figure a

Mit dem Konzept werden die Weichen für die spätere Detailkonstruktion gestellt. Es geht um die grobe Anordnung der größten und schwersten Teile und um die grundlegende Charakteristik des Wagens. Die Konzeptarbeit darf nicht unterschätzt werden. Fehlentscheidungen am Anfang eines Projekts sind später oft nur schwer wieder zu korrigieren. Der Teufel, sagt man, steckt im Detail und meint damit etwa das Konzept sei nicht so entscheidend. Dem muss hinzugefügt werden, dass die Vorfahren des Teufels bereits im Konzept steckten.

2.1 Entwicklungsablauf Development Process

Im Motorsport existiert im Allgemeinen ein Fahrzeug aus der vergangenen Rennsaison. Die Konzeptarbeit für die folgende Saison beginnt demnach bei einer Analyse des Vorgängermodells. Weitere Einflussgrößen sind das Reglement, das stetigen Änderungen unterworfen ist, und der Zeitplan, genauer der Zeitpunkt, ab dem das neue Fahrzeug verfügbar sein soll [4]. Ein neues Fahrzeug muss nicht unbedingt zu Beginn der neuen Rennsaison zur Verfügung stehen. Nach der Winterpause brauchen die Fahrer wieder einige Rennpraxis um die Grenzen eines Wagens auszuloten. Zu Vergleichszwecken ist es daher besser zunächst mit dem bekannten, in der vergangenen Rennsaison entwickelten, Fahrzeug zu beginnen und erst später ein geändertes Konzept zu testen, wenn die Fahrer das Vorjahresniveau erreicht haben [14].

Bei Straßenfahrzeugen werden prägende Charakteristika innerhalb der Produktbeschreibung nach folgender Reihenfolge festgelegt [1]:

  • Fahrzeugklasse (Größenklasse, z. B. „Kompaktklasse“)

  • Fahrzeugvarianten (z. B. Stufenhecklimousine 4-türig, Kombilimousine 5-türig)

  • Aggregatezuordnung (Motorisierungsprogramm, Getriebeangebot)

  • Fahrzeughauptabmessungen

    • Exterieurdaten (Radstand, Länge, Überhänge, Breite, Höhe, Spurweiten)

    • Interieurdaten (Längen-, Breiten-, Höhenmaße der Sitzanlagen, Nutzvolumina)

  • Technische Beschreibung

    • Karosseriebauart, Variantenkonzept

    • Motorversionen und Ausstattung (z. B. Leistungs- und Ländervarianten)

    • Getriebetypen (Drehmomentklassen, Automatgetriebe)

    • Fahrwerk (Achsen, Räder und Reifen, Lenkung, Regelsysteme)

    • Technische Ausstattung (z. B. Klimatisierung, elektronische Ausstattung, Kraftstoffsystem)

  • Technische Daten

    • Gewichte, Zuladungen, Anhängelasten

    • Fahrleistungen

    • Verbrauchs- und Abgaszielwerte.

Aus der Produktbeschreibung wird das Lastenheft abgeleitet. Im nächsten Schritt werden erste Entwurfsdarstellungen zur Absicherung der gewählten Abmessungen erstellt. Die Grundlage für erste Stylingentwürfe stellt das so genannte „Hard Point Package“ dar: Aus den erforderlichen Bauräumen für alle benötigten Komponenten und tragende Strukturen sowie aus dem Platzbedarf der Insassen entsteht ein Oberflächengebirge, in dem die Außenhaut noch nicht berücksichtigt wird.

2.2 Auslegungsbereiche Layout Sections

Die Auslegungsbereiche lassen sich beim Pkw grob unterteilen [1]:

  • Innenraum

  • Vorderwagen

  • Hinterwagen

  • Unterboden

Ein neues Fahrzeug entstand im Allgemeinen von innen nach außen. Im Ablauf der Konzeptentwicklung standen Innenraumstudien mit Raum- und Ergonomieuntersuchungen am Anfang. Durch die zunehmende Rolle des Designs kehrte sich der Ablauf jedoch um. Zunächst werden Außenabmessungen und Erscheinungsbild festgelegt, anschließend müssen sämtliche Komponenten darin untergebracht werden (Packaging). Auch bei Rennfahrzeugen ist diese Reihenfolge gängig. Der Grund liegt allerdings in der Dominanz der Aerodynamik. Abtriebserzeugende Elemente und strömungsgünstige Gestaltung der Außenhaut diktieren neben dem Reglement die äußere Form. Alles andere muss sich dem unterordnen.

Der Ausgangspunkt für die Abmessungen des Innenraumes ist die Position der Insassen auf den Vorder-

und Hintersitzen. Diese werden nach günstigen Gesichtspunkten auf den Sitzen platziert, wobei für die Vordersitze eine Sitzverstellung mit dem Extrem vorzusehen ist. Zu dieser Insassenlage werden einmal die Türmaße und zum anderen aus den Augpunkten die Sichtwinkel nach vorn, seitlich und hinten festgelegt.

Bei der Bestimmung der Sichtfelder ist zu berücksichtigen, dass alle Dachpfosten zur Erzielung einer hohen Karosseriesteifigkeit genügend Festigkeit aufweisen. Ist die Sitzposition bestimmt, so können auch Lenkrad,

Instrumententafel und Fußhebelwerk fixiert werden, wobei die optimale Bewegungsrichtung zu berücksichtigen ist [2].

Etwas zeitversetzt zur Innenraumgestaltung erfolgen die Ausarbeitungen im Bereich des Aggregats (Anordnungen Motor, Getriebe, Nebenaggregate, Vorderachse und Lenkstrang, Berücksichtigung von Sicherheitsmerkmalen wie Karosseriestrukturen, Crash-Deformationszonen).

Die Konzeptarbeiten im Unterbodenbereich haben zum Schwerpunkt Getriebe- und Antriebsstrang, Abgasanlagen-, Leitungs- und Karosseriestrukturentwürfe.

Im Hinterwagen stehen Layouts für Karosseriestrukturen, Hinterachse, Tank-, Abgasanlagen- und Gepäckraumoptimierungen im Vordergrund. Erste Variantenuntersuchungen, z. B. zu verschiedenen Heckausführungen oder Türanzahl, werden dargestellt.

Maßdefinitionen

Die Benennung und Definition der wichtigsten Maße eines Fahrzeugs sind in Europa durch die ECIE (European Car Manufacturers Information Exchange Group) vereinheitlicht, Abb. 2.1 und 2.2.

Abb. 2.1
figure 1

ECIE Exterieurmaßdefinitionen

Abb. 2.2
figure 2

ECIE Interieurmaßdefinition Seitenansicht [1]

Tab. 2.1 liefert zum Vergleich einige Zahlenwerte ausgesuchter Maße von Pkw.

Tab. 2.1 Maßvergleich verschiedener Fahrzeugklassen, Maße in mm [1]

2.3 Konzeptmerkmale Concept Characteristic

Folgende Merkmale prägen die Charakteristik eines Fahrzeugs im Allgemeinen:

  • Aggregatlage: Front-, Heck-, Mittelmotor, Unterfluranordnung

  • Antriebskonzept: Front-, Heck-, Allradantrieb

  • Aggregateinbau: längs, quer

  • Anzahl der Sitzplätze

  • Komfortausprägungen: z. B. Beinfreiheiten

  • Stauraumvolumina.

Tab. 2.2 bietet eine Übersicht wie sich die Antriebsanordnung, also die Lage des Motors und die Ausrichtung der Kurbelwelle zur Fahrrichtung, auf wichtige Eigenschaften eines Fahrzeugs auswirken.

Tab. 2.2 Einfluss der Antriebsanordnung auf Eigenschaften eines Fahrzeugs [40]

2.3.1 Aggregatlage und Antriebskonzept Engine Position and Drive Layout

Die Lage des Motors und damit des Antriebstrangs beeinflusst maßgeblich die Bauraumaufteilung und das Fahrverhalten durch die Achslastverteilung und die Lage der angetriebenen Achse. Von den denkbaren Möglichkeiten sind allerdings nur einige sinnvoll, Abb. 2.3.Footnote 1

Abb. 2.3
figure 3

Mögliche Motorlagen im Fahrzeug

a Frontmotor, Quereinbau, Vorderradantrieb, b Längsmotor vorne, Antrieb hinten (Standardantrieb), c Mittelmotor, Antrieb hinten, d Heckmotor, Antrieb hinten

Frontmotoranordnung Front Engine Design

Merkmale. Motor und Getriebe sind verblockt vor der Fahrgastzelle angeordnet (längs ausgerichtet (north-south) oder quer eingebaut (east-west-installation)). Wasserkühler und Klimakondensatoren werden davor im Fahrzeugfrontbereich platziert. Ausführungsformen als Front-, Heck- oder Allradantrieb. Diese Motoranordnung ist die weitverbreiteste am Pkw-Markt.

Der Quereinbau findet sich nur bei Frontantriebsfahrzeugen – bei Heckantrieb wird auf Grund des einfacheren Antriebsstrangs und schwingungstechnischer Vorteile ausschließlich der Längseinbau angewandt.

Das Transaxleprinzip (Motor vorne, Getriebe und Antrieb hinten) vereint Vorteile von Front- und Heckmotor.

Vorteile. Kompakte Bauweise mit kurzen Leitungen zu allen Nebenaggregaten und zu den Kühlern. Die Aggregatgeräusche sind durch die Stirnwand gut zum Innenraum abschottbar. Im Falle eines Frontalcrashs führt ein frühes Anlegen des Antriebsblockes an den Stirnwandbereich zu einer Entlastung der Rohbaustruktur von Aggregatmassekräften. Ein ausreichendes Raumangebot für Abgasanlage (insbes. Schalldämpfer und Katalysatoren) und Tank ist im Unterboden- und Hinterwagenbereich gegeben.

Bei Kombination mit Frontantrieb ist die gesamte Antriebseinheit mit Vorderachse als kompakte Vormontageeinheit realisierbar und ermöglicht neben einem flachen Fahrzeugtunnel eine ausreichend hohe Vorderachslast für gute Traktionsverhältnisse. Der Vorteil des Heckantriebs gegenüber dem Frontantrieb liegt in einem sich verstärkenden Traktionspotenzial bei zunehmender Zuladung im Heckbereich, in Beschleunigungsphasen oder bei Bergfahrt.

Nachteile. Im Quereinbau wird die Motorgröße beschränkt auf maximal 6 Zylinder, dabei gibt es auch starke Restriktionen in der Getriebegröße durch beschränkte Baulänge (direkter Einfluss auf Fahrzeugbreite). Das Bemühen um leistungsstärkere, aber gleichzeitig sehr kompakte Aggregate auch in Längsausrichtung (Crashlänge) unterstreicht diese Problematik. Zusätzlicher Nachteil bei Frontantrieb ist ein abnehmendes Traktionspotenzial bei steigender Zuladung im Heck, in Beschleunigungsphasen durch dynamische Achslastverlagerung und bei Bergfahrt.

Mit relativ geringem Aufwand lässt sich eine allradgetriebene Variante bei Frontantriebsfahrzeugen mit

Längseinbau des Aggregats darstellen, da das längseingebaute Getriebe um ein Verteilergetriebe ergänzt

wird und der Antriebsstrang ohne weitere Umlenkungen zur Hinterachse erfolgen kann.

Die zur Traktion bei Heckantriebfahrzeugen erforderliche Hinterachslast führt bei dieser Anordnung zu

einer gegenüber dem Antriebsblock möglichst weit vorne angeordneten Vorderachse. Dennoch lässt sich

bei Hinterachsantrieb kaum mehr als etwa 50 % Hinterachslastanteil (im Leerzustand des Fahrzeugs)

realisieren.

Heckmotoranordnung Rear-mounted Engine Design

Merkmale. Früher häufiger angewandte Anordnung (z. B. VW Käfer, Renault, Fiat), bei der ähnlich einer Anordnung mit Frontantrieb Motor, Getriebe und hier die Hinterachse als eine Vormontageeinheit im Heckbereich angeordnet sind. Das Getriebe liegt vor dem in Längsrichtung eingebauten Motor. Ein modernes Fahrzeug in dieser Konfiguration ist der Porsche 911 Carrera.

Vorteile. Bedingt durch Anordnung des Aggregats hinter der Hinterachse sehr hohe Hinterachslastanteil (>60 %), dadurch hervorragende Traktionseigenschaften, zunehmend bei Beschleunigung und Bergfahrt, immer noch sehr hoch bei Zuladung im Fahrzeuginnenraum oder vorne. Keine Wärmebelastung des Innenraums durch Wärmeabstrahlung des Aggregats. Flacher Fahrzeugtunnel (keine Antriebswellen oder Abgasführung). Mit Längseinbau des Aggregats ist ein Allradantrieb zur Vorderachse einfach darstellbar.

Nachteile. Die hohe Hinterachslast erfordert hochwertige Achskonzepte (vor allem Hinterachse) zur Erzielung guter Fahreigenschaften. Lange Leitungen ergeben sich bei Wasserkühlung mit vorne angeordneten Kühlern für die Kühlung selbst sowie für Heizung und Klimaanlage. Die Karosserievariabilität im Heckbereich wird durch den Raumbedarf des Aggregats sehr stark eingeschränkt. Im Raumangebot konkurrenzfähige Kombilimousinen sind nicht möglich. Schwierige Gestaltung einer optimalen Abgasanlage. Übersteuerungstendenz. Seitenwindempfindlichkeit.

Mittelmotoranordnung Mid Engine Design

Merkmale. Klassische Sportwagenkonfiguration mit Motoranordnung vor der Hinterachse. Die Ausrichtung des Aggregats ist dabei sowohl längs (Getriebe hinter Motor) als auch quer (analog Frontantriebsquereinbau) üblich. Bedingt durch den Raumbedarf des Motor-Getriebe-Blocks ist nur eine zweisitzige Ausführung sinnvoll. Monoposto-Rennwagen (z. B. Formel 1, Formel 3, Formel Renault) sind heute ausschließlich in Mittelmotoranordnung ausgeführt. Folgender Aufbau hat sich bei Formel- und Produktionssportwagen durchgesetzt: Der Motor ist mittragend indem er direkt an die Schottwand hinter dem Cockpit angeschraubt ist. Der Motor wiederum nimmt das Kupplungsgehäuse auf, an das das Getriebe angeschraubt ist. Die Radaufhängung der Hinterachse ist direkt am Getriebegehäuse und manchmal auch am Motorblock befestigt.

Vorteile. Bedingt durch die Anordnung des Aggregats vor der Hinterachse relativ hoher Hinterachslastanteil (>52 %), dadurch sehr gute Traktionseigenschaften, zunehmend bei Beschleunigung und Bergfahrt, neutral hoch bleibend bei Zuladung. Fahrzeugkonzept mit optimalem Fahrdynamikpotenzial durch ausgewogene Achslastverteilung. Die Wärmebelastung des Innenraums durch Wärmeabstrahlung des Aggregats ist nur gering. Üblicherweise ist ein Frontkofferraum realisierbar. Ein zusätzlicher Kofferraum im Heckbereich ist möglich, der Fahrzeugtunnel ist flach (keine Antriebswellen oder Abgasführung).

Nachteile. Vorne angeordnete Kühler bedingen bei Wasserkühlung lange Leitungen für Kühlung, Heizung und Klimaanlage. Die Karosserievariabilität im Heck- und Innenraumbereich ist durch den Raumbedarf des Aggregats stark eingeschränkt. Daher nahezu ausschließlich 2-sitzige Fahrzeuge üblich (4-Sitzigkeit führt zu sehr großem Radstand). Das bei Längseinbau hinter dem Motor platzierte Getriebe erfordert lange Schaltseilzüge und schließt einen Allradantrieb aus, der sich auch mit einem Quereinbau des Aggregats sehr aufwändig gestaltet. Ebenfalls gestaltet sich die Motorwartung schwierig.

Ein Fahrzeug mit diesem Aufbau ist beispielsweise der Porsche Boxster.

Motorraum Engine Compartment

Bei der Anordnung des Motors können folgende Überlegungen hilfreich sein. Zunächst wird man eine gute Zugänglichkeit zu wartungsintensiven Stellen anstreben. Außerdem ist ein Zu- und Abfuhr von Kühlluft für den Motor und Peripherieteile „lebenswichtig“ und muss daher unbedingt sichergestellt werden. Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, die Lage der Abgasanlage mit eventuell nötigen Abgasreaktoren einzuplanen. Ein Motor als mittragendes Element erleichtert Motoraus- und -einbau. Der Motor muss allerdings für diese Anforderung geeignet sein. Bei Formel-1-Aggregaten kommt es beispielsweise während der Beschleunigung zu einem Leistungsverlust von bis zu 50 kW durch die Verformung des Kurbelgehäuses unter der Belastung [8].

Kraftstofftank Fuel Tank

Die Anordnung des Tanks wird beim Pkw durch erforderliche Crashschutzmaßnahmen geprägt. Bei Rennfahrzeugen wird eine zentrale Lage bevorzugt. Dadurch beeinflusst der Füllstand das Fahrverhalten nur wenig. Allgemein wird bei einem Einsitzer versucht den Tank möglichst kurz zu gestalten ohne den Schwerpunkt anzuheben, wenn der Tank vollgefüllt ist. Dadurch bleibt Platz in der Länge um den Motor und das Getriebe für die gewünschte Achslastverteilung zu verschieben. Allerdings sind diesem Bestreben nach kurzem Tank Grenzen gesetzt. Für ein bestimmtes Füllvolumen bei einer gegebenen Höhe wird der Behälter breiter. Das FIA-Reglement für Formel-1-Fahrzeuge beschränkt beispielsweise die Breite auf 800 mm.

