1 Angeborene Herzfehler

Ätiologie

Fehlbildungen des Herzens entstehen in der Mehrzahl in der frühen embryonalen Herzentwicklung von der dritten bis zu siebten Schwangerschaftswoche. Meist besteht eine multifaktorielle Genese mit Wechselwirkungen von exogenen und endogenen (genetischen) Faktoren.

  • Prädisponierende exogenen Faktoren:

    • Infektionen während der Schwangerschaft, u. a.

      • Röteln

      • Herpes Simplex

      • Coxsackie

      • Zytomegalie

    • Medikamente, u. a.

      • Phenytoin

      • Cumarine

      • Lithium

    • Alkoholabusus

    • Embryofetopathia Diabetica

  • Prädisponierende endogene (genetische) Faktoren:

    • Es sind zunehmend mehr Mutationen bekannt, die mit angeborenen Herzfehlern assoziiert sind, z. B. Mutationen im TBX5-Gen mit verminderter MYH6-Gen-Expression mit Assoziation zum Vorhofseptumdefekt und Holt-Oram-Syndrom

    • Bei der Mehrzahl der Patienten bleibt der vermutete prädisponierende genetische Hintergrund aktuell ungeklärt

    • Ungefähr 15 % der Patienten mit angeborenen Herzfehler leiden an einer syndromalen Erkrankung:

      • Numerische Chromosomenaberrationen: Trisomien 13, 18 und 21

      • Ullrich-Turner-Syndrom (45, X0)

      • Mikrodeletionssyndrom 22q11 (u. a. DiGeorge-Syndrom)

      • Noonan-Syndrom (Mutation im PTPN-11-Gen)

      • VACTERL-Assoziation

      • CHARGE-Syndrom (Mutation im CHD7-Gen)

      • Williams-Beuren-Syndrom (Verlust auf dem langen Arm Chromosom 7)

      • Marfan-Syndrom (Mutation im FBN1-Gen auf Chromosom 15)

Die Ätiologie angeborener Herzfehler bleibt aktuell bei den meisten Patienten ungeklärt, obwohl zunehmend prädisponierende Mutationen beschrieben sind. Etwa 15 % der Patienten mit angeborenem Herzfehler zeigen eine syndromale Belastung.

Prävalenz

  • Ca. 1 % unter allen Lebendgeborenen in Deutschland

Verlauf

Erwarteter Spontanverlauf und Behandlungsnotwendigkeiten:

  • Etwa bei der Hälfte der Patienten gibt es im Verlauf noch eine spontane Heilung (spontaner ASD-, VSD-, PDA-Verschluss [meist im 1. Lebensjahr]) oder die hämodynamische Belastung des Vitiums ist gering und stellt keine Indikation für eine Behandlung dar (z. B. geringer Links-rechts-Shunt bei persistierendem Foramen ovale, geringgradige valvuläre Pulmonal- oder Aortenstenose)

  • Die andere Hälfte der Patienten benötigt mindestens einen operativen oder katheterinterventionellen Eingriff

  • Leichtgradige Herzfehlbildungen (~60 %) sind in der Regel vollständig korrigierbar

  • Bei mittelgradigen Herzfehlbildungen (~28 %) können bei der Korrektur Residuen bestehen bleiben oder sich im Verlauf Probleme entwickeln

  • Bei schweren Herzfehlbildungen (~12 %) sind in der großen Mehrzahl der Patienten Folgeeingriffe im OP oder im Herzkatheterlabor zu erwarten

  • Über 90 % aller Lebendgeborenen mit einem angeborenen Herzfehler erreichen heute das Erwachsenenalter

Verteilung

  • Leichtgradige Herzfehlbildungen (~60 %)

    (ASD, kleine oder muskuläre VSD, PDA, PS u. a.)

  • Mittelgradige Herzfehlbildungen (~28 %)

    (große, perimembranöse VSD, AVSD, AS, CoA, PAPVC u. a.)

  • Schwere Herzfehlbildungen (~12 %)

    (Univentrikuläre Herzen inkl. HLHS, Fallot, PA/VSD, PA/IVS, d-TGA, TAC, TAPVC, Ebstein-Anomalie u. a.)

Die häufigsten Diagnosen: ◘ Tab. 12.1

Tab. 12.1 Häufigsten Diagnosen kardialer Fehler bei Kindern

Systematik

Eine ätiologisch oder pathophysiologisch begründete Systematik für angeborene Herzfehler ist nicht etabliert. Zum Lernen hilft:

  • Azyanotische Vitien

    • Shuntvitien

      • Ventrikelseptumdefekt (VSD)

      • Atrialer Septumdefekt (ASD)

      • Atrioventrikulärer Septumdefekt (AVSD)

      • Persistierender Ductus arteriosus (PDA)

      • Partielle Lungenvenenfehleinmündung (Partial Abnormal Pulmonary Vein Connection, PAPVC)

      • Totale Lungenvenenfehleinmündung (Total Abnormal Pulmonary Vein Connection, TAPVC)

      • Aortopulmonales Fenster

    • Klappen- und Gefäßstenosen

      • Valvuläre Pulmonalstenose (PS)

      • Valvuläre Aortenstenose (AS)

      • Aortenisthmusstenose (Synonym: Coarctatio aortae, CoA)

    • Weitere seltene azyanotische Vitien

      • Ebstein-Anomalie

      • Anomalous Left Coronary Artery from Pulmonary Artery (ALCAPA, Synonym: Bland-White-Garland-Syndrom)

  • Zyanotische Herzfehler

    • Fallot-Tetralogie (incl. Pulmonalatresie mit Ventrikelseptumdefekt (PA/VSD))

    • Pulmonalatresie mit intaktem Ventrikelseptum (PA/IVS)

    • dextro-Transposition der großen Arterien (d-TGA)

    • Truncus arteriosus communis (TAC)

    • Univentrikuläre Herzen (UVH), u. a.

      • Trikuspidalatresie

      • Hypoplastisches Linksherzsyndrom (HLHS)

Ca. 1 % aller Lebendgeborenen kommen mit einem angeborenen Herzfehler zur Welt, wobei die größere Zahl leichte Herzfehlbildungen betrifft. Etwa die Hälfte der Herzfehlbildungen ist behandlungsbedürftig. Über 90 % aller Lebendgeborenen mit angeborenem Herzfehler erreichen heute das Erwachsenenalter.

1.1 Azyanotische Herzfehler

1.1.1 Vorhofseptumdefekte (ASD)

Definition

  • Defekt im Bereich der Vorhofscheidewand

  • Einteilung in

    • Vorhofseptumdefekt vom Sekundumtyp (ASD II) im Bereich der Fossa ovalis gelegen: häufigste Form (80 %). Davon abzugrenzen: das persistierende Foramen ovale durch fehlende Verklebung von Septum primum und secundum

    • Vorhofseptumdefekt vom Primumtyp (ASD I): AV-Klappen nahegelegen, häufig assoziiert mit Spaltbildungen der Mitralklappe (► Abschn. 12.1.1.3)

    • Vorhofseptumdefekt vom Sinus-venosus-Typ (SVD), selten: Defekt im Bereich der Hohlvenenmündungen, oft vergesellschaftet mit Fehlmündungen der rechten Lungenvenen

Klinik

  • Meist asymptomatisch

  • Über den Defekt kommt es in der Regel zu einem Links-rechts-Shunt mit rechtsventrikulärer Volumenbelastung und vermehrter Lungenperfusion

  • Bei großen Defekten können vermehrt pulmonale Infektionen und eine leichte Belastungseinschränkung auftreten

  • Unbehandelt kann es im späteren Erwachsenenalter zu symptomatischer Rechtsherzbelastung mit Rhythmusstörungen und pulmonalem Hypertonus kommen

Diagnostik

  • Auskultation: Leises Systolikum im 2. ICR links parasternal als Zeichen der relativen Pulmonalstenose, fixiert gespaltener 2. Herzton

  • EKG: Rechtstyp und Rechtsschenkelblock (RSB) als rechts Volumenhypertrophiezeichen (rSR’ Konfiguration in V1/V2, ◘ Abb. 12.1)

  • Echokardiographie:

    • 2D-Bild: Beschreibung von Defektgröße und Lage inklusive der Randstrukturen, Bestimmung der rechtsventrikulären Größe und Funktion

    • Farbdoppler: Abschätzung des Shuntflusses

    • Doppler: Abschätzung der Druckverhältnisse im Lungenkreislauf. Ausschluss begleitender Lungenvenenfehlmündung

  • Röntgen-Thorax: Für die Diagnostik entbehrlich; ein „zufälliges“ Röntgenbild führt aber manchmal zur Diagnose: vergrößerter Herzschatten und vermehrte Lungengefäßzeichnung

Abb. 12.1
figure 1

12-Kanal-EKG einer 5-Jährigen mit großem Vorhofseptumdefekt vom Sekundum-Typ. Normofrequenter Sinusrhythmus 85 bpm; regelgerechte Überleitung; überdrehter Rechtstyp; verplumpter QRS mit inkomplettem Rechtsschenkelblock, rR’ in V1, V2 (Pfeil), tiefes S in V5; Beurteilung: Deutliche Rechtsvolumenhypertrophiezeichen

Therapie

  • Bei relevantem Shuntfluss (Qp/Qs >1,5) erfolgt der Verschluss im 3.–5. Lebensjahr:

    • ASD II: Interventioneller Schirmverschluss im Herzkatheter unter transösophagealer Echo-Kontrolle

      Komplikationen der Intervention (selten): Schirmembolisation, AV-Blockierung

    • Bei ASD II und fehlenden Randstrukturen sowie ASDI und SVD: Operativer Verschluss unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine

      Komplikationen der Operation (selten): Postoperativ entzündlicher Perikarderguss (Dressler-Syndrom)

Prognose

  • Unbeeinträchtigt („geheilter“ Herzfehler); leicht erhöhte Inzidenz von Herzrhythmusstörungen im Alter

Vorhofseptumdefekt

  • Der ASD ist ein häufiger, meist asymptomatischer Herzfehler

  • Bei leisem Systolikum über der Pulmonalis, fixiert gespaltenem 2. Herzton oder Volumenbelastungszeichen im EKG sollte eine echokardiographische Abklärung erfolgen

