Zusammenfassung
Als Achilles-Komplex wird ein intrapsychischer Komplex definiert, der durch die Ansammlung von mörderischen Impulsen, bewussten oder unbewussten, gekennzeichnet ist. Darunter werden auch subsumiert: unbändige Wut, sadistisch geprägte Tötungen und sexuelle Perversionen (wie etwa Sadismus, Fetischismus, Transvestismus, Nekrophilie und Kannibalismus). Er entstehe pränatal und präödipal, verursacht durch pränatale oder neonatale Traumata, die sich in den prägenden Lebensjahren fortsetzten. Ein Achilles-Komplex finde sich bei berühmt-berüchtigten Sexualserienmördern, ebenso bei Ödipus.
Der Achilleskomplex wird abgeleitet aus der Biografie und den Taten des gleichnamigen Heros der Ilias. Die weitgehende Inkompatibilität des Komplexes mit den Quellen und die Unzulässigkeit der Methoden werden aufgezeigt.
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- 1.
DeLia S. 187.
- 2.
Zur Problematik der durchbohrten Füße s. Kapitel „Der Königs-Komplex“, Abschnitt „Laios der Sünder, Ödipus das Opfer und ein perfider Neonatizidversuch“.
- 3.
Diese Version bezieht sich keineswegs auf die ausführlichen Darstellungen in Sophokles „König Ödipus“, die wir kennen. Die Autorin zitiert sie aus Robert Graves englischsprachiger Ausgabe seiner „Griechischen Mythologie“ von 1955. Graves bezieht sich für diese von Sophokles Darstellungen abweichende Information offensichtlich auf den römischen Kurzmythographen Hyginus, der fast im Telegrammstil griechische Mythen ins Lateinische übernahm. Zu diesem Schluss komme ich, weil die anderen von Graves in derselben Fußnote angegebenen Autoren (Apollodor, „Bibliotheke“ III, 5, 7, und Pausanias, „Beschreibung Griechenlands“ X, 5, 2), weder an der von Graves angegebenen Stelle noch irgendwo anders in ihren Werken so etwas erwähnen, soviel ich weiß. Aber Hyginus tut das in dem sehr summarisch dargestellten Ödipus-Mythos in seinem Buch „Fabulae“ (Fabula 67). Hyginus lebte in der nachchristlichen Zeit, allerdings vor dem Jahr 207; in diesem Jahr wurden nämlich seine „Fabulae“ ins Griechische übersetzt. Wie sein Übersetzer ins Deutsche, Franz Peter Waiblinger, schreibt, hat Hyginus bei der Übersetzung seiner griechischen Quellen: „manches … falsch verstanden und falsch wiedergegeben, manches war auch aufs äußerste verkürzt, sodass wir gelegentlich einen Gedanken in unserer Fantasie ergänzen müssen“. Er erzähle „unbeholfen, nicht selten geradezu stümperhaft“. Seine Geschichten sind in der Regel nur wenige Zeilen lang, selten länger als eine halbe Seite. Es handelt sich vielmehr um lexikalische Kurzfassungen (vorwiegend) griechischer Mythen als um echte Mythographie. Dies hindert aber die Autorin DeLia, die nicht einmal Hyginus erwähnt, sondern sich offensichtlich auf Sekundärliteratur von neuzeitlichen Nacherzählern stützt, nicht daran, die Schlussfolgerungen zu ziehen, die sie gezogen hat.
- 4.
S. dazu Marneros „Homers Ilias psychologisch erzählt“.
- 5.
Argonautika, (IV, 805–809).
- 6.
So im 11. Gesang seiner Ilias (V. 832).
- 7.
S. bei Roscher.
- 8.
S. eine Auflistung der so Erzählenden bei Roscher oder Kerényi: Die Mythologie der Griechen, Bd. II.
- 9.
So berichten etwa Apollodor, „Bibliotheke“, 3, 171, und Apollonios Rhodios, „Argonautika“, IV, 870–876.
- 10.
Ebenda, Vers 874.
- 11.
Vater von beiden war der damalige Oberste Gott Kronos, der später von seinem Sohn Zeus abgesetzt wurde. Chiron wurde als Kentauros – halb Mensch halb Pferd – geboren, weil Kronos, um von seiner Ehefrau Rhea beim Beischlaf mit seiner Geliebten Philyra nicht erkannt zu werden, das Aussehen eines Pferdes annahm. Als Philyra sah, was sie für ein „Monster“ geboren hatte, bat sie die Götter um Erlösung. Ihr Gebet wurde erhört und sie von den Göttern in eine Linde (auf Griechisch Philyra) verwandelt (Apollonios, Argonautika II, 1235–1241, Hyginus, Fabula 138).
- 12.
Apollodor III, 171.
- 13.
Eine Liste von Chirons Pflegekindern und Schülern findet man bei Roscher.
- 14.
Ebenda die Auflistung von Erzählern, die darüber berichten.
- 15.
Ebenda die verschiedenen Variationen der Anekdote.
- 16.
Hier nach der Übersetzung von Thassilo von Scheffer.
- 17.
S. etwa in Marneros „Mein Bruder Sisyphos, mein Freund der Minotauros“.
- 18.
Graves ist derselbe Autor wie der schon zitierte Robert von Ranke-Graves. Den Zusatz „von Ranke“ verwendete er bei deutschsprachigen Übersetzungen seiner Bücher. Im englischen Original ist er bloß Graves.
- 19.
S. bei Roscher.
- 20.
Eponym für die Griechen.
- 21.
Achilles Hauptstadt.
- 22.
Über ihn und über das Phänomen des Thersitismus kann man nachlesen in Marneros „Homers Ilias psychologisch erzählt“.
- 23.
Ebenfalls bei Quintus, (1. Buch, 899–920).
- 24.
Thersites.
- 25.
S. dazu ebenfalls in „Homers Ilias psychologisch erzählt. Der Seele erste Worte“.
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Marneros, A. (2018). Der Achilles-Komplex. In: Warum Ödipus keinen Ödipus-Komplex und Adonis keinen Schönheitswahn hatte. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-56731-9_9
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Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg
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