2.3.2 Konzeptvergleich Concept Comparison

Tab. 2.3 liefert einen groben Vergleich unterschiedlicher Fahrzeugkonzepte nach ausgewählten Kriterien.

Tab. 2.3 Vergleich von Fahrzeugkonzepten [1]

Fahrverhalten und Fahrleistungen Driving Behaviour and Driving Performance

figure b

Folgende Größen beeinflussen das Fahrverhalten zum Teil erheblich [9] und sollen daher in die Konzeptüberlegungen einfließen.

Masse

(mass). Die Masse hat als trägheitsbestimmende Größe direkten Einfluss auf das Fahrverhalten und die Fahrleistungen. Mit zunehmender Masse steigen Roll-, Beschleunigungs- und Steigungswiderstand an. Die Belastung der Reifen durch höhere Seitenkräfte nimmt ebenfalls zu. Wenn der Einfluss der Reifen konstant bleibt, verbessert jedes Kilogramm Masse bei Formel-1-Fahrzeugen die Rundenzeit um etwa 0,04 s [11]. Man rechnet auch mit einer erforderlichen Mehrleistung von etwa 4 bis 5 kW je kg Mehrgewicht [15].

Eine Gewichtsreduzierung des Fahrzeugs macht auch bei Unterschreitung des reglementbedingten Mindestgewichts Sinn, weil dann die Möglichkeit besteht, mit Ballastgewichten die Massenverteilung des Fahrzeugs Richtung Optimum vorzunehmen. Sogar bewegliche Massen sind denkbar, die die Massenverteilung für die jeweilige Fahrsituation (Beschleunigung, Kurvenfahrt etc.) anpassen. Der Tyrell P34 (Formel 1, bis 1977) hatte einen verschiebbaren Feuerlöscher an Bord, dessen Lage vom Fahrer beeinflusst werden konnte [17].

Geringe Massenträgheitsmomente, also die Anordnung aller Massen nahe dem Schwerpunkt, verringern die nötigen Kräfte für eine Richtungsänderung des Fahrzeugs und verbessern so dessen Agilität.

Des Weiteren wird zwischen gefederten (Wagenkasten, Aufbau) und ungefederten (Rad plus daran hängende Teile) unterschieden. Physikalisch bedeuten geringe ungefederte Massen kleine Radlastschwankungen und sind daher anzustreben. Durch das nichtlineare Verhalten des Reifengummis beim Aufbauen und Übertragen von Kräften, bewirkt eine große Radlastschwankung Verluste von Seitenkräften und Längskräften. Auf welliger Fahrbahn wird so die fahrbare Querbeschleunigung kleiner und der Bremsweg länger, wobei der Effekt in Querrichtung deutlich ausgeprägter ist [48]. Umgekehrt muss jedoch auch festgehalten werden, dass bei verhältnismäßig ebener Fahrbahn, dieser Effekt nicht zum Tragen kommt, weil die durch die Fahrbahn hervorgerufenen Radlaständerungen klein bleiben. Zahlreiche Untersuchungen in der Vergangenheit [49] und Gegenwart [50, 51] bestätigen den überschätzten Einfluss der ungefederten Massen auf ebener Fahrbahn. Die Vorderräder wurden mit Zusatzmassen versehen und die Fahrer konnten keinen Unterschied im Gripniveau feststellen. Der Grund ist neben der geringen Fahrbahnregung darin zu sehen, dass Reifen selbst ja auch eine Feder (samt Dämpfer) darstellen. Bei Geländefahrzeugen, die großen Unebenheiten ausgesetzt sind, gilt es sehr wohl die sogenannten ungefederten Massen klein zu halten.

Schwerpunktlage, Antriebsart, Radstand und Spurweite

(centre of gravity, propulsion, wheelbase and track). Diese Größen beeinflussen die Fahrstabilität entscheidend.

Schwerpunkthöhe

(centre of gravity height). Die Schwerpunkthöhe sollte so klein wie möglich gehalten werden. Ein niedriger Schwerpunkt hält die Achslastverlagerung beim Beschleunigen und Bremsen klein und reduziert so u. a. den Aufwand zur Bremskraftaufteilung vorne zu hinten. Eine extrem geringe Schwerpunkthöhe hilft auch den Gütegrad der Seitenkraftverteilung hoch zu halten. Ein niedriger Schwerpunkt erhöht auch die Fahrstabilität beim Bremsen in der Kurve.Footnote 2 Die Schwerpunkhöhe und auch die Schwerpunktabstände zu den Achsen ändern sich im Allgemeinen mit der Beladung.

Achslast

(axle load). Die Schwerpunktabstände und in Verbindung damit die Achslasten wirken sich auf die Steuerungstendenz aus. Mit zunehmender Vorderachslastigkeit wird die Untersteuerungstendenz gefördert. Da bei den meisten Straßenfahrzeugen mit zunehmender Beladung die Hinterachslast mehr als die Vorderachslast zunimmt, ist auch vollbeladen hinsichtlich Fahrstabilität in den meisten Fällen der kritischste Beladungszustand.

Abb. 2.4 zeigt zwar nur für ein bestimmtes Fahrzeug mit gegebener Bereifung auf einer bestimmten Strecke, wie sich eine Verschiebung des Schwerpunkts in Längsrichtung auswirkt, das grundsätzliche Ergebnis ist aber immer dasselbe: Wird ausgehend vom Optimum die Achslast hinten geringer, nimmt die Traktion ebenfalls ab und die Rundenzeit wird wegen der geringeren Beschleunigung schlechter. Erhöht man die Achslast der Antriebsräder, wird zwar die Traktion besser, gleichzeitig nimmt jedoch durch die größere Hecklastigkeit die Tendenz zum Übersteuern zu. Das geht so weit, dass sich die Rundenzeit wieder vom Bestwert entfernt. Es gibt also ein Optimum und dieses liegt zwischen den Extremen hohe Achslast vorne und hohe Achslast hinten.

Abb. 2.4
figure 4

Einfluss der Schwerpunktslage auf die Rundenzeit in Le Mans [22]

Dieses Simulationsergebnis zeigt wie sich die Achslastverteilung eines hinterradgetriebenen Fahrzeugs mit der Bereifung vorne 33/65-18 und hinten 37/71-18 auf die Rundenzeit auswirken. Mit einer aerodynamischen Balance von vorne zu hinten von 45/55 % ergibt sich das Optimum bei 57 % Achslastanteil der Hinterachse während der Fahrt

Als Anhaltswert können die mittleren Achslastverteilungen von Pkw in Abhängigkeit von der Antriebsart herangezogen werden, Tab. 2.4.

Tab. 2.4 Mittlere Achslastverteilung von Pkw, nach [31]

Die Schürzenfahrzeuge der Formel 1 mit Bodeneffekt wiesen etwa 45/55 % Verteilung vorne/hinten auf. Der Fahrer saß dabei erheblich weiter vorne als jetzt. Danach wurden Verhältnisse um 40/60 gewählt. Mit den breiter werdenden Vorderreifen des Lieferanten Michelin verschob man den Schwerpunkt wieder weiter nach vorne. Manche Teams fuhren so mit bis zu 46/54 % Achslastaufteilung [33].

Die Koordinaten des Gesamtschwerpunkts beliebig vieler Einzelmassen mi ergeben sich aus den Abständen der Einzelschwerpunkte vom Koordinatenursprung, Abb. 2.5.

Abb. 2.5
figure 5

Berechnung von Schwerpunktsabständen

Der Abstand x des Gesamtschwerpunkts zweier Einzelmassen m1 und m2 ergibt sich aus den Abständen der Einzelschwerpunkte und der Massen

In X-Richtung gilt beispielsweise:

$$ x=\frac{x_1\cdot {m}_1+{x}_2\cdot {m}_2+\dots }{m_1+{m}_2+\dots } $$
(2.1)

x, x 1 , x 2

Abstände der Schwerpunkte in X-Richtung, mm

m, m1, m2

Massen, kg

 

m Gesamtmasse, es gilt also: m = m1 + m2 + …

In Z-Richtung gilt diese Gleichung analog mit den Z-Abständen der Schwerpunkte.

Allgemein folgen die Achslasten aus dem Momentengleichgewicht um den Fahrzeugschwerpunkt V und es gilt:

figure c
$$ \frac{l_r}{l_f}=\frac{m_{V,f}}{m_{V,r}}={i}_m $$
(2.2)
$$ {l}_f=l\frac{1}{1+{i}_m}\ \mathrm{bzw}.\ {\Phi}_{A,r}=100\%\frac{1}{1+{i}_m} $$
(2.3)
$$ {l}_r=l\frac{i_m}{1+{i}_m}\ \mathrm{bzw}.\ {\Phi}_{A,f}=100\%\frac{i_m}{1+{i}_m} $$
(2.4)
$$ l={l}_f+{l}_r $$
(2.5)
$$ m{}_{V,t}={m}_{V,f}+{m}_{V,r} $$
(2.6)

l f , l r

Schwerpunktsabstände vorne bzw. hinten, mm

mV,f bzw. mV,r

Achslasten vorne bzw. hinten, kg

i m

Achslastverhältnis vorne/hinten, -

ΦA,f bzw. ΦA,r

Prozentanteil der Achslast vorne bzw. hinten, %

m V,t

Gesamtgewicht des Fahrzeugs, kg

Die statische Achslastverteilung eines Fahrzeugs kann auf verschiedene Weise verändert werden:

  • Verschieben einer Achse nach vor oder zurück.

  • Verschieben des Gesamtschwerpunktes, etwa durch Lageänderung einer Ballastmasse.

  • Kombination dieser Maßnahmen.

Dazu kommen im dynamischen Fall noch sämtliche aerodynamischen Maßnahmen, die die Radkräfte in vertikaler Richtung beeinflussen (Abtrieb, Auftrieb), neben Verlagerungseffekten der Achslasten durch die Trägheit, genau genommen durch die Höhe des Gesamtschwerpunkts des Fahrzeugs.

Abb. 2.6 veranschaulicht die Auswirkung verschiedener Änderungen auf die statische Achslastverteilung an einem Formel-1-Wagen. Man erkennt daran unter anderem, dass es günstig ist, wenn das Fahrzeuggewicht unter dem Mindestgewicht liegt. Dann bleibt nämlich Spielraum für Ballastmassen, die möglichst tief an der gewünschten Lage in Längsrichtung angebracht werden können. Natürlich wird man auch in Querrichtung die Ballastmassen zum Erzielen symmetrischer Radlasten nutzen.

Abb. 2.6
figure 6

Änderungen der Achslastverteilung an einem Formel-1-Wagen

a Ausgangssituation. Die Gesamtmasse mV,t beträgt 600 kg. Die Achslasten vorne mV,f und hinten mV,r ergeben sich durch die Lage des Fahrzeugschwerpunkts V. Der Radstand l ist 3000 mm. Die Schwerpunktsabstände lf = 1710 und lr = 1290 mm liefern ein Achslastverhältnis vorne/hinten von im = 0,754; das heißt von 43/57 % Achslastaufteilung. b Vorderachse um 50 mm nach vorne verschoben. Der Radstand l ändert sich entsprechend auf 3050 mm. c Hinterachse um 100 mm nach hinten versetzt. Dies ist z. B. durch ein längeres Kupplungsgehäuse oder durch ein Zwischenstück zwischen Motor und Getriebe darstellbar. d Der Motor wurde um 30 kg erleichtert und die so eingesparte Masse wird als Ballastmasse vorne (möglichst tief) angeordnet. Der Abstand zum ursprünglichen Fahrzeugschwerpunkt wird gleich groß gewählt wie er vorher nach hinten war. Dadurch ergibt sich eine neue Lage des Gesamtschwerpunkts V’. Er wandert in dem Fall nach vorne. Der Radstand bleibt unverändert 3000 mm. Die neuen Schwerpunktsabstände lf und lr ergeben eine neue Achslastverteilung

Radlast

(corner weight) . Unterschiede in den Radaufstandskräften links und rechts können schon bei stehendem Fahrzeug auftreten. Wenn diese beeinflusst werden können, dann ist der Querunterschied an der Hinterachse das kleinere Übel [14].

Antriebsart

(type of drive train). Mit der Überlagerung der Antriebskraft vergrößern sich an dieser Achse die Schräglaufwinkel. Deshalb fördert man beim Frontantrieb mit dem Gasgeben in der Kurve auch die Untersteuerungstendenz. Bei Frontantrieb mit gleichzeitiger Vorderachslastigkeit kann eine von hinten oben nach vorn unten geneigte Rollachse zweckmäßig sein, da sie den bei den deutlich untersteuernd wirkenden Größen etwas entgegensetzt.

Radstand

(wheelbase). Der Radstand stellt den Hebelarm dar, mit dem die an den Rädern wirkenden Seitenkräfte die Momente bilden, die das Fahrzeug mit seinem Massenträgheitsmoment um die Hochachse in seiner Spur halten.

Spurweite

(track). Eine große Spurweite hat fahrdynamische Vorteile. Die Radlastdifferenz bei Kurvenfahrt wird gemindert und die Kippgrenze erhöht. Das Verhältnis Federspur vorn zu Federspur hinten wirkt zusammen mit der Federsteife auch auf die Steuerungstendenz, denn unter Zugrundelegung eines steifen Fahrzeugaufbaus werden bei Seitenneigung die Radfederwege an der Achse mit der größeren Spurweite vergrößert. In Verbindung mit der Federsteife kann wie mit einem Stabilisator die Rollsteifigkeit erhöht und damit der Schräglaufwinkel vergrößert werden. Eine größere Spurweite führt allerdings auch zu einem breiteren Fahrzeug mit größerer Luftangriffsfläche, was den Luftwiderstand nachteilig vergrößert. Spurweiten reichen von 1220 bei Karts bis 1690 mm bei Sportprototypen. Bei Straßenfahrzeugen liegen die Spurweiten zwischen 1210 und 1600 mm [31].

Das Verhältnis Radstand zu Spurweite liegt üblicherweise zwischen 1,4 und 1,7:

$$ \frac{\mathrm{Radstand}}{\mathrm{Spurweite}}=1,\mathrm{4...1},7 $$

Die Bandbreite dieses Verhältnisses reicht von 1 bei Karts bis 2,5 bei historischen Rennfahrzeugen [32]. Der Wert 1,62 hat den ästhetischen Vorteil des goldenen Schnitts [16].

Bei den meisten Rennfahrzeugen ergibt sich der minimale Radstand aus der Forderung, dass die Füße des Fahrers hinter der Vorderachse liegen, vgl. auch Abb. 2.15. Die Werte betragen 1040 bis 1220 (Kart) bis 3150 mm (Formel 1). Bei Straßenfahrzeugen liegen die Radstände zwischen 2160 und 3040 mm [31].

Grob gilt folgende Einschätzung. Lange, schlanke Fahrzeuge haben eine geringe Luftangriffsfläche, weisen eine große Stabilität bei hohen Geschwindigkeiten auf und reagieren unempfindlich auf Störungen.

Kurze, breite Wagen dagegen sind auf der Geraden langsamer, verhalten sich nervöser und sind dadurch agiler auf engen, kurvenreichen Kursen.

Aus Radstand und Spurweite ergibt sich auch eine erste Abschätzung des Wendekreisdurchmessers in Abhängigkeit vom Radlenkwinkel. Damit kann mit bekannten Kurvenradien von Rennstrecken eine Kontrolle durchgeführt werden, ob die gewählten Werte sinnvoll sind, Abb. 2.7.

Abb. 2.7
figure 7

Ermitteln des Wendekreises

Für geringe Fahrgeschwindigkeiten, d. h. sehr kleine Schräglaufwinkel ist der Pol des Wagens M auf der Hinterachse. Mit zunehmender Geschwindigkeit wandert der Momentanpol Richtung Vorderachse

Die Bahnradien ergeben sich aus den Abmessungen wie folgt:

$$ {\delta}_o=\arcsin \frac{l}{R_S} $$
(2.7)
$$ {R}_{tc,i}=\sqrt{R_S^2-{l}^2}-0,5\left({b}_f+{b}_r+{b}_T\right) $$
(2.8)
$$ {R}_{tc}=\sqrt{a^2+{\left({R}_S\cos {\delta}_o+e-\frac{b_f}{2}\right)}^2} $$
(2.9)

R S

Spurkreisradius, mm

R S,r

Spurkreisradius hinten

δ o

Lenkwinkel des kurvenäußeren Rads, °

R tc,i

Bordsteinradius des Hinterrads, mm

b T

Reifenbreite hinten, mm

b f , b r

Spurweite vorne bzw. hinten, mm

R tc

Wendekreisradius, mm

a, e

Abstände, mm

Bei einem Radstand l von 3000 mm und den Spurweiten vorne und hinten von 1490 bzw. 1540 mm ergibt sich bei einem Spurkreisradius von 7500 mm ein erforderlicher Lenkwinkel am Außenrad von 23,6°. Der kleinste Radius Rtc,i, den das kurveninnere Hinterrad umfährt, wird dabei 5186 mm, wenn der Reifen 346 mm breit ist.

Federsteife

(spring stiffness). Ähnlich der auf die Radfederwege wirkenden Spurweite kann auch mit der Federsteife auf die Radlastdifferenz auf beide Räder einer Achse Einfluss genommen werden. So wird durch steifere Federn, bei Starrachsen auch durch breitere Federspur, durch den Einsatz eines Stabilisators oder durch Zusatzfedern die Radlastdifferenz und der Schräglaufwinkel an einer Achse erhöht. Weicher wirkende Federn oder z. B. Verbundfedern und Ausgleichsfedern mindern die Radlastdifferenz.