  • Nach interventionellem oder operativem Verschluss im späten Kleinkindalter besteht eine exzellente Langzeitprognose

1.1.2 Ventrikelseptumdefekte (VSD)

Definition:

  • Defekt im Bereich der Kammerscheidewand

Einteilung (grob)

  • (Peri)membranöser VSD: Häufigste Form (75 %), im membranösen Septum gelegen mit Ausweitung ins benachbarte muskuläre Septum zwischen Aortenklappe und septalem Trikuspidalklappensegel

  • Muskuläre Defekte: Vollständig mit muskulärem Rand; können auch multipel auftreten (Swiss-cheese-Defekt)

  • Einlassdefekte: AV-Klappen nah (► Abschn. 12.1.1.3)

  • AuslassSeptumdefekte: Unterhalb der Pulmonalklappe sowie der Aortenklappe gelegen

Klinik

  • Abhängig von der Defektgröße und dem resultierenden Links-Rechts-Shunt

  • Kleine Defekte: Bis auf Systolikum asymptomatisch („viel Lärm um nichts“)

  • Größere Defekte (>50 % Aortendurchmesser) führen zu einer Volumenbelastung des linken Ventrikels sowie einer Druckbelastung des rechten Ventrikels und des Lungenkreislaufs

  • Der Links-Rechts-Shunt ist postpartal gering, nimmt bei abnehmendem Lungengefäßwiderstand in den ersten Wochen zu. Dann sind Herzinsuffizienzzeichen mit Tachydyspnoe, Tachykardie, Hepatomegalie, Schwitzen insbesondere beim Trinken; Trinkschwäche und Gedeihstörung möglich

  • Bei unbehandeltem Verlauf kommt es ab dem 6 Monat zu Veränderungen der Lungenarteriolen mit pulmonaler Widerstandserhöhung, bis zum irreversiblen pulmonal-arteriellem Hypertonus mit Shuntumkehr (Eisenmenger-Syndrom). Dann Abnahme der Herzinsuffizienzzeichen und zunehmende Zyanose

Diagnostik

  • Auskultation: Raues Holosystolikum im 3./4. ICR links

  • EKG: Linksventrikuläre Volumenbelastungszeichen, rechtsventrikuläre Druckbelastungszeichen, P-mitrale

  • Echokardiographie:

    • 2D-Bild: Darstellung von Größe und Lagebeziehung des Defekts, Größe von linkem Vorhof und linkem Ventrikel

    • Farbdoppler: Bestimmung von Shuntrichtung und -ausmaß

    • Doppler: Bestimmung des Druckgradienten über den VSD zur Abschätzung des rechtsventrikulären Drucks. Ausschluss begleitender Fehlbildungen (Häufigkeit ca. 20 %)

  • Herzkatheteruntersuchung: Nur bei großen Defekten und verspäteter Diagnose jenseits des 6. Lebensmonats zur Bestimmung des pulmonalen Gefäßwiderstands und der Vasoreagibilität erforderlich

Therapie

  • Kleine Defekte: Spontanheilungstendenz, abwartendes Verhalten

  • Mittelgroße Defekte: Operativer Verschluss jenseits des Säuglingsalters. Insbesondere wenn durch den Shunt Undichtigkeiten der Aortenklappe entstehen. In ausgewählten Lokalisationen kann ein interventioneller Verschlussversuch mittels Schirm- oder Spiralsystemen erwogen werden.

  • Große Defekte: Symptomatische Therapie mit Diuretika und β-Blocker kann erwogen werden. Definitive Therapie mit operativem Patch-Verschluss bis zum 6. Lebensmonat

Prognose

  • Sehr geringe Operationsletalität, in seltenen Fällen schrittmacherpflichtiger kompletter AV-Block durch Verletzung des Reizleitungssystems

  • Nach erfolgreicher Operation besteht eine normale Lebenserwartung

Ventikelseptumdefekt

  • Der VSD ist der häufigste Herzfehler

  • Er fällt durch ein lautes Systolikum auf

  • Kleine Defekte zeigen eine Spontanheilungstendenz. Große Defekte mit Herzinsuffizienzsymptomatik werden im ersten Lebenshalbjahr operativ mit gutem Erfolg verschlossen

1.1.3 Atrioventrikulärer Septumdefekt (AVSD)

Definition

  • Durch Fehlbildung des Endokardkissen entstandene Defekte der AV-Klappen sowie der AV-klappennahen Kammer- und Vorhofscheidewand. Elongation des linksventrikulären Ausflusstraktes (goose-neck).

Einteilung

  • Partieller AV-Kanal: ASD I, Cleft der Mitralklappe

  • Kompletter AV-Kanal: ASD I, eine gemeinsame AV-Klappe, Ventrikelseptumdefekt im Einlassbereich

Klinik

  • Partieller AV-Kanal: Oligosymptomatisch wie beim Vorhofseptumdefekt

  • Kompletter AV-Kanal: Herzinsuffizienz wie bei großem VSD (► Abschn. 12.1.1.2)

  • Häufig genetische Assoziationen insbesondere Trisomie 21

  • Oft Kombinationen mit weiteren Fehlbildungen (Fallot-Tetralogie, Heterotaxie-Syndrom)

Diagnostik

  • Auskultation:

    • Partieller AV-Kanal, fixiert gespaltener 2. Herzton, ggf. tiefsitzendes Systolikum bei Mitralinsuffizienz

    • Kompletter AV-Kanal: zusätzlich raues Systolikum

  • EKG: Spezifischer überdrehter Lagetyp. Bei partiellem AV-Kanal inkompletter Rechtsschenkelblock; bei komplettem AV-Kanal zusätzlich Linksvolumen- und Rechtsdruckbelastungszeichen

  • Echokardiographie:

    • 2D-Bild: Beschreibung der Septumdefekte, der Klappenmorphologie und Größe der Ventrikel

    • Farbdoppler: Bestimmung der Klappeninsuffizienzen und Shunt-Verhältnisse

    • Doppler: Abschätzung der Druckverhältnisse im Lungenkreislauf

  • Röntgen-Thorax: Entbehrlich

  • Herzkatheter: Nur bei komplettem AV-Kanal und verspäteter Diagnose jenseits des 6. Lebensmonats zur Bestimmung des Pulmonalgefäßwiderstands und der Vasoreagibilität erforderlich.

Therapie

  • Partieller AV-Kanal: Operativer Verschluss des Vorhofseptumdefekts und Cleft-Verschluss der AV-Klappe im Vorschulalter mit exzellenter Langzeitprognose

  • Kompletter AV-Kanal: Bei Herzinsuffizienz im jungen Säuglingsalter medikamentöse Herzinsuffizienztherapie. Operativer Verschluss der Septumdefekte und Rekonstruktion der AV-Klappen im 3.–6. Lebensmonat mit geringer Letalität (<5 %).

  • Komplikationen: kompletter AV-Block (<5 %)

Prognose

  • Gelegentlich machen bedeutsame Restinsuffizienzen an den AV-Klappen oder eine linksventrikuläre Ausflusstraktobstruktion einen Zweiteingriff erforderlich

  • Assoziierte Fehlbildungen: Individuelle Therapie und Prognose

Atrioventrikulärer Septumdefekt

  • Der atrioventrikulare Septumdefekt ist ein variabler azyantotischer Herzfehler. Er tritt bei Trisomie 21 häufig auf und zeigt ein spezifisches EKG

  • Ohne Begleitfehlbildungen ist er operativ gut behandelbar

1.1.4 Persistierender Ductus arteriosus (PDA)

(ausgenommen der noch offene Ductus des Frühgeborenen)

Definition

  • Fehlender Verschluss der fetal angelegten Verbindung zwischen Pulmonalarterie und distalem Aortenbogen

Klinik

  • Abhängig von der Größe und dem resultierenden Links-rechts-Shunt

Einteilung

  • Sehr klein (hämodynamisch irrelevant): „Stumm“, asymptomatisch

  • Klein (hämodynamisch unbedeutend): Leises Herzgeräusch, oft nur systolisch, sonst asymptomatisch

  • Groß (hämodynamisch relevant): Systolisch-diastolisches Geräusch, große Blutdruckamplitude mit schlagendem Puls, Herzvergrößerung mit kräftigem Herzspitzenstoß

  • Sehr groß (Hämodynamisch relevant mit Herzinsuffizienz): wie bei großem VSD, ► Abschn. 12.1.1.2

Diagnostik

  • Auskultation: Systolisch diastolisches Maschinengeräusch links infraklavikulär, betonter 2. Herzton

  • EKG: Links Volumenbelastung, rechts Druckbelastungszeichen

  • Echokardiographie:

    • 2D-Bild: Darstellung des Ductus mit Größe und Verlauf, Größe von linkem Vorhof und linkem Ventrikel

    • Farbdoppler: Bestimmung des Shuntflusses

    • Doppler: Abschätzung der pulmonalen Druckverhältnisse durch Gradient über dem Ductus sowie ggf. über der Trikuspidalklappeninsuffizienz, Flussprofil in den Mesenterialgefäßen zur Abschätzung des diastolischen Run-offs in die Pulmonalis

  • Röntgen-Thorax: Entbehrlich, ggf. Linksherzvergrößerung und Lungengefäßzeichnungsvermehrung

  • Herzkatheter: Bei sehr großem Ductus und verspäteter Diagnose jenseits des 6. Lebensmonats sollte vor Verschluss der Ausschluss eines fixierten pulmonalarteriellen Hypertonus erfolgen

Therapie

  • Sehr klein: Der stumme Ductus bedarf keiner Behandlung und keiner Kontrolle!

