Skip to main content

Kollektiver Magnetismus

  • Chapter
  • First Online:
  • 4938 Accesses

Zusammenfassung

In diesem Kapitel werden Modelle für kollektiven Magnetismus, d.h. Ferro- oder Antiferro-Magnetismus, behandelt. Es wird zunächst gezeigt, durch welche Mechanismen lokalisierte magnetische Momente miteinander wechselwirken können. Konkret wird die direkte Austauschwechselwirkung besprochen und die indirekte, über Leitungselektronen vermittelte RKKY-Wechselwirkung. Das Heisenberg-Modell für miteinander wechselwirkende magnetische Momente wird ausführlich in Molekularfeld-Näherung behandelt. Magnonen als einfachste, Anregungen im Heisenberg-Modell werden mittels der Holstein-Primakoff-Transformation eingeführt. Es wird auch das Mermin-Wagner-Theorem besprochen, wonach in ein und zwei Dimensionen beim Heisenberg-Modell keine langreichweitige magnetische Ordnung auftreten darf. Das Ising-Modell wird als vereinfachte, anisotrope Version des Heisenberg-Modells eingeführt, und die wichtigsten Ergebnisse für das Ising-Modell werden zusammengestellt, einschließlich der exakten Lösung in einer Dimension; dabei werden auch Monte-Carlo-Methoden eingeführt und Ergebnisse vorgestellt. Schließlich wird noch Band-Magnetismus besprochen, und die Stoner-Theorie des Band-Magnetismus über eine Molekularfeld-Approximation am Hubbard-Modell hergeleitet. Als aktuelles Anwendungsbeispiel für Band-Ferro- bzw. -Antiferro-Magnetismus wird der Riesen-Magnetowiderstands-(GMR-)Effekt erklärt. Schließlich wird noch gezeigt, dass und wie das Hubbard-Modell bei halber Füllung und für große U auf ein antiferromagnetisches Heisenberg-Modell abgebildet werden kann.

This is a preview of subscription content, log in via an institution.

Notes

  1. 1.

    F. Hund, * 1896 in Karlsruhe, \(\dagger\) 1997 in Göttingen, Mitbegründer der Quantenmechanik, Habilitation 1925 bei Born in Göttingen, Arbeiten zur Molekül- und Festkörpertheorie, Einführung der Molekülorbitale und Aufstellen der Hundschen Regeln zwischen 1925 und 1929, ab 1930 in Leipzig, auch Arbeiten zur Kernphysik, 1951 Professor in Frankfurt and ab 1957 wieder in Göttingen

  2. 2.

    z. B. bei einem Übergangsmetall-Atom oder -Ion, etwa Fe oder Mn, in einem einfachen Metall wie Cu, aber natürlich auch bei einem Seltenen-Erd-Ion in einfachen Metallen, dann sollte man eher von einem lokalisierten f-Niveau sprechen

  3. 3.

    benannt nach M.A.Ruderman (* 1927 in New York, Professor an der Columbia University, arbeitete insbesondere über Neutronensterne) und Charles Kittel (* 1916 in New York, theoretischer Festkörperphysiker, 1951–1978 Professor an der University of California Berkley, Autor der Festkörperphysik-Lehrbücher [6, 15] und einiger weiterer Lehrbücher der Theoretischen Physik); Rudermann und Kittel leiteten 1954 eine derartige Wechselwirkung, die indirekt über die Leitungselektronen erfolgt, zwischen Kernspins her, um damit die Kernspinresonanz in Silber zu erklären

  4. 4.

    das zweite K steht für den japanischen Physiker T. Kasuya, der 1956 den Ferromagnetismus in Seltenen-Erd-Systemen untersuchte und vorschlug, dass die Wechselwirkung zwischen diesen lokalen Momenten auch über den Ruderman-Kittel-Mechanismus erfolgt, das Y steht für den japanischen Theoretiker K. Yosida (Autor des Magnetismus-Buchs [36]), der 1957 den Magnetismus und die Leitungselektronen-Polarisation von verdünnten CuMn-Legierungen mittels dieser Art der Wechselwirkung untersuchte

  5. 5.

    Ein einfaches Modell für eine über ein diamagnetisches Molekül übertragene indirekte Austausch-Wechselwirkung wird in Aufgabe 6.4 behandelt.

  6. 6.

    W. Heisenberg, *1901 in Würzburg, \(\dagger\)1976 in München, einer der bedeutendsten Physiker des 20. Jahrhunderts, Promotion 1923 bei Sommerfeld in München, Habilitation 1924 bei Born in Göttingen, schuf 1925 die Grundlagen der modernen Quantenmechanik (Matrizenmechanik), ab 1927 Professor in Leipzig, 1927 Unschärferelation, entdeckte 1928 die Austauschwechselwirkung und entwickelte 1928/1929 eine Theorie des Ferromagnetismus (Heisenberg-Modell), ab 1932 Arbeiten zur Kernphysik, ab 1940 Mitarbeit am geheimen „Uran-Projekt“ in Berlin und Konzeption von Kernreaktoren, ab 1946 Direktor des Max-Planck-Instituts für Physik in Göttingen, das 1956 nach München verlegt wurde, Versuch der Entwicklung einer einheitlichen Feldtheorie, Nobelpreis 1932

  7. 7.

    Ernst Ising, * 1900 in Köln, \(\dagger\) 1998 in Peoria (USA), bearbeitete dieses Modell als erster in seiner 1924 an der Universität Hamburg angefertigten Dissertation, bis 1933 Gymnasiallehrer, 1933–1938 an einer jüdischen Privatschule tätig, 1938 emigriert und seit 1948 Physik-Professor an der Bradley University in Peoria (USA). Das Modell wurde wohl von seinem Doktorvater W. Lenz (* 1888, \(\dagger\) 1957, Professor für Theoretische Physik in Hamburg) vorgeschlagen und sollte daher besser „Lenz-Ising“-Modell genannt werden

  8. 8.

    Louis Néel, * 1904 in Lyon, \(\dagger\) 2000, französischer Physiker, Promotion in Straßburg, entdeckte ca. 1930 den Antiferromagnetismus, Professor in Straßburg und ab 1946 in Grenoble, Physik-Nobelpreis 1970

  9. 9.

    T.D. Holstein,*1915 in New York, \(\dagger\)1985 in Los Angeles, ca. 1939 Arbeiten mit Primakoff zur Kernphysik und zu Spinwellen, auch über Atomphysik, Polaronen, Transporttheorie in Metallen tätig, ab 1965 Professor in Los Angeles

  10. 10.

    H. Primakoff, *1914 in Odessa (Rußland), \(\dagger\) 1983 in Philadelphia, ab 1923 in den USA, Studium in New York und Princeton, \({\rm au\ddot{s}er}\) der berühmten Arbeit zur Spinwellen-Theorie Arbeiten über kosmische Strahlung, neutrale Mesonen (Primakoff-Effekt), festes 3He, schwache Wechselwirkung, u. a., seit 1960 Professor an der University of Pennsylvania

  11. 11.

    N.D. Mermin, * 1935 in New Haven (Connecticut), amerikanischer theoretischer Physiker; Studium und Promotion an der Harvard University, ab 1967 Professor an der Cornell University, wissenschaftliche Arbeiten über Statistische Physik, Festkörpertheorie, Tieftemperaturphysik und Grundlagen der Quantentheorie (Bellsche Ungleichungen, Quantencomputer etc.), Koautor des bekanntesten Festkörperphysik-Lehrbuchs[9]

  12. 12.

    Herbert Wagner, * 1935, Promotion 1963 an der TU München, danach Postdoc an der Cornell University, ab 1970 Direktor am Institut für Festkörperforschung des Forschungszentrums Jülich (damals KFA Jülich), ab 1976 Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, Arbeiten über Festkörpertheorie und Statistische Physik, insbesondere zur Theorie der Phasenübergänge und kritischen Phänomene

  13. 13.

    Der Beweis für die Nichtexistenz von supraleitender Ordnung in ein und zwei Dimensionen stammt von Hohenberg, und Hohenbergs Arbeit ist vor der von Mermin und Wagner entstanden, aber erst danach publiziert worden. Mermin und Wagner kannten Hohenbergs Beweisidee (und zitieren Hohenbergs Arbeit als „to be published“) und verallgemeinerten sie auf das Heisenberg-Modell. Trotzdem hat sich der Name „Mermin-Wagner-Theorem“ durchgesetzt.

  14. 14.

    Wilhelm Lenz, * 1888, \(\dagger\) 1957, erster Professor für Theoretische Physik an der Universität Hamburg

  15. 15.

    Ising selbst hat in seiner in Z. Physik 31, 253 (1925) publizierten Doktorarbeit im Wesentlichen die oben skizzierte exakte Lösung für eine Dimension gefunden. Er schloss daraus aber fälschlicherweise, dass das Modell generell keinen Phasenübergang und keinen nicht verschwindenden Ordnungsparameter zeigen würde und somit kein geeignetes Modell zur Beschreibung von Ferromagnetismus wäre. Vermutlich deshalb und wegen der kurz darauf erfolgten Entwicklung der Quantenmechanik, Entdeckung des Spins und der Aufstellung des quantenmechanisch besser fundierten Heisenberg-Modells wurde das Ising-Modell zunächst nicht weiter beachtet, bis es 1936 durch Peierls wieder aufgegriffen wurde, der im Titel seiner Arbeit den Begriff „Ising-Modell“ einführte und schon zeigte, dass es in zwei Dimensionen sehr wohl einen Phasenübergang beschreiben kann. Die exakte Lösung des zweidimensionalen Ising-Modells gelang dann Onsager (L. Onsager, Phys. Rev. B 65, 117 (1944))

  16. 16.

    siehe Fußnote S.4

  17. 17.

    K. Huang, Statistical Mechanics, Ch. 15, John Wiley, New York 1987; L.D. Landau, E.M. Lifschitz, Lehrbuch der Theoretischen Physik V (Statistische Physik), § 151, Akademie-Verlag Berlin 1987; W. Nolting [35], Abschn. 6.3, 6.4

  18. 18.

    Auch dieses Ergebnis wurde von Onsager gefunden, er schrieb es 1948 erstmals während einer Konferenz an die Tafel. Er sagte und publizierte aber nie, wie er dies hergeleitet hatte; eine unabhängig gefundene Herleitung wurde erst 1952 durch C.N.Yang publiziert.

  19. 19.

    benannt nach N. Metropolis, * 1915 in Chicago, \(\dagger\) 1999 in Los Alamos, amerikanischer theoretischer Physiker, Informatiker und Mathematiker griechischer Herkunft, am Bau des ersten Kernreaktors in Chicago, am Manhattan-Projekt und an der Entwicklung der ersten Computer beteiligt, 1957-1965 Professor in Chicago und ab 1965 wieder in Los Alamos tätig, entwickelte ca. 1953 die ersten Monte-Carlo-Algorithmen

  20. 20.

    Für die Entwicklung der Renormierungsgruppentheorie wurde der Nobelpreis 1982 an K.G. Wilson verliehen, * 1936 in Massachusetts (USA), \(\dagger\) 2013 in Maine, 1963-1988 Professor an der Cornell University in Ithaca (New York), 1988-2008 an der Ohio State University in Columbus tätig

  21. 21.

    E.C. Stoner, * 1899 in Surrey (England), \(\dagger\) 1968 in Leeds, Physik-Studium 1918-1924 in Cambridge, 1924 Dozent und ab 1939 Professor für Theoretische Physik in Leeds, Arbeiten über Astrophysik (weiße Zwerge) und ab 1939 zum Ferromagnetismus

  22. 22.

    A. Fert, * 1938 in Carcassone (Südfrankreich), französischer Physiker, seit 1976 Professor an der Universität Paris-Süd, entdeckte 1988 den GMR-Effekt an dünnen Schichten aus Eisen und Chrom, dafür Nobelpreis für Physik 2007 (zusammen mit Grünberg)

  23. 23.

    P. Grünberg, * 1939 in Pilsen (jetzt Tschechien), Physik-Studium in Frankfurt und Darmstadt, ab 1972 wissenschaftlicher Mitarbeiter (aber nie Direktor oder planmäßiger Professor) am Institut für Festkörperforschung des Forschungszentrums Jülich (damals „Kernforschungsanlage“, KFA Jülich), entdeckte 1986 die antiferromagnetische Kopplung der ferromagnetischen Fe-Schichten in Fe/Cr/Fe-Heterostrukturen und 1988/89 (fast gleichzeitig und unabhängig von Fert) den GMR-Effekt an solchen Schichtsystemen, dafür wurde 1988 ein Patent erteilt, das dem Forschungszentrum Lizenzgebühren in zweistelliger Millionenhöhe einbrachte, Nobelpreis 2007 (mit Fert)

  24. 24.

    Abbildung entnommen aus: P. Grünberg, „Kopplung macht den Widerstand“, Physik Journal 6 (2007) Nr.8/9, S. 33-39 (Preisträgervortrag aus Anlass der Verleihung der Stern-Gerlach-Medaille der Deutschen Physikalischen Gesellschaft) Copyright Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, reproduziert mit Genehmigung

  25. 25.

    Abbildungen entnommen aus: M. N. Baibich, J. M. Broto, A. Fert, F. Nguyen Van Dau, F. Petroff, P. Eitenne, G. Creuzet, A. Friederich, J. Chazelas, Giant Magnetoresistance of (001)Fe/(001)Cr Magnetic Superlattices, Physical Review Letters 61, 2472 (1988) G. Binasch, P. Griinberg, F. Saurenbach, W. Zinn, Enhanced magnetoresistance in layered magnetic structures with antiferromagnetic interlayer exchange, Phys. Rev. B 39, 4828 (1989) Copyright (1988, 1989) American Physical Society (Reproduktion mit Genehmigung)

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Gerd Czycholl .

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2017 Springer-Verlag GmbH Deutschland

About this chapter

Cite this chapter

Czycholl, G. (2017). Kollektiver Magnetismus. In: Theoretische Festkörperphysik Band 2. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-53701-5_6

Download citation

Publish with us

Policies and ethics