Fahrstabilität

(driving stability). Eine Radstandsvergrößerung fördert die Fahrstabilität. Im Zusammenhang mit der Bedeutung der Spurhaltung der Hinterachse ist es wichtig, dass insbesondere die Hinterachse so weit wie möglich nach hinten kommt. Umgekehrt treten bei allen Fahrzeugen, bei denen es hinsichtlich der Fahrstabilität noch kritische Beladungszustände gibt, diese dann auf, wenn sich die Zuladung im Heck anhäuft.

Trägheitsmoment

(moment of inertia). Zum Trägheitsmoment um die Fahrzeuglängsachse: Ein kleiner Wert bedeutet, dass dynamisch geringere Radlastunterschiede auftreten, die Federn weicher ausgelegt werden können und die Fahrzeugquerneigung sich schneller der Fahrbahnquerneigung anpasst.

Ein Unterschied der Spurweiten wirkt wie alle anderen Maßnahmen, die einen Unterschied der Rollsteifigkeit der beiden Achsen hervorrufen, auf die Schräglaufwinkel.

Ebenso erhöht ein geringes Massenträgheitsmoment JV,Z um die Hochachse die Agilität des Fahrzeugs. Genauer gesagt soll das Verhältnis l2/iz2 groß sein [41].Footnote 3 Die Masse des Wagens soll also innerhalb des Radstands l und möglichst nahe am Fahrzeugschwerpunkt platziert sein.

Elastokinematik der Achsen

(elastocinematics of axles). Hierzu sind alle Einflussgrößen zu rechnen, die die Stellung der Radebene gegenüber dem Fahrzeug und der Fahrbahn beeinflussen. Angewandt wird Sturz-, Vorspur- und Nachlaufänderung über den Federweg. Da beim Rollen infolge Kurvenfahrt das kurvenäußere Rad ein- und das kurveninnere Rad ausfedert, lässt sich über die Vorspur- und Sturzänderung der Rollsteuereffekt erzielen. Eleganter sind die Lösungen mittels elastischer Deformation bei Seitenkräften, da sie bei Geradeausfahrt auf unebener Fahrbahn nicht so wie die Radaufhängungskinematik den Geradeauslauf stören. Bei Rennfahrzeugen, die naturgemäß nahe dem Optimum der Schräglaufwinkel betrieben werden, erweist sich Elastokinematik als wirkungslos bzw. unerwünscht [41].

Tab. 2.5 stellt einige Konzeptparameter vergleichend gegenüber.

Tab. 2.5 Auslegung wichtiger Pkw-Konzeptparameter im Hinblick auf eine Optimierung der aktiven Sicherheit [2]

Ein direkter Vergleich der einzelnen Gesichtspunkte ist nicht möglich, weil viele Abhängigkeiten nichtlinear sind, die Gewichtungen der Einzeleinflüsse unterschiedlich sind und weitere, nicht gezeigte (auch gegenseitige) Abhängigkeiten berücksichtigt werden müssen.

Prinzipielle Einflüsse wichtiger Parameter auf das Fahrverhalten zeigt Tab. 2.6. Die Aussagen basieren auf den Rechenergebnissen eines einfachen Einspurfahrzeugmodells, gelten jedoch auch für zweispurige Fahrzeuge.

Tab. 2.6 Prinzipielle Einflüsse der Fahrzeugauslegung auf das Fahrverhalten [6]

Zum Vergleich und zum Einordnen der Größenverhältnisse einige Zahlenwerte ausgeführter Fahrzeuge, Tab. 2.7 bzw. 2.8 und Abb. 2.8.

Tab. 2.7 Zahlenwerte von Konzeptparametern einiger Fahrzeuge
Tab. 2.8 Strukturbestimmende Größen einiger Straßenfahrzeuge [10]
Abb. 2.8
figure 8

Hauptabmessungen von Rennfahrzeugen

l Radstand wheelbase, bf Spurweite vorne front track, br Spurweite hinten rear track, lf, lr Schwerpunktsabstände centre of gravity distances, V Schwerpunkt centre of gravity, Lt Länge über alles total length, Bt Breite über alles width over all, Ht Höhe über alles total height, hV Schwerpunktshöhe centre of gravity height

Kippgrenze

overturning limit angle. Die Kippgrenze eines starren, ungefederten Fahrzeugs wird erreicht, wenn die Aufstandskräfte der kurveninneren Räder Null werden. Dann gilt, siehe auch Abb. 2.9:

Abb. 2.9
figure 9

Berechnungsskizze zur Kippgrenze

V Fahrzeugschwerpunkt, FV,Z,i bzw. FV,Z,o Achslastanteil auf der Kurveninnen- bzw. -außenseite, N. hV Schwerpunktshöhe Gesamtfahrzeug, m. b Spurweite, m

$$ \frac{F_{V,Z,t}}{2}=\frac{F_{V,Y}\cdot {h}_V}{b}\;\mathrm{mit}\ {F}_{V,Y}=\frac{m_{V,t}\cdot {v}_V^2}{R} $$
(2.10)

F V,Z,t

Fahrzeuggewicht, N

F V,Y

Seitenkraft am Fahrzeugschwerpunkt, N

m V,t

Fahrzeugmasse, kg

v V

Fahrzeuggeschwindigkeit, m/s

R

Bahnradius, m

Damit ein Fahrzeug tatsächlich kippen kann, muss die entsprechende Seitenkraft von den Reifen aufgebracht werden. An der Kippgrenze wird daher ein Reibwert μKipp in Anspruch genommen:

$$ {\mu}_{Kipp}=\frac{b_f+{b}_r}{4{h}_V} $$
(2.11)

μKipp

für Kippen erforderlicher Reibwert, -

bf bzw. br

Spurweite vorne bzw. hinten, m

Eine Unterbehörde des amerikanischen Verkehrsministeriums, NHTSA (National Highway Transportation Safety Administration) verlangt z. B. für Pkw einen Wert zwischen 1,3 und 1,5. Bei den meisten Fahrzeugen kommt es jedoch gar nicht so weit, dass es kippt, weil die Reifen schon vorher an ihre Haftgrenze gestoßen sind und zu gleiten begonnen haben. Der von den Reifen übertragbare Reibwert ist in dem Fall: \( {\mu}_{W,Y}\le {v}_V^2/\left(R\cdot g\right) \). Daraus folgt die erreichbare, maximale Kurvengeschwindigkeit ohne Abtrieb zu \( {v}_{V,\max }=\sqrt{\mu_{W,Y}\cdot R\cdot g} \). Genaueres siehe Abschn. 4.3 Abtrieb.

Auf ebener Fahrbahn wird die praktische Kippgrenze durch elastische Verschiebung des Radaufstandspunktes bei geringeren Reibwerten erreicht. Aerodynamische Abtriebskräfte wirken stabilisierend, verschieben also die Kippgrenze zu höheren Geschwindigkeiten, weil sie die Aufstandskräfte der Räder erhöhen ohne dass die Fahrzeugmasse zunimmt.

Einen zusammenfassenden Überblick über die konstruktiven Möglichkeiten das Fahrverhalten eines Fahrzeugs zu beeinflussen gibt Tab. 2.9.

Tab. 2.9 Konstruktive Einflüsse auf das Fahrverhalten, nach [40]

Anteil einzelner Baugruppen an den Fahrleistungen

Es ist zwar schwer die Wichtigkeit einzelner Baugruppen isoliert von anderen festzulegen (und dabei den Fahrer gänzlich außer Acht zu lassen), Expertenbefragungen nach den Anteilen einzelner Baugruppen am Fahrverhalten bzw. Fahrleistungen ergeben aber folgendes einfaches Bild für Rennfahrzeuge [4]:

  • Reifen… .....40–50 %

  • Fahrwerk…30–40 %

  • Motor… .....20 %

Die Reifen als Verbindungselement zwischen Fahrzeug und Fahrbahn weisen also den überwiegenden Einfluss auf. Das Fahrwerk als jene Baugruppe, die die für die Kraftübertragung wichtige Stellung der Reifen zur Fahrbahn festlegt, folgt als zweitwichtigste Größe. Der Einfluss des Motors ist dabei gar nicht so wichtig wie allgemein angenommen. Eine hohe Motorleistung ermöglicht allerdings erst einen hohen Abtrieb. Das ist der eigentliche Vorteil eines „übermotorisierten“ Fahrzeugs. Die mögliche Höchstgeschwindigkeit auf den (relativ) kurzen Geraden üblicher Rennstrecken wird von solchen Wagen auch mit geringerer Motorleistung erreicht.

Über dieser Rangordnung müssen die aerodynamischen Hilfen (Flügel, Unterboden, Keilform, …) als wichtigste Komponenten gesehen werden, weil diese die Wirkung einzelner Baugruppen bei hohen Fahrgeschwindigkeiten vervielfachen. Für die gewollten Luftkräfte zeichnet die Baugruppe Rahmen bzw. Chassis verantwortlich. In einer solchen Gesamtbetrachtung, wie sie für sehr schnelle Fahrzeuge realistischer ist, sieht die Aufteilung wie folgt aus [26]:

  • Chassis…50 %

  • Reifen… .35 %

  • Motor… ..15 %

Am besten ließen sich typische Konzeptentscheidungen, die oft ein Abwägen von widersprüchlichen Forderungen erzwingen, am bestehenden Fahrzeug auf realen Strecken fällen. Solche entscheidenden Fragen könnten sein: Soll die Schwerpunkthöhe reduziert oder lieber der Wagen angehoben und mit der verbesserten Luftströmung der aerodynamische Abtrieb erhöht werden? Soll die Spurweite verbreitert und die bekannten Nachteile wie erhöhte Masse, vergrößerter Luftwiderstand sowie längere Fahrlinie im Slalom in Kauf genommen werden?

Bei einer Weiterentwicklung von vorhandenen Fahrzeugen bzw. Fahrzeugtypen sind vergleichende Versuchsfahrten mit entsprechendem zeitlichem und finanziellem Aufwand sogar tatsächlich möglich. In der Literatur wird von zahlreichen Prinzipversuchen berichtet um die Frage nach der Einflusshöhe der ungefederten Massen zu klären (siehe Abschn. Masse). Ein Formel-1-Team untersuchte, ob im Zweifelsfall der Schwerpunkthöhe oder dem Abtrieb der Vorzug zu geben sei. Am Überrollbügel wurden Bleigewichte angebracht und so lange gefahren, dass auch der Abbau der Reifen mit in die Untersuchungen einfloss. Die Messreihen wurden auf drei unterschiedlichen Strecken gefahren und brachten bei allen dasselbe Ergebnis, nämlich, dass der Abtrieb für die Rundenzeit die dominierende Rolle spielt [52]. Das erklärt, warum bei Formel-1-Fahrzeugen Kompromisse im Allgemeinen zu Gunsten der Aerodynamik eingegangen werden.

Simulationen mit realitätsnahen Modellen von Fahrzeug, Reifen und Strecke stellen in dem Zusammenhang eine enorme Hilfe dar. Damit lassen sich solche Einflussanalysen wesentlich einfacher und rascher durchführen, auch wenn noch kein realer Prototyp existiert oder die Strecke nicht befahren werden darf (Stadtkurse wie Monaco oder Long Beach, Strecken auf öffentlichen Straßen wie Le Mans).

Eine statistische Betrachtung kann auch helfen, die Wichtigkeit von Baugruppen einzuordnen. Über eine Saison gesehen sieht der Betrieb von Formelfahrzeugen auf permanenten Rennstrecken so aus: 45 bis 55 % der Fahrzeit befindet sich der Wagen in einer Kurve (Kennzeichen: Große Gierraten bzw. Gierbeschleunigungen), 35 bis 40 % der Zeit liefert der Motor Volllast-Drehmoment (Beschleunigungsphasen) und 10 bis 15 % der Zeit sind die Bremsen im Einsatz um das Fahrzeug zu verzögern [42]. Dabei werden die Vorderreifen beim Bremsen und Kurvenfahrern stärker gefordert als die Reifen an der Hinterachse. Das ist mit ein Grund, warum so viele Rennfahrzeuge mit Hinterradantrieb fahren. So werden die Reifen beider Achsen in Summe ähnlich stark beansprucht, was u. a. ein annähernd konstantes Fahrverhalten während eines Rennens sichert.

Rechnerische Simulationen bilden die Wirklichkeit zwar nur bedingt ab, dafür lassen sich Einflussgrößen leichter isoliert betrachten. So bringen solche Untersuchungen von Rundstreckenrennen mit Sportwagenprototypen ähnliche Aussagen. Sie zeigen den größten Einfluss auf die Rundenzeit für die Reifenhaftung, gefolgt von der Fahrzeugmasse. Geringeren Einfluss zeigt die Motorleistung. Den geringsten Einfluss weisen Luftwiderstand und Abtrieb auf, Abb. 2.10.

Abb. 2.10
figure 10

Einfluss einer Parameterverbesserung um 10 % auf Rundenzeit, Topspeed und Kraftstoffverbrauch [18]

Diese Simulation wurde für das 24-Stunden-Rennen von Le Mans für Sportwagenprototypen gemacht. Die Rundenzeit ist generell für Rennfahrzeuge das wichtigste Kriterium und da sind hoher Grip und geringe Masse wichtig. Wird die Masse um 10 % reduziert, verringert sich die Rundenzeit um 2,26 %. Die Motorleistung folgt an dritter Stelle der Wichtigkeit, bewirkt aber auch eine markante Verschlechterung des Kraftstoffverbrauchs

Dieses Diagramm lädt auch zum Nachdenken über die Bedeutung der oft zitierten Motorleistung ein. Für die Verbesserung der Rundenzeit ist die Leistungssteigerung die drittwirksamste Maßnahme. Einmal abgesehen davon wie schwer eine 10-prozentige Leistungserhöhung ist, verschlechtert sich dabei der Kraftstoffverbrauch um knapp 6 %. Das ist besonders bei Langstreckenrennen eine detaillierte Betrachtung wert, wo Tankstopps rennentscheidend sein können. Die höhere Motorleistung ermöglicht auch eine deutliche Steigerung der Höchstgeschwindigkeit. Trotzdem wird man bei allen erforderlichen Kompromissen die Kombination von Verbesserungen wählen, mit der der Wagen am schnellsten im Ziel ist. Die reine Höchstgeschwindigkeit wird ja bei keiner Veranstaltung prämiert. Darüber hinaus darf man nicht vergessen, dass die maximale Motorleistung auf einen Betriebspunkt bezogen ist. Tatsächlich wird auch ein Rennfahrzeug in der Teillast und in Übergangsbereichen betrieben. Daher ist die Fahrbarkeit des Motors (Gasannahme, Zusammenhang Fahrpedalstellung – Drehmomentaufbau usw.) ein wesentliches Kriterium bei der Motorenentwicklung und gewinnt sogar an Bedeutung, je stärker der Motor ist oder genauer gesagt je überforderter die Reifen sind. Die Drehmomentabgabe ist ein weiteres bedeutendes Kriterium, wenn es um die Wahl des Motors geht. Eine gleichmäßige reifenschonende Drehmomententfaltung lässt den Reifen länger auf hohem Gripniveau – er baut nicht so schnell ab.

Simulationen zeigen des Weiteren, dass mit zunehmender Motorleistung deren Einflusshöhe auf die Rundenzeitverbesserung stetig geringer wird. Es kommt theoretisch sogar der Punkt, ab dem keine Rundenzeitverbesserung mehr möglich ist. Das ist praktisch erklärbar: Das Reifenpotenzial ist erschöpft und die maximale Beschleunigung erreicht.

Dieses Diagramm nennt aber auch die fünf wesentlichen Parameter, die das Potenzial eines Rennfahrzeugs bestimmen: Fahrzeugmasse, Motorleistung, Haftung der Reifen, Luftwiderstand und Abtrieb. Diese folgen aus der Betrachtung der physikalischen Bewegungsgleichungen.Footnote 4

Andere Simulationen zeigen weiter, dass die Wichtigkeit einzelner Größen vom Streckenverlauf abhängt. Das äußert sich unter anderem darin, dass das Setup desselben Wagens auch für gleiche Wetterverhältnisse nicht für alle Strecken gleich ist. Es gibt um zwei Extreme zu nennen auf der einen Seite langsame, kurvenreiche Strecken und auf der anderen Seite Hochgeschwindigkeitskurse. Für Sprintrennen wiederum ist die relative Wichtigkeit einzelner Baugruppen anders als auf der Rundstrecke. Tab. 2.10 führt für Formelfahrzeuge typische Rundenzeitenverbesserungen für Einzelmaßnahmen an. Diese Tabelle kann bei Konstruktionsentscheidungen helfen, welcher Lösung bei einem Zielkonflikt der Vorzug gegeben werden soll.

Tab. 2.10 Rundenzeitverringerung in s von Formelfahrzeugen, nach [42]

Für Rallyefahrzeuge gibt es zwar große Unterschiede, was die Umstände im Rennen betrifft – es sind viel mehr Improvisationen als auf der Rundstrecke erforderlich, es gibt keine fixen Wartungsstellen, im Gegenteil: Das Serviceteam muss mit den Fahrzeugen mitziehen usw. – aber kaum welche, was die Fahrleistungen betrifft. Die Einflüsse der bekannten Kriterien nehmen nach folgender Reihe ab: Reibung (Grip), Masse, Motorleistung. Ganz gering ist der Einfluss von Luftwiderstand und Abtrieb [38]. Diese Aussage ist zudem relativ streckenunabhängig. Allerdings wird ein größerer Einfluss des Fahrers auf die Fahrzeit festgestellt als auf der Rundstrecke. Bei Rallyefahrzeugen wird der Zeitgewinn/Strecke [s/km] als Vergleichswert herangezogen.

