Zusammenfassung
Es ist eine altbekannte Tatsache, daß die Gonorrhöe in der Form der Blennorhoea neonatorum in erschreckender Weise zur Besiedelung der Blindenanstalten beiträgt, und in einer stattlichen Anzahl von Blindenstatistiken wurde ihre Beteilignug prozentuell festgestellt; die Syphilis dagegen wurde als Blindheitsursache fast ganz vernachlässigt. Das geschah vielleicht weniger, weil man ihre Bedeutung mißachtete, als weil man nicht imstande war, Anhaltspunkte für ihre Häufigkeit zu gewinnen; man war sich klar, daß sich mit der höchst selten positiven Anamnese besonders bei den Jugendblinden nicht viel anfangen ließ. So ist es wohl zu erklären, daß in den statistischen Angaben von Schmidt-Rimpler, Stolte, Uhthoff, Hirschberg, Landsberg, Katz (zitiert nach Magnus) die Rubrik „Augenerkrankungen nach Syphilis“ mit einem Gedankenstrich ausgefüllt war, nur Brenner veranschlagte die Häufigkeit der Lues auf 3,2%, Seidelmann auf 2,55%. Magnus selbst bescheidet sich im großen und ganzen in dieser Frage mit einem non liquet, schätzt bei seinem Material, das auch Erwachsene umfaßt, die Häufigkeit der Syphilis zwar ein (2,59%), meint aber, Genaues lasse sich nicht sagen, weil jeder Abschnitt des Auges gelegentlich von der Lues befallen werden könne. Im einzelnen ist es interessant, wie wenig Bedeutung man zur Zeit dieser ersten, großen, wissenschaftlichen Blindenstatistik von Magnus (1883) der Syphilis zumaß, denn Erkrankungen der Uvea sind mit 22% der anatomischen Blindheitsursachen veranschlagt, darunter die syphilitische Iridochorioiditis nur mit 0,26%, und bei den Erkrankungen der Hornhaut (10,6%) ist die spezifische Keratitis parenchymatosa überhaupt nicht erwähnt. — Von späteren Autoren meint L Hirsch, die Bedeutung der Lues werde vielfach überschätzt; bei der angeborenen Blindheit rechnet er als hereditär-luetisch: die Fälle von fetaler Iritis bzw. Uveitis, ebenso die dabei zuweilen vorkommende Chorioretinitis, ferner eine Anzahl von komplizierten Katarakten und einige Fälle von Keratitis, wo zugleich Reste von plastischer Iritis bestanden. Die hereditäre Lues soll bei 3,7% seiner 1300 Blinden, die Lues insgesamt bei etwa 7% ätiologisch in Frage kommen.
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Igersheimer, J. (1928). Syphilis und Blindheit. In: Syphilis und Auge. Handbuch der Haut- und Geschlechtskrankheiten, vol B / 17 / 2. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-00927-7_14
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