken, wird das Drucken allerdings unterbleiben und damit letztlich auch die Gelegenheit zur weiteren Verbreitung durch das Kopieren des jeweiligen Werks.

  37. 37.

    Siehe ausführlich hierzu Eger und Scheufen (2012) sowie die dort zitierte Literatur.

  38. 38.

    Zur Bedeutung des Urheberrechts im Zeitalter von KI s. u. a. Scheufen (2019).

  39. 39.

    Für eine Wiederholung siehe Kap. 3.

  40. 40.

    Eine ähnliche Fragestellung im Kontext KI stellt sich im Haftungsrecht. Wer sollte für Schäden haften, die von einer selbstständigen, autonomen KI verursacht werden. Auch in diesem Zusammenhang diskutiert die gegenwärtige (vor allem juristische) Literatur über die Möglichkeit, der Maschine selbst eine eigene – als e-Person zu bezeichnende – Rechtspersönlichkeit im Haftungsrecht zu geben.

  41. 41.

    Die römische Eins (I) hinter SGB zeigt das „Buch“ an. Man unterschiedet dabei zwischen zwölf Teilen bzw. Büchern (SGB I bis SGB XII).

  42. 42.

    ALG II ist besser unter dem Begriff „Hartz IV“ bekannt.

  43. 43.

    Für eine Wiederholung siehe Kap. 4.

Literatur

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Scheufen, M. (2020). Soziale Wohlfahrt und Sozialwahltheorie. In: Angewandte Mikroökonomie und Wirtschaftspolitik . Springer Gabler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-59370-7_5

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