Im Fahrversuch erweist sich ein möglichst neutrales Fahrverhalten bei Sportwagen für Slalomtests (30 m Pylonenabstand) als optimal [5]. Dieselbe Aussage gilt auch für Rundstreckenrennen mit höchsten Geschwindigkeiten, wie etwa die 500 Meilen von Indianapolis, [20]. Diese Auslegung ermöglicht die größten Kurvengeschwindigkeiten bzw. die größten Querbeschleunigungen. Nachteilig wirkt sich dabei das Fahren im Grenzbereich aus. Das Fahrzeug reagiert letztlich doch über- oder untersteuernd in Abhängigkeit von der Fahrgeschwindigkeit (Abtriebsaufteilung), Reifenlaufleistung, Stabilisatoreinstellung usw. und ist für den Rennfahrer daher nahezu unberechenbar. Ein eindeutiges, gleich bleibendes Verhalten, wie unter- oder übersteuernd, erleichtert das Erkennen des Grenzbereiches und damit das Halten der Ideallinie.

Extrem wendige Fahrzeuge zeichnen sich jedoch neben den erwähnten kleinen Massenträgheiten durch geringe Richtungsstabilität gepaart mit hoher Lenkbarkeit aus. Für eine Beherrschbarkeit wird eine hohe (Gier-)Dämpfung erforderlich [41]. Hohe Gierdämpfung bedeutet großer Radstand samt großer Seitensteifigkeit der Reifen. Die Gierdämpfung nimmt mit der Fahrgeschwindigkeit ab.Footnote 5

Soll ein Fahrzeug mit möglichst großer Geschwindigkeit eine Kurve durchfahren können, so ist es am besten, wenn das Seitenkraftpotenzial von Vorder- und Hinterachse gleichzeitig und gleichermaßen ausgeschöpft wird. Das heißt bei einer ausbalancierten Gewichtsverteilung zwischen den Achsen von etwa 50 : 50 %, dass die Schräglaufwinkel der Reifen bei unbeschleunigter Fahrt annähernd gleich sind. Tatsächlich kann nicht ein bestimmtes, konstantes Eigenlenkverhalten das Optimum sein, sondern ein sich abschnittsweise änderndes. Abb. 2.11 zeigt einen denkbaren Verlauf eines Eigenlenkverhaltens bei Kurvenfahrt in Abhängigkeit von der Längsbeschleunigung. Die Kurve wird von Abschnitt 1 nach 7 durchfahren. Kurveneingangs beim Anbremsen der Kurve verhält sich der Wagen untersteuernd, also stabil. Am Kurvenscheitel 4, die Phase mit der größten Querbeschleunigung (und deshalb keiner Längsbeschleunigung wegen des aufgebrauchten Reifenkraftpotentials), verhält sich das Fahrzeug neutral und beim Beschleunigen aus der Kurve heraus unterstützt ein leichtes Übersteuern das Gieren des Fahrzeugs. Für Serienanwendungen wäre eine solche Auslegung unbrauchbar, weil sie instabile Fahrzustände enthält. Es bedeutet zugleich aber auch, dass an den Fahrer für solch ein Wettbewerbsfahrzeug wesentlich höhere Anforderungen gestellt werden als den Durchschnittslenker.

Abb. 2.11
figure 11

Ideales Eigenlenkverhalten eines Rennfahrzeugs beim Durchfahren einer Kurve, nach [23]

Der Beschleunigungsverlauf (oben) und des Eigenlenkverhalten (unten) sind über den Abschnitten einer Kurve (rechts) aufgetragen

Zusammenfassend aus den obigen, teilweise auch theoretischen Überlegungen führen folgende grundlegende Merkmale zu hohen Fahrleistungen [3]:

  • niedriges Fahrzeuggewicht

  • hohe Motorleistung bzw. niedriges Leistungsgewicht (z. B. in kg/kW)

  • hoher Übertragungswirkungsgrad im Antriebsstrang

  • große Aufstandskraft der Antriebsräder während der Beschleunigung

  • breite Reifen, besonders für die Antriebsräder

  • Reifen mit sehr hohen Reibungsbeiwerten

  • aerodynamische Abtriebshilfen.

An den Fahrleistungen hat die Fahrgeschwindigkeit v durch die Wirkweise aerodynamischer Hilfen einen wesentlichen Einfluss, Abb. 2.12.

Abb. 2.12
figure 12

Grenzen der Fahrbarkeit eines Rennfahrzeugs (g-g-v Diagramm [auch: g-g-Diagramm), nach [25]

Der dreidimensionale Körper (a) umschließt den fahrbaren Bereich (ax, ay) in Abhängigkeit der Fahrgeschwindigkeit v. Man erkennt, dass mit zunehmender Fahrgeschwindigkeit die Querbeschleunigungen ay und die negativen Längsbeschleunigungen ax zunehmen. Die Wirkung des Abtriebs macht sich bemerkbar. Die Maximalgeschwindigkeit vmax ist erreicht, wenn die Antriebs-Beschleunigung 0 wird

b zeigt einen Horizontalschnitt durch diesen Körper bei hohen Fahrgeschwindigkeiten (g-g Diagramm). Die strichlierte Linie ergibt sich bei einer Beschränkung der Bremsleistung

Zusätzlich ist eine kombinierte Bewegung eingetragen: Eine Bremsung in einer Rechtskurve. Damit das Traktionsvermögen der Reifen nicht überschritten wird, müssen sowohl die Querbeschleunigung als auch die Bremsverzögerung gegenüber den Maximalwerten zurückgenommen werden.

Abb. 2.13 vergleicht die Fahrleistungen über mehrere Epochen von Formel-1-Wagen. Die älteren Fahrzeuge hatten noch keinerlei Abtriebshilfen und Reifen mit wesentlich weniger Haftung. Die jüngsten Fahrzeuge erzielen ihre enormen Fahrleistungen in erster Linie durch die Wirkung der Aerodynamik. Man erkennt auch, dass aerodynamische Hilfen erst ab etwa 100 km/h deutliche Verbesserungen bringen

Abb. 2.13
figure 13

Vergleich der Fahrleistungen von Formel-1-Fahrzeugen, nach [25]

Das Fahrzeug ohne Abtriebshilfen (Mercedes W196) zeigt als einzige Veränderliche praktisch nur abnehmendes Beschleunigungsvermögen mit zunehmender Fahrgeschwindigkeit. Der Lotus 72 war das erste Fahrzeug mit Bodeneffekt. Der FW15 von Williams steht für einen zeitgenössischen Wagen

Bei den beiden Fahrzeugen mit diversen aerodynamischen Hilfen (Flügel, Unterboden, …) nehmen die Fahrleistungen ab etwa 100 km/h merklich zu

Die derzeit erreichbaren Maximalwerte liegen beim Bremsen bei –5,1 g, beim Beschleunigen bei 1,8 g und bei Kurvenfahrt bei über 4 g. Ohne aerodynamischen Abtrieb sind in sämtlichen Richtungen je nach Reifen und Fahrbahn kaum mehr als 1,4 g zu erzielen, Tab. 2.11.

Tab. 2.11 Fahrleistungen von Rennfahrzeugen

Der Einfluss der Motorleistung auf die Fahrzeuglängsbeschleunigung kann analytisch überschlägig dargestellt werden. Nimmt man an, der Motor werde bei Einsatz eines gestuften Getriebes bei maximaler Beschleunigung im zeitlichen Mittel mit 50 % seiner Nennleistung betrieben, so ergibt sich [24]:

$$ {t}_a=\frac{v_{end}^2\cdot {m}_{V, dr}}{12900\cdot {P}_{M,\max }} $$
(2.12)

t a

Beschleunigungszeit, s

v end

Endgeschwindigkeit, km/h

m V,dr

Fahrzeugmasse mit Fahrer, kg

P M,max

Motornennleistung, kW

Man erkennt in obiger Beziehung auch, dass die Masse des Fahrzeugs den gleichen (linearen) Einfluss auf die Beschleunigungszeit hat wie die Motornennleistung. Der Quotient aus diesen beiden Größen (Gesamtmasse/Nennleistung), das Leistungsgewicht, stellt eine wesentliche Charakterisierung von Rennfahrzeugen dar. Je geringer das Leistungsgewicht desto stärker das Beschleunigungsvermögen. Tab. 2.12 stellt diesen Wert einiger Fahrzeuge gegenüber. Zusätzlich ist die simulierte Laufzeit für ein Bergrennen eingetragen. Bis auf das Formel-1-Fahrzeug nahmen die übrigen Fahrzeugklassen bei dem Rennen Teil und die tatsächlichen Zeiten weichen nur unwesentlich vom errechneten Ergebnis ab.Footnote 6 Man erkennt, dass das Leistungsgewicht eine brauchbare Größe darstellt um Fahrzeuge zu klassifizieren.

Tab. 2.12 Leistungsgewicht einiger Fahrzeugklassen

2.4 Konzeptionierung Gesamtfahrzeug Layout of Overall Vehicle

Die obersten Ziele einer Rennfahrzeugentwicklung ergeben sich aus den Überlegungen der vorigen Abschnitte. Das sind physikalische Betrachtungen zu extremen Fahrmanövern und diese sind unabhängig vom Reglement [19]:

  • minimales Gewicht

  • hohe Motorleistung

  • maximale Steifigkeit des Rahmens und der Radaufhängungsteile

  • geringe Massenträgheitsmomente, vor allem um die Hochachse

  • hoher aerodynamischer Abtrieb

  • extrem tiefer Schwerpunkt

  • stabiles Fahrverhalten, vor allem in Übergangsphasen wie Anbremsen und Beschleunigen.

Diese Punkte mögen naheliegend wirken. Der unterschiedliche Erfolg ausgeführter Rennfahrzeuge ergibt sich letztlich doch aus der Summe ihrer Eigenschaften und dem Grad der Annäherung an diese Idealausprägungen.

Von essenzieller Bedeutung für das Grundkonzept ist die Balance des Fahrzeugs und damit neben der Rahmensteifigkeit die Schwerpunktlage. Stimmt diese Grundauslegung, passt das Gripverhältnis der Achsen untereinander und die ersten Erprobungsfahrten beginnen mit einem spürbar stimmigen Fahrzeug und hohem Gripniveau. Alle weiteren Maßnahmen, wie sie für das Setup eingesetzt werden, können praktisch nur noch der Feinabstimmung dienen. Auch die aerodynamischen Hilfen sollten nicht zum „Reparieren“ einer unpassenden Balance herangezogen werden, sondern erst entwickelt werden, wenn der mechanische Grip passt.

Weitere Ziele ergeben sich durch den geplanten Einsatz des Fahrzeugs (Langstrecke, Sprint, Rallye, Kundeneinsatz). Beispielsweise kann die angepeilte Lebensdauer zwischen wenigen 100 m (Dragster) bis zu 6000 km (24 Stunden von Le Mans) liegen, also sehr unterschiedlich sein. Die Zuverlässigkeit innerhalb dieses Zeitraumes ist ebenso ein Ziel wie die einfache Reparaturmöglichkeit. Reparaturen und Wartungsarbeiten werden zum Teil auch während des Rennens und womöglich von der Fahrzeugbesatzung durchgeführt. Bei Raid-Bewerben ist ein Reifenwechsel in der Wüste für Fahrer und Beifahrer durchaus nichts Außergewöhnliches. In einem solchen Fall ist die Anordnung und die Befestigungstechnik von wartungsintensiven Teilen ebenfalls ein entscheidendes Kriterium. In der Formel 1 erfolgt ein Reifenwechsel in 3 s. Die Montage einer anderen Nase benötigt 11 s. Für einen Motorwechsel in der Box werden 45 bis 60 min anberaumt, für ein Getriebe 30 min. Bei Langstreckenrennen ist das rasche Tauschen von Systemen, wie Motor, Getriebe usw. noch entscheidender. Deshalb empfiehlt sich ein modularer Aufbau des Fahrzeugs. Dabei sind die Module Funktionsgruppen und die Anzahl der Schnittstellen zwischen ihnen ist möglichst klein bzw. sind die Anschlüsse so angeordnet, dass alle in einer Bewegungsrichtung getrennt und verbunden werden können.

Die Schritte der Entwurfstätigkeit ergeben sich hauptsächlich aus dem Einfluss einzelner Baugruppen (Abb. 2.14) auf die Fahrleistungen, sowie aus der Überlegung, dass der Fahrer nur in ergonomisch günstiger Haltung ausdauernd Höchstleistungen erbringen kann, und natürlich dem (unumstößlichen) Reglement. Folgender Ablauf beim Entwurf lässt sich aus diesen Betrachtungen ableiten. Die Reihenfolge der Betrachtungen wird teils durch Wichtigkeit, teils durch geometrische Logik diktiert. Natürlich lässt sich, wie immer bei einem Konstruktionsprozess, nur eine grobe Abfolge angeben. Es wird tatsächlich zu Iterationen kommen, d. h. immer wieder wird ein Schritt (oder auch mehrere Schritte) zurück erforderlich werden, um Erkenntnisse, die sich beim Entwurf eines aufbauenden Teils ergeben haben, in den vorangegangenen einfließen zu lassen.

  1. 1.

    Reglement

  2. 2.

    Fahrerposition

  3. 3.

    Hauptmassenverteilung: Motor-, Getriebe-, Tank- und Wärmetauscherlage. Damit verknüpft ist die Auswahl eines Motors mit Getriebe

  4. 4.

    Radstand, Spurweite: Grobe Achslastverteilung

  5. 5.

    Reifen

  6. 6.

    Räder

  7. 7.

    Außenhaut unter aerodynamischen Aspekten: Abtrieb, Luftwiderstand, Kühl- und Verbrennungsluftführung

  8. 8.

    Fahrwerkgeometrie: Rollzentrum, Momentanpol Einzelrad, Polabstand Einzelrad, …

  9. 9.

    Naben

  10. 10.

    Bremsen

  11. 11.

    Radträger

  12. 12.

    Aufbaufedern

  13. 13.

    Dämpfer

  14. 14.

    Stabilisatoren

  15. 15.

    Lenkung

  16. 16.

    Antriebstrang

  17. 17.

    Rahmen

  18. 18.

    Hilfssysteme: Kraftstoffsystem, Elektrik, Verschlauchung, …

Abb. 2.14
figure 14

Wichtige Baugruppen eines Rennfahrzeugs

1 Hintere Radaufhängung, 2 Antriebsstrang: Getriebe, Kupplung, 3 Motor, 4 Kühlsystem, 5 Rahmen (Chassis), 6 Vordere Radaufhängung, 7 Bug mit Crashelement

Den Beginn der Konzeptüberlegungen macht also ein eingehendes Studium des Reglements. Es dient der Sicherheit und der Wettbewerbsg

leichheit und schränkt dadurch viele Bereiche des Fahrzeugs mitunter erheblich ein. Dennoch liegt gerade deshalb oft der Schlüssel zum Erfolg genau in diesen Bereichen, weil man sich die für Wettbewerbsvorteile erforderlichen konstruktiven Freiräume durch gewiefte Auslegung der Vorschriften schaffen kann. Einige beispielhafte geometrische Überlegungen für einen Einsitzer zeigt Abb. 2.15.

Abb. 2.15
figure 15

Entwurf der Hauptabmessungen eines Einsitzers

Der Fahrerfüße müssen aus Sicherheitsgründen hinter der Vorderachse bleiben. Die Achse selbst kann also in Relation zum Fahrer nur nach vorne geschoben werden. Die Gestalt des Kraftstofftanks schmiegt sich an den Fahrerrücken an und soll möglichst kurz sein, damit der Motor-Getriebeverband so verschoben werden kann, dass die gewünschte Achslastverteilung erreicht wird. Der Motor soll aus diesem Grund ebenfalls kurz sein. Das Getriebe wird möglichst schlank ausgeführt, damit die Luftströmung im Heckbereich des Fahrzeugs wenig gestört wird

Die Auswahl einzelner entscheidender Komponenten wird von zahlreichen Überlegungen geprägt, die detailliert in den entsprechenden Bänden der Handbuchreihe zu finden sind.Footnote 7

Die weitere Reihenfolge kann beim Entwurf basierend auf einem bestehenden Fahrzeug anders aussehen, besonders dann, wenn bestehende Baugruppen übernommen werden oder wenn Entwicklungsschwerpunkte gesetzt werden und erkannte Schwachstellen ausgemerzt werden sollen. Weitere Verschiebungen in der Reihenfolge ergeben sich durch die Wichtigkeit der Aerodynamik. Bei Fahrzeugen, die geringere Geschwindigkeiten erzielen oder bei denen Abtriebshilfen nicht erlaubt sind (etwa Formel Ford), wird die Außenhaut eher am Schluss sozusagen als Abdeckung der Konstruktion betrachtet werden. Ist der Rahmen eine CFK-Schale, die gleichzeitig Teile der Außengestalt unter aerodynamischen Aspekten beinhaltet, wird auch diese Baugruppe früher betrachtet werden als in der obigen Aufzählung.

Die Kunst besteht also in einer geschickten Anordnung sämtlicher Teile und Baugruppen, das so genannte Packaging, das für einen Formelwagen in Abb. 2.16 zu sehen ist. Dass dies nur mit Kompromissen erfolgen kann, versteht sich von selbst. Die Frage ist immer nur, welche Funktion wird gegenüber einer anderen wichtiger eingestuft. Es wird also kaum die eine, „beste Lösung“ für eine Problemstellung geben. Weiters kann sich eine in einer Rennklasse bewährte Lösung bei anderen Fahrzeugen als untauglich erweisen. Dennoch lassen sich gewisse allgemeingültige Erkenntnisse festhalten.

Abb. 2.16
figure 16

Aufbau eines Formelwagens

Der vorhandene Platz ist gut genutzt, wobei die Aerodynamik die äußere Gestalt vorgibt (Unterboden, Fahrerposition, Anströmung Flügel). Der Tank ist zentral hinter dem Fahrer angeordnet. Die Verbrennungsluft strömt über dem Fahrerhelm zum tief liegenden Motor

Symmetrischer Aufbau

Ein symmetrischer Aufbau ergibt bessere Ausnutzung des vorhandenen Platzes und erspart unter anderem Überführen von Leitungen von einer Fahrzeugseite zur anderen [3]. Auch die statische Radlastverteilung links zu rechts ist so ausgeglichener. Ebenso wird sich dadurch eine symmetrische Außenkontur ergeben, die Giermomente hervorgerufen durch Luftkräfte vermeidet. Dies ist bei einem Monoposto naturgemäß leichter zu erreichen. Bei Sport- und Tourenwagen wird versucht den Fahrersitz zur Fahrzeugmitte hin zu verschieben, wenn es das Reglement gestattet. So wurde im C-Klasse Mercedes der Saison 1995 der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft (kurz DTM) Getriebe und Kardanwelle versetzt eingebaut und der Fahrer saß näher der Fahrzeugmitte. Das ist eine ähnliche Lösung, wie sie Jahrzehnte davor für den W154 (1938) gefunden wurde [13].

Einzelschwerpunkte

Schwere, räumlich nicht trennbare Einzelteile (Motor, Wellen, Kabel,…) sollen möglichst tief und nah am Fahrer angeordnet werden.

Teile, die „unverrückbar“ sind (Motor, Getriebe, …), sollen möglichst leicht konstruiert sein. Mit Ballastmassen kann der Wagen auf die geforderte Mindestmasse und vor allem auf die gewünschte Massenverteilung getrimmt werden. Der Bereich unter den Fahrerbeinen ist gut geeignet für relativ schwere Systeme wie Elektrik-Teile (Batterie, Kabel, …).

Kraftstofftank

Der Tank für das Kraftstoffsystem soll möglichst zentral liegen. So liegt er geschützt und seine unvermeidliche Änderung der Masse während des Rennens hat den geringsten Einfluss auf das Fahrverhalten.

Kleines Gesamtträgheitsmoment

Die schweren Massen sollen um den Fahrer angeordnet werden. So bleiben die Massenträgheitsmomente (vor allem um die Hoch- und Längsachse) gering. Im Konfliktsfall mit dem Trägheitsmoment Jz um die Hochachse ist allerdings der tieferen Schwerpunktsanordnung der Vorzug zu geben. Jz kommt praktisch nur in der Kurveneingangs und -ausgangsphase zum Tragen, also dann, wenn durch Ein- bzw. Auslenken ein Giermoment auf den Wagen wirkt [41]. Rundenzeitensimulationen bestätigen das auch. Der Einfluss der Schwerpunkthöhe auf die Rundenzeit ist wesentlich größer [43].

Einstellbarkeit

Bei verstellbaren Systemen (Feder, Dämpfer, Stabilisatoren, Flügel, Getrieberadsätze, …) die Einstellelemente (Rändelräder, Schrauben, Bolzen, Ventile, …) so anordnen, dass diese ohne Zerlegungsarbeiten (oder wenigstens unter einer leicht entfernbaren Abdeckung) am stehenden Fahrzeug erreicht werden können. Einen beispielhaften Gesamtentwurf illustriert Abb. 2.17 mit der Anordnung der wichtigsten Teile.

Abb. 2.17
figure 17

Layout eines Rennfahrzeugs (Sauber-Mercedes C9) [13]

Ein weitgehend symmetrischer, möglichst tief angeordneter Motor ist vor dem Getriebe eingebaut und somit nahe der Fahrzeugmitte. Die Räder stellen die äußerste Fahrzeugkontur dar. Die beiden Abgasturbolader sind tief eingebaut

Weitere Schritte der Konzeptionierung:

  • Abschätzung des Fahrzeuggewichts und der Achslastverteilungen, daraus abgeleitet Auswahl der Rad- und Reifendimensionen (Tragfähigkeit)

  • Berechnungen der Fahrleistungen

  • Grobschätzung des Kraftstoffverbrauchs: Aus der geforderten Reichweite abgeleitet Bedarfsermittlung der Kraftstofftankgröße

  • Aus den zulässigen Beschleunigungswerten der Insassen Ermittlung der erforderlichen Crashdeformationslängen.

Abschließend zum Konzept eine Erkenntnis, die sich aus dem Studium bedeutender Konzepte ergibt. Erfolgreiche Fahrzeuge und Motoren zeichnen sich selten durch herausragende Einzelmerkmale aus, sondern wirken auf den ersten Blick fast enttäuschend einfach. Bei näherer Betrachtung entdeckt man eine geschickte Kombination bewährter und bekannter Lösungen. Umgekehrt führt das Überbewerten eines einzelnen Kriteriums auf Kosten anderer erfahrungsgemäß zu einem Fehlschlag.

Umgekehrt lässt sich auch durch bedachtes Begutachten von erfolglosen Fahrzeugen viel Nützliches für die Konzeptionierung aussichtsreicher Wagen ableiten.

2.5 Allgemeine Konstruktionsprinzipien beim Entwerfen Principles of Embodiment Design in General

Bestimmte Zwänge ergeben sich aus der Kosten- und Terminsituation und den Fertigungsmöglichkeiten eines Unternehmens. Trotzdem lassen sich allgemeingültige Konstruktionsprinzipien nennen, auf die beim Entwurf von Fahrzeugen und derer Komponenten zurückgegriffen werden. Ziel ist es in jedem Fall, den gestellten Anforderungen innerhalb der wirtschaftlichen, zeitlichen und sonstiger Projektzwänge gerecht zu werden. Dabei können nicht alle der nachstehenden Prinzipien zugleich angewandt werden. Ein Prinzip kann bei einer Aufgabenstellung maßgeblich sein, andere sogar widersprüchlich. Welche Prinzipien zum Einsatz kommen, hängt von den Anforderungen und Rahmenbedingungen ab. So soll sich eine Feder elastisch, also über einen großen Weg nachgiebig, verhalten, während jene Fahrwerksteile, die Kräfte auf sie übertragen, wieder möglichst steif sein sollen, also geringste Verformungen zeigen sollen.

Einfachheit

Technische Gebilde sind einfach, wenn sie übersichtlich sind. Eine Lösung erscheint einfacher, wenn sie mit weniger Komponenten oder Teilen verwirklicht werden kann, weil u. a. geringerer Bearbeitungs- und Montageaufwand, weniger Verschleißstellen und kleinerer Wartungsaufwand zu erwarten ist. Dies trifft auch zu, wenn diese Teile geometrisch einfach und ihre Anordnung nicht komplex ist. Möglichst wenige Teile mit einfacher Gestaltung sind daher grundsätzlich anzustreben. In der Regel muss aber ein Kompromiss eingegangen werden: Die Erfüllung der Funktion erfordert ein Mindestmaß an Komponenten oder Teilen, die nicht weggelassen werden können.

Symmetrische Formen erweisen sich im angesprochenen Sinn als günstig. Bei der Fertigung, unter Last und unter Temperatureinfluss führen sie zu übersichtlichen Verformungen.

Ein einfacher Aufbau führt zwangsläufig zu einfacher Wartung, Kontrolle und Reparatur.

Einfache Konstruktionen erfüllen im Allgemeinen dieselben Funktionen mit weniger Bauteilen als kompliziertere. Ein Vergleich zwischen ähnlichen Systemen mit unterschiedlicher Bauteilanzahl kann über deren Zuverlässigkeit angestellt werden. Letztendlich entscheidend ist ja die Systemzuverlässigkeit, d. h. mit welcher Wahrscheinlichkeit erreicht das Fahrzeug das Ziel bzw. umgekehrt mit welcher Wahrscheinlichkeit führt das Versagen eines wichtigen Teils zum Ausfall im Rennen (abgesehen von den vielen anderen möglichen Einflüssen, begonnen beim Fahrer über das Wetter usw., die den Rennsport auch im Computerzeitalter interessant machen).

Seien beispielsweise 50 intakte Komponenten lebenswichtig für ein Rennfahrzeug (Zündkerzen, Einspritzventile, Reifen, Antriebswellen, Kraftstoffpumpe, Leitungen usw.) damit es das Ziel sieht, so ist die Wahrscheinlichkeit das Rennen zu beenden von der Zuverlässigkeit der Einzelteile abhängig. Die Einzelteile sollen in diesem Zahlenbeispiel allesamt eine 99,99-prozentige Sicherheit über eine Renndistanz haben, d. h. 0,01 % oder 1 Teil von 10 000 fällt aus. Dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Fahrzeug die Ziellinie überquert 0,999950 = 0,995 oder 99,5 %. Das heißt umgekehrt die Ausfallswahrscheinlichkeit beträgt 0,5 % also 1 Wagen von 200 fällt aus.

Würde dieses Fahrzeug nur 10 kritische Bauteile aufweisen, sähe die Rechnung so aus:

0,999910 = 0,999 oder 99,9 %. Die Ausfallswahrscheinlichkeit sinkt also auf 0,1 % bzw. nur noch 1 Wagen von 1000 fällt aus. [28]

Ein moderner Formel-1-Wagen besteht aus etwa 80 000 Teilen, aber offensichtlich ist nicht jedes davon lebenswichtig …

Zuverlässigkeit Reliability

Bei aller Leistungsfähigkeit eines Rennfahrzeuges gilt doch der berühmte Satz: Um als erster ins Ziel zu kommen, muss man erst einmal ins Ziel kommen.Footnote 8 Die Zuverlässigkeit der wichtigsten Teile ist also auch entscheidend über Sieg oder Niederlage. Nur, was sind die wichtigsten Teile eines Rennwagens, wo dieser doch nur aus dem Notwendigsten besteht? Wichtige Teile sind auf jeden Fall solche, deren Versagen zum sofortigen Ausfall im Rennen führt. Dazu gehören radführende Fahrwerksteile und energieführende Teile des Motors und des Antriebsstrangs. Eine solche Aufstellung aller lebenswichtigen Teile (auch Critical Items List, CIL) hilft den Fokus der Entwicklung auf die entscheidenden Bereiche zu legen. Das heißt am Beginn wird eine Analyse stehen, welche Teile bzw. Systeme besonders bedeutend für die Zuverlässigkeit des Wagens stehen und welche weniger. Dabei hat sich eine Unterteilung in drei Klassen bewährt. Diese so genannte ABC-Analyse zeigt Tab. 2.13.

Tab. 2.13 ABC-Analyse, nach [34]

Bei den B-Teilen ist man auf Erfahrungswerte und Versuchsergebnisse angewiesen, weil man deren Lebensdauer ja nicht wie bei A-Teilen berechnen kann. C-Teile sind zuverlässigkeitsneutral und werden aus dem Grund bei der weiteren Betrachtung nicht mehr berücksichtigt.

Weitere Analysemethoden sind die FMEA (Fehler-Möglichkeits- und Einflussanalyse) und die FTA (Fehlerbaumanalyse).

Eine FMEA ist eine weitgehend formalisierte Methode zur systematischen Erfassung möglicher Fehler und zur Abschätzung der damit verbundenen Risiken (Auswirkungen). Anhand eines Formblatts werden potenzielle Fehler mit ihren Folgen und Ursachen aufgezählt und die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Fehlers, seiner Folgen und seiner Entdeckbarkeit abgeschätzt. Daraus folgt eine Reihung nach der Höhe des Risikos einzelner Fehler. Weiters werden vorgesehenen Prüfmaßnahmen (Istzustand) und empfohlene bzw. letztlich getroffene Abhilfemaßnahmen zusammengestellt.

Bei der FTA wird die Funktionsstruktur eines Systems betrachtet und die einzelnen Funktionen der Reihe nach als „nicht erfüllt“ angenommen. Daraufhin werden die Auswirkungen auf das Gesamtsystem betrachtet und in Folge wird die Funktionsstruktur umgestellt bzw. erweitert, damit einzelne Fehlfunktionen nicht zum Totalausfall führen.

Das typische Ausfallverhalten von Komponenten über deren Einsatzdauer ist von drei Bereichen geprägt, Abb. 2.18.

Abb. 2.18
figure 18

Bereiche des Ausfallverhaltens (Badewannenkurve)

Die Ausfallrate gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der ein Teil bei der Betriebsdauer t + dt ausfällt. Sie ist indirekt proportional zur Überlebenswahrscheinlichkeit. Die Badewannenkurve bildet nicht nur das Verhalten einzelner Komponenten ab, sondern wird auch bei gesamten Systemen beobachtet

Frühausfälle (Bereich 1): Das sind Auswirkungen von Konstruktionsfehlern (falscher Werkstoff, Gestaltung ungünstig wegen Kerben, Auslegung auf zu geringe Beriebslast, Verformung zu groß…) und Produktionsfehlern (Klebeverbindung nicht vorschriftsgemäß ausgeführt, Schweißnaht porös, Schraubverbindung lose,…).

Zufallsausfälle (Bereich 2): Diese Fehler können zu jeder Zeit im Betrieb auftreten, die Ausfallrate ist konstant (allerdings wegen gezielter Maßnahmen nieder). Ursachen für das Versagen können u. a. sein Missbrauch bzw. Fehlbedienung, mangelhafte Wartung, Fremdteile (Verschmutzung) bei der Montage oder im Betrieb. Elektronische Bauteile fallen in der Regel unvorhersehbar und spontan aus [46].

Verschleiß- und Ermüdungsausfälle (Bereich 3): Gegen Ende der (geplanten) Betriebsdauer kommt es zunehmend zu alters- und abnutzungsbedingten Ausfällen. Werkstoffermüdung, Kriechen, Versprödung von Dichtungen, Abnahme des tragenden Querschnitts durch Korrosion oder Verschleiß, Grübchenbildung bei Zahnrädern usw. sind typische Ursachen. Zur Senkung der Ausfallrate und damit zu Steigerung der Zuverlässigkeit bieten sich je nach Bereich folgende Maßnahmen an. Für den Bereich 1: Wareneingangskontrolle, Vorversuche, enge Toleranzen und lückenlose Produktionskontrolle, überwachte Testeinsätze der Komponenten vor dem Rennen, zerstörungsfreie Werkstoffprüfung. Für den Bereich 2: Vermeiden von Überlasten (siehe auch Prinzip des sicheren Bestehens), Einhalten der Wartungsintervalle, regelmäßige Kontrollen von Verschleißraten, laufende Überwachung von Betriebsmittel (Füllstand, Zustand, Volumenstrom, Druck, Temperatur,…). Als Faustregel tragen rein elektronische Bauelemente wie Transistoren oder integrierte Schaltkreise 10 %, Sensoren und Stellglieder 30 %, die Verbindungen der Bauteile untereinander und mit der Außenwelt jedoch 60 % zu Ausfällen bei. Wenn Vermeidungsmaßnahmen nicht ausreichen, müssen durch Fehlertoleranzmaßnahmen (z. B. Mehrkanaligkeit, Selbstüberwachung) die Auswirkungen eines Fehlers maskiert werden [46]. Für den Bereich 3: Geeignete Berechnungsverfahren; umfassendes Ermitteln der Belastungen z. B. aus Daten der Vorjahresrennen; Zeitstandsversuche mit zyklischer dynamischer Belastung von Komponenten, Baugruppen und Gesamtfahrzeugen basierend auf den aufgezeichneten Daten absolvierter Rennen – besonders bei Langstreckenbewerben (Hydropuls-Prüfstand und Shaker für Komponenten, dynamische Prüfstände für Motor und Getriebe, 7-Stempelprüfstand für Gesamtfahrzeuge).

Ein weiterer Zugang um die bedeutenden Teile herauszufiltern ist die Betrachtung der Ausfallgründe von Wagen in Rennen. Es zeigt sich, dass für gewöhnlich die rotierenden heißen Teile Schwierigkeiten bereiten. Darunter fallen Motor, Getriebe, Antriebswellen, Bremsen, Radlager und Reifen. Natürlich wissen das die Teams und schenken diesen Teilen besondere Aufmerksamkeit von der Konstruktion, über die Fertigung bis zur Wartung. Dennoch bleiben diese Teile ganz oben auf der Liste der Ausfallgründe [25].

Mithilfe von Boolescher Algebra lässt sich auch eine einfache wahrscheinlichkeitstheoretische Betrachtung eines Gesamtsystems vornehmen. Folgende vereinfachende Annahmen werden dabei getroffen: Die einzelnen Bauelemente des Systems haben nur zwei Zustände: Intakt oder ausgefallen. Die Elemente arbeiten unabhängig voneinander, d. h. der Ausfall eines Elements hat keinen Einfluss auf die anderen Elemente. Die Überlebenswahrscheinlichkeit der Elemente sei durch Versuche bekannt. Die Zuverlässigkeit R(t), also die Wahrscheinlichkeit, dass die Komponente bis zum Zeitpunkt t funktioniert, ist exakt das Komplement zur Wahrscheinlichkeit, dass die Komponente bis dahin ausfällt:

$$ R(t)=1-F(t) $$
(2.13)

R(t)

Überlebenswahrscheinlichkeit einer Komponente bis zum Zeitpunkt t.

F(t)

Ausfallwahrscheinlichkeit einer Komponenten zum Zeitpunkt t.

Damit diese Zuverlässigkeitsbetrachtung möglich wird, müssen vor allem für komplexe Systeme folgende Schritte durchgeführt werden [53]:

  • Systemanalyse

  • Bestimmung der Komponentenzuverlässigkeiten

  • Bestimmung der Systemzuverlässigkeit.

Durch die Systemanalyse wird das Gesamtsystem in ein mathematisches Modell übergeführt. [54] empfiehlt für adaptronische Systeme mit einer Gliederung in funktionale Einheiten zu beginnen:

  • mechanischer Aufbau

  • Elektronik

  • Regelung

  • Aktoren.

Das System wird in funktionelle Einheiten unterteilt und nach den aus der Erfahrung bekannten Fehlermöglichkeiten weiter gegliedert, Abb. 2.19. Ziel ist es jedenfalls das Gesamtsystem durch ein Funktionsschaubild darzustellen. Ein Bauteil kann auch an mehreren Stellen eines Zuverlässigkeitsschaltbilds vorkommen, weil es nicht den konstruktiven Aufbau sondern die Funktionsstruktur eines technischen Objekts widerspiegelt.

Abb. 2.19
figure 19

Beispiel einer Zuverlässigkeitsstruktur, nach [54]

Das System weist großteils serielle Strukturen der Elemente auf. Einzig Klebung und Verschraubung wirken parallel

Im Anschluss können die Subsysteme in einzelne Komponenten zerlegt werden. Die Funktionsstruktur kann zum Reduzieren des mathematischen Aufwands vereinfacht werden [54]: Komponenten mit keinem oder nur geringem Einfluss auf die Zuverlässigkeit werden nicht beachtet. Verschiedene Fehlermoden einer Komponente können zu einem einzigen Komponentenausfall zusammengefasst werden. Abb. 2.20 demonstriert dies am Beispiel der Struktur von Abb. 2.19.

Abb. 2.20
figure 20

Beispiel einer auf das Wesentliche reduzierten Zuverlässigkeitsstruktur, nach [54]

Dieses Beispiel gehört zur Struktur aus Abb. 2.19

Die Vorgehensweise bei der Bestimmung der einzelnen Komponentenzuverlässigkeiten hängt von der Zuordnung zu der oben erwähnten Gliederung ab.

Mechanische Teile

Die Lebensdauer mechanischer Bauteile wird nach den Regeln der Festigkeitslehre ermittelt, z. B. [55]. Je nach erwarteter Versagensart wird basierend auf der Normalspannungshypothese (spröde Werkstoffe), Gestaltänderungsenergiehypothese (duktile Werkstoffe, Schwingbeanspruchung) oder Schubspannungshypothese (duktile Werkstoffe, statische Belastung) eine Vergleichsspannung errechnet. Bevor diese Vergleichsspannungen jedoch mit einem Werkstoffkennwert verglichen werden können, müssen sie mit Form- bzw. Kerbwirkungszahlen hinsichtlich örtlicher Spannungsüberhöhungen und mit Korrekturfaktoren für Größen- und Oberflächeneinfluss korrigiert werden.

Elektronische Komponenten

Der Nachweis der Zuverlässigkeit elektronischer Komponenten erfolgt entweder durch geeignete Tests oder mit Hilfe analytischer Schätzverfahren [54]. In [54] wird die Methode nach IEC TR 62380 [56] vorgeschlagen. Dabei werden die für die meisten elektronischen Teile bekannten Basisausfallraten mit Korrekturfaktoren für die Einsatzbedingungen angepasst.

Regelung

Für Software wurden in der Automobilindustrie für spezielle Bereiche Standards entwickelt, so etwa Automotive SPICEFootnote 9 (Software Process Improvement and Capability Determination) zur Evaluierung der Softwareprozessfähigkeit der Zulieferer und AUTOSARFootnote 10 (AUTomotive Open System ARchitecture) eine offene und standardisierte Softwarearchitektur für Steuergeräte (ECU). Allgemeine Methoden zur Bestimmung der Zuverlässigkeit gibt es jedoch noch nicht.

Aktoren

Eine Quelle zur Bestimmung der Lebensdauer stellen Herstellerangaben dar, die im Allgemeinen auf sehr ausführlichen Zuverlässigkeitstests fußen.

Die Funktionsstruktur dient als Grundlage für die Berechnung der Gesamtzuverlässigkeit mit der Booleschen Systemtheorie. Allgemein wird zur Funktionserfüllung ein Signal, ein Stoff oder Energie vom Eingang zum Ausgang des Gesamtsystems fließen. Gibt es eine aufrechte Verbindung vom Eingang zum Ausgang, so ist das System intakt. Grundsätzlich gibt es einige Anordnungsmöglichkeiten von Bauelementen, Abb. 2.21. Die häufigste Anordnung im Maschinenbau ist die Serienanordnung (Abb. 2.21a). Sie stellt den Mindestaufwand an Teilen dar und ist daher kostengünstig und leicht. Fällt allerdings nur ein Element in dieser Kette aus, so fällt das Gesamtsystem aus. Für die Zuverlässigkeit Rt (reliability) des Gesamtsystems gilt:

Abb. 2.21
figure 21

Grundanordnungen in Zuverlässigkeits-Schaltbildern

a Logische Serienanordnung, b Logische Parallelanordnung, c Logische Parallel-Serienanordnung, d Logische Serien-Parallelanordnung, e Logische Mischanordnung (Beispiel). I Eingang (Input), O Ausgang (Output), En Element n

$$ {R}_t(t)={R}_1(t)\cdot {R}_2(t)\cdot .\dots \cdot {R}_n(t)=\prod \limits_{i=1}^n{R}_i(t) $$
(2.14)

R t

Zuverlässigkeit (Überlebenswahrscheinlichkeit) des Gesamtsystems. Rt ≤ 1.

R n

Zuverlässigkeit des Bauelements En. Rn ≤ 1.

Die Gesamtzuverlässigkeit ist also höchstens gleich wie die Zuverlässigkeit des schlechtesten Elements und bestätigt damit die alte Weisheit, dass eine Kette nur so stark ist wie ihr schwächstes Glied.

Ordnet man Elemente parallel an (Abb. 2.21b), erhöht sich daher die Ausfallsicherheit. Fällt ein Element aus, so übernehmen die parallelgeschalteten Elemente die Funktion und das Gesamtsystem bleibt intakt. Zum Totalausfall kommt es erst, wenn alle n Elemente ausgefallen sind. Der bauliche Aufwand solcher Systeme ist allerdings größer, daher werden sie vornehmlich bei sicherheitskritischen Systemen verwendet (Zweikreis-Bremssystem, doppelte Positionssensoren in Doppelkupplungsgetrieben, redundante Winkelgeber bei E-Gassystemen, doppelwandige Kraftstoffleitungen,…). Die Zuverlässigkeit der Parallelanordnung errechnet sich zu:

$$ {R}_t(t)=1-\left[1-{R}_1(t)\right]\cdot \left[1-{R}_2(t)\right]\cdot \dots \cdot \left[1-{R}_n(t)\right]=1-\prod \limits_{i=1}^n\left[1-{R}_i(t)\right] $$
(2.15)

Als Kompromiss zwischen diesen Grundschaltungen bieten sich Kombinationen an. Die Parallel-Serienstruktur (Abb. 2.21c) stellt die Redundanz von zwei Serienpfaden dar. Ihre Zuverlässigkeit ist:

$$ {R}_t(t)=1-\left[1-\prod \limits_{i=1}^n{R}_{1i}(t)\right]\cdot \left[1-\prod \limits_{j=1}^m{R}_{2j}(t)\right] $$
(2.16)

Eine noch höhere Sicherheit bietet die redundante Anordnung aller Elemente, die Serien-Parallelanordnung (Abb. 2.21d), mit der Zuverlässigkeit:

$$ {R}_t(t)=\prod \limits_{i=1}^n\left\{1-\left[1-{R}_{1i}(t)\right]\cdot \left[1-{R}_{2i}(t)\right]\right\} $$
(2.17)

Bei dieser Struktur müssten beide Elemente einer Parallelanordnung (gleicher Einer-Index) ausfallen, damit das Gesamtsystem versagt. Bei solchen Redundanzen kann es sicherheitserhöhend sein, wenn die beiden Elemente, die dieselbe Funktion erfüllen, dies mit unterschiedlichen Wirkprinzipien tun. Fällt ein Element umgebungsbedingt aus (Temperatur, Vibrationen, Druck, Korrosion,…), so muss das andere dadurch noch keinen Funktionsverlust erleiden. Sind dagegen beide Elemente von gleicher Bauart, so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass bei einem prinzipbedingten Fehler beide nach gleicher Laufzeit ausfallen. In der Praxis werden vor allem Mischstrukturen (z. B. Abb. 2.21e) aus den genannten Anordnungen auftreten.

Vertiefte Betrachtungen zu diesem Thema finden sich z. B. in [27, 47, 53].

Bei einer Serienschaltung ist somit jedes Bauteil wichtig. Im Bereich der Elektronik helfen programmierbare Energieverteilsysteme die Zuverlässigkeit anzuheben. Dabei überwacht ein Steuergerät die auftretenden Ströme der einzelnen Kreise und schaltet bei definierten Überströmen den Strom kurzzeitig ab. Im Gegensatz zu einer Schmelzsicherung, die den Stromkreis für immer unterbricht, wird der Kreis jedoch im Anschluss wieder mit Energie versorgt und weiter beobachtet. Sollte die Ursache nicht ein dynamischer Effekt gewesen sein, sondern z. B. ein mechanisches Problem (blockierte Pumpe, verstopfte Leitung,…) vorliegen und dadurch der Strom permanent zu groß bleiben, schaltet das Steuergerät den Kreis völlig ab oder es kann das System nach einem vorgegebenen Algorithmus auf ein Ersatzsystem umschalten und so die Funktion aufrechterhalten.

Die Ausfallwahrscheinlichkeit F(t) von Komponenten kann – entsprechende Versuchsdaten oder Erfahrungswissen vorausgesetzt – mathematisch mit einer Weibull-Verteilung dargestellt werden. In [54] wurde das für ein aktives Interface durchgeführt, das zwischen Kopflager des Federbeins und dem Federbeindom einer McPherson-Vorderradaufhängung eingebaut wird und Fahrbahnanregungen durch aktive Längenänderung vom Wagenkasten fernhält. Das Weibullnetz des Gesamtsystems dieses Interfaces basiert auf Betrachtungen der Zuverlässigkeitsstruktur Abb. 2.20 und ist in Abb. 2.22 dargestellt. Der zeitliche Verlauf der Ausfallwahrscheinlichkeit des Gesamtsystems (grün) folgt zunächst dem Ausfallverhalten des Reglers (magenta). Regler und Verstärker (blau) zeigen für elektronische Systeme typische konstante Ausfallraten. Anschließend diktiert das Ausfallverhalten des Aktors (rot strichliert) die Zuverlässigkeit des Gesamtsystems. Dies ändert sich erst bei sehr hoher Lebensdauer, wenn erste Ausfälle der Vorspannfeder (hellblau) wahrscheinlich werden. Der Ausfallverlauf der Schraube ist in dieser Darstellung überhaupt nicht zu erkennen. Dafür müsste die Lebensdauerachse verlängert werden. Die Schrauben haben keinen nennenswerten Einfluss auf das Verhalten des Gesamtsystems. Man erkennt abschließend, dass bei diesem System der Aktor den größten Einfluss auf die Zuverlässigkeit aufweist. Zum Erhöhen der Zuverlässigkeit wird man bei ihm ansetzen. In weiterer Folge könnte auch die Elektronik helfen, die Lebensdauer des Aktors zu erhöhen, etwa indem Überlasten durch Softwaremaßnahmen verhindert werden.

Abb. 2.22
figure 22

Beispiel für ein Weibullnetz, nach [54]

Die Zuverlässigkeitsstruktur des Gesamtsystems ist in Abb. 2.20 dargestellt

Unter dem obigen Stichwort „Einfachheit“ wurde unter anderem die Anzahl der Bauteile als Kriterium für die Ausfallsicherheit betrachtet. Diese Methode (parts count method) hat ihre Berechtigung und wird oft bei elektronischen Produkten angewandt. Bei mechanischen Strukturen kommt aber einer weiteren Betrachtung größere Aussagekraft zu. Und zwar ist die Zuverlässigkeit hierbei stark von der Wechselwirkung von Widerstandsfähigkeit und Beanspruchung geprägt [39]. Mit anderen Worten je stärker ein Bauteil beansprucht wird, desto größer ist die Gefahr, dass es ausfällt. So wird etwa die Zuverlässigkeit eines Planetengetriebes durch Hinzufügen von Planetenrädern vergrößert, obwohl sich die Teileanzahl (Zahnräder, Lager) noch stärker erhöht hat. Die Aufteilung der Leistung auf mehrere Zahnräder mindert aber deren Beanspruchung und wirkt sich so positiv auf die Lebensdauer aus. Vergleichsweise kommt ein Stufenradsatz mit zwei Zahnrädern mit ungleich weniger Teilen aus, kann aber durch die höhere Beanspruchung derselben eine geringere Zuverlässigkeit aufweisen als das Planetengetriebe gleicher Leistung.

Zuverlässigkeit ist also auch eine Frage der Bauteilsicherheit. Diese kann erreicht werden durch drei grundsätzliche Sicherheitsprinzipien, wobei sich der Konstrukteur zur sicheren Erfüllung einer Funktion für eines entscheiden muss:

  1. 1.

    Prinzip des sicheren Bestehens (Safe-Life-Verhalten)

  2. 2.

    Prinzip des beschränkten Versagens (Fail-Safe-Verhalten)

  3. 3.

    Prinzip der redundanten Anordnung (redundancy).

Sicheres Bestehen

Das Prinzip des sicheren Bestehens geht davon aus, dass alle Bauteile und ihr Zusammenhang so beschaffen sind, dass während der vorgesehenen Einsatzzeit alle wahrscheinlichen oder sogar möglichen Vorkommnisse ohne Versagen oder Störung überstanden werden.

Dazu muss man sich vor Augen führen, dass nicht nur die Belastung, sondern auch der Widerstand des Bauteils dagegen sich nicht auf einen konstanten Wert reduzieren lassen. Es gibt im Gegenteil unvermeidbare Streuungen der Werte von Belastung und Werkstoffeigenschaften, die sich auf das Bauteilverhalten auswirken. Unterschiedliche Belastungen ergeben sich durch unterschiedliche Einsatzbedingungen. Der Werkstoffkennwert schwankt durch Qualitäts- und Fertigungseinflüsse (Kaltverfestigung, Gießen: Abkühlverhalten unterschiedlicher Wandstärken, Toleranzen, …). Abb. 2.23 stellt diesen Zusammenhang schematisch dar.

Abb. 2.23
figure 23

Streuung von Beanspruchung und Widerstandsfähigkeit, nach [34]

Weder die Qualität des Werkstoffs noch die Höhe der Belastung weisen immer denselben Wert auf. Im Gegenteil: Beide Größen schwanken um einen Mittelwert. Erleidet ein Bauteil mit geringer Qualität eine Überlast, kommt es zum Ausfall dieses Teils

Das sichere Bestehen wird somit sichergestellt durch:

  • entsprechende Klärung der einwirkenden Belastungen und Umweltbedingungen, wie zu erwartende Kräfte, Zeitdauer, Art der Umgebung usw. (vermeidet Verschleiß- und Ermüdungsausfälle)

  • ausreichend sichere Auslegung auf Grund bewährter Hypothesen und Rechenverfahren (z. B. FEM, s. Anhang)

  • zahlreiche und gründliche Kontrollen des Fertigungs- und Montagevorgangs (vermeidet Frühausfälle)

  • Bauteil- oder Systemuntersuchung zur Ermittlung der Haltbarkeit unter zum Teil erhöhten Lastbedingungen (Lasthöhe und/oder Lastspielzahl) und den jeweiligen Umgebungseinflüssen

    (vermeidet Verschleiß- und Ermüdungsausfälle)

  • Festlegen des Anwendungsbereichs außerhalb des Streubereichs möglicher Versagensumstände

    (vermeidet Zufallsausfälle)

  • optimierte Geometrie (keine Kerben, günstiger Kraftfluss)

  • hochwertige Werkstoffe mit garantierten Spezifikationen.

Kennzeichnend für dieses Prinzip ist, dass die Sicherheit nur in der genauen Kenntnis aller Einflüsse hinsichtlich Qualität und Quantität bzw. in der Kenntnis des versagensfreien Bereichs liegt. Dieses Prinzip erfordert entweder einschlägige Erfahrung oder einen erheblichen Aufwand an Voruntersuchungen, Streckentests und eine laufende Überwachung des Werkstoff- und Bauteilzustands, also Zeit und Geld.

Die Qualitätskontrolle geht in der Formel 1 beispielsweise so weit, dass bei der Motorenfertigung rund 5000 Einzelteile, davon 1000 unterschiedliche, geprüft und individuell gekennzeichnet werden (z. B. mit Bar-Code), bevor sie in durchschnittlich 80 Arbeitsstunden zu einem Renntriebwerk gefügt werden [37].

Während der Fahrt werden neuralgische Stellen laufend mit Sensoren überwacht: Über Temperaturen und Drücke kann auf den Zustand von Systemen geschlossen werden und im Bedarfsfall mit Leistungsrücknahme reagiert werden, bevor es zu einem Totalausfall kommt.

Zuverlässigkeit ist – wie so oft – auch eine Frage des Budgets und der Disziplin. Regelmäßige Wartung mit konsequentem Tauschen von Teilen, wenn sie ihr Zeitpensum erfüllt haben, egal ob diese noch brauchbar aussehen oder nicht, erhöht zweifelsfrei die Zuverlässigkeit.

Damit eine entsprechende Bauteilsicherheit gewährleistet werden kann, muss seine Beanspruchung unter einem gewissen Grenzwert bleiben. Die Werkstoffforschung liefert dem Konstrukteur für die einzelnen elementaren Beanspruchungsarten (Zug, Druck, Biegung, Schub und Torsion) an einem Probestab, d. h. im Allgemeinen nicht am Bauteil selbst, Werkstoffgrenzwerte, bei deren Überschreiten Bruch eintritt. Die zulässige Beanspruchung σzul folgt somit aus einem gemessenen Werkstoffgrenzwert σn abgeschwächt durch einen Formeinfluss sowie eine Sollsicherheit S:

$$ {\sigma}_{zul}=\frac{\sigma_n\cdot {k}_O\cdot {k}_G}{S} $$
(2.18)

σzul

zulässige Beanspruchung, N/mm2

σn

Werkstoffkennwert, N/mm2

k O

Oberflächeneinfluss (Fertigung, Bearbeitung), -

k G

Größeneinfluss (Spannungsgradient u. a.), -

S

Sicherheitsfaktor, -

Raue Oberflächen beinhalten zahlreiche Kerben und wirken somit bei Wechselbeanspruchung festigkeitsmindernd, Abb. 2.24. Diese Wirkung nimmt mit steigender Werkstofffestigkeit zu. Je hochfester ein Material ist, desto wichtiger ist also eine glatte Oberfläche bei dynamischer Belastung. Ebenso wirkt sich die Größe eines Bauteils aus. Die im so genannten Zugversuch ermittelten Werte gelten streng genommen nur für den Probestab mit 10 mm Durchmesser. Hat das Bauteil größere Abmessungen, nimmt seine Festigkeit ab. Dieser Einfluss ist bei wärmebehandelten Stählen naturgemäß noch stärker ausgeprägt. Man erkennt daraus auch einen Vorteil von dünnwandigen Gussbauteilen. Abgesehen davon, dass sie leichter sind und keine Lunker stören, weisen diese auch noch höhere Festigkeitswerte als vergleichbare dickwandige Konstruktionen auf.

Abb. 2.24
figure 24

Einflüsse auf die Festigkeit von Bauteilen aus Stahl, nach [34]

a Einfluss der Oberflächengüte Rz gemittelte Rautiefe, Ra arithmetischer Mittenrauwert (DIN EN ISO 4287, 4288). b Einfluss der Bauteilgröße

Beschränktes Versagen

Das Prinzip des beschränkten Versagens lässt während der Einsatzzeit eine Funktionsstörung und/oder einen Bruch zu, ohne dass es dabei zu schwerwiegenden Folgen kommen darf. In diesem Fall muss

  • eine wenn auch eingeschränkte Funktion oder Fähigkeit erhalten bleiben, die einen gefährlichen Zustand vermeidet

  • die eingeschränkte Funktion vom versagenden Teil oder einem anderen übernommen und solange ausgeübt werden, bis das Teil ausgetauscht werden kann

  • der Fehler oder das Versagen erkennbar werden.

Dabei erfolgt die Warnung im Wesentlichen einhergehend mit einer Einschränkung einer Hauptfunktion durch: Zunehmende Laufunruhe, Undichtwerden, Leistungsrückgang, Bewegungsbehinderung etc. ohne gleich eine Gefährdung zu bewirken. Es sind auch Warnsysteme denkbar, die dem Fahrer den Versagensbeginn melden.

Das Prinzip des beschränkten Versagens setzt die Kenntnis des Schadensablaufs und eine solche konstruktive Lösung voraus, die die eingeschränkte Funktion im Falle des Versagens übernimmt oder erhält.

Beispielsweise hält eine Schraube, die von oben in eine Verbindung eingesteckt ist, Fahrwerksteile auch dann noch zusammen, wenn die Mutter durch Vibrationen o. ä. abgefallen ist. Das auftretende größere Spiel signalisiert dem Fahrer den Fehler. Wird die Schraube von unten eingebaut, fällt sie durch das Eigengewicht heraus und die Verbindung ist vollständig gelöst.

Redundanz

Das Prinzip der redundanten Anordnung ist ein sowohl die Sicherheit als auch die Zuverlässigkeit von Systemen erhöhendes Mittel. Redundanz (=Überfluss) bedeutet im technischen Sinn Mehrfachanordnung von Teilen oder Systemen. Elastische Sicherheitstanks müssen beispielsweise in einem dichten Behälter untergebracht sein. Die Wände, die den Kraftstoff halten, sind also redundant vorhanden. Redundanz führt zu einer Erhöhung der Sicherheit, solange das möglicherweise ausfallende Systemelement von sich aus keine Gefährdung hervorruft und das entweder parallel oder in Serie angeordnete weitere Systemelement die volle oder wenigstens eingeschränkte Funktion übernehmen kann.

Die Anordnung von mehreren Kraftstoffpumpen, mehrsträngige Seilzüge sowie Mehrkreisbremssysteme sind Beispiele von aktiver Redundanz: Alle Komponenten beteiligen sich aktiv an der Aufgabe. Bei einem Teilausfall entsteht eine entsprechende Energie- oder Leistungsminderung.

Auch mehrere Sensoren können dieselbe Aufgabe haben. So werden zur Erfassung der Getriebestufe zwei Sensoren eingesetzt. Das Mehrgewicht wird dabei mehr als aufgewogen, droht doch im Versagensfall ein Motorschaden durch Überdrehen.

Sieht man in Reserve stehende Einheiten – meist von gleicher Art und Größe – vor, die bei Ausfall der aktiven Einheiten zugeschaltet werden, z. B. Ersatzpumpen, spricht man von passiver Redundanz, deren Aktivierung einen Schaltvorgang nötig macht.

Wenn eine Mehrfachanordnung nach der Funktion gleich, nach dem Wirkprinzip aber unterschiedlich ist, so liegt Prinzipredundanz vor. Als Beispiel mag die vielfach geforderte doppelte Schließfeder der Drosselklappe dienen. Eine Feder kann eine Zugfeder über einen Hebel wirkend, die zweite eine direkt auf die Welle wirkende Spiralfeder sein.

Sicherheitserhöhende Einheiten können parallel (z. B. Ersatzölpumpen, …) oder auch in Serie (z. B. Filteranlagen) angeordnet werden. In vielen Fällen genügen solche einfachen Schaltungen jedoch nicht, sondern es sind Schaltungen mit kreuzweiser Verknüpfung erforderlich, z. B. um trotz Ausfall mehrerer Komponenten einen Durchgang zu gewährleisten.

Die redundante Anordnung vermag aber nicht das Prinzip des sicheren Bestehens oder des beschränken Versagens zu ersetzen: Die redundante Anordnung von Kraftstoffpumpen hat keinen sicherheitserhöhenden Effekt, wenn die Pumpe selbst zum Überhitzen neigt und dadurch den ganzen Wagen gefährdet.

Sicherheitserhöhung ist nur dann gegeben, wenn die redundanten Elemente einem der obigen Prinzipien des sicheren Bestehens oder des beschränkten Versagens genügen.

Kerben

notch. An Kerben treten Spannungskonzentrationen auf, die sich besonders bei dynamischer Belastung als Schwachstelle erweisen. Kerben können nicht immer entfernt werden, aber die Bauteilumgebung kann so gestaltet werden, dass die lebensdauerreduzierende Wirkung von Kerben herabgesetzt wird.Footnote 11

Für ausfallsichere Schraubverbindungen, die hoch und vor allem dynamisch beansprucht werden, müssen Kerbwirkungen und der Kraftfluss in den verspannten Teilen beachtet werden, Abb. 2.25.

Abb. 2.25
figure 25

Gestaltung von hochbeanspruchten Schraubenverbindungen, nach [36]

Erläuterungen siehe Text

a: Bei Stiftschrauben mit dem üblichen Verklemmen des Gewindeauslaufs im Sackloch besteht Dauerbruchgefahr (Pfeil). Diese kann durch die gezeigten Maßnahmen vermindert werden: Biegeweicher Dehnschaft (1), Sacklochgewinde überragt Schraubengewinde (2) und Verspannen der Schraube über Ansatzzapfen (3)

b: Bei besonders kerbempfindlichen Schraubenwerkstoffen (z. B. Titan) reicht die gängige Mutterauflage auf einer flachen Scheibe nicht aus. Es treten häufig Brüche im Bereich der Kontaktfläche Mutter zu Scheibe auf. Abhilfe schafft eine Ausführung mit zwei kugeligen Scheiben und einer Mutter, die so gestaltet ist, dass das Schraubengewinde innerhalb der Mutter endet

c: In Sacklochverschraubungen tritt die höchste Beanspruchung am Ende des Schraubengewindes auf. In dem Bereich kann es zu Dauerbrüchen kommen (Pfeil). Der Spannungsverlauf im Muttergewinde kann durch verschiedene Maßnahmen ausgeglichener werden. Der Bolzen überragt das Muttergewinde (1) um ca. 2-fache Steigung P. Dies kann auch innerhalb des Teils erfolgen, indem das Gewinde mit einer Verrundung ausgesenkt wird (2) oder indem die Schraube ausgebohrt wird (3)

d: Die Haltbarkeit von Schraubenverbindungen kann gesteigert werden durch eine größere elastische Nachgiebigkeit der Schraube (längere Schraube durch entsprechende Gestaltung der Bauteile oder mit einer Hülse und schlanker Schaft) und durch Verschieben des Angriffspunkts der Betriebskraft F zur Trennfuge hin

e: Eine elegante Methode um auf kleinstem Raum feste Vorspannung zu erreichen ist ein Differenzgewinde. Die beiden Gewinde haben dieselbe Gangrichtung aber unterschiedliche Steigungen (P1 > P2). Je geringer der Unterschied ist, desto größere Vorspannkräfte können mit demselben Anzugsmoment erreicht werden. Der Kraftfluss ist in dem Fall auch wesentlich günstiger als bei der konventionellen Verschraubung. Die Spannkräfte werden an beiden Enden der Schraube über einen längeren Bereich über das Gewinde eingeleitet

Das beste Mittel gegen Lösen von Schraubverbindungen sind hochfest vorgespannnte Schrauben. Bei Offroadeinsätzen (Raid, Eisspeedway, …) lockern sich manche Schraubenverbindungen mit Regelsteigung. Als Abhilfe greifen manche Teams zu drastischen Mitteln und Verpressen die Mutter (Kleben reicht im Allgemeinen nicht aus). Das Lösen einer solchen Verbindung erfolgt mit einem Schlagschrauber. Das Gewinde ist allerdings danach unbrauchbar und die Schraube mitsamt Mutter muss getauscht werden.

Weil sich eine Schraube unter der Vorspannkraft längt, das Muttergewinde jedoch gedrückt wird, kommt es zu gegensätzlichen Dehnungen. Dadurch tragen im Prinzip bloß die letzten im Eingriff befindlichen Gewindegänge. Will man die Vorspannkraft gleichmäßiger auf die Einschraublänge der Schraube aufteilen, muss eine Zug-Druck-Mutter eingesetzt werden, die sich zum Teil ebenfalls längt. Das benötigt mehr Platz und ist schwerer als die Ausgangslösung. In der Formel 1 werden daher Schrauben mit an die Verformung angepasster also veränderlicher Gewindesteigung verwendet. Das ist zwar technisch elegant, aber aufwendig und teuer.

Es gibt auch den Fall, dass absichtlich eine Kerbe in einem Bauteil vorgesehen wird, nämlich an einer Sollbruchstelle. Diese Stelle entsteht durch Anbringen eines Querschnittsprungs bzw. einer Einschnürung und ihre Wirkung kann durch eine Wärmebehandlung zusätzlich gesteigert werden. Es kommt zu einer örtlichen Versprödung, die bei der vorgesehenen Überlast zum Bruch führt. Solche Stellen finden sich beispielsweise an Querlenkeranbindungen von Einsitzern. Bei einem Unfall brechen die Lenker weg und zerstören nicht den teuren Rahmen bzw. das Monocoque. Generell wird darauf geachtet, dass in einem durchgängigen Lastpfad stets das billigste Bauteil, welches den geringsten Schaden am Gesamtfahrzeug verursacht, als erstes bricht.

Abschließend 12 Grundvoraussetzungen für die Entwicklung eines zuverlässigen Produkts, nach [53]:

  • genaues Lastenheft erstellen

  • möglichst wenig Einzelteile

  • auf Risikoteile verzichten

  • leichte Austauschbarkeit von Verschleißteilen

  • bei der Auslegung nicht die letzten Sicherheitsreserven ausschöpfen

  • frühzeitige Komponentenversuche durchführen

  • den praktischen Einsatz des Produktes während der Entwicklung auf dem Rechner simulieren

  • das dynamische Verhalten vor dem praktischen Einsatz durch Schwingungsberechnungen klären

  • bei Serienprodukten: Umfangreiche Prüfstands- und Felderprobung mit praxisnahen Beanspruchungskollektiven durchführen. Bei Rennfahrzeugen entsprechend aufgezeichnete Daten aus vergangenen Bewerben heranziehen.

  • strengste Qualitätskontrollen bei den Zulieferern und bei der eigenen Fertigung

  • Stichprobenkontrollen in der (Serien-)Montage einplanen: Übereinstimmung mit vorgegebenen Qualitätsmerkmalen ständig sicherstellen

  • Garantie- und Kulanzstatistiken auswerten.

Leichtbau Leightweight Design

Das Gewicht einer Konstruktion ist im Allgemeinen vom Werkstoff, von der Bauweise, von der Auslegungsart und vom Verbindungsaufwand abhängig. Um Gewicht zu sparen wird man Werkstoffe einsetzen, die eine hohe Festigkeit bei geringer Dichte aufweisen. Näheres dazu im nächsten Abschnitt. Als gewichtssparende Bauweise bietet sich die Integralbauweise an. Im Extremfall werden dabei gar keine Verbindungen benötigt. Verbindungen haben nämlich unter anderem den Nachteil, dass Überlappungen und zusätzliche Verbindungselemente benötigt werden, die einem Abspecken im Wege stehen. Die Auslegung, also die Dimensionierung von Bauteilen, kann von vorschriftsbestimmten Sicherheitsfaktoren geprägt sein oder aber für spezielle Belastungen so ausgereizt werden, dass das Bauteil diese nur eine bestimmte Zeit erträgt. Leichtbau ist gekennzeichnet durch Optimierung der Struktur und Optimierung bedeutet auch immer Spezialisierung, also Eingrenzung auf einen bestimmten Anwendungsbereich mit genau festgelegter Anwendungsdauer.

Leichtbau heißt also vor allem ein Bauteil genau auf seine zu erwartenden Belastung(en) hin auszulegen (Betriebsfestigkeitsrechnung). Dazu muss einerseits die Belastung genau bekannt sein und andererseits die Antwort eines Werkstoffes auf diese Belastung, also das Materialverhalten, genau bekannt sein. Beides ist im Allgemeinen nur innerhalb eines Streubereiches möglich. Belastungen werden durch Stöße usw. überlagert und Werkstoffe unterliegen den üblichen Qualitätsschwankungen einer Produktion (Abb. 2.23). Ideal wäre ein Bauteil, in dem alle Bereiche gleichmäßig (und hoch) beansprucht sind. Das hieße nämlich, dass kein Material „verschenkt“ wurde. Ein weiterer Schritt die Masse von Bauteilen gering zu halten ergibt sich durch die Auslegungsart. Dauerfeste Teile sind naturgemäß wesentlich größer und schwerer als zeitfeste Teile. Eine betriebsfeste Auslegung beinhaltet [44]:

  • Berücksichtigung des Phänomens der Materialermüdung,

  • Erstellung von Auslegungskonzepten für zuverlässige Strukturen,

  • bruchmechanische Beschreibung der Rissausbreitung unter Ermüdungsbelastung und experimentelle Ermittlung der Rissausbreitungsparameter,

  • Lebensdauervorhersage und Auswahl von Inspektionsintervallen,

  • rissgerechtes Konstruieren (z. B. Einbau von Rissfallen).

Anders als in vielen Bereichen der Technik, wo dynamisch belastete Teile dauerfest ausgelegt werden, ist es im Fahrzeugbau notwendig Teile leicht zu halten. Eine Möglichkeit dazu bietet das dynamische Werkstoffverhalten, Abb. 2.26. Bei einer Wechselbelastung tritt der (Ermüdungs-)Bruch nach einer bestimmten Anzahl von Lastwechsel ein. Die ertragbare Spannung nimmt dabei mit zunehmender Anzahl der Lastspiele (Schwingungen, Zyklen,…) ab und erreicht bei vielen Werkstoffen nach einer gewissen Anzahl von Lastspielen (bei Stahl 10⋅106) einen Wert, der sich kaum mehr verändert, die Dauerfestigkeit. Wenn die Wechselbeanspruchung unterhalb der Dauerfestigkeit bleibt, tritt auch bei höchsten Lastspielzahlen kein Bruch auf. Kennt man nun die Anzahl der Lastspiele, die ein betrachtetes Bauteil ertragen soll (z. B. Anzahl der Kurbelwellenumdrehungen während der angestrebten Motorlebensdauer), so kann das Teil auf eine bestimmte höhere Beanspruchung (Zeitfestigkeit) ausgelegt werden, d. h. die Materialquerschnitte können bei gleicher Belastung kleiner ausgeführt werden.

Abb. 2.26
figure 26

Prinzipielles Festigkeitsdiagramm von Werkstoffen. Grenzspannungslinie (Wöhlerlinie) von Stahl

σD Dauerfestigkeit, σN Zeitfestigkeit für N Lastspiele

Ein Teil aus diesem Werkstoff ist dauerfest, wenn seine Beanspruchung unter σD bleibt. Genügt beispielsweise eine Lebensdauer von 105 (Pfeil) Lastspielen, so kann die Beanspruchung höher, nämlich bei σN, liegen

Je geringer die angestrebte Lebensdauer eines Bauteiles ist, desto leichtgewichtiger kann es gestaltet werden. Der Entwicklungsaufwand für solche Teile gestaltet sich allerdings beträchtlich aufwändig. Lastkollektive (s. Anhang) müssen aufgezeichnet werden, Werkstoffchargen müssen regelmäßig geprüft werden und bei Herstellung und Montage müssen die bewährten Bedingungen eingehalten werden. Bei schwingbeanspruchten Teilen führt beispielsweise eine falsche Schleifrichtung (Riefen quer zu Zugspannung) zu einer wesentlich geringeren Lastspielzahl bis zum Bruch. Für das Team bedeutet das, sämtliche Teile müssen individuell gekennzeichnet werden (Buchstaben/Zahlen-Kombination auf Klebeetiketten oder automatische Identifikationssysteme – Auto-ID: Barcode, Datamatrixcode, Chipkarten oder RFID-Technologie)Footnote 12 und ihr Einsatz (Betriebsstunden, Kilometer,…) muss genauestens erfasst werden. Dazu müssen natürlich Kilometer- bzw. Betriebsstundenzähler an Bord sein. Eine manuelle Eingabe der relevanten Daten ist zeitintensiv und fehleranfällig. Auto-ID-Systeme sind zwar technisch aufwändiger, lohnen jedoch durch ihre logistische Genauigkeit vor allem bei einem großen Fuhrpark. Bei RFID-Systemen ist nicht einmal mehr ein Sichtkontakt zu den Teilen erforderlich. Vor Ablauf der Lebensdauer müssen die Teile rechtzeitig getauscht werden (Lifing , Laufzeitkontrolle), sollen diese nicht just während des Rennens ihr Lebenspensum erfüllen. Die Bereiche eines Fahrzeugs mit den Bauteilen, die am häufigsten getauscht werden müssen, sind das Fahrwerk, der Motorraum samt Antriebswellen, das Fußhebelwerk, das Heck, der Unterboden bzw. das Torque-Tube bei Transaxle-Konzept [57].

Allgemein ist die Spanne zwischen dem Tausch von Teilen sehr unterschiedlich. Da gibt es Teile, die werden nach jedem Rennen getauscht (allen voran z. B. Reifen), und daneben fahren GT3-Fahrzeuge und Langstrecken-Prototypen 6000 km ohne geplanten Tausch von Teilen. Für Formel-3-Fahrzeuge wird nach 25.000 km (oder 2 Jahre) empfohlen u. a. folgende Teile zu wechseln: Lenkwelle, Lenkgetriebe samt Spurstangen, Bremspedal, Radlager, Querlenker samt Lager, Antriebswellen, Flügel und die Aufhängung des Heckflügels.

Wenn ein Bauteil auf seine Belastung hin dimensioniert werden soll, gilt es auch zu berücksichtigen, dass die Beanspruchung sich über die Bauteillänge ändern kann. Wird ein Teil nur auf seinen kritischen Querschnitt hin ausgelegt und ist die Belastung nicht konstant über der Bauteillänge, so sind alle übrigen Querschnitte überdimensioniert. Ein gewichtsgünstiges Bauteil wird demnach an jeder Stelle gleich und vor allem hoch beansprucht. Als Anschauungsbeispiel soll eine zylindrische Achse dienen. Das Biegemoment, das die Achse überträgt, ist nicht an jeder Stelle gleich, sondern wächst im Gegenteil mit dem Abstand zur Krafteinleitungsstelle. Eine optimierte Vollwelle mit Kreisquerschnitt hat dann an jeder Stelle x einen Durchmesser dx (Körper gleicher Festigkeit), für den gilt:

$$ {d}_x\approx \sqrt[3]{\frac{10{M}_{x,b}}{\sigma {}_{b, zul}}} $$
(2.19)

d x

Wellendurchmesser an der Stelle x, mm

M x,b

Biegemoment an der Stelle x, Nmm

σb,zul

zulässige Biegespannung des Werkstoffs, N/mm2

Fertigungstechnisch bieten sich für komplexe Bauteile mit Querschnittsübergängen und unterschiedlichen Wandstärken Gießen, Schmieden und Sintern an. Allesamt allerdings eher für große Stückzahlen geeignet. Rennsportteile werden daher eher aus dem Vollen durch Spanen hergestellt. Das geht schneller und ist bei geringen Stückzahlen auch wirtschaftlicher. Bei kleinen Losgrößen und etwas größeren Planungshorizonten bietet sich auch Sandguss an. Großflächige Teile werden in Sandwichbauweise aus faserverstärktem Kunststoff um einen Schaum- oder Wabenkern laminiert (schichtweise aufgebaut). Ideal für kurze Entwicklungszyklen und knappe Lieferzeiten erweist sich die additive Fertigung (AM Additive Manufacturing, Rapid Prototyping, Generative Verfahren, 3D-Druck). Kunststoffe aller Art (ABS, PA, PPS, PEEK, PVA, PC, PLA, TPE,…), Kernsand und neuerdings auch Metalle (Al, Stahl, Ti, CoCrMo, NiCr) lassen sich direkt aus einem 3D-CAD-Modell schichtweise zu einer Guss- bzw. Laminierform oder einem Bauteil aufbauen.

Wenn auch der rechnerische und versuchstechnische Aufwand bei extremen Leichtbau rasch groß wird (Abb. 2.27), lassen sich doch einfache Regeln und Strategien angeben, mit denen auch ohne FEM-Analysen (computergestützte numerische Spannungsberechnung, die mit Rechnern durchgeführt wird, s. Anhang). Werkstoff und damit Bauteilmasse gespart werden kann. Serienfahrzeuge sollen zwar auch eine geringe Masse aufweisen, aus wirtschaftlichen Gründen wird jedoch kostenoptimierter Leichtbau betrieben. Bei Rennfahrzeugen stehen bei wesentlich geringeren Stückzahlen andere Ziele im Vordergrund, weshalb die Gewichtseinsparung wesentlich weiter getrieben wird (extremer Leichtbau).

Abb. 2.27
figure 27

Zusammenhang zwischen Gewicht und Kosten von Konstruktionen

Die Gesamtkosten (zusammengesetzt aus Fertigungs-, Engineering- und Materialkosten) hängen direkt vom Gewicht der Konstruktion ab. Der Ingenieuraufwand steigt mit sinkendem Gewicht ebenso an wie die Fertigungskosten. Außerdem nehmen die Materialkosten bei leichteren Werkstoffen ebenso zu

Einige dieser Prinzipien sind:

  • Direkte Lasteinleitung

  • Realisierung hoher Flächenträgheitsmomente

  • Integralbauweise

  • Parallelschaltung von Wirkflächen

  • Drehzahlerhöhung

  • Überlastbegrenzung

  • verbesserte Kühlung bei thermisch belasteten Konstruktionen

  • Verringerung von Kerbwirkung durch günstigen Kraft- bzw. Spannungsfluss

  • Einsatz von hochfesten Werkstoffen

Prinzip der direkten Lastleitung

Ist eine Kraft oder ein Moment von einer Stelle zu einer anderen bei möglichst kleiner Verformung zu leiten, dann ist der direkte und kürzeste Lastleitungsweg der zweckmäßigste: Es werden nur wenige Zonen belastet und die Lastleitungswege, deren Querschnitte entsprechend ausgelegt werden müssen, werden hinsichtlich Werkstoffaufwand (Gewicht, Volumen) und resultierender Verformung minimiert. Das gilt besonders dann, wenn es gelingt, die Aufgabe nur unter Zug- oder Druckbeanspruchung zu lösen. Diese Beanspruchungsarten haben im Gegensatz zu Biegung und Torsion die geringeren Verformungen zur Folge. Abb. 2.28 zeigt wie durch entsprechende Gestaltung ein Biegeträger durch Zug- und Druckstäbe ersetzt werden kann.Footnote 13

Abb. 2.28
figure 28

Gestaltung einer Turboladeraufhängung aus Zug- und Druckstreben. (Renault Formel-1-Motor von 1984, V6 1,5 l Hubraum)

Diese Konstruktion bestehend aus drei Streben ist wesentlich leichter als ein Auslegerarm, der auf Biegung beansprucht wird. Die Streben sind an einem Ende am Zylinderkopf befestigt und treffen mit dem anderen Ende in einem Punkt zusammen, an dem ein Halter über Zug den Abgasturbolader abstützt

Ein weiteres Beispiel liefert die Bremsanlage. Die Weiterleitung des Bremsmoments von der Bremsscheibe erfolgt über Bolzen im Rad zum Latsch, d. h. es werden keine Umwege über Flansche, Radnabe etc. genommen. Das würde bloß die Verformung im System vergrößern und die Radnabe mitsamt weiteren Teilen müsste kräftiger, also schwerer dimensioniert werden, Abb. 2.29.

Abb. 2.29
figure 29

Schema der Lastleitung bei einer Scheibenbremse

a Radnabe mit einem Flansch, b Radnabe mit zwei Flanschen

Im Fall a) erfolgt eine direkte Lastleitung zwischen Scheibe und Rad. Bei b) wird auch ein Abschnitt der Radnabe beansprucht

Für steife, leichte Konstruktionen sollen also Zug- und Druckbelastungen bevorzugt werden. Wobei Druck benachteiligt ist durch mögliche Instabilität bei schlanker Bauteilgestalt, nämlich durch die Versagensform Knicken (s. Anhang) bzw. Beulen. Wie augenfällig der Einfluss von zusätzlichen Biegebeanspruchungen in Bauteilen auf deren Masse ist, zeigt Abb. 2.30 beispielhaft.

Abb. 2.30
figure 30

Auslegung von Bauteilen, die Zugkräfte übertragen, nach [29]

a reines Zugglied, b ringförmiges Glied, zusätzliches Biegemoment. c sichelförmiges Glied, einseitiges Biegemoment

Dieselbe Zugkraft F führt trotz gleicher Werkstofffestigkeit bei zusätzlicher Biegebeanspruchung zu deutlich größeren erforderlichen Querschnitten (Breite 0,5x bzw. 2x gegenüber 0,2x beim reinen Zugglied) und damit zu deutlich schwereren Bauteilen

Geschlossene und symmetrische Profile bzw. Konstruktionen erweisen sich dabei als günstiger als offene oder asymmetrische Querschnitte.

Dieses Prinzip nur Zug/Druckspannungen zuzulassen führt zu Fachwerkkonstruktionen. Deren Nachteil ist, dass bei großen Lasten ein großes Bauvolumen erforderlich wird.

Doppelquerlenkerachse bestehen im Grunde auch aus Streben, die Zug und Druck übertragen.

Das ideale Element im Sinne dieses Prinzips ist das Seil. Tatsächlich findet es an vielen Stellen Verwendung, wenn es gilt mit geringer Masse Teile abzustützen oder zu versteifen, Abb. 2.31.

Abb. 2.31
figure 31

Seil als Zugglied (Benetton Ford 189, 1989)

Zur Reduzierung des Biegemoments durch Eigengewicht und Abtrieb des Frontflügels wird dieser mit einem Seil zur Oberseite der Nase hin abgespannt

Realisierung hoher Flächenträgheitsmomente

Damit die Biegesteifigkeit und –Festigkeit bei gegebenem Querschnitt (und damit Masse) möglichst groß ist, müssen tragende Flächen eines Querschnitts möglichst weit auseinander angeordnet sein (vgl. auch Abschn. 6.2.1Gitterrohrrahmen). Dies wird erreicht durch Rohrquerschnitte statt Vollprofile, Sandwichstrukturen (Abschn. 6.2.3), räumliche Tragwerke, Sicken in Blechen, Verrippungen sowie Feingliederung von Strukturen, Schalenbildung bei Blechen (vgl. auch Abschn. 6.2.2), Vorkrümmung von Strukturen gegen die Hauptbelastungsrichtung usw.

Integralbauweise

 integral construction. Darunter versteht man das Vereinigen mehrerer Einzelteile zu einem Werkstück. Typische Beispiele hierfür sind Gusskonstruktionen statt Schweißkonstruktionen, Strangpressprofile statt gefügter Normprofile, angeschmiedete Flansche statt gefügter Flansche. Es fallen so Fügestellen weg und es werden enge Toleranzen möglich, die beim Aufbau eines Gebildes aus mehreren Einzelteilen wegen der Aufsummierung von Einzeltoleranzen nicht machbar sind.

Bevorzugte Fertigungsverfahren sind: Gießen, besonders Feingießen und Spritzgießen, Sintern, Blechumformen, Tiefziehen, Schmieden, erosives bzw. elektrolytisches Abtragen, Laminieren von Fasermatten und Spanen aus dem Vollen.

Umgekehrt hat auch die Differenzialbauweise differenzial construction, also das Gliedern einer Komponente in mehrere Teile mit unterschiedlichen Aufgaben auch ihre Vorteile: Jedes Teil kann an seine Grenze beansprucht werden und die Werkstoffwahl kann kompromisslos auf die Teilaufgabe konzentriert erfolgen. Die Fertigung der Einzelteile kann parallel stattfinden, was vor allem bei zeitkritischen Komponenten bedeutend sein kann. Weiters lassen sich typische Austauschteile auf einzelne Verschleißstellen eingrenzen und es muss im Wartungsfall nicht das gesamte Bauteil entsorgt werden.

Bei der Verbundbauweise nimmt man eine Kombination von günstigen Werkstoffeigenschaften in einem Bauteil vor, indem ein Teil aus mehreren Werkstoffen aufgebaut wird, die untrennbar miteinander verbunden sind. Ein Beispiel dafür stellen CFK-Querlenker mit eingeklebten Gelenksaugen aus Metall dar.

Parallelschaltung von Wirkflächen

Eine Parallelschaltung von Wirkflächen ergibt eine Leistungsteilung, wodurch das gesamte System bei gleicher Leistung kleiner ausgeführt werden kann. Ein Beispiel dafür liefern Planetenradgetriebe, wie sie auch in Differenzialen zu finden sind. Das zu übertragende Moment wird dabei auf mehrere Planetenräder aufgeteilt, so dass jedes einzelne theoretisch nur einen Bruchteil davon übertragen muss. Tatsächlich müssen die Räder auf ein etwas größeres Moment ausgelegt werden, weil durch Fertigungstoleranzen das Eingangsmoment nicht gleichmäßig auf alle Planetenräder verteilt wird. Ein weiteres Beispiel ist im Allradantrieb eines Fahrzeugs zu sehen. Die zu übertragende Leistung wird in einem bestimmten Verhältnis auf alle Räder aufgeteilt. Diese sind daher weiter von der Schlupfgrenze entfernt und können bei gleicher Gesamtleistung eine größere Seitenkraft übertragen (Kurvenfahrt).

Drehzahlerhöhung

Erhöht man die Drehzahl eines leistungsübertragenden Systems bei konstanter Leistung, so verringert sich dadurch das zu übertragende Moment (Leistung = Drehmoment mal Drehzahl). Es macht also Sinn, das Schaltgetriebe unmittelbar am Motor anzuflanschen. Durch die hohe Eingangsdrehzahl muss die Eingangswelle nur ein relativ kleines Moment übertragen und baut entsprechend klein, wie auch das gesamte Getriebe. Die für den Fahrzeugantrieb benötigte Vergrößerung des Moments erfolgt möglichst spät, in dem Fall im Hinterachsgetriebe, wobei der Leistungsfluss zu den Antriebsrädern aber auf zwei Seitenwellen aufgeteilt wird (Parallelschaltung von Wirkflächen).

Überlastbegrenzung

Die Masse von Bauteilen ergibt sich durch die Dimensionierung. Werden Bauteile auf eine Last ausgelegt, die äußerst selten auftritt, sind sie für alle anderen Belastungen überdimensioniert, also zu schwer. Als Folge davon müssen auch benachbarte Bauteile (Lager, Gehäuse, Flansche,…) größer dimensioniert werden, wodurch das gesamte System schwerer wird. Abhilfe bietet eine Verringerung von Stoßwirkungen z. B. durch weicheren Antrieb oder Einbau elastischer Zwischenglieder. Eine andere Möglichkeit ist die, dass man die höchste äußere Belastung genau festsetzt und zwar durch eine definierte Begrenzung. Solch eine Möglichkeit bieten Rutschkupplungen, Flüssigkeitskupplungen, Sollbruchstellen, Überdruckventile, Trennschalter usw.

Innovationen Innovations

Wie überall, wo man sich von Wettbewerbern abheