Zusammenfassung
Psychische Störungen werden häufig Familienkrankheiten genannt. Die gemeinsamen Konsequenzen einer Geisteskrankheit greifen auf die Familie über. Die erkrankten jungen Männer und Frauen bleiben ledig, weil niemand eine Beziehung mit diesen eingehen würde. Für die Familie bedeutet es sehr häufig, dass sie ihre psychisch Erkrankten verstecken müssen, um einer Ächtung und Stigmatisierung durch die Gesellschaft zu entgehen. Psychisch Erkrankte im muslimischen Kreis in Deutschland leben oft im Verborgenen. Kulturimmanente therapeutische Ansätze sind im Islam neben der Aromatherapie und der Bewegungstherapie die Makam (Musiktherapie). Ein weiterer zentraler Aspekt des Artikels ist die differenzierte Betrachtung des Themas „Religiöser Wahn“ in der interkulturellen Reflexion.
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Notes
- 1.
Das Al-Mansouri-Krankenhaus in Kairo, welches von Malik-al-Mansour im Jahr 1284 gegründet wurde, verfügte über eine psychosomatische Abteilung, in der die Musiktherapie zu den Standardtherapien gehörte.
- 2.
Im wörtlichen Sinne bedeutet Hoca „islamischer Religionsvertreter“, im weiteren Sinne „Lehrer“, „Magier“ und „nicht-ärztlicher Heilkundiger“. Neben den von einer islamischen Gemeinde als Koranlehrer bestellten Hocas gibt es mehr oder weniger mit dem Koran vertraute Hocas, die vornehmlich magische Praktiken ausüben.
- 3.
Tirmizi, Birr, 66.
- 4.
Tirmizi, Birr 15; Abu Dawud, Adab, 66.
- 5.
Der Glaube als solches schützt einen Muslim nicht davor, ein Ungläubiger zu sein. Wenn jemand amoralisch handelt (z. B. Mord), sich aber an die Gote (z. B. Fasten) hält, ist er nicht zwangsläufig ein Gläubiger.
- 6.
In verschiedenen Suren werden die Aspekte Barmherzigkeit oder Hoffnung thematisiert (siehe Sure 94, Vers 5–6: „So, wahrlich, mit jeder Schwierigkeit gibt es Erleichterung“ oder Sure 12, Vers 87: „Und gebe niemals die Hoffnung auf Allahs beruhigende Barmherzigkeit auf“ sowie Sure 65, Vers 2–3: „Und für die, die Allah fürchten, bereitet er immer einen Ausweg vor, und Er versorgt ihn aus Quellen, die er sich nie vorstellen konnte …“).
- 7.
„Tötet und zerstört euch nicht, denn Gott ist barmherzig“ (Sure 4, Vers 29).
- 8.
„Gott wird ihm sein Leid und seine Trauer wegnehmen und ihm stattdessen Freude machen (…), denn wer Gott liebt und vertraut, den wird Gott nicht verlassen“ (Sure 3, Vers 159).
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Azizi, M., Golsabahi-Broclawski, S. (2020). Psychiatrie: Wahnhafte Störungen und kultursensible Therapieformen. In: Gillessen, A., Golsabahi-Broclawski, S., Biakowski, A., Broclawski, A. (eds) Interkulturelle Kommunikation in der Medizin. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-59012-6_27
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