  • Klein: Kann im Kleinkindalter interventionell verschlossen werden, das prozedurale Risiko ist mit dem geringen Endarteriitisrisiko abzuwägen

  • Groß: Verschluss jenseits des 1. Lebenshalbjahrs

  • Sehr groß: Zeitnaher Verschluss, bevor es zum fixierten pulmonalen Hypertonus kommt

  • Procedere:

    • Katheterinterventioneller Verschluss mit Spirale oder Schirmsystemen

      Komplikationen: Selten Embolisation des Verschlusssystems; passagere Hämolyse bei inkomplettem Verschluss, Gefäßkomplikationen (bei sehr kleinen Säuglingen häufiger), Stenose von Aorta descendens oder linker Pulmonalarterie

    • Chirurgischer Verschluss nur wenn Katheterintervention nicht möglich. Zugang von linksthorakal (wie beim Frühgeborenen) mit sehr geringer Komplikationsrate

Prognose

  • Nach rechtzeitigem Verschluss exzellent. Eine Nachsorge ist nur begrenzt nötig

Persistierender Ductus arteriosus

  • Ein kleiner Ductus ist ein harmloser Zufallsbefund und bedarf keiner Therapie

  • Ein großer Ductus führt zur Druck- und Volumenbelastung des Lungenkreislaufs und sollte interventionell verschlossen werden. Bei Nichtgelingen operativer Verschluss. Nach erfolgreicher Behandlung herzgesund

1.1.5 Valvuläre Pulmonalstenose

Definition

  • Angeborene Verengung der Pulmonalklappe

Klinik

  • Meist keine körperliche Beeinträchtigung (Ausnahme: kritische Pulmonalstenose des Neugeborenen mit ductusabhängiger Lungenperfusion)

  • Raues systolisches Austreibungsgeräusch über der Pulmonalklappe mit Punktum Maximum im 2. Interkostalraum links parasternal

  • Das Herzgeräusch ist oft schon unmittelbar postnatal auskultierbar und wird nach physiologischem Abfall des pulmonalen Widerstandes lauter

  • Kritische hochgradige Stenosen mit rechtsventrikulärer Dekompensation und Ductus-abhängiger Lungenperfusion sind selten

Diagnostik

  • Echokardiographie:

    • 2D-Bild: Vermessung des Pulmonalklappenrings, Morphe der Klappe

    • Doppler: Bestimmung des Blutdruckgradienten zwischen Pulmonalarterie und rechtem Ventrikel

Therapie

  • Geringgradige Stenose (max. Dopplergradient <40 mmHg) bei asymptomatischem Patienten bedarf keiner Therapie

  • Bei Symptomen oder höhergradiger Stenose (max. Dopplergradient >50 mmHg): Ballonvalvuloplastie im Herzkatheterlabor (bei kritischer Stenose unverzüglich) mit meist sehr gutem Erfolg (Restgradient <25 mmHg)

  • Bei hypoplastischem Pulmonalklappenring oder dysplastischer Pulmonalklappenanlage ist die Ballondilatation weniger erfolgreich. Dann kann eine operative Klappenrekonstruktion (Kommissurtomie, ggf Patcherweiterung) notwendig sein

Prognose

  • Die Langzeitprognose nach Behandlung der Stenose ist gut

  • Selten besteht oder entwickelt sich eine Restenose oder eine Pulmonalklappeninsuffizienz, die im späteren Lebensalter eine Indikation zum Pulmonalklappenersatz bedeuten kann

Valvuläre Pulmonalstenose

  • Die Pulmonalklappenstenose macht sich mit einem Systolikum früh nach der Geburt bemerkbar

  • Die interventionelle Behandlung mit einer Ballonvalvuloplastie bedeutet für die meisten Patienten eine gute Langzeitprognose

1.1.6 Valvuläre Aortenstenose

Definition

  • Angeborene Verengung der Aortenklappe. Oft besteht eine Verschmelzung einer Kommissur der tripartiden Klappenanlage oder nur eine biskuspide Klappenanlage

Klinik

  • Meist keine akute körperliche Beeinträchtigung (Ausnahme: kritische Aortenstenose des Neugeborenen mit ductusabhängiger Körperperfusion)

  • Das Austreibungsgeräusch über der stenotischen Aortenklappe erzeugt ein raues Systolikum mit Punktum Maximum im 2. ICR rechts parasternal, das schon unmittelbar postnatal auskultierbar ist

  • Eine hochgradige Aortenstenose kann zu einer schweren Funktionsstörung des linken Ventrikels führen (→ kritische Aortenstenose). Bei sehr schlechter linksventrikulärer Funktion fehlt unter Umständen das Strömungsgeräusch oder ist nur leise auskultierbar

  • Die kritische Aortenstenose ist ein schweres neonatales Krankheitsbild mit kardiorespiratorischer Dekompensation (verminderte Systemperfusion, Lungenödem)

Diagnostik

  • Echokardiographie:

    • 2D-Bild: Vermessung des Aortenklappenringes und Beschreibung der linksventrikulären Funktion

    • Doppler: Bestimmung des Blutdruckgradienten zwischen Aorta und linkem Ventrikel

  • EKG: Beim Neonaten eher mit Rechtsherzbelastungszeichen (intrauterine Systemperfusion über den PDA), im Verlauf Linksherzbelastungszeichen möglich

  • Röntgen-Thorax: Unspezifisch, bei kritischer Aortenstenose: Gestaute Pulmonalgefäße und Kardiomegalie

Therapie

  • Interventionell (Ballonvalvuloplastie) oder operativ (Kommissurotomie, Klappenrekonstruktion, Aortenklappenersatz [selten im Kindesalter])

  • Bei kritischer Aortenstenose: Intubation und Beatmung, Wiedereröffnung eines verschlossenen PDA mit Prostaglandin-Infusion (wenn ein PFO vorhanden ist), bei schlechter linksventrikulärer Funktion: Katecholamintherapie

Prognose

  • Die Prognose nach Therapie ist abhängig vom Ausmaß einer möglichen Aortenklappeninsuffizienz und einer möglichen Rest- oder Re-Stenose

  • Da kein dauerhafter mitwachsender Aortenklappenersatz zur Verfügung steht, müssen in der Wachstumsphase kompensierte Aortenklappen-Vitien akzeptiert werden.

  • Relevante Aortenklappenvitien können zu einer Einschränkung der Lebensführung führen (Sportverbot)

  • Re-Eingriffe an der Aortenklappe sind häufig (ca. 25 % im Kindes- und Jugendalter)

  • Ein Aortenklappenersatz im Patientenleben ist wahrscheinlich

Aortenklappenersatz

  • Die Aortenklappenstenose wird über ein Systolikum früh diagnostiziert. Die kritische Aortenklappenstenose ist ein schweres neonatales Krankheitsbild

  • Die operative oder interventionelle Therapie sichert das Überleben. Mittel- und langfristig führt die Aortenklappendysplasie oft zu Re-Eingriffen und zum Aortenklappenersatz

1.1.7 Aortenisthmusstenose/Coarctatio aortae (CoA)

Definition

  • Pathologische Enge des Aortenisthmus

Klinik

  • Meist keine körperlichen Beeinträchtigungen

  • Arterielle Hypertonie am rechten Arm (Cave: linker Arm oft in die Stenose mit einbezogen)

  • Abgeschwächte Pulsation der unteren Körperhälfte (schwach palpable Femoralispulse)

  • Warme Hände und kalte Füße, Kopfschmerzen, Nasenbluten, Muskelschwäche in den Beinen

  • Bei Kollateralisierung der unteren Körperhälfte über A. subclavia und Intercostalarterien oft oligosymptomatisch; dann gelegentliche späte Diagnose bei Hypertonusabklärung

  • Kritische Aortenisthmusstenose: die descendierende Aorta wird mit einem Rechts-links-Shunt über dem persistierenden Ductus arteriosus perfundiert (→ Untersättigung der unteren Körperhälfte). Das linke Herz entlastet sich über einen Defekt im Vorhofseptum (ASD oder PFO mit Links-rechts-Shunt)

    Die kritische Aortenisthmusstenose kann bei Ductusverschluss akut lebensbedrohlich sein

  • Gehäufte Assoziation mit dem Ullrich-Turner-Syndrom (45, X0)

Diagnostik

  • Pulsoxymetriescreening beim Neugeborenen: Untersättigung am Fuß bei kritischer Aortenisthmusstenose

  • Blutdruckmessung: Gradient rechter Arm zu Bein: Hypertonie der oberen Körperhälfte

  • Palpation der peripheren Pulse: Abgeschwächte Femoralispulse

  • Auskultation: Strömungsgeräusch im Rücken links paravertebral

  • Echokardiographie:

    • 2D-Bild: Anatomische Darstellung des Aortenbogens im Kindesalter meist gut möglich, bei Adoleszenten/Erwachsenen durch Luftüberlagerung gelegentlich erschwert

    • Doppler: Bestimmung des Blutdruckgradienten über dem Isthmus, gedämpftes Flussprofil in den Mesenterialarterien

  • Angiographie im Herzkatheterlabor oder der MRT zur Darstellung der Anatomie und von Kollateralen aus der A. subclavia und den Intercostalarterien zur unteren Körperhälfte

Therapie

  • Kritische Aortenisthmusstenose: Wiedereröffnen des Ductus mit Minprostin zur Stabilisierung, dann Operation

  • Bei Neugeborenen und Säuglingen: Operation („extended resection“ der Stenose und End-zu-End-Anastomose des Aortenbogens)

  • Ballonangioplastie im Herzkatheterlabor in ausgewählten Fällen

  • Dauerhafte Stentimplantation bei älteren Kindern und Jugendlichen, unter Umständen Nachdilatation notwendig

  • Re-Eingriffe nach Operation zur Beseitigung von Restengen werden fast immer katheterinterventionell durchgeführt (Ballonangioplastie oder Stentimplantation)

  • Die Nachsorge soll Langzeit-Blutdruck-Messungen und Belastungsuntersuchungen umfassen

Prognose

  • Die Prognose der korrigierten Aortenisthmusstenose ist eingeschränkt, wenn nicht sorgfältig auf eine normotone Blutdruckeinstellung geachtet wird

Aortenisthmusstenose

  • Arterielle Hypertonie am rechten Arm und abgeschwächte Leistenpulse sind das Leitsymptom der Aortenisthmusstenose

  • Die kritische Aortenisthmusstenose ist ein vital bedrohliches neonatales Krankheitsbild. Die Behandlung erfolgt operativ oder interventionell

