Die Intensivmedizin in der Allgemeinchirurgie umfasst v. a. die Behandlung akuter Abdominalerkrankungen, wie z. B. der akuten Pankreatitis, gastrointestinaler Blutungen, Ileus und Peritonitis sowie postoperativer Komplikationen bei bauchchirurgischen Eingriffen, wie z. B. Peritonitis, Ileus oder Nachblutungen. Hinzu kommen die postoperative Intensivüberwachung und -behandlung größerer Operationen, bei denen in der Frühphase bestimmte Komplikationen zu erwarten sind. Nicht selten treten zu den spezifischen Risiken allgemeinchirurgischer Eingriffe postoperative Störungen einzelner oder mehrerer Organe hinzu und komplizieren den postoperativen Verlauf. Hierzu gehören insbesondere respiratorische Insuffizienz, Sepsis, Nierenversagen, oder Störungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Gleichgewichts.

1 Allgemeine Pflegeschwerpunkte

In der Regel werden abdominalchirurgische Patienten aus dem Operationssaal übernommen. In Einzelfällen handelt es sich auch um schwer kranke Intensivpatienten, die zur Weiterbehandlung aus anderen Krankenhäusern übernommen werden, nicht selten auch um bereits auf die Allgemeinstation verlegte Patienten, die wegen einer Verschlechterung oder wegen akut aufgetretener Komplikationen erneut einer Intensivüberwachung und/oder -behandlung bedürfen.

Wichtigste Pflegeschwerpunkte

  • Kontinuierliche Überwachung der Vitalfunktionen: Atmung, Herz-Kreislauf, Bewusstseinslage

  • Einschätzung und Behandlung postoperativer Schmerzen

  • Frühzeitiges Erkennen von Komplikationen

  • Kontrolle der Ein- und Ausfuhr

  • Ausreichender Flüssigkeitsersatz

  • Kontrolle und Pflege der Operationswunden

  • Überwachung und Pflege der Drainagen und Sonden

  • Frühes Erkennen postoperativer Infektionen

  • Pneumonieprophylaxe: Atemtherapie, Abhusten

  • Thrombose- und Dekubitusprophylaxe

1 Lagerung des Patienten

Anfangs ist meist nur die Rückenlage möglich; Oberkörper leicht erhöht lagern, Unterschenkel in Beugehaltung, um die abdominalen Schmerzen zu reduzieren.

Keine Belastung des Operationsgebietes durch Zug oder Druck bei der Lagerung des Patienten!

Bei Ösophagusresektion mit Interposition von Magen, Dünn- oder Dickdarm: Kopf nicht überstrecken, damit keine Anastomoseninsuffizienz auftritt.

1 Ausreichende Schmerztherapie

Die Schmerzmittelgabe erfolgt nach Wirkung, nicht nach Schema:

  • in der Regel starke Opioide (i.v., PCA),

  • Periduralanalgesie (Lokalanästhetika, kombiniert mit Opioiden).

Die Intensität der Schmerzen und die Wirksamkeit der Schmerztherapie sollten auf einer numerischen Ratingskala regelmäßig eingeschätzt und im Verlaufsbogen dokumentiert werden (Kap. 34).

1 Flüssigkeitsersatz

Volumenverluste durch Drainagen, Flüssigkeitseinstrom in den Darm, Durchfälle oder Erbrechen müssen ersetzt werden, um eine Dehydratation und Hypovolämie zu vermeiden. Die Art und Menge des Flüssigkeitsersatzes richtet sich v. a. nach der Menge und der Zusammensetzung der Verluste.

1 Laborkontrollen

Standard sind kleines Blutbild, Entzündungsparameter, Gerinnungsstatus, Leberwerte, Blutgase, Säure-Basen-Parameter, Elektrolyte.

1.1 Rechtzeitiges Erkennen typischer Komplikationen

Insbesondere nach großen Operationen können – begünstigt durch hohes Lebensalter, Begleiterkrankungen und reduzierten Allgemeinzustand – schwerwiegende, nicht selten auch akut lebensbedrohliche Komplikationen auftreten. Durch gezielte Beobachtung seitens des Pflegepersonals und eine entsprechende klinische Überwachung können diese Komplikationen häufig erkannt und behandelt werden, bevor sich ein lebensbedrohlicher Zustand entwickelt.

  • Nachblutung: operativ und/oder durch Gerinnungsstörung bedingt; engmaschige Kontrollen des Wundbereichs sind daher notwendig. Erythrozytenkonzentrate für gefährdete Patienten bereithalten!

  • paralytischer Ileus: sehr häufig nach intraabdominellen Operationen; Totenstille über dem Bauch; nach 2–3 Tagen Anregung der Darmfunktion durch Medikamente und physikalische Maßnahmen,

  • mechanischer Ileus: kolikartige Bauchschmerzen, klingend-plätschernde Darmgeräusche, Erbrechen, Stuhl- und Windverhalt; Therapie: operative Beseitigung der Ursache,

  • Störungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts: Volumenverluste durch Erbrechen, Durchfälle und über Drainagen, außerdem durch Blutungen. Niedriger Blutdruck, Tachykardie, trockene Schleimhäute, stehende Hautfalten und starker Durst sind die Zeichen der Dehydratation und Hypovolämie. Zu den wichtigsten Ursachen gehören: intraabdominelle Blutungen, Ileus und ungenügender Flüssigkeitsersatz; metabolische Alkalose bei Verlust von Magensaft, metabolische Azidose bei Verlust von Dünndarmflüssigkeit, hypokaliämische Dehydratation durch Ileus,

  • Anastomosen- oder Nahtinsuffizienz: Infektionszeichen und freie Luft im Abdomen; Therapie: operative Revision,

  • intrabdominelle Infektionen bzw. Peritonitis: Schmerzen, zunehmende Abwehrspannung des Abdomens, Fieber, Tachykardie, Leukozytose,

  • lokale Wundinfektion,

  • Abszesse: an multiplen Stellen; Diagnose durch Sonographie und CT; Therapie: Drainierung,

  • Sepsis, Multiorganversagen,

  • Enzephalopathie,

  • Fistelbildung,

  • Ikterus: exkretorische Funktionsstörungen der Leber, Gallenwegsverschluss, schwere Leberinsuffizienz oder Leberversagen,

  • Leberinsuffizienz: v. a. bei vorgeschädigter Leber sowie nach Leberoperationen,

  • Dumpingsyndrom: Spätkomplikation nach Magenresektion, Flüssigkeitsverluste in den Darm, Hypoglykämie nach Hyperglykämie; Zeichen: Schweißausbrüche, Schwächegefühl, Kreislaufinsuffizienz; Therapie: diätetische Maßnahmen mit kohlenhydratarmen, kleinen Mahlzeiten.

1.2 Weitere pflegerische Maßnahmen

1.2 Kontrolle der Drainagen

  • Menge, Aussehen und Zusammensetzung der Drainageflüssigkeit,

  • Beimengung von Blut, Stuhl oder Urin (Fistelbildung),

  • anfangs stündliche Kontrollen, später tägliche.

1.2 Zufuhr von Medikamenten nach Verordnungsplan

  • Antibiotika: perioperativ meist prophylaktisch; postoperativ nur bei gesicherten Infektionen und septischen Eingriffen, jeweils nach Antibiogramm,

  • Stressulkusprophylaxe: wenn erforderlich mit Protonenpumpenhemmern, frühzeitig enterale Ernährung, ausreichende Analgosedierung,

  • Analgetika: in den ersten Tagen Opioide i.v.; Periduralanalgesie mit Lokalanästhetika; beides auch als PCA,

  • kardiovaskuläre Medikamente: häufiger nach ausgedehnten Eingriffen erforderlich, unabdingbar bei Sepsis.

1.2 Postoperative Beatmung

Sie ist meist nur kurzzeitig erforderlich. Es sollten möglichst frühzeitig unterstützende Beatmungsverfahren anstelle der kontrollierten Beatmung eingesetzt werden.

1.2 Mobilisierung

Die Mobilisierung erfolgt so frühzeitig wie möglich: Aufsetzen auf die Bettkante oder Sitzen im Sessel (auch von intubierten Patienten). Dabei für ausreichende Schmerztherapie sorgen. Auf Herz-Kreislauf-Funktion achten!

1.2 Psychische Betreuung des Patienten

Zuspruch, Ermutigung und Unterstützung sind v. a. bei Patienten mit Malignomen, Stomaanlage und anderen das Leben einschneidend verändernden Erkrankungen erforderlich.

2 Akute Pankreatitis

Akute Pankreatitis

Die akute Pankreatitis ist eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse, die v. a. als hämorrhagisch nekrotisierende Form mit Störungen der Herz-Kreislauf-Funktion und anderer Organfunktionen einhergeht und mit einer hohen Sterblichkeitsrate verbunden ist.

2.1 Ursachen und Krankheitsentstehung

Die häufigsten Ursachen der akuten Pankreatitis sind Erkrankungen der Gallenwege und der chronische Alkoholismus. Zwei Formen werden unterschieden: hämorrhagisch nekrotisierende Pankreatitis und ödematöse Pankreatitis.

2.2 Klinisches Bild und Diagnose

Typisch sind heftige Oberbauchschmerzen, die in Schulter oder Rücken ausstrahlen können. Hinzu kommen:

  • Erbrechen,

  • aufgeblähtes Abdomen (v. a. Oberbauch) mit Abwehrspannung: Gummibauch,

  • Ileus,

  • Schock.

Je nach Schweregrad der Erkrankung können folgende charakteristische Komplikationen auftreten:

  • akute respiratorische Insuffizienz (Häufigkeit bis zu 60%),

  • linksseitiger Pleuraerguss,

  • akutes Nierenversagen (Häufigkeit bis zu 80%),

  • disseminierte intravasale Gerinnung mit Verbrauchskoagulopathie,

  • gastrointestinale Blutungen,

  • diffuse eitrige Peritonitis, intraabdominelle Abszesse.

2.2 Laborwerte

Veränderungen, abhängig vom Schweregrad der Erkrankung:

  • α-Amylase in Serum und Urin erhöht (unspezifisch),

  • Lipase im Serum erhöht (unspezifisch),

  • Kalzium erniedrigt,

  • Blutzucker erhöht,

  • metabolische Azidose,

  • CRP (Anstieg nach 48 h),

  • LDH erhöht,

  • Laktat im Blut erhöht,

  • Störungen des Elektrolytgleichgewichts.

2.2 Weitere Diagnostik

Kontrolle des Bauchumfangs, Röntgenaufnahme des Abdomens (leer), Ultraschall des Abdomens, Computertomographie.

2.3 Therapie

Die schwere hämorrhagisch nekrotisierende Pankreatitis verlangt den umfassenden Einsatz intensivmedizinischer Verfahren. Die Sterblichkeit beträgt bei Totalnekrosen des Pankreas 100%!

Wichtigste Behandlungsmaßnahmen

  • Schockbehandlung

  • Analgesie und Sedierung

  • Hemmung der Enzymsekretion des Pankreas (Unterbrechen der Selbstverdauung) und Entlastung des Darms

  • Ausgleich von Eiweiß-, Flüssigkeits- und Elektrolytdefiziten

  • Parenterale Ernährung

  • Antibiotikatherapie, z. B. Carbapeneme oder Chinolone

  • Chirurgische Therapie

  • Frühzeitige Behandlung von Komplikationen

2.3 Schockbehandlung

Die schwere Pankreatitis geht mit der Sequestration großer Flüssigkeitsmengen einher, sodass sich die Zeichen des hypovolämischen Schocks entwickeln. Zusätzlich wird die Herz-Kreislauf-Funktion durch vasoaktive Substanzen, die aus dem nekrotischen Pankreas und dessen umgebenden Gewebe freigesetzt werden, beeinträchtigt (Blutdruckabfall, Tachykardie). Zur Behandlung sind meist eine massive Volumenzufuhr (mehrere Liter pro Tag) und der Einsatz kardiovaskulärer Medikamente erforderlich.

2.3 Analgesie und Sedierung

Opioide erhöhen den Tonus des in das Duodenum einmündenden Sphinkter Oddi und behindern hierdurch den Abfluss des Pankreassekrets. Sie sollten daher möglichst nicht eingesetzt werden.

Gut geeignet zur Schmerzbehandlung ist die kontinuierliche Periduralanästhesie oder die i.v.-Zufuhr von Spasmolytika/Analgetika.

2.3 Ruhigstellung des Pankreas und Entlastung des Darms

Unterbrechen jeglicher oraler Zufuhr und kontinuierliche Ableitung des Magensafts sind die wichtigsten Maßnahmen zur Ruhigstellung, während die Zufuhr von Medikamenten für diesen Zweck als überholt gilt.

2.3 Parenterale Ernährung

Bei den schweren Formen ist in den ersten zwei Wochen eine parenterale Ernährung erforderlich. Bei den leichteren Formen kann, abhängig von der Darmtätigkeit, nach 6–10 Tagen mit protein- und fettfreier Ernährung begonnen (6–8 Kohlenhydratmahlzeiten/Tag) und später auf leichte Normalkost übergegangen werden.

2.3 Chirurgische Therapie

Ist die Diagnose unklar oder versagt die konservative Behandlung, kann eine operative Behandlung indiziert sein. Die Entscheidung über das weitere Vorgehen wird zumeist während der Laparotomie gestellt. Die perioperative Sterblichkeit bei ausgedehnter Resektion oder vollständiger Entfernung des Pankreas ist außerordentlich hoch, das operative Verfahren entsprechend umstritten.

Die Relaparotomie mit Entfernung von Sequestern und Drainage von Zysten ist bei Verdacht auf Spätkomplikationen indiziert.

Weitere Maßnahmen

Bei biliärer Pankreatitis wird eine ERCP durchgeführt, bei Choledocholithiasis die Papillotomie und Steinextraktion, bei Cholezystolithiasis die Cholezystektomie im Intervall.

2.3 Respiratorische Therapie

Die akute respiratorische Insuffizienz bei Pankreatitis sollte frühzeitig mit kontrollierter PEEP-Beatmung behandelt werden. In späteren Stadien der Erkrankung kann sich ein schweres, akutes Lungenversagen (ARDS) entwickeln.

2.3 Renale Therapie

Störungen der Nierenfunktion gehören zu den häufigen Sekundärkomplikationen der akuten Pankreatitis. Zur Prophylaxe des akuten Nierenversagens ist in der Frühphase eine konsequente Flüssigkeits- und Elektrolyttherapie erforderlich. In späteren Stadien muss mit einem akuten Nierenversagen gerechnet werden, das eine Dialysebehandlung erfordert.

3 Ileus

Ileus

Der Ileus (griechisch: Darmverschluss) ist eine lebensbedrohliche Unterbrechung der Darmpassage. Zwei Formen werden unterschieden: mechanischer Ileus und paralytischer Ileus.

Beim mechanischen Ileus wird die Darmpassage durch eine Verengung oder Verlegung behindert, beim paralytischen (funktionellen) Ileus hingegen durch eine Lähmung (Bewegungs- bzw. Motilitätsstörung) des Darms. Gemischte Formen sind ebenfalls möglich. Ein Ileus durch spastische Motilitätsstörungen des Darms ist selten.

Je nach Lage der Passageunterbrechung werden Duodenal-, Dünndarm- und Dickdarmileus unterschieden.

3.1 Ursachen, Krankheitsentstehung und Pathophysiologie

3.1 Mechanischer Ileus

Die häufigsten Ursachen einer mechanischen Motilitätsstörung des Darms sind:

  • Verwachsungen nach Laparotomien,

  • inkarzerierte Hernie,

  • Tumoren,

  • Invagination bei Kleinkindern,

  • Mekoniumileus und Atresie bei Neugeborenen.

Durch die mechanische Behinderung der Darmpassage wird der Darm vor der verengten Stelle überdehnt. Es kommt zum Rückstau von sezernierten Sekreten und zur Gasansammlung. Vorübergehend treten eine Hyperperistaltik und eine rückwärts gerichtete Peristaltik auf, die bald in eine Darmlähmung übergeht. Da die Darmwand überdehnt ist, kann kein Wasser mehr resorbiert werden. Bei Dünndarmileus treten große Flüssigkeitsverluste in den Darm auf, die bei proximaler Lokalisation mit erheblichen Elektrolytverlusten einhergehen.

Die Folgen des Ileus sind: Entwässerung (Dehydratation) mit Hypochlorämie, Hypokaliämie und metabolischer Azidose.

Durch die Hypokaliämie wird die Darmparalyse noch verstärkt! Bei mehr distal gelegenen Dünndarmverschlüssen treten ebenfalls große Flüssigkeitsverluste in das Darmlumen auf, die Elektrolytverluste sind jedoch geringer.

Beim Dickdarmileus sind die Störungen des Wasser- und Elektrolythaushalts zumeist nicht stark ausgeprägt.

Von besonderer Bedeutung sind auch die Auswirkungen des Ileus auf die Durchblutung des Darms: sie wird durch die zunehmende Überdehnung mehr und mehr beeinträchtigt. Nekrose und Perforation des Darms können die Folge sein.

Die Durchlässigkeit der Darmwand nimmt zu, sodass Bakterien und Toxine aus dem Darminhalt durchdringen und eine Peritonitis und Sepsis hervorrufen können.

3.1 Paralytischer Ileus

Der paralytische Ileus ist kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern nur Zeichen einer zugrunde liegenden Störung bzw. Erkrankung. Die wichtigsten auslösenden Faktoren sind:

  • Hypokaliämie durch Verluste aus Dünndarmfisteln oder durch mechanischen Ileus,

  • Peritonitis,

  • intraabdominelle Blutungen,

  • Mesenterialvenenthrombosen, Mesenterialinfarkt,

  • Wirkung von Medikamenten,

  • metabolische Entgleisungen, z. B. Coma diabeticum, Leberkoma, Urämie,

  • schwerer Eiweißmangel (Hypoproteinämie), z. B. bei Kachexie.

3.1 Postoperativer Ileus

Jede Laparotomie geht mit einer Irritation des Darms einher, die postoperativ zu einer Aufhebung der Darmperistaltik führt. Diese Darmparalyse hält bei unkompliziertem Verlauf meist 2–3 Tage an, danach nimmt der Darm seine Motilität spontan wieder auf. Eine lange anhaltende Paralyse des Intestinaltrakteskann dagegen zur Sepsis führen.

3.2 Klinisches Bild und Diagnose

Im Allgemeinen gilt: je höher die Passagebehinderung, desto ausgeprägter die Symptome und Zeichen des postoperativen Ileus.

3.2 Typische Zeichen

  • Schwerer, intermittierender Bauchschmerz, meist relativ akut einsetzend; bei Dünndarmileus im Epigastrium und um den Nabel herum, beim Dickdarmileus im Unterbauch,

  • aufgetriebenes Abdomen (meist nicht bei hohem Dünndarmileus),

  • Erbrechen im Schwall (gallig bei hohem Dünndarmileus),

  • Stuhlverhaltung und Blähungen,

  • Auskultation des Abdomens: Spritzgeräusche durch Hyperperistaltik bei mechanischem Ileus; vollkommene Stille bei paralytischem Ileus,

  • Abdomenleeraufnahme: Flüssigkeitsspiegel im Dünn- oder Dickdarm; Luftspiegel im Dünndarm sind ebenfalls pathologisch, in Magen- und Dickdarm hingegen normal.

3.2 Ergänzende Diagnostik

Ultraschall des Abdomens und CT. Um einen mechanischen von einem paralytischen Ileus zu unterscheiden, kann die Darmmotilität durch Neostigmin (Prostigmin) stimuliert werden.

3.3 Therapie

Die Behandlung des mechanischen Ileus ist immer chirurgisch, die des paralytischen Ileus zunächst konservativ. Ziel ist die Beseitigung der zugrunde liegenden Ursache und der Darmüberdehnung.

Grundsätze der Therapie

  • Entlastung (Dekompression) des Darms durch Magensonde mit Ableiten des Magensafts sowie Einlauf und Darmrohr

  • Ausgleich der Flüssigkeits-, Elektrolyt- und Eiweißverluste

  • Medikamentöse Steigerung der Peristaltik durch Parasympathikomimetika (z. B. Prostigmin) bei paralytischem Ileus (Wirksamkeit nicht erwiesen)

  • Bei Versagen der konservativen Maßnahmen bzw. bei mechanischem Ileus diagnostische Laparotomie mit Beseitigung des Passagehindernisses und Absaugen des Darminhalts; bei paralytischem Ileus Absaugen des Darms über eine Miller-Abbot-Sonde

3.3 Postoperative Maßnahmen

Zunächst weiter Absaugung, keine orale Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr. Medikamentöse Stimulation des Darms gleich nach der Operation, wenn keine Eröffnung des Darms durchgeführt wurde, bei Eröffnung des Darms oder Anlegen einer Anastomose hingegen erst am 2. oder 3. postoperativen Tag.

Schmerztherapie

PCA oder peridurale Zufuhr von Lokalanästhetika und Opioiden und systemische Zufuhr von Nichtopioidanalgetika (NSAID).

4 Peritonitis

Peritonitis

Diffuse oder umschriebene Entzündung des Bauchfells, die oft im Gefolge anderer Erkrankungen des Abdomens auftritt und zu einer lebensbedrohlichen septischen Erkrankung mit Funktionsstörungen ganzer Organsysteme führen kann.

4.1 Ursachen, Krankheitsentstehung und Pathophysiologie

Von besonderer intensivmedizinischer Bedeutung ist die diffuse Peritonitis – eine gefürchtete Komplikation aller intraabdominellen Eingriffe. Häufige Ursachen sind Perforationen von Appendix, Magen-Darm-Trakt, Gallenblase, Harnblase und Uterus sowie Durchwanderung von Bakterien und Toxinen bei anhaltendem Ileus oder Anastomosendehiszenz nach gastrointestinalen Eingriffen. Die Peritonitis kann durch Bakterien hervorgerufen werden oder abakteriell durch chemisch-toxische Faktoren entstehen, wobei die abakteriellen Formen meist rasch bakteriell infiziert werden.

Durch die bakterielle Entzündung entsteht ein ausgeprägtes Ödem des ca. 1,5–2 m2 großen Peritoneums, das zu intravasalem Volumenmangel mit Störungen der Herz-Kreislauf-Funktion führt. Zusätzlich tritt ein Ileus auf, der weitere Flüssigkeits-, Elektrolyt- und Eiweißverluste (in das Darmlumen) hervorruft und die Hypovolämie verstärkt: Ein hypovolämischer Schock ist die Folge.

Außerdem entsteht eine ausgeprägte Infektabwehrreaktion, in deren Verlauf bakterielle Toxine sowie körpereigene Enzyme und Proteine gebildet werden, durch die wiederum vasoaktive Substanzen und Nebennierenrindenhormone in den Kreislauf gelangen und zu Störungen der Herz-Kreislauf-Funktion führen:

  • Versacken des Blutes im Bauchraum durch Vasodilation in diesem Gebiet,

  • Verlust von Eiweiß mit Abnahme des kolloidosmotischen Drucks und Ausbildung von Ödemen,

  • Störungen der Mikrozirkulation mit Hypoxie und Azidose der Gewebe.

Insgesamt ist die schwere, diffuse, eitrige Peritonitis durch ein septisches Krankheitsbild (septischer Schock) in Kombination mit einem distributiven hypovolämischen Schock gekennzeichnet, das zu folgenden Komplikationen führen kann:

  • respiratorische Insuffizienz,

  • Nierenversagen,

  • Leberinsuffizienz,

  • Nebenniereninsuffizienz,

  • Gerinnungsstörungen.

4.1 Respiratorische Insuffizienz

Respiratorische Störungen entstehen bei der Peritonitis durch die Kombination mehrerer Faktoren:

  • Schmerzbedingte, flache Atmung mit Zwerchfellhochstand führt zu Verteilungsstörungen der Atemluft, Atelektasenbildung und Hypoventilation.

  • Störungen der pulmonalen Mikrozirkulation bewirken eine Zunahme der Totraumventilation.

  • Beeinträchtigung des pulmonalen Gasaustausches durch interstitielles Lungenödem.

4.1 Leberinsuffizienz

Bei schwerer Peritonitis wird die Entgiftungsfunktion der Leber durch Überschwemmung mit bakteriellen Toxinen beeinträchtigt, sodass die Toxine in den übrigen Körper gelangen und zu entsprechenden Organkomplikationen führen.

4.1 Akute Niereninsuffizienz und Nierenversagen

Störungen der Nierenfunktion treten bei diffuser Peritonitis frühzeitig auf, bedingt durch Hypovolämie (prärenale Niereninsuffizienz) und Toxinwirkung sowie Mikrozirkulationsstörungen. Häufig entwickelt sich ein akutes Nierenversagen, das bei der Kombination von Peritonitis, respiratorischer Insuffizienz und akutem Nierenversagen mit einer hohen Letalität einhergeht.

4.1 Gerinnungsstörungen

Störungen der Blutgerinnung bei Peritonitis entstehen durch die Sepsis. Sie manifestieren sich als disseminierte intravasale Gerinnung bis hin zur Verbrauchskoagulopathie mit Beeinträchtigung der Mikrozirkulation und Gewebshypoxie.

4.2 Klinisches Bild und Diagnose

Das klinische Bild der diffusen Peritonitis ist in folgender Weise gekennzeichnet:

  • brettharter Bauch,

  • peritonealer Schmerz auf Druck, Beklopfen und Loslassen,

  • Erbrechen,

  • flache, schnelle Atmung,

  • Kaltschweißigkeit,

  • Auskultation des Abdomens: Stille,

  • im weiteren Verlauf: Zeichen des Schocks (Kap. 67).

4.2 Labordiagnostik

Die wichtigsten Laboruntersuchungen bei Peritonitis sind:

  • Hämoglobin, Erythrozyten, Hämatokrit, Leukozyten,

  • Serumelektrolyte,

  • Gesamteiweiß,

  • Kreatinin und Harnstoff,

  • Blutzucker,

  • Serumamylase und -lipase,

  • GOT, CK (CK-MB),

  • Blutgase und Säure-Basen-Parameter,

  • Gerinnungsstatus,

  • Urinstatus,

  • Serumlaktat,

  • Infektionsparameter,

  • Blutkulturen, bakteriologische Untersuchung von Drainageflüssigkeit, Fisteln, Aszites.

4.2 Weitere Diagnostik

  • Röntgenaufnahmen von Abdomen (leer sowie mit Gastrografin bei Verdacht auf Perforation oder Nahtinsuffizienz) und Thorax (Pleuraerguss, subphrenischer Abszess),

  • Ultraschall des Abdomens,

  • Computertomographie.

Bei nicht eindeutig zu klärender Ursache des Krankheitsgeschehens: Laparoskopie oder Probelaparotomie.

Diagnostische Schwierigkeiten ergeben sich besonders bei Intensivpatienten, die unter der Wirkung von Sedativa und Analgetika stehen und beatmet werden und eine postoperative Peritonitis entwickeln. Die Indikation zur Relaparotomie wird hierbei meist aufgrund der sekundären Komplikationen der Peritonitis (Herz-Kreislauf-Insuffizienz, respiratorische Insuffizienz, Nierenversagen, Leberfunktionsstörungen) gestellt.

4.2.1 Differenzialdiagnose

Bei Verdacht auf Peritonitis muss immer auch an andere Erkrankungen gedacht werden, bei denen die sofortige Laparotomie erforderlich ist. Hierzu gehören z. B.:

  • intraabdominelle Blutungen,

  • Perforationen von Bauchorganen,

  • intraabdominelle Abszesse,

  • Appendizitis,

  • mechanischer Ileus.

4.3 Therapie

Die Peritonitis wird konservativ behandelt, die sekundäre Peritonitis zusätzlich chirurgisch. Hierbei steht initial die Therapie des Schocks im Vordergrund.

Sekundäre Peritonitis: 3 Säulen der Behandlung

  • Chirurgische Herdsanierung

  • Antibiotikatherapie

  • Intensivmedizinische Behandlung der Sepsis

4.3 Praktisches Vorgehen

  • Magensonde einführen, keine orale Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr,

  • Analgesie und Sedierung unter Berücksichtigung der Herz-Kreislauf-Funktion,

  • Schockbehandlung: Volumensubstitution und Ausgleich von Eiweiß- und Elektrolytverlusten,

  • Beseitigung von Störungen des Säure-Basen-Gleichgewichts, kardiovaskuläre Substanzen, z. B. Noradrenalin, Dobutamin,

  • Stimulation des Magen-Darm-Traktes, z. B. mit Parasympathikomimetika,

  • Heparin zur Thromboseprophylaxe,

  • hochdosierte Antibiotikatherapie,

  • parenterale Ernährung unter Berücksichtigung des Hyperkatabolismus,

  • frühzeitig maschinelle Unterstützung der Atmung sowie PEEP,

  • frühzeitige Behandlung der Niereninsuffizienz, rechtzeitige Dialysetherapie des akuten Nierenversagens.

4.3 Chirurgische Therapie

Mit operative Maßnahmen soll die Infektionsquelle beseitigt werden: Absaugen von Eiter und umfangreiche Spülung des Abdomens bei diffuser Peritonitis, nicht hingegen bei abgedeckten Entzündungen.

4-Quadranten-Drainage des Abdomens (Abb. 63.1) mit Vacuseal-Verband oder postoperativer Spülbehandlung. Spülmengen: z. B. NaCl 0,9% 20–40 l/Tag; hierbei muss darauf geachtet werden, dass die eingelaufene Spülflüssigkeit auch wieder abfließt. Die Spülung wird im Wechsel über jeweils eine der vier Drainagen durchgeführt, um die Verklebung des Peritoneums hinauszuschieben. Die Spülung erfolgt individuell als:

  • kontinuierliche geschlossene Peritonealspülung,

  • Dauerspülung bei offenem Abdomen,

  • programmierte Etappenlavage.

Abb. 63.1
figure 1

Lokalisation von intraabdominellen Drainagen. 1 linker Oberbauch: subphrenisch, 2 rechter Oberbauch: subphrenisch, 3 rechter Oberbauch: subhepatisch, 4 großes Netz: Bursa omentalis, 5 rechter Unterbauch: Douglas-Raum, 6 linker Unterbauch: Douglas-Raum (Mod. nach: Hartenauer et al. 1985)

5 Akute gastrointestinale Blutung

Blutungen im Bauchraum können in das Darmlumen (intraluminal) oder in die Bauchhöhle (intraperitoneal) erfolgen. Je nach Lokalisation wird die sehr viel häufigere obere Gastrointestinalblutung von der seltenen (ca. 5%) unteren Blutung unterschieden.

5.1 Ursache, Krankheitsentstehung und Pathophysiologie

Die häufigsten Ursachen der oberen Gastrointestinalblutung sind:

  • Ulcus duodeni und Magenulkus,

  • Magenkarzinom,

  • Ösophagusvarizen,

  • Stressblutungen der Magen- und Duodenalschleimhaut.

Die Mehrzahl der Ulkusblutungen ist venös, etwa 30% arteriell bedingt.

Der seltenen unteren Gastrointestinalblutung liegen v. a. folgende Ursachen zugrunde:

  • Tumoren,

  • Divertikulitis,

  • Colitis ulcerosa.

Blutungen in die Bauchhöhle beruhen zumeist auf folgenden Ursachen:

  • Milz- und/oder Leberruptur,

  • Ruptur eines Bauchaortenaneurysmas,

  • Aufgehen von Gefäßligaturen nach intraabdominellen Eingriffen.

Die pathophysiologischen Veränderungen bei akuter Gastrointestinalblutung entstehen v. a. durch den sich entwickelnden hämorrhagischen Schock.

5.2 Klinisches Bild und Diagnose

Gastrointestinale Blutungen manifestieren sich meist durch oralen und/oder rektalen Austritt von Blut. Allerdings können bei Darmparalyse zunächst große Mengen Blut im Darm verbleiben und damit das klinische Bild verschleiern. Oft treten dann die Zeichen des hämorrhagischen Schocks (Kap. 67) auf, ohne dass konkrete Hinweise auf eine intraabdominelle Blutung vorliegen.

Die typischen Zeichen der oberen Gastrointestinalblutung sind:

  • Bluterbrechen (Hämatemesis ), Blutungen aus Mund und Nase,

  • Teerstuhl (Meläna ), Blutstuhl,

  • bei entsprechenden Blutverlusten: Zeichen des hämorrhagischen Schocks, insbesondere Tachykardie und Blutdruckabfall (Einzelheiten Kap. 67).

Blutungen des unteren Gastrointestinaltraktes manifestieren sich durch Teerstuhl und Blutstuhl.

5.2 Diagnostik bei oberen Gastrointestinalblutungen

Zur Sicherung der Diagnose werden folgende Maßnahmen durchgeführt:

  • Legen einer Magensonde und Ableiten des Blutes,

  • Notfallendoskopie: Ösophagogastroskopie, frühzeitig indiziert; bei schwerer Blutung wegen der Aspirationsgefahr möglichst beim endotracheal intubierten Patienten durchführen! Evtl. CT und Angiographie.

  • Einschätzung des Blutverlustes: Blutdruck, Herzfrequenz, Hämoglobin, Hämatokrit; damit verbunden: Blutgruppenbestimmung, Kreuzung ausreichender Mengen Konservenblutes.

5.2 Diagnostik bei unteren Gastrointestinalblutungen

Die wichtigsten Maßnahmen sind:

  • Inspektion der Analgegend, Rektoskopie, Koloskopie, evtl. CT, Angiographie,

  • Einschätzung des Blutverlustes wie oben angegeben.

5.2 Diagnostik bei intraperitonealen Blutungen

Typische Zeichen sind:

  • Bauchdeckenspannung und Bauchschmerzen,

  • Zunahme des Bauchumfangs,

  • Zeichen des hämorrhagischen Schocks.

Sicherung der Diagnose durch Sonographie, abdominale Lavage, Laparoskopie (z. B. bei verdächtigem Lavagebefund) oder Probelaparotomie (insbesondere bei eindeutig positiven Lavagebefund: Rücklauf blutig tingierter Flüssigkeit oder reinen Blutes) Angiographie bei Verdacht auf Verletzungen großer Gefäße.

5.3 Therapie

Die akute Gastrointestinalblutung ist ein Notfall, der eine Intensivüberwachung und ggf. Intensivtherapie erfordert.

5.3 Praktisches Vorgehen

  • Zunächst Einführen großlumiger Venenkanülen für den Blutersatz sowie eines zentralen Venenkatheters für Blutentnahmen und Messung des zentralen Venendrucks. Empfehlenswert: Arterielle Kanüle. Zu bestimmende Laborwerte: Hämoglobin, Hämatokrit, Elektrolyte, Gerinnungsstatus, Harnstoff und Kreatinin, Blutgruppe und Kreuzprobe.

  • Einführen einer Magensonde zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken (Absaugen des Blutes), Klarspülen des Magens,

  • Blut- bzw. Volumenersatz entsprechend dem Schweregrad des hämorrhagischen Schocks (Kap. 67), Zufuhr von Sauerstoff,

  • bei schwerem Schock endotracheale Intubation und Beatmung,

  • bei Angst, Aufregung und Schmerzen: Sedierung und Analgesie unter Berücksichtigung der Herz-Kreislauf-Funktion,

  • nach Stabilisierung der Vitalfunktionen: Sicherung der Blutungsquelle durch Endoskopie, ggf. danach sofort Laparotomie; bei konservativ nicht beherrschbarer Blutung auch Laparotomie vor Stabilisierung des Zustands.

5.3.1 Therapie von Ulkus- und Erosionsblutungen

Diese Blutungen werden meist konservativ behandelt. Nur wenn durch Volumen- bzw. Blutsubstitution oder endoskopische Blutstillung keine stabile Herz-Kreislauf-Funktion erreicht werden kann, ist ein chirurgisches Vorgehen indiziert.

5.3.1 Praktisches Vorgehen
  • Einführen einer Magensonde und regelmäßiges Klarspülen, keine lokal blutstillenden Medikamente instillieren, da kaum wirksam, 24 h nach Aufhören der Blutung: Instillation von Antazida,

  • Volumen- bzw. Blutersatz,

  • endoskopische Blutstillung durch lokale Injektionsverfahren, z. B. Adrenalin (1 : 10.000–100.000), Fibrinkleber,

  • chirurgische Therapie: Ulkusresektion nach Billroth I oder II oder lokale Blutstillung und Vagotomie.

5.4 Stressulkusprophylaxe

Das Stressulkus ist eine „stressbedingte“ Schädigung der Magenschleimhaut, die sich zunächst als Erosion, dann als Ulkus manifestiert. Schädigender Faktor sind die H+-Ionen des Magensaftes bei gestörter Integrität der Schleimschicht des Magens. Risikofaktoren sind u. a. Stress (durch Operation, Polytrauma, Verbrennung), ungenügende Sedierung, maschinelle Beatmung (>48 h), Schock, Sepsis, Störungen der Blutgerinnung, Kortikosteroidtherapie, Ulkusanamnese und Schädel-Hirn-Trauma. Gefürchtete Komplikation ist die Stressulkusblutung.

Nur bei Patienten mit Risikofaktoren wird eine Stressulkusprophylaxe mit H2-Blockern (Ranitidin, Cimetidin) oder Protonenpumpeninhibitoren wie Omeprazol oder Pantoprazol (Anhebung des Magensaft-pH-Werts auf ≥4) empfohlen, unterstützt durch enterale Ernährung. Sucralfat ist ebenfalls für die Prophylaxe zugelassen. Die Wirksamkeit der medikamentösen Prophylaxe ist wissenschaftlich nicht gesichert.

5.5 Ösophagusvarizenblutung

Die Ösophagusvarizenblutung ist eine typische, lebensbedrohliche Komplikation der portalen Hypertension, die v. a. bei Leberzirrhose auftritt. Ösophagusvarizen sind bei etwa 40% der Patienten mit portaler Hypertension vorhanden, und bei mehr als der Hälfte dieser Patienten ist mit einer oder mehreren Blutungen aus den Varizen zu rechen.

Bereits die erste Blutung aus Ösophagusvarizen verläuft bei etwa 50% der Patienten tödlich!

Neben dem hämorrhagischen Schock droht ein Leberkoma durch bakterielle Zersetzung des im Darm in großer Menge vorhandenen Blutes. Wichtigste komaauslösende Substanz soll hierbei das Ammoniak sein, das von der insuffizienten Leber nicht mehr entgiftet werden kann.

5.5 Therapie

5.5 Praktische Notfallmaßnahmen
  • Endoskopische Blutstillung durch Sklerorisierung oder Ligatur.

  • Zunächst Vorgehen wie unter Abschn. 63.5.3 beschrieben,

  • Tamponade der Varizenblutung mit Ballonsonden: Sengstaken-Blakemore-Sonde oder Linton-Sonde,

  • Notfall-TIPSS (transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Stentshunt),

  • 1–2 mg Terlipressin i.v. + Nitrate oder Somatostatin.

5.5 Praktisches Vorgehen beim Einführen der Sonde (Abb. 63.2)
  • Nach Kontrolle der beiden Ballons auf Unversehrtheit Sonde über den unteren Nasengang ca. 50 cm in den Magen vorschieben, Lage durch Einspritzen von Luft überprüfen.

  • Magenballon mit 200–250 ml Luft blocken und mit Metallklemme abdichten, dann Sonde bis zum Übergang des Magens in den Ösophagus zurückziehen, Sonde fixieren und mit dem Ausspülen des Magens beginnen.

  • Dann Ösophagusballon blocken, den erforderlichen Manschettendruck von 30–45 mmHg mit einem Manometer überprüfen, auch danach.

  • Schere am Bett platzieren und bei Hochrutschen des Ballons mit Verlegung des Kehlkopfs (beim Nichtintubierten) Ballonzuleitung rasch durchschneiden.

  • Kontinuierliches Leerspülen des Magens, Absaugen des Blutes im Nasen-Rachen-Raum, Druckmessung im Ösophagusballon der Sengstaken-Sonde.

Abb. 63.2
figure 2

Sengstaken-Blakemore-Sonde zur Kompression von blutenden Ösophagusvarizen bei portaler Hypertension

Beachte die Gefahr der Ösophagusruptur durch die Ballonsonden.

Komplikationen durch die Sengstaken-Sonde:

  • Ersticken durch Verrutschen des ungenügend geblockten Magenballons vor den Kehlkopfeingang,

  • Druckschädigung der Schleimhaut,

  • pulmonale Aspiration von Mageninhalt.

5.5 Weitere Maßnahmen

  • Endoskopische Sklerosierung der Varizen, wenn die Blutung durch die Ballontamponade zum Stillstand gekommen ist oder aber unter der Tamponade nicht steht,

  • medikamentöse Senkung des Drucks in der Pfortader mit Glycylvasopressin (Terliprissin) zur Blutstillung; Dosierung: Beginn mit 1–2 mg i.v. als Bolus, danach alle 4–6 h 1 mg i.v. oder aber kontinuierliche Dauerinfusion,

  • nach der Blutstillung: Reinigung des Darms von Blut mit hohen Einläufen (physiologische Kochsalzlösung + Magnesiumsulfat) und Sterilisation des Darms durch enterale Antibiotikazufuhr,

  • zunächst nur parenterale Ernährung, nach Entfernen der Sonde langsamer Nahrungsaufbau,

  • bei konservativ nicht beherrschbarer Blutung evtl. Notoperation mit Anlegen eines portokavalen Shunts oder operative Unterbrechung der Blutzufuhr zu den Varizen (Umstechung).

6 Abdominelles Kompartmentsyndrom

Ein anhaltend erhöhter Druck im Abdomen von mehr als 20 mmHg (normal: ca. 5 mmHg) mit Funktionsstörungen eines oder mehrerer Organsysteme wird als Kompartmentsyndrom bezeichnet. Ein Kompartmentsyndrom liegt auch vor, wenn der intraabdominelle Perfusionsdruck auf weniger als 50 mmHg abgefallen ist und gleichzeitig ein Ein- oder Mehrorganversagen besteht. Das Kompartmentsyndrom ist eine schwerwiegende Erkrankung; die Sterblichkeit beträgt bis zu 60%.

Häufigste Ursachen

  • Abdominelle Infektionen: Peritonitis, Pankreatitis, Abszess

  • Mechanischer und paralytischer Ileus

  • Narbenhernien

  • Stark positive Flüssigkeitsbilanz (Überwässerung)

  • Trauma und intraabdominelle Blutung

  • Intraabdominelle Operationen

  • Verbrennungen

6 Diagnose

Die Diagnose des erhöhten intraabdominellen Drucks kann durch intermittierende Messung des Drucks in der Harnblase gestellt werden. Hierfür wird die Harnblase mit ca. 50 ml NaCl-Lösung gefüllt und der Druck im abführenden Urindrainageschenkel eines dreilumigen Blasenkatheters mit einem Druckaufnehmer gemessen. Alternativ kann der Druck über einen Ballonkatheter im Magen bestimmt werden.

6 Organfunktionsstörungen

Durch den anhaltend erhöhten Druck kommt es zur Minderdurchblutung von Organen und Organsystemen mit funktionellen Störungen und Schäden. Die wichtigsten sind:

  • Abnahme der Nierendurchblutung und Einschränkung der Nierenfunktion,

  • Abnahme der Splanchnikusdurchblutung,

  • Schädigung der Leber,

  • Abnahme des Herzzeitvolumens.

6 Behandlung

Liegt ein abdominelles Kompartmentsyndrom vor, ist die dekompressive Laparotomie das Verfahren der Wahl. Andere Verfahren: Hebe-Senk-Einläufe, Parazentese oder Absaugen des Magens.

7 Postoperative Komplikationen bei abdominalchirurgischen Eingriffen

Abdominalchirurgische Eingriffe können mit folgenden typischen postoperativen Komplikationen einhergehen:

  • Ileus,

  • Peritonitis,

  • Nachblutung,

  • Nahtinsuffizienz,

Diese Komplikationen sind beim Intensivpatienten nicht immer leicht zu erkennen.

7.1 Postoperativer Ileus

Der postoperative Ileus kann mechanisch oder paralytisch bedingt sein; die Differenzierung ist schwierig.

In den ersten zwei Tagen ist fast immer eine Magen-Darm-Atonie vorhanden, die zumeist spontan am 3. Tag verschwindet. Ist am 4. Tag die Peristaltik noch immer nicht in Gang gekommen, liegt meist ein Ileus vor, der bei etwa 50% der Patienten mechanisch bedingt ist. Typisch für mechanischen Ileus ist auch das vorübergehende „Ingangkommen“ der Peristaltik mit anschließender erneuter Atonie. Diagnose und Behandlung: Abschn. 63.3.

7.2 Postoperative Peritonitis

Die postoperative Peritonitis ist wegen ihrer hohen Sterblichkeitsrate eine besonders gefürchtete Komplikation. Die wichtigsten Ursachen sind:

  • Nahtinsuffizienz,

  • Perforation,

  • Durchwanderung von Bakterien bei Ileus,

  • Infektionen von außen.

Bei der frühen Naht- bzw. Anastomoseninsuffizienz (innerhalb weniger Tage nach der Operation) ist die Prognose besonders schlecht und daher eine sofortige operative Revision erforderlich. Die Spätinsuffizienz führt hingegen meist nicht zu einer diffusen Peritonitis und kann meist durch gute Drainage konservativ behandelt werden.

Kritische Zeitpunkte für eine Anastomoseninsuffizienz sind der 3. und 4. sowie der 7.–9. postoperative Tag. Bei Verdacht wird Methylenblau über die Magensonde oder über ein Darmrohr instilliert. Dieses Verfahren kann auch bei Verdacht auf eine sekundäre Perforation durch Sonden oder Drainagen eingesetzt werden. Behandlung der Peritonitis: Abschn. 63.4.

7.3 Postoperative Nachblutung

Die wichtigsten Ursachen für eine postoperative Nachblutung sind:

  • ungenügende intraoperative Blutstillung,

  • Arrosionsblutungen bei Gefäßschädigungen,

  • Störungen der Blutgerinnung.

Blutungen durch ungenügende intraoperative Blutstillung treten unmittelbar nach der Operation auf, Blutungen durch Arrosion von Blutgefäßen erst im späteren Verlauf. Gerinnungsstörungen sind häufig erst Folge der Nachblutung, manchmal auch ursächlicher Faktor.

Die Diagnose der Nachblutung kann schwierig sein, wenn kein Blut aus Sonden oder Drainagen abläuft. Zeichen des intravasalen Volumenmangels treten meist erst auf, wenn größere Mengen verloren worden sind. Bei Verdacht kann ein Lavage-Katheter eingelegt werden. Therapie der gastrointestinalen Blutung: Abschn. 63.5.

8 Behandlung nach einzelnen intraabdominellen Operationen

8.1 Ösophaguskarzinom

8.1 Operation

Folgende Methoden werden u. a. eingesetzt:

  • bei infraaortal lokalisierten Karzinomen: Resektion des distalen Ösophagus, Magenhochzug (Ösophagogastrostomie); hierzu ist eine Laparotomie und rechtsseitige Thorakotomie erforderlich;

  • bei im mittleren Drittel gelegenem Karzinom: subtotale Entfernung des Ösophagus nach Laparotomie und rechtsseitiger Thorakotomie, Ausleitung des proximalen Ösophagus als zervikales Ösophagostoma, danach bei 2. Operation Überbrückungsplastik durch Koloninterponat oder intrathorakale Ösophagogastrostomie (einzeitig bei Inoperabilität: Palliativeingriffe.

8.1 Postoperative Besonderheiten und Komplikationen

  • Die Patienten sind nicht selten Alkoholiker, sodass mit einem Entzugsdelir gerechnet werden muss,

  • postoperative Nachbeatmung wegen respiratorischer Insuffizienz oft (bis zu 40%) erforderlich,

  • Kontrolle der Anastomosendichtigkeit durch Röntgenaufnahme,

  • Drainagenanlage je nach Lokalisation: subkutane Redon-Drainage für ca. 48 h; Robinson-Drainage am Hals ca. 5 Tage; intraabdominelle Drainage ca. 5–7 Tage; Bülau-Drainage bis 5. Tag,

  • Magensonde bis zum 5. Tag,

  • Kostaufbau: am 1. postoperativen Tag über Jejunalkatheter; ab 5. Tag (wenn Speiseröhre dicht) per os.

Die wichtigsten Komplikationen nach Ösophaguseingriffen sind:

  • akute respiratorische Insuffizienz durch Atelektasen, Pleuraerguss, Pneumonie und Pneumothorax,

  • Lungenödem durch Überinfusion,

  • Anastomoseninsuffizienz (zervikal, intrathorakal); häufigste operative Komplikation! Umgehende Diagnostik erforderlich! Zeichen: plötzliche starke Thoraxschmerzen, Luft über die zervikale Drainage, Hautemphysem, Herzrhythmusstörungen, Kreislaufinsuffizienz, respiratorische Insuffizienz, septischer Schock,

  • intraabdominelle Blutung mit Kreislaufinsuffizienz oder Schock,

  • Hämato-/Seropneumothorax,

  • Trachealverletzungen,

  • pulmonale Aspiration,

  • Chylothorax,

  • Rekurrensparese,

  • Transplantatnekrose,

  • Insuffizienz der Pyloroplastik, Anastomosenstenose.

8.2 Magenkarzinom

8.2 Operation

Zur Behandlung des Magenkarzinoms sind radikale chirurgische Resektionen erforderlich, und zwar je nach Lokalisation distale subtotale Resektion, proximale Resektion und totale Resektion des Magens. Hierbei muss der resezierte Anteil durch Gastroduodenostomie (Billroth I), Gastrojejunostomie (Billroth II) oder Ösophagogastrostomie überbrückt werden. Bei nicht kurierbaren Formen sind Palliativeingriffe indiziert, bei Frühkarzinom die totale Gastrektomie.

8.2 Postoperative Besonderheiten und Komplikationen

  • Erhöhte Gefahr der postoperativen respiratorischen Insuffizienz, v. a. durch schmerzbedingte Schonatmung und unterdrückten Hustenmechanismus; daher gute Analgesie, z. B. mit Periduralkatheter, Atemtherapie und Physiotherapie,

  • Drainagen: frisches Blut, galliges Sekret, Luft oder Eiter weisen auf eine Komplikation hin,

  • Bewegungen der Magensonde vermeiden, damit die frischen Anastomosen nicht beschädigt werden; Liegezeit: 3–5 Tage,

  • parenterale Ernährung in den ersten Tagen, danach röntgenologische Kontrolle der Anastomosendichtigkeit; bei Dichtigkeit Beginn der enteralen Nahrungszufuhr, frühestens ab 3. Tag, zunächst mit Tee, dann stufenweiser Kostaufbau,

  • wichtige Komplikationen: Nachblutung, Anastomoseninsuffizienz, Peritonitis, Pankreatitis, subphrenische und subhepatische Abszesse.

8.3 Pankreaskarzinom

8.3 Operation

Bei einem Pankreaskarzinom werden, je nach Befund, Radikaloperationen oder Palliativeingriffe durchgeführt. Radikaleingriffe sind z. B. die partielle oder totale Duodenopankreatektomie bei Papillen- oder Pankreaskopfkarzinomen und die Whipple-Operation.

Whipple-Operation

Resektion des Pankreaskopfs und des Duodenums sowie des Magenantrums, End-zu-Seit-Gastrojejunostomie, End-zu-End-Choledochostomie und End-zu-Seit-Pankreatojejunostomie.

8.3 Postoperative Besonderheiten

  • Bei totaler Pankreatekotomie treten ein Diabetes mellitus und eine exokrine Pankreasinsuffizienz auf, die entsprechend behandelt werden müssen; bei Restpankreas evtl. vorübergehende diabetische Stoffwechsellage,

  • erhöhte Gefahr der respiratorischen Insuffizienz aus den für Abdominaleingriffe bekannten Gründen oder des multiplen Organversagens,

  • Drainagen: mehrmals täglich kontrollieren; Fördermenge und Beschaffenheit dokumentieren,

  • parenterale Ernährung und Infusionstherapie in der ersten Woche, nach 3–5 Tagen, bei Anastomosendichtigkeit, Aufbau der enteralen Ernährung. Abführende Maßnahmen, wenn Peristaltik unzureichend,

  • Komplikationen: Nachblutung, Anastomoseninsuffizienz, Peritonitis.

8.4 Kolon-, Sigma- und Rektumtumoren

8.4 Operation

Bei Kolontumor Hemikolektomie rechts oder links, bei Sigma- oder Rektumtumoren Resektion von Sigma und Rektum.

Abdominoperineale Rektumexstirpation

Resektion von Sigma, Rektum und Anus mit Sphinkterapparat, Ligatur der A. mesenterica sup., Anlage eines endständigen Anus praeter.

8.4 Postoperative Besonderheiten

  • Ausreichender Blut- und Flüssigkeitsersatz in der unmittelbaren postoperativen Phase (große Wundfläche),

  • Kostaufbau so früh wie möglich, d. h. Beginn am 2. oder 3. Tag: Tee – flüssige Kost – Brei – Vollkost,

  • Pneumonieprophylaxe,

  • die meisten Patienten bedürfen nur einer kurzen Intensivüberwachung,

  • Komplikationen: Nachblutung, Anastomoseninsuffizienz, Peritonitis, Abszesse.

8.5 Portale Hypertension

Der Pfortaderhochdruck entsteht durch eine Abflussbehinderung des Blutes der V. portae vor, in oder nach der Leber. Häufigste Ursache für eine intrahepatische Abflussbehinderung ist die Leberzirrhose. Bei Kindern hingegen entsteht der Pfortaderhochdruck häufig durch eine prähepatische Behinderung oder Verlegung des Blutstroms. Posthepatische Ursachen der portalen Hypertension sind dagegen selten.

Die wichtigsten Zeichen der portalen Hypertension sind:

  • Ösophagusvarizenblutung,

  • Splenomegalie,

  • Aszites,

  • Enzephalopathie.

8.5 Operative Behandlung

Operative Verfahren haben zum Ziel, den Druck im Pfortaderkreislauf zu senken und die Gefahr der lebensbedrohlichen Ösophagusvarizenblutung zu beseitigen. Hierzu werden direkte oder indirekte Anastomosen- bzw. Shuntoperationen eingesetzt, durch die das Hindernis umgangen wird:

  • portokavaler Shunt: Anastomose zwischen V. portae und V. cava inferior direkt vor dem Leberhilus (End-zu-Seit, Seit-zu-Seit),

  • splenorenaler Shunt: Anastomose zwischen V. linealis (Milzvene) und V. renalis (proximal = Linton, distal = Warren),

  • mesokavaler Shunt: Anastomose zwischen V. mesenterica superior und V. cava inferior.

8.5 Postoperative Besonderheiten

  • Ösophagusvarizenblutung: Abschn. 63.5.4,

  • die Patienten sind häufig Alkoholiker, bei denen mit einem postoperativen Entzugsdelir gerechnet werden muss,

  • bei komplikationslosem Verlauf: parenterale Ernährung für wenige Tage, danach Übergang auf eiweißarme, kohlenhydratreiche Nahrung.

8.5 Typische Komplikationen

  • Leberinsuffizienz oder Leberversagen mit Leberkoma,

  • Enzephalopathie durch ungenügende Entgiftungsfunktion der Leber,

  • Rezidivblutungen,

  • Magensafthypersekretion und Ulzera.

8.6 Akutes Leberversagen (ALV)

8.6.1 Grundlagen

Das akute Leberversagen ist durch Störungen der Syntheseleistungen der Leber und ihrer exkretorischen Funktionen sowie durch extrahepatisches Organversagen gekennzeichnet. Charakteristisch ist folgende Trias:

  1. 1.

    Koagulopathie (INR >1,5),

  2. 2.

    Ikterus,

  3. 3.

    hepatische Enzephalopathie.

Nach dem zeitlichen Auftreten der Koagulopathie und Enzephalopathie werden unterschieden:

  • Hyperakutes Leberversagen: <7 Tage,

  • akutes Leberversagen: 7–28 Tage,

  • subakutes Leberversagen: 28 Tage bis 6 Monate.

Außerdem werden drei Typen des Leberversagens voneinander abgegrenzt:

  1. 1.

    Akutes Leberversagen: ohne Vorschädigung (hyperakut, akut, subakut),

  2. 2.

    Akut-auf-chronisches Leberversagen (ACLV): mit Vorschädigung, aber ohne Zirrhose,

  • Akut-auf-Zirrhose Leberversagen: mit Zirrhose.

Häufigste Auslöser eines akuten Leberversagens sind Intoxikationen, v. a. mit Paracetamol, und akute Virushepatitiden (akute HBV).

8.6.1 Hepatische Enzephalopathie

Im Mittelpunkt des Leberversagens steht die hepatische Enzephalopathie. Vier Stadien können unterschieden werden:

  • Stadium I: Persönlichkeitsveränderungen, unangemessenes Verhalten, Euphorie, Übererregbarkeit oder Depression,

  • Stadium II: Verwirrtheit, Desorientiertheit, Eintrübung,

  • Stadium III: stuporös, aber erweckbar,

  • Stadium IV: Koma, anfangs noch mit Reaktion auf Schmerzreize.

Im Stadium IV können folgende Komaformen unterschieden werden:

  • exogenes Koma durch Funktionsausfall der Leber, z. B. bei Leberzirrhose, Ösophagusvarizenblutung,

  • endogenes Leberkoma durch Leberzerfall, z. B. akute Hepatitis bzw. akute Leberdystrophie, toxische Schädigung (Tetrachlorkohlenstoff, Knollenblätterpilz), Eklampsie.

Die hepatische Enzephlopathie ist eine Stoffwechselstörung, die durch eine hochgradige Einschränkung der Leberfunktion oder vollständigen Ausfall der Leber hervorgerufen wird. Die zerebralen Störungen entstehen durch die ungenügende Entgiftung von Stoffwechselprodukten in der Leber, v. a. von Ammoniak, kurzkettigen Fettsäuren, biogenen Aminen sowie toxischen Abbauprodukten aus Eiweißbestandteilen durch Darmbakterien. Die Bewusstseinsstörung wird auf eine vermehrte Bildung von dämpfend wirkenden Neurotransmittern zurückgeführt. Bei höhergradiger hepatischer Enzephalopathie entwickelt sich ein Hirnödem mit der Gefahr einer tödlichen Einklemmung des Hirnstamms. Zeichen des deutlich erhöhten Hirndrucks sind:

  • Anstieg des systolischen Blutdrucks,

  • Bradykardie,

  • erhöhter Muskeltonus,

  • Störungen der Pupillenreaktion,

  • fokale und generalisierte Krampfanfälle,

  • pathologische Atemmuster.

8.6.2 Klinisches Bild

Leitbefunde des ALV sind: Ikterus, Enzephalopathie und Koagulopathie. Daneben entwickeln sich oft sehr rasch weitere Störungen:

  • Hyperdyname Herz-Kreislauf-Funktion mit niedrigem arteriellen Blutdruck und vermindertem peripheren Gefäßwiderstand (distributiver Schock),

  • Nierenversagen,

  • metabolische Alkalose durch gestörte Metabolisierung von Bikarbonat,

  • Störungen der Blutgerinnung,

  • Nebenniereninsuffizienz,

  • Infektionen.

8.6.3 Therapie

Bereits bei den ersten Anzeichen einer Enzephalopathie sollte der Patient intensivmedizinisch überwacht werden. Konservative Behandlungsmaßnahem sind:

  • Stabilisierung der Herz-Kreislauf-Funktion,

  • Sicherung der Atemwege bei komatösen Patienten, ggf. maschinelle Atemunterstützung oder Beatmung,

  • Substitution von Gerinnungsfaktoren bei manifester Blutung und vor geplanten Eingriffen, bei Thrombopenie werden Thrombozyten substituiert,

  • Antibiotika,

  • Behandlung eines Hirnödems,

  • Nierenersatztherapie,

  • genaue Bilanzierung der Ein- und Ausfuhr bzw. des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Gleichgewichts,

  • Beseitigung der komaauslösenden Ursachen.

  • Reduktion der ammoniakproduzierenden Darmflora mit nicht absorbierbaren Antibiotika bei ACLV.

Weitere Therapieoptionen: extrakorporaler Leberersatz (z. B. MARS oder Prometheus), Lebertransplantation.

9 Nierentransplantation

Nierentransplantationen gehören mit Abstand zu den häufigsten Organtransplantationen. Ihr Vorteil besteht darin, dass nach der Transplantation auf eine Dauerdialysebehandlung verzichtet werden kann und dadurch die Lebensqualität und die Lebenserwartung des Nierenempfängers erheblich verbessert wird.

9.1 Nierenspender

Potenzielle Nierenspender sind hirntote Patienten, deren Herz-Kreislauf- und Atemfunktion bis zur Organentnahme künstlich aufrechterhalten wird. Bei intaktem Kreislauf entnommene Nieren von Hirntoten weisen eine bessere Qualität bzw. Funktionsfähigkeit auf als Nieren, die unter Reanimationsbedingungen nach Herzstillstand entnommen wurden. Somit ist die Intensivbehandlung eines hirntoten Nierenspenders bis zur abgeschlossenen Entnahme der Nieren von großer Bedeutung. Die wichtigsten Maßnahmen sind:

  • kontrollierte Beatmung unter Überwachung der Blutgase und Säure-Basen-Parameter,

  • Überwachung und Unterstützung der Herz-Kreislauf-Funktion: Dobutamin, Volumenzufuhr, Steigerung der Diurese zur Förderung der Nierendurchblutung: Mindestharnmengen 80–100 ml/h,

  • Ausgleich von Elektrolytstörungen,

  • keine Behandlung der Hypothermie bei Hirntoten,

  • Heparinisierung unmittelbar vor der Nierenentnahme.

9.2 Intensivbehandlung nach der Transplantation

Die unmittelbare Behandlung nach der Nierentransplantation erfolgt zumeist in einem speziellen „Transplantationszimmer“, das durch einen „halbseptischen“ Vorraum betreten werden kann. Meist ist die Transplantationseinheit einer anderen Intensivbehandlungsstation angeschlossen und verfügt über 2–4 Betten. Die Phase der Intensivbehandlung dauert meist 5–6 Tage, danach kann der Patient auf die Normalstation verlegt werden.

Eine Respiratortherapie ist zumeist nicht erforderlich, jedoch sollte in der Transplantationseinheit die Möglichkeit zur maschinellen Beatmung gegeben sein.

9.2.1 Postoperative Routinebehandlung

Überwachung

  • Herzfrequenz, Blutdruck, zentraler Venendruck; Häufigkeit nach klinischem Zustand,

  • tägliche Laborwerte: Harnstoff, Kreatinin(-Clearance), Serumelektrolyte, Hb, Hkt, Leukozyten, Blutgasanalyse; Urin: Elektrolyte, Kreatinin, Proteinurie,

  • Thoraxröntgenbild.

9.2.1 Flüssigkeits- und Volumentherapie

Die postoperative Volumen- und Flüssigkeitstherapie richtet sich bei unkompliziertem Verlauf v. a. nach der Funktion der transplantierten Niere. Bei zahlreichen Patienten tritt kurz nach der Transplantation eine Polyurie auf, die etwa 1–3 Tage anhält, während bei etwa 30% hingegen eine Oligurie/Anurie zu beobachten ist.

Bei Polyurie ist eine genaue Flüssigkeitsbilanzierung und ein entsprechender Volumenersatz einschließlich der Elektrolyte erforderlich (v. a. von Na+). Besteht hingegen eine normale Diurese, müssen nur die Verluste ausgeglichen zu werden.

Bei Oligurie/ Anurie muss die Flüssigkeitszufuhr eingeschränkt werden und darf die Ausfuhr um nicht mehr als 500–600 ml überschreiten. Verluste über Sonden und Drainagen und von Blut müssen gesondert berücksichtigt werden. Außerdem muss nach der Ursache gesucht werden; in Frage kommen v. a.

  • Hypovolämie,

  • Abstoßungsreaktionen,

  • chirurgische Komplikationen,

  • akutes Nierenversagen.

Beim postoperativen Blutersatz muss beachtet werden, dass die chronisch-urämischen Patienten seit langer Zeit anämisch sind und niedrigere Hämoglobinwerte tolerieren als Nierengesunde. Als untere Grenzwerte für Blutersatz gelten Hämatokritwerte von 20–25%.

9.2.2 Postoperative Komplikationen

9.2.2 Frühkomplikationen

Folgende Komplikationen erfordern eine chirurgische Reintervention:

  • Nachblutung mit hämorrhagischem Schock,

  • Anurie aufgrund einer Harnfistel,

  • akutes Abdomen, z. B. durch Nahtdehiszenz, Perforation usw.

Tritt im Zusammenhang mit diesen Komplikationen ein akutes Nierenversagen auf, ist eine frühzeitige Dialysebehandlung indiziert.

Weitere Komplikationen der postoperativen Phase sind:

  • respiratorische Insuffizienz,

  • Störungen der Herz-Kreislauf-Funktion, meist als Herzrhythmusstörungen oder Herzinsuffizienz (Ursachen: KHK, Elektrolytstörungen, Myokardkalzinose durch Hyperparathyreoidismus),

  • zerebrale Störungen: Somnolenz, Krämpfe,

  • akute Abstoßungsreaktion,

  • septische Komplikationen.

9.2.2 Akute Abstoßungsreaktionen

Sie treten innerhalb der ersten zwei Monate nach der Transplantation auf. Die Diagnose wird klinisch und anhand von Laborwerten und immunologischen Tests gestellt. Zur Prophylaxe der Abstoßungsreaktion ist eine immunsuppressive Therapie erforderlich. Hierfür eingesetzte Substanzen sind: Kortikosteroide, Cyclosporin A, Tacrolimus u. a.

10 Lebertransplantation

Nach jeder Lebertransplantation (OLTx) ist zunächst eine Intensivtherapie erforderlich. Deren Dauer hängt im Wesentlichen von intra- und postoperativen Komplikationen ab. Bei unkompliziertem Verlauf (ca. 40% aller Patienten) beträgt die Dauer der Intensivtherapie im Durchschnitt 3 Tage. Die Einjahresüberlebensrate für elektive Lebertransplantationen liegt zwischen 80 und 90%, bei notfallmäßig durchgeführten Transplantationen bei über 60%.

10 Indikationen

Folgende Indikationsgruppen für eine Lebertransplantation können unterschieden werden:

  • chronische Lebererkrankungen im Endstadium, z. B. primär biliäre Zirrhose,

  • akutes fulminantes Leberversagen, z. B. durch Virushepatitis oder Intoxikation,

  • Erkrankungen mit metabolischen Defekten, z. B. Speicherkrankheiten,

  • primär nicht resezierbare Lebermalignome, z. B. primäre Leberzellkarzinome.

10 Kontraindikationen

Es wird zwischen absoluten und relativen Kontraindikationen unterschieden:

  • absolute Kontraindikationen:

    • manifeste Infektionserkrankungen, bei denen die Leber nicht der Fokus ist,

    • extrahepatische maligne Erkrankung,

    • aktive Psychose,

    • Alkohol- oder Drogenmissbrauch,

  • relative Kontraindikationen:

    • cholangiozelluläres Karzinom,

    • Multiorganversagen ohne akuten Leberausfall als Ursache,

    • hepatorenales Syndrom mit hohem Shuntanteil.

10.1 Intensivbehandlung und Pflegeschwerpunkte

Die postoperative Phase verläuft individuell sehr verschieden: Ein Teil der Patienten kann, bei unkompliziertem Verlauf, bereits nach wenigen Tagen von der Intensivstation verlegt werden, bei anderen entwickeln sich schwere Komplikationen, die eine umfangreiche Intensivtherapie erfordern:

  • Postoperative Beatmung: Nicht wenige Patienten können bereits am Operationstag extubiert werden, v. a. bei komplikationslosem intraoperativem Verlauf ohne große Blutverluste. Bei den übrigen Patienten ist die Beatmung meist nur eine kurzfristige Maßnahme. Grundsätzlich sollten unterstützende Beatmungsverfahren bevorzugt werden; der PEEP sollte 8 mbar nicht überschreiten, um den venösen Abfluss aus der Leber nicht zu behindern.

  • Volumenersatz: Volumenverluste werden mit laktatfreien kristalloiden Lösungen ersetzt, wenn möglich unter Kontrolle des Lungenkapillarenverschlussdrucks (PCWP).

  • Blutgerinnung: Bei anfänglicher Funktionsstörung der Leber wird zu wenig Faktor V gebildet. Fällt die Faktor-V-Konzentration unter 25% des Normwerts, wird FFP zugeführt, bei AT-III-Mangel (< 60%) auch AT III. Bei schwerem Thrombozytenabfall müssen Thrombozytenkonzentrate transfundiert werden; liegt keine Blutung vor, erfolgt der Thrombozytenersatz bei Werten von unter 20.000/µl, bei Blutungen dagegen, wenn die Thrombozyten auf unter 50.000/µl abgefallen sind. Wegen des möglichen Hypersplenismus sollte die „1-h-recovery“ der Thrombozyten und so die Wirksamkeit der Transfusion bestimmt werden.

  • Ernährung: Zunächst wird i.v. ernährt, beginnend am 1. postoperativen Tag mit Glukose und Aminosäuren; ab dem 3. Tag können Fettemulsionen (am besten MCT/LCT) infundiert werden. Mit der enteralen Ernährung über eine intraoperativ platzierte Dünndarmsonde sollte so früh wie möglich begonnen werden.

  • Stressulkusprophylaxe: Die medikamentöse Stressulkusprophylaxe gilt als obligat.

  • Antibiotikaprophylaxe: Die Patienten erhalten für 24 h bis maximal 48 h eine Antibiotikaprophylaxe. Außerdem wird für ca. 14 Tage eine selektive Darmdekontamination durchgeführt.

  • Immunsuppression: Alle Patienten erhalten Immunsuppressiva, in der Regel nach den Vorgaben des jeweiligen Zentrums.

10.2 Kontrolle der Transplantatfunktion

Die Funktionskontrolle des Transplantats erfolgt durch Biopsien und die Bestimmung von Laborparametern:

  • Leberenzyme: GOT, GPT, GLDH; ein Anstieg bis 1000 U/l ist akzeptabel, Werte >2500 U/l zeigen einen erheblichen Ischämieschaden an,

  • Bilirubin: für die Einschätzung der Primärfunktion von geringer Bedeutung,

  • Gerinnungsparameter: Bestimmung von Quick-Wert, PTT, Faktor II, V und VII,

  • Blutzucker alle 1–2 h, um die Glukosebildung der Leber zu beurteilen,

  • Laktat und Ammoniak.

10.3 Komplikationen

Zu den häufigsten Komplikationen nach Lebertransplantationen gehören:

  • Funktionsstörungen der transplantierten Leber oder anfängliches Transplantatversagen,

  • Infektionen (Haupttodesursache!): bei ca. 40–50% der Patienten bakteriell, bei 30% viral (meist Zytomegalie, gefolgt von Herpes-simplex-Virus); weiteres Risiko: Pilzinfektionen (meist Candida),

  • Abstoßungsreaktionen:► unten,

  • Lungenfunktionsstörungen, v. a. Pneumonien (Häufigkeit 15–20%),

  • Nierenfunktionsstörungen,

  • Blutungen: selten,

  • neurologische Störungen: Durchgangssyndrom, Hirnblutungen, pontine Myelinolyse.

10.3 Abstoßungsreaktion

Bei 30–40% der Patienten tritt in der Frühphase nach der Transplantation (typischerweise zwischen 5. und 10. Tag) eine akute Abstoßungsreaktion auf; Hinweise sind:

  • allgemeines Krankheitsgefühl,

  • meist Anstieg von GOT, GPT und LDH und/oder Bilirubin.

Diese Zeichen können allerdings auch durch eine akute Infektion hervorgerufen werden. Die Diagnose wird durch eine transkutane Aspirationszytologie und Bestimmung der Prokalzitoninkonzentration im Plasma gesichert. Die Behandlung erfolgt mit Methylprednisolon, bei Unwirksamkeit wird von Ciclosporin auf Tacrolimus umgestellt.