  • Langfristig entscheidet die Blutdruckeinstellung über die Prognose

1.1.8 Ebstein-Anomalie

Definition

  • Fehlbildung der Trikuspidalklappe mit unterschiedlicher Ausprägung der Anheftung des septalen Segels. Dadurch Verkleinerung des rechtsventrikulären Volumens und „Atrialisierung“ des Ventrikels unterschiedlichen Ausmaßes, Trikuspidalklappeninsuffizenz unterschiedlichen Ausmaßes

Klinik

  • Sehr breite Beschwerdesymptomatik von kritischer Zyanose des Neugeborenen bis zum Zufallsbefund im Erwachsenenalter

  • Neonatale kritische Verlaufsform mit Pumpversagen des rechten Herzens, Zyanose bei Rechts-links-Shunt über einen Vorhofseptumdefekt oder ein persistierendes Foramen ovale (PFO) und ductusabhängige Lungenperfusion

  • Gelegentlich besteht eine Zyanose bei Rechts-links-Shunt über einen Vorhofseptumdefekt auch bei älteren Kindern nach Ductusverschluss

  • Das Systolikum der Trikuspidalklappeninsuffizienz ist das am häufigsten zur Diagnose führende Symptom

  • Gelegentlich mit einem WPW-Syndrom assoziiert (EKG: verkürzte PQ-Zeit, Deltawelle, dadurch verbreiterter QRS-Komplex)

Diagnostik

  • Echokardiographie:

    • 2D-Bild: Darstellung der Trikuspidalklappenfehlbildung, rechtsventrikulärer Größe und Funktion sowie begleitender Fehlbildungen wie Vorhofseptumdefekt oder Ausflusstraktstenosen

    • Farbdoppler: Darstellung der Trikuspidalinsuffizienz

  • EKG: Verbreitertes P, inkompletter RSB, WPW-Syndrom?

  • Langzeit-EKG: Passagere tachykarde Herzrhythmusstörungen?

Therapie

  • Bei beschwerdefreien oder beschwerdearmen Patienten mit mäßiger Trikuspidalklappeninsuffizienz oft konservativ

  • Bei ausgeprägter Atrialisierung und höhergradiger Trikuspidalklappeninsuffizienz: Operative Klappenrekonstruktion

  • Bei Rechts-lnks-Shunt über einen Vorhofseptumdefekt: Vorhofseptumdefektverschluss

  • Bei WPW-Syndrom: Elektrophysiologische Therapie (Ablation aberrierender Leitungsbahnen)

Ebstein-Anomalie

  • Die Ebstein-Anomalie ist eine seltene Anomalie der Trikuspidalklappe mit klinisch breitem Beschwerdebild

  • Die Trikuspidalklappe kann operativ rekonstruiert werden. Begleitende elektrische Reizleitungsstörungen sollten interventionell abladiert werden.

1.1.9 Anomalous Left Coronary Artery from Pulmonary Artery (ALCAPA; Synonym: Bland-White-Garland-Syndrom)

Definition

  • Angeborener Fehlabgang der linken (selten auch der rechten) Herzkranzarterie aus der Pulmonalarterie

Klinik

  • Nach dem physiologischen Abfall des Lungengefäßwiderstands kommt es zu einem „Steal“ des koronararteriellen Blutes in die Pulmonalarterie

  • Das führt im jungen Säuglingsalter zu einer Ischämie des Herzmuskels bis zu Herzinfarkten

  • Pektanginöse Schmerzen, werden oft als Schreiattacken oder Dreimonatskoliken fehlgedeutet.

  • Schließlich präsentieren sich die Säuglinge mit dem Bild der schweren Linksherzinsuffizienz mit Mitralinsuffizienz und pulmonaler Stauung, klinisch oft unter dem Bild einer superinfizierten Stauungspneumonie

  • Lange kompensierte Verlaufsformen bis in höhere Kindes-, Jugendlichen oder sogar Erwachsenenalter sind möglich

  • Gelegentlich führt das Systolikum einer Mitralklappeninsuffizienz zur Diagnose

Diagnostik

  • Auskultation: Systolisches Herzgeräusch einer Mitralklappeninsuffizienz im 4./5. Interkostalraum links parasternal

  • EKG: Linksherzbelastung und Postinfarkt-Q-Zacken in Ableitung 1, V5 und V6

  • Echokardiographie: Kann zur Diagnose führen, eine ALCAPA aber nicht sicher ausschließen; Bild der dilatativen Kardiomyopathie mit Linksherzvergrößerung, schlechter Pumpfunktion, Mitralinsuffizienz

  • Darstellung der Koronarien in der Angiographie (Herzkatheterlabor oder CT)

  • Herzenzyme (Troponin, nt-proBNP) zur Einschätzung der akuten Myokardischämie

  • Differenzialdiagnose: Akute Myokarditis oder Kardiomyopathie anderer Genese

Therapie

  • Operatives Umsetzen der fehlabgehenden Koronararterie

Prognose

  • Abhängig vom präoperativen Ausmaß der myokardialen Ischämie. Eine Erholung des Myokards wird postoperativ oft über Jahre beobachtet

Bland-White-Garland-Syndrom/ALCAPA

  • Die ALCAPA ist eine seltene angeborene Koronarfehlbildung die über eine Myokardischämie zu einer Linksherzinsuffizienz führt. Dies wird klinisch beim Säugling oft zunächst als Pneumonie gedeutet

  • Diagnoseführend sind das EKG und die Echokardiographie, beweisend die Koronarangiographie. Die Koronarfehlbildung ist operativ korrigierbar

1.1.10 Totale Lungenvenenfehleinmündung (Synonym: Total Anomalous Pulmonary Venous Connection = TAPVC)

Definition

  • Angeborene Fehlmündung aller Lungenvenen in die rechte Herzseite.

Einteilung

  • Suprakardialer Typ (45 %): Mündung der Lungenvenen in die V. anonyma/V. cava superior

  • Intrakardialer Typ (20 %): Fehlmündung der Lungenvenen in den Koronarvenensinus

  • Infrakardialer Typ (28 %): Transdiaphragmale Fehlmündung der Lungenvenen in die Lebervenen oder Portalvenen. (Immer mit Obstruktion!)

  • gemischter Typ (7 %): Kombination obiger Typen

Die TAPVC ist immer mit einem Vorhofseptumdefekt oder persistierenden Foramen ovale assoziiert, über den sich mit einem Rechts-links-Shunt das linke Herz füllt.

Klinik

  • Ist abhängig vom Ausmaß der Lungenvenenobstruktion

  • Bei freiem Fluss: Links-rechts-Shunt auf venöser Ebene mit pulmonaler Überflutung und relativer Pulmonalstenose. Klinisch wenig beeinträchtigt. Auskultatorisch Systolikum mit Punktum Maximum 2. ICR links parasternal (wie beim Vorhofseptumdefekt). Zyanose gering ausgeprägt

  • Bei Obstruktion: Rasch progrediente Lungenstauung mit Lungenödem, pulmonalarterieller Hypertonie und schwerer Hypoxämie. Klinisch schwer krank mit ausgeprägter Zyanose, Tachydyspnoe, Tachykardie. Auskultatorisch feuchte Rasselgeräusche aber kein spezifisches Herzgeräusch

    Differenzialdiagnostische Abgrenzung zur schweren Pneumonie oder zum ARDS schwierig

Diagnostik

  • Echokardiographie: Diagnoseführend durch Darstellung aller Lungenvenen. Technisch anspruchsvoll

  • Röntgen-Thorax: Kardiomegalie mit verbreitertem rechten Vorhof und vergrößertem Pulmonalissegment, pulmonale Hyperämie (kann radiologisch als ARDS fehlgedeutet werden)

Therapie

  • Operative Korrektur bei freiem Fluss elektiv nach der Neugeborenenperiode

  • Bei obstruktiver TAPVC im Neonatalalter besteht eine Notfallindikation, die perioperative Letalität beträgt dabei 5–10 %. Im Verlauf entwickeln 15 % eine pulmonalvenöse Obstruktion. Wegen Verlust der Sinusknotenfunktion benötigen 5–10 % längerfristig einen Schrittmacher

Totale Lungenvenenfehleinmündung

  • Die TAPVC mit Links-rechts-Shunt auf venöser Ebene bietet klinisch ein breites Beschwerdespektrum

  • Die infrakardiale TAPVC mit Lungenvenenobstruktion muss beim Neonaten vom ARDS unterschieden werden und bedarf einer Notfalloperation

1.2 Zyanotische Herzfehler

1.2.1 Fallot-Tetralogie und Pulmonalatresie mit Ventrikelseptumdefekt

Definition

  • Kombination von

    1. 1.

      rechtsventrikulärer Ausflusstraktobstruktion (RVOTO) mit subvalvulärer Pulmonalstenose, Hypoplasie der Pulmonalklappe sowie hypoplastischen Pulmonalarterien

    2. 2.

      einem großen subaortalen malalignment VSD

    3. 3.

      eine über dem VSD reitende Aorta

    4. 4.

      einer rechtsventrikulären Muskelhypertrophie

  • Pathogenetisch ist eine Verlagerung des Auslassseptums nach vorn und oben

  • Extremfälle sind:

    • Pulmonalatresie mit VSD und Lungenperfusion über einen persistierneden Ductus oder große aortopulmonale Kollateralgefäße (MAPCA’s)

    • Double Outlet Right Ventricle (DORV) mit komplettem Ursprung der Aorta aus dem rechten Ventrikel

  • Häufig assoziierte Fehlbildungen (ASD II, Rechtsaortenbogen (30 %), Koronaranomalien, AV-Kanal)

  • Chromosomale Aberrationen (ca 30 %): Mikrodeletion 22q11, Trisomie 21

Klinik

  • Abhängig vom Ausmaß der rechtsventrikulären Ausflusstraktobstruktion. Diese ist wegen zunehmender Infundibulumhypertrophie progredient

  • Geringe Obstruktion: Keine Zyanose (SO2 >93 %); „pink fallot“; Links-rechts-Shunt über VSD, Herzinsuffizienz möglich

  • Mäßige Obstruktion: Mäßige Zyanose (SO2 80–92 %); überwiegend Rechts-linksShunt über VSD

  • Ausgeprägte Obstruktion: Deutliche Zyanose (SO2 <80 %); Rechts-links-Shunt über VSD, deutlich verminderte Lungenperfusion

Cave

  • Bei Stress (Schmerz, Hunger, Aufregung) kann adrenerge Kontraktilitätssteigerung zur lebensbedrohlichen „hypoxämischen Krise“ mit Infundibulumabschnürung, tiefster Zyanose (SO2 <50 %), zerebraler Hypoxie mit Bewusstlosigkeit und Krampfanfällen führen

  • Höchstgradige Obstruktion oder Pulmonalatresie mit VSD: Kein ausreichender antegrader Lungenblutfluss; überleben nur durch ductusabhängige Lungenperfusion

Diagnostik

  • Echokardiographie (beweisend):

    • 2-D: Größe von Infundibulum, Pulmonalklappe, Pulmonalarterienstamm bis zur Bifurkation und beiden Ästen; Größe des VSD mit Lagebeziehung zur Aorta; Aortenbogenanomalien, Ductusgröße und -verlauf, MAPCA’s; Koronararterienanomalien, assoziierte Anomalien

    • Farbdoppler: Klärung der Lungenperfusion

  • Pulsoxymetrie: Zur Stratifizierung → wenn <80 % in Ruhe → Handlungsbedarf

  • Auskultation: Austreibungssystolikum 2.–3. ICR links

  • EKG: Ausgeprägte Rechtshypertrophiezeichen: Rechtstyp, Hohes R und positives T rechtspräkordial

  • Genetische Abklärung einer Mikrodeletion 22q11.2

  • Angiographie (via Herzkatheter oder Angio-CT): Im Einzelfall zur operativen Planung

Therapie

  • Ab dem 3. Lebensmonat korrigierende Herz-Lungen-Maschinen-Operation mit akzeptabler Morbidität. Dabei VSD-Verschluss, Verbesserung der Lungenperfusion durch Erweiterung von RVOT, Pulmonalklappe und Pulmonalgefäßen

  • Überbrückend:

    • Bei ductusabhängiger Lungenperfusion: Prostaglandin-Infusion (evtl. Ductusstenting)

    • Bei hochgradiger Infundibulumstenose: β-Blocker-Therapie

    • Bei SO2 <80 % im Neugeborenenalter: Palliative Anlage eines aortopulmonalen Shunts

    • Bei hypoxämischer Krise: Aufnahme Intensivstation; Sedierung (Morphin, Midazolam, Ketamin i.v. oder s.c., Volumengabe, periphere Widerstandserhöhung (Knie an Brust drücken); nach Stabilisierung Shunt- oder Korrekturoperation

Prognose

  • Unbehandelt: Teilweise Aufwachsen bis ins Erwachsenenalter möglich, dann Uhrglasnägel, Trommelschlegelfinger

  • Komplikation wegen Rechts-links-Shunt: häufige Thrombembolien und Hirnabszesse

  • Nach Korrektur-OP besteht ein variables, kombiniertes Pulmonalklappenvitium das lebenslänglicher Nachsorge Bedarf. Höhergradige Stenosen können dilatiert oder gestentet werden, höhergradige Insuffizienzen mit Rechtsherzvergrößerung oft begleitet von Rhythmusstörungen benötigen ein klappentragendes Pulmonalisconduit (Re-OP oder interventioneller Klappeneinbau)

  • Klinisch meistens beschwerdefrei mit ordentlicher Alltagsbelastbarkeit

Fallot-Tetralogie

  • Die Fallot-Tetralogie ist der häufigste zyanotische Herzfehler

  • Er erfordert intensive Betreuung im jungen Säuglingsalter. Nach Korrektur-OP ab dem 3. Lebensmonat meist gutes Gedeihen. Lebenslange Nachsorge zur Erkennung und Behandlung von Rechtsherzproblemen erforderlich.

1.2.2 Pulmonalatresie mit intaktem Ventrikelseptum

Definition

  • Vollständige Obstruktion des rechtsventrikulären Ausflusstrakts durch meist membranöse Atresie der Pulmonalklappe

Klinik

  • Suprasystemdruck im stark hpertrophierten und hypoplastischem RV; Entleerung über variable Trikuspidalinsuffizienz und gelegentlich Koronarfisteln; Abstrom des systemvenösen Bluts über einen Vorhofseptumdefekt nach links; duktusabhängige Lungenperfusion

  • Rasch progrediente Zyanose

  • Bei höhergradiger Trikuspidalinsuffizienz → Hepatomegalie

Diagnostik

  • Echokardiographie:

    • 2-D: Größe der Pulmonalklappe, Trikuspidalklappe (Z-Score) und der Rechtsherzstrukturen, Vorhoflücke, Ductusgröße und -verlauf

    • Farbdoppler: Nachweis der Atresie, Klärung der Lungenperfusion, Hinweis auf Koronarfisteln

    • Doppler: Abschätzung des RV-Drucks über Trikuspidalinsuffizienz

  • Herzkatheter: Zur Klärung der Koronarperfusion ggf. mit gleichzeitig therapeutischer Intervention

Therapie

  • Initial Offenhalten des Ductus mit Prostaglandin-Infusion; dann Entlastung des rechten Ventrikels und Etablierung einer dauerhaften Lungenperfusion je nach Befund:

    • Interventionell: Hochfrequenzperforation und -dilatation der Pulmonalklappe, Ductusstenting

    • Operativ: Pulmonalvalvulotomie, aortopulmonale Shuntanlage

  • Re-Eingriffe sind erforderlich

Prognose

  • Abhängig von der RV-Größe

    • Bei gut entwickeltem RV: biventrikuläre Korrektur und wenig Einschränkungen

    • Bei ausgeprägter Hypoplasie mit Koronarfisteln: ungünstig

Pulmonalatresie mit intaktem Ventrikelseptum

  • Die Pulmonalatresie mit intaktem Ventrikelseptum ist ein seltener zyanotischer Herzfehler mit ungewisser Prognose

1.2.3 Dextro-Transposition der großen Arterien (d-TGA)

Definition

  • Ursprung der Aorta (mitsamt der Koronarien) rechts vorn aus dem rechten Ventrikel sowie Ursprung der Pulmonalarterie aus dem linken Ventrikel

Klinik

  • Durch Rezirkulation des venösen Bluts in den Systemkreislauf kommt es zu einer ausgeprägten Zyanose

  • O2-gesättigtes Blut gelangt nur durch das Foramen ovale in den Systemkreislauf

  • In den ersten Lebensstunden häufig asymptomatisch. Auskultatorisch kein Herzgeräusch, betonter 2. Herzton

  • Bei restriktivem Foramen ovale oder kleiner werdendem Ductus: Rasch zunehmende Zyanose, beginnende Tachykardie und Tachydyspnoe

  • In 25 % der Fälle bestehen zusätzliche Fehlbildungen (Ventrikelseptumdefekt, Pulmonalstenose, Aortenisthmusstenose)

  • Es besteht eine Jungenwendigkeit (m : w = 2,5: 1)

Diagnostik

  • Pulsoxymetrie: Ausgeprägte Zyanose, oft <70 %, wenig reagibel auf inhalativen Sauerstoff

  • Echokardiographie (beweisend):

    • 2-D: Ursprung und Stellung der großen Gefäße mit fehlender Überkreuzung; Größe der Vorhoflücke und des Ductus; Darstellung des Koronarabgangs

    • Farbdoppler: Shuntfluss auf Vorhof und Ductusebene

  • EKG: Unspezifisch

  • Röntgen-Thorax: Nach Echokardiografisch gesicherter Diagnose entbehrlich. Wenn initial bei V. a. peripartale Pneumonie durchgeführt: Eiförmiges Herz mit schmalem Gefäßband, diskrete Lungengefäßzeichnungsvermehrung

Therapie

  • Medikamentöses Wiedereröffnen/Offenhalten des Ductus mit Prostaglandin i.v.

  • Bei höhergradiger Zyanose und Restriktion auf Vorhofebene: Interventioneller Herzkatheter mit Ballonatrioseptostomie unter Ultraschallkontrolle (Rashkind-Prozedur).

  • Definitive Korrektur durch arterielle Switch-OP inkl. Koronartransfer innerhalb der ersten zwei Lebenswochen

  • Operationsletalität <5 %

Prognose

  • Meist sehr gut, in Einzelfällen Neoaorteninsuffizienz, periphere Pulmonalstenosen, Stenosen im Bereich der Koronarostien

d-TGA

  • Die d-TGA ist ein in der Neonatalphase rasch progredienter zyanotischer Herzfehler ohne typisches Herzgeräuch

  • Nach Stabilisierung mit Prostaglandin und ggf. Ballonatrioseptostomie ist er durch eine arterielle Switch-OP gut behandelbar

1.2.4 Truncus arteriosus communis

Definition

  • Schwere Herzfehlbildung bei der Aorta und Pulmonalarterie aus einem gemeinsamen Gefäßstamm (Truncus) entspringen, der mit nur einer Herzklappe (Truncusklappe) über einen großen Ventrikelseptumdefekt mit beiden Herzkammern verbunden ist

  • Die Truncusklappe ist oft fehlgebildet und besteht aus 1–5 Taschen, wobei die gesamte Klappe stenotisch und/oder insuffizient sein kann

  • Zusätzliche Aortenbogenfehlbildungen kommen vor (am häufigsten eine Aortenisthmusstenose oder ein unterbrochener Aortenbogen)

Klinik

  • Die Symptomatik ist abhängig von der Größe der Lungengefäße und dem Ausmaß der Lungendurchblutung: In der Regel milde Zyanose und zunehmende Herzinsuffizienz beim Neugeborenen bei Lungenüberflutung

  • Systolisches Herzgeräusch bei Vorliegen eines Truncusklappenvitiums (Stenose oder Insuffizienz)

  • Häufige Assoziation mit einer Mikrodeletion 22q11

Diagnostik

  • Echokardiographie: Zeigt das den Ventrikelseptumdefekt überreitende Gefäß (wie bei Fallot-Tetralogie), die Morphologie und Funktion der Truncusklappe und den Ursprung der Pulmonalarterien sowie den Aortenbogen

  • Die Identifikation von rechter und linker Pulmonalarterie kann schwierig sein

  • Ggf. Angiografie zur Klärung der Gefäßanatomie und Durchblutung notwendig

Therapie

  • Operative funktionelle Korrektur in den ersten Lebenswochen

  • Verschluss des Ventrikelseptumdefekts und damit Zuordnung der Truncusklappe zum Aortenbogen (wie bei Fallot-Tetralogie, ► Abschn. 12.1.2.1)

  • Anschluss der Pulmonalarterien an den rechten Ventrikel (verschiedene Operationstechniken, mit und ohne Implantation einer biologischen Pulmonalklappe)

  • Da die Pulmonalklappe fehlt, sind Folgeeingriffe zum Pulmonalklappenwechsel im Wachstum notwendig

Prognose

  • Bei guter Truncusklappenfunktion und adäquat entwickelten Pulmonalarterien gut

  • Sie wird nach erfolgreicher Korrektur-OP eingeschränkt durch pulmonalarterielle Hypoplasie, pulmonalarterielle Hypertonie oder ein Aortenklappenvitium (Truncusklappenvitium)

Truncus arteriosus communis

  • Der Truncus arteriosus communis ist ein seltener und in seinem Ausprägungsgrad bzgl. der Truncusklappenfehlbildung, der Pulmonalarterienfehlbildung und einer möglichen Aortenbogenfehlbildung sehr variabel ausgeprägter Herzfehler

  • Er ist oft mit einer Mikrodeletion 22q11 assoziiert, operativ korrigierbar und gehört in die Differenzialdiagnose neonataler zyanotischer Herzfehler

1.2.5 Trikuspidalatresie

Definition

  • Schwere Herzfehlbildung mit angeborenem vollständigem Verschluss der Trikuspidalklappe

  • Variabel ist die Gefäßstellung (normal oder in Transposition), das mögliche Vorhandensein eines kleinen oder einers großen Ventrikelseptumdefekts, die Ausprägung der Pulmonalklappe (normal, stenotisch, atretisch) und das mögliche Vorhandensein begleitender Aortenbogenfehlbildungen (meist bei Transpositionsstellung)

  • Immer besteht ein Vorhofseptumdefekt mit Rechts-links-Shunt

  • Die meisten Patienten haben einen kleinen VSD mit Pulmonalstenose (Typ 1b, etwa 50 % aller Fälle) oder einen großen VSD ohne Pulmonalstenose mit Transposition (Typ 2c, etwa 20 % aller Fälle)

Klinik

  • Leitsymptom der Trikuspidalklappenatresie ist die Zyanose

  • Patienten mit einer Typ-1b-Fehlbildung (häufigste Form, ~50 %) haben eine verminderte Lungendurchblutung und damit meist eine ausgeprägte Zyanose

  • Bei Patienten mit einer Typ-2c-Fehlbildung ist die Lunge überflutet; die Zyanose bleibt manchmal anfänglich sogar klinisch unbemerkt und es entwickelt sich dann eine Herzinsuffizienzsymptomatik (wie bei einem großen VSD)

Diagnostik

  • Die Echokardiographie klärt die Morphologie des Vitiums und die Hämodynamik

Therapie

  • Die primäre Versorgung ist vom Ausmaß der Lungenperfusion bestimmt: Bei verminderter Lungenperfusion Offenhalten des PDA mit Prostaglandin-Infusion, dann elektive Anlage eines aortopulmonalen Shunts

  • Bei pulmonaler Überflutung und Herzinsuffizienz: Vermeidung von O2-Gabe, ggf. antikongestive Therapie mit Diuretika und ACE-Hemmern

  • Ziel der operativen Versorgung ist eine palliative Kreislauftrennung nach dem Fontan-Prinzip- (Kreislauftrennung mit nur einer Herzkammer: venöses Blut fließt am Herzen vorbei durch die Lunge; das Herz wird mit gesättigtem Blut aus der Lunge gefüllt [und dem venösen Blut des Koronarvenensinus, der in das Herz mündet]; es pumpt in die Aorta). Dazu zweizeitiges Vorgehen:

    • Operative Anlage einer partiellen (oberen) kavo-pulmonalen Konnection (PCPC, synonym: Glenn-OP), meist im Alter von 4–6 Monaten

    • Operative Anlage einer totalen kavo-pulmonalen Konnection (TCPC) durch Anschluss der unteren Hohlvene an die Pulmonalarterie; meist zwischen dem 2. und 5. Lebensjahr

Prognose

Nach der der TCPC sind oligosymptomatische Verläufe mit annähernd normaler Alltagsbelastbarkeit bis ins mittlere Erwachsenenalter möglich.

Trikuspidalatresie

  • Die Trikuspidalatresie ist ein seltener Herzfehler, der in die Gruppe der univentrikulären Herzen gehört, die palliativ mit einer Kreislauftrennung nach dem Fontan-Prinzip behandelt werden

  • Die Erstversorgung richtet sich nach dem Ausmaß der Lungenperfusion, die bei den verschiedenen Typen der Trikuspidalatresie sehr unterschiedlich ausgeprägt sein kann sowie nach dem Ausmaß begleitender Fehlbildungen, insbesondere im Aortenbogen

1.2.6 Hypoplastisches Linksherzsyndrom (HLHS)

Definition

  • Schwere Herzfehlbildung mit Hypoplasie des linken Ventrikels bei Atresie (oder kritischer Stenose) der Mitralklappe, Atresie (oder kritischer Stenose) der Aortenklappe und Hypoplasie der Aorta ascendens und des Aortenbogens

Pathogenese

  • Die gesamte aortale Perfusion erfolgt über den PDA, auch die retrograde Perfusion der Aorta ascendens mit den Koronarien. Je enger der PDA, desto weniger Blut fließt durch Aorta und Koronarien und umso mehr Blut fließt durch die Pumonalarterien

Klinik

  • Neugeborene bei der U1 oft noch ohne klinische Symptome

  • Untersättigung am Fuß beim Pulsoxymetriescreening

  • Der PDA-Verschluss führt zu akutem kardiorespiratorischem Schock im Neugeborenenalter. (Häufigste Manifestation, wenn der Herzfehler intrauterin oder beim Pulsoxymetriescreening nicht erkannt wurde!)

Diagnostik

  • Röntgenbild bei akut verfallenen kritisch kranken Neugeborenen: Kardiomegalie, vermehrte Lungengefäßzeichnung, Lungenödem

  • Die Echokardiographie klärt die Morphologie und Hämodynamik des Vitiums

Therapie

  • Bei stabilem Kind: Offenhalten des Ductus arteriosus mit Prostaglandin-Infusion, Vermeidung von O2-Gabe, Vermeidung von Stress

  • Bei Manifestation des Vitiums im Kreislaufschock: Intensivmedizinische Therapie, Wiedereröffnen des PDA mit Prostaglandin-Infusion, Wiederherstellung der Körperperfusion

  • Wie bei allen univentrikulären Herzen ist das Behandlungsziel die stabile palliative Kreislauftrennung nach dem Fontan-Prinzip. Bei hypoplastischen Linksherzsyndrom muss aber zunächst die Körperperfusion gesichert werden:

    • Norwood-I-Operation: Rekonstruktion eines Aortenbogen aus der Pulmonalklappe, dem Pulmonalarterienstamm und dem hypoplastischem Aortenbogen. Perfusion der abgesetzten Pulmonalarterien über einen aortopulmonalen Shunt

      Für die Norwood-Operation gibt es Modifikationen mit zum Teil interventionellen Komponenten (Ductus-Stent), um den großen Eingriff nicht im besonders vulnerablen Neonatalalter durchführen zu müssen

    • Später folgen Glenn- und TCPC-OP (► Abschn. 12.1.2.5)

Prognose

  • Die Prognose der Patienten mit hypoplastischem Linksherzsyndrom ist belastet durch die operativen und perioperativen Risiken der neonatalen Norwood-I-Operation. Bis zur Gelnn-OP sind die Kinder vulnerabel und bedürfen eines engmaschigen Monitorings. Da nur ein rechter Ventrikel für die Fontan-Physiologie zur Verfügung steht kommt es im langfristigen Verlauf häufiger zur Herzinsuffizienz

  • Die Sterblichkeit ist im Säuglingsalter und im Umfeld der folgenden operativen Schritte hoch, verbessert sich dann aber im Schulalter. Über 60 % der Patienten erreichen das Schulalter.

HLHS

  • Bei hypoplastischem Linksherzsyndrom muss zunächst in einer neonatalen Norwood-I-Operation die Körperperfusion durch Rekonstruktion des Aortenbogens unter Zuhilfenahme der Pulmonalklappe und des Pulmonalarterienstammes gesichert werden

  • Das Behandlungsziel einer stabilen palliativen Kreislauftrennung nach dem Fontan-Prinzip bis zum Schulalter kann bei über 60 % der Patienten erreicht werden

2 Erworbene Herzerkrankungen und Kardiomyopathien

2.1 Endokarditis

Definition

Meist bakterielle Entzündung des Endokards, der Herzklappen, des Endothels herznaher Arterien oder von prothetischem Fremdmaterial (Gefäßprothesen, Klappen, Schirme, etc).

Pathophpysiologie

  • Erreger und Eintrittspforten

    • Oropharynx → Streptokokkus viridans (50 %)

    • Hautinfektionen → Staphylokokken (30 %)

  • Turbulente Blutströmung → Endothelschäden mit thrombotischen Auflagerungen → gute Wachstumsbedingungen für Bakterienabsiedlungen → Vegetationen

    Dies gilt besonders für endothelialisierte Fremdmaterialien

  • Im Verlauf kann es zu Mikroembolien der Haut (Janeway-Läsionen, Osler-Knötchen) bis zu Abszessen (Hirn, Lunge) und Klappendestruktionen kommen.

Klinik

Zwei Verlaufsformen je nach Destruktivität der Erreger:

  1. 1.

    Subakut (lenta): Geringere Pathogenität (Streptococcus viridans, koagulase negative Staphylokokken)

    Klinik: rezidivierende leichte Fieberschübe, unspezifische Allgemeinsymptome wie Abgeschlagenheit, Leistungsminderung, Appetitlosigkeit

  2. 2.

    Akut: Hohe Pathogenität (Staphylococcus aureus, Pneumokokken)

    Klinik: septischer Verlauf, hohes Fieber, rasch progrediente Herzinsuffizienz durch Klappendestruktion, neu auftretende Herzgeräusche

Diagnostik

  • Mikrobiologie: Entscheidend ist der Erregernachweis in der Blutkultur!

  • Dazu ≥3 Blutkulturen (1–3 ml beim Säugling, 3–5 ml Kleinkinder, 10 ml Schulkinder) im Abstand weniger Stunden abnehmen. Kein Warten auf Fieberanstieg da kontinuierliche Bakteriämie. ≥2 Kulturen sollten positiv sein

  • Echokardiographie 2-D: Nachweis von Vegetationen, Klappendestruktionen, neu aufgetretene Prothesendysfunktion

  • Diagnosestellung kann schwierig sein, Hilfestellung durch Duke-Kriterien, letztlich klinische Entscheidung! Bei dringendem Verdacht und negativen Kulturen (ca. 10 %) an seltene Erreger (HACEK, Mykoplasmen, Legionellen, Pilze) denken

Therapie

  • Hochdosierte bakterizide Kombinationsantibiose gemäß Antibiogramm für 4–6 Wochen i.v.

  • Beginn: Bei subakuter Form nach positivem Blutkulturbefund, bei akuter septischer Form direkt nach Abnahme der BK

  • Wenn nötig symptomatische Herzinsuffizienztherapie

  • Bei hochgradiger Klappendestruktion oder nicht Beherrschbarkeit der Infektion ist eine operative Sanierung erforderlich. Dann liegt die Letalität bei ca. 10 %.

Endokarditis

  • Bei herzkranken Kindern mit unspezifischen Allgemeinsymptomen und rezidivierendem Fieber sollten vor jeder Antibiokagabe Blutkulturen entnommen werden, um Diagnose und effektive Behandlung einer Endokarditis nicht zu verschleppen.

2.1.1 Endokarditisprophylaxe

  • Risikopopulation

    • Kinder mit angeborenem besonders zyanotischem Herzfehler, mit Fremdmaterial korrigiertem Vitium, mit Restbefunden nach OP, Immunsupprimierte (Monosomie q22.1, Herztransplantierte)

  • Primärprophylaxe

    • Frühzeitige vollständige und fremdmaterialarme Korrektur der Herzfehler

    • Perioperativ: Konsequente Wundbehandlung, Rasches Entfernen von Leitungen (ZVK, Draiangen etc)

    • Mundhygiene: Zähneputzen ab dem 1. Zahn. Sanierung kariöser Zähne – auch Milchgebiss unter Analgosedierung!

    • Haut- und Nagelpflege, bei Akne: Hautärztliche Behandlung

  • Sekundärprophylaxe

    • Bei Risikopatienten: Bei Eingriffen mit zu erwartender Bakteriämie, z. B. bestimmte zahnärztliche Eingriffe, Tonsillektomie, Adenotomie: Antibiotika Gabe 30–60 min vor dem Eingriff

    • Konsequente Behandlung bakterieller Infektionen

    • Eine Antibiose bei viralen Infekten ist nicht indiziert

2.2 Myokarditis und Kardiomyopathie

Definition

  • Die Myokarditis ist eine entzündliche Erkrankung des Myokards (inflammatorische Kardiomyopathie). Im Kindesalter sind Virusmyokarditiden am Häufigsten; immunvermittelte oder toxische Formen selten.

  • Kardiomyopathien beschreiben primäre Erkrankungen des Myokards.

Einteilung

  • Kardiomyopathien sind einzuteilen in:

    • Primäre Kardiomyopathien (nur das Herz betreffend)

      • Angeborene Formen (genetisch bedingt)

      • Erworbene Formen (z. B. postmyokarditisch, ischämisch, toxisch [nach Chemotherapie], tachykardieinduziert)

    • Sekundäre Kardiomyopathien (kardiale Manifestation bei Systemerkrankung, z. B. Morbus Pompe, Duchenne-Muskeldystrophie )

  • Morphologisch und funktionell können Kardiomyopathien eingeteilt werden in:

    • Dilatative Kardiomyopathie (häufigste Form im Kindesalter)

    • Hypertrophe Kardiomyopathie (zweithäufigste Form im Kindesalter)

    • Restriktive Kardiomypopathie (selten)

    • sonstige Formen, z. B.

      • Non-compaction Kardiomyopathie (selten)

      • Arrhythmogene rechtventrikuläre Kardiomyopathie (selten)

Klinik

  • Kardiales Leitsymptom ist meistens die akute Herzinsuffizienz

  • Bei Myokarditis oft auch Herzrhythmusstörungen. Ältere Patienten klagen oft über Thoraxschmerzen

  • Da die Erstdiagnose einer Kardiomyopathie oft erst im Rahmen einer Dekompensation bei Infektion gestellt wird, kann klinisch das Bild einer Bronchitis/Pneuomie/Sepsis dominieren

Diagnostik

  • Röntgen-Thorax: Kardiomegalie, pulmonalen Stauungszeichen, Lungenödem

  • EKG: ST-Strecken-Veränderungen bei Myokarditis

  • Diagnosestellend ist die Echokardiographie, die den Phänotyp und die Herzfunktion klärt

  • Gelegentlich klärt erst der Verlauf, ob eine akute Myokarditis oder eine dekompensierte Kardiomyopathie vorliegt. Zur Basisdiagnostik gehören daher auch Herzinsuffizienzmarker (nt-proBNP, Troponin) und die Suche nach kardiotropen Viren im Blut und im Stuhl

  • Ggf. Virus-Serologie, ggf. eine Kardio-MRT (zeigt akute Entzündung des Herzmuskels) und eine Endomyokardbiospie mit histologischer und molekularer (Virus-PCR) Untersuchung

Therapie

  • Bei akuter Myokarditis: Bettruhe, antiinflammatorische Maßnahme, ggf. Herzinsuffizienztherapie, in selten Fällen bei entsprechender Ätiologie gezielte virustatische Therapie oder immunsuppressive Therapie

  • Bei akuter Herzinsuffizienz: ggf. intensivmedizinische Behandlung, Intubation, Inotropika

  • Medikamentöse antikongestive Therapie: ACE-Hemmer, β-Blocker, Aldosteronantagonisten, Diuretika

  • Bei Arrhythmien ggf. medikamentöse antiarrhythmische Therapie

  • Auch für Kinder stehen akut implantierbare mechanische Herzunterstützungssystem zur Verfügung

Prognose

  • Myokarditiden heilen oft mit Narbenbildung (sichtbar im MRT) aber klinisch folgenlos und vollständig aus

  • Kardiomyopathien zeigen ein breites Prognosespektrum, etwa \( \raisebox{1ex}{$1$}\!\left/ \!\raisebox{-1ex}{$3$}\right. \) der Fälle verlaufen rasch progredient

  • Im Kindesalter sind Kardiomyopathien häufigster Grund für eine Listung zur Herztransplantation

Myokarditis

  • Leitsymptom der akuten Myokarditis sind Herzrhythmusstörungen und Thoraxschmerz sowie EKG-Veränderungen

  • Alle akuten Formen der Herzinsuffizienz bei Myokarditis oder Kardiomyopathie sind im Kleinkindesalter klinisch schwer von der Pneumonie und der Sepsis zu unterscheiden

2.3 Kawasaki-Syndrom

Definition

  • Im Säuglings- und Kleinkindesalter auftretende, ätiologisch ungeklärte Vaskulitits mittelgroßer und kleiner Arterien, insbesondere der Koronarien. Assoziation mit mukokutanem Lymphknotensyndrom

Klinik:

  • Antibiotikaresistentes Fieber (>5 Tage)

  • Bilaterale konjunktivale Injektion

  • Erdbeerzunge, trockene, rissige Lacklippen

  • Hand- und Fußödeme und -erytheme, später Schuppung

  • Exanthem, meist am Stamm, polymorph

  • Zervikale Lymphadenopathie, oft einseitig

  • Systemische Entzündung, kann auch Leber, Niere, Magen/Darm und Meningen betreffen

  • Insbesondere im Säuglingsalter „inkomplette“, nicht alle Symptome aufweisende aber schwere Verlaufsformen

Diagnose

Schwierige Abgrenzung zu Scharlach oder Viruserkrankungen, da keine beweisenden Untersuchungen. Letztlich klinische Entscheidung!

  • Labor (zur Risikostratifizierung): BSG, CRP, Blutbild mit Differenzialblutbild (initial Thrombopenie, später Thrombozytose), GOT,GPT, Na

  • Echokardiographie zur Beurteilung der Koronarien initial und im Verlauf

  • Bei Hinweisen auf Koronaraneurysmen: Koronarangiographie

  • EKG: Ausgangsbefund, Ausschluss von Myokardischämien

Therapie

  • Oberstes Ziel ist die rasche Unterdrückung der Vaskulitis und dadurch Verhinderung einer Entwicklung von Koronaraneurysmen (unbehandelt 20 %), die rupturieren oder thrombosieren und somit zu Myokardinfarkten führen können

  • Dazu nach klinischer Diagnosestellung sofortige hochdosierte i.v.-Immunglobulingabe und hochdosierte ASS-Therapie

Prognose

  • Bei frühzeitigem Therapiebeginn deutliche Senkung der Koronarbeteiligung und vollständige Erholung. Mit Koronaraneurysmen entsteht ein Myokardinfarktrisiko. Dann ist längerfristig antikoagulatorische Behandlung erforderlich

Kawasaki Syndrom

  • Bei Kindern <5 Jahren muss bei >3 Tage anhaltendem Fieber immer das Kawasaki-Syndrom bedacht werden

  • Nach klinischer Diagnosestellung direkt eine Immunglobulintherapie zur Verhinderung der Koronarbeteiligung einleiten

3 Herzrhythmusstörungen

3.1 Tachykarde Herzrhythmusstörungen

Definition

  • Rhythmusstörung mit abnormer Erhöhung der Herzfrequenz

  • Abzugrenzen sind sekundäre (Bedarfs)tachykardien bei: Anstrengung, Fieber, Anämie, Herzinsuffizienz, Hyperthyreose, Intoxikationen

Einteilung

  • Vorhoftachykardie (SVT)

  • Kammertachykardie (VT)

Klinik

  • Wird bestimmt vom Herzzeitvolumen unter Tachykardie. Dies hängt ab vom:

    • Allgemeinzustand des Herzens, gesund oder vorgeschädigt

    • Frequenz der Tachykardie

    • Rhythmuseffizienz: Bei VT in der Regel schlecht, daher oft bedrohlich. Bei SVT mit Vorhof/Kammersynchronisation oft deutlich besser, und nicht akut bedrohlich

  • Unter laufender Tachykardie unzureichende Versorgung des Herzmuskels daher im Verlauf Verschlechterung des HZV und bei permanenten Formen Entwicklung einer arrhythmogenen (dilatativen) Kardiomyopathie möglich

Diagnostik

  • Von höchster Priorität: 12-Kanal-EKG: im Anfall, unter Kardioversion, im Grundrhythmus!!!

  • Bei Reanimation mindestens Defi-Mitschrift dokumentieren

  • Echokardiographie: Obligatorisch zum Ausschluss von Herzfehlern oder Tumoren und zur Beurteilung der Herzfunktion

  • Labor: Elektrolyte, nt-proBNP; Troponin, ggf. Myokarditisdiagnostik

  • Bei Symptomen aber fehlendem Tachykardienachweis im EKG: Event-Rekorder extern oder subkutan.

  • Langzeit-EKG (bei paroxysmalen Tachykardien oft unergiebig)

  • Belastungs-EKG zur Beurteilung der Induzierbarkeit

Therapieprinzip

  1. 1.

    Akut:

    • Bei allen SVT: Medikamentöse Kardioversion in Defi-Bereitschaft: Adenosin mit „push and flush“ über herznahe Vene; führt zu sekundenanhaltendem komplettem AV-Block und beendet dadurch supraventrikuläre Reentry-Tachykardien und demaskiert Vorhofflattern und ektope atriale Tachykardien

    • Bei Vorhofflattern, Kammertachykardien inkl. Kammerflattern: Elektrische Kardioversion (EKG-synchronisiert) mit 0,5–2 J/kg unter Analgosedierung

    • Bei Kammerflimmern: Defibrillation (1–4 J/kg)

    • Bei Rezidiv: Amiodaron-Kurzinfusion (Cave: gegative Inotropie), ggf. Wiederholung

  2. 2.

    Dauer:

    • Antiarrhythmische Therapie mit Klasse-IC-Medikamenten (Flecainid, Propafenon), β-Blockern oder Klasse-III-Medikamenten (Amiodaron, Sotalol)

    • Kurativ:

      • EPU mit Ablation

        Seltene Komplikation (1 %): permanenter AV-Block

3.1.1 Paroxysmale supraventrikuläre Tachykardien

Zwei Mechanismen:

  • Akzessorische Leitungsbahn (WPW-Syndrom):

    • Manifestation: Ab dem Neonatalalter (gelegentlich schon intrauterin)

    • EKG: Im Anfall meist Schmalkomplextachykardien >200/min mit retrogradem P nach dem QRS; im Ruhe-EKG kann eine verkürzte PQ-Zeit mit Delta-Welle vorhanden sein

    • Klinik: Bei Säuglingen unspezifische Symptome mit fahlem Kolorit und Unleidigkeit. Ältere Kinder klagen über Unwohlsein und Herzklopfen oft in Hals oder Nacken. Sie bemerken das schlagartige Ende

    • Verlauf: Die Anfälle sistieren nach Minuten bis Stunden. Dauerhafte Schäden oder Todesfälle sind bei anderweitig herzgesunden im Kindesalter absolute Raritäten. Ab dem Jugendlichenalter kann es durch schnelles Überleiten von Vorhofflattern/-flimmern zu Todesfällen kommen

    • Therapie: Medikamentöse Kardioversion, anschließend gewichtsadaptierte medikamentöse Dauertherapie (meist 1C, seltener β-Blocker oder III) über 1 Jahr. Häufig Spontanremission. Bei Persistenz ist Ablation ab dem Schulalter möglich und sollte wegen der Gefahr schneller Überleitung von Vorhofflattern/-flimmern bis zum Abschluss der Pubertät erfolgt sein

  • AV-nodale-Reentry-Tachykardie (AVNRT):

    • Manifestation: Ab dem Pubertätsalter, dann häufig rezidivierend

    • EKG: Im Anfall meist Schmalkomplextachykardien mit retrogradem P im Ende des QRS; Ruhe-EKG unauffällig

    • Klinik: WPW

    • Verlauf: WPW

    • Therapie: WPW. Da keine Gefahr von schneller Überleitung Indikation zur Ablation elektiv je nach Rezidivhäufigkeit.

3.1.2 Neonatales Vorhofflattern

  • Fetal beginnend neonatal persistierend

  • Vorhoffrequenz um 400/min, oft 2:1-Überleitung mit Kammerfrequenz um 200

  • Krankes Neugeborenes

  • Demaskierung mit Adenosin

  • Beenden durch Kardioversion unter Analgosedierung. Meist dauerhafte Heilung. Keine Dauermedikation

3.1.3 Ventrikuläre Tachykardien

  • Bei herzgesunden Kindern sehr selten

  • Im Jugendalter zwei benigne, nicht lebendsbedrohlich gut zu behandelbare Formen

    • Ausflusstrakttachykardie mit inferiorer EKG-Achse

    • Verapamilsensitive Tachykardie mit superiorer EKG-Achse und Rechtsschenkelblock

3.1.4 Long-QT-Syndrom und andere Ionenkanalerkrankungen

  • Genetisch bedingte Änderung von Membranproteinen führen zu Repolarisationsstörungen und teils lebensbedrohlichen Kammertachyarrhythmien als Erstmanifestation

  • Am häufigsten das Long-QT-Syndrom mit Verlängerung der korrigierten QT-Zeit. Schwierig zu diagnostizieren, da symptomlos bis zur Synkope, EKG variabel und genetisch variable Penetranz. Behandlung mit β-Blocker und häufig interner Defibrillator. Wegen extremer familiärer Belastung keine vorschnelle Stellung einer Verdachtsdiagnose, sondern Überweisung an kinderkardiologisches Zentrum

3.1.5 Tachykardien bei Herzkranken

  • Stets ernste Prognose

  • Abklärung und Behandlung durch kinderkardiologisches Zentrum

Tachykardie

  • Beide Formen der paroxysmalen supraventrikulären Tachykardie (► Abschn. 12.3.1.1) sind mit Adenosin akut und Ablation dauerhaft exzellent behandelbar

  • Herzkranke Kinder mit Rhythmusstörungen sind bedroht und brauchen kinderkardiologische Expertise

3.2 Bradykarde Herzrhythmusstörungen

Definition

  • Rhythmusstörung mit temporär oder permanent abnorm niedriger Herzfrequenz

  • Davon abzugrenzen häufigere sekundäre Bradykardien bei: Sportlern, Anorexie, Unterkühlung, Hirnaffektionen, Apnoen, Elektrolytentgleisungen, Intoxikationen, Hypothyreose!

Klinik

  • Bei plötzlich auftretender Bradykardie können Synkopen und sehr selten ein plötzlicher Herztod auftreten.

  • Bei permanenter geringgradiger Bradykardie oft asymptomatisch durch Herzvergrößerung und Erhöhung des Schlagvolumens. In höhergradigen Fällen Belastungseinschränkung bis zur manifesten Herzinsuffizienz.

Diagnostik

  • Entscheidend für Art und Ausmaß der Rhythmusstörung sind EKG und Langzeit-EKG

  • Echokardiographie: Obligatorisch zum Ausschluss von Herzfehlern und zur Beurteilung von Herzgröße und Funktion

  • Belastungs-EKG zur Beurteilung der chronotropen Kompetenz und Belastbarkeit

  • Labor: Elektrolyte, nt-proBNP; ggf. Myokarditisdiagnostik

Therapieprinzipien

  • Keine dauerhafte medikamentöse Therapieoption

  • Akute Bradykardie mit Schocksymptomatik: Reanimation, temporäres Pacing mit Defibrillator und Klebeelektroden. Falls vorhanden Pacing mit transvenösem Kabel und externem Schrittmacher (alternativ transösophageal).

  • Permanente Bradykardie: Schrittmacherimplantation. Indikationsstellung abhängig von Belastungseinschränkung und Herzfunktionsparametern. Bei Kindern abdominell mit epimyokardialen Elektroden, ab Pubertät subpektoral mit transvenösen endomyokardialen Sonden

Bradykardie

  • Bei bradykardem Kind stets sekundäre Ursachen abklären

  • Ein permanenter Schrittmacher bietet Kindern mit symptomatischer Bradykardie unter regelmäßiger Nachsorge eine gute Lebensperspektive

Typische Bradykardien beim Kind werden nachfolgend kurz erörtert.

3.2.1 Kongenitaler AV-Block

  • Häufigkeit 1:20.000

  • Oft subklinischer Lupus erythematodes der Mutter. Ihre SS-A/SS-B-Autoantikörper zerstören intrauterin die Reizleitungszellen des Feten (Prävalenz 2 %, Wiederholungsrisiko 15 %). Es kommt zum langsamen Kammerersatzrhythmus. Meist ist postnatal eine Schrittmacherversorgung nötig

  • Komplexe Herzfehler (Isomerie-Fehlbildungen, L-TGA) können intrauterin bereits zum AV-Block führen. Dann meist sehr ungünstige Prognose.

3.2.2 Erworbener AV-Block

  • Postoperativ durch Schädigung des Reizleitungssystems bei Chirurgie an der Kammerscheidewand

  • Gelegentlich bei Myopathien mit Herzbeteiligung oder bei Myokarditis

3.2.3 Sinusbradykardie

  • Oft sekundär z. B. bei der Frühgeborenen-Apnoe/-Bradykardie, bei Affektkrämpfen oder neuroinhibitorischen Synkopen

  • Schädigung des Sinusknotens durch Herz-OP, insbesondere Fontan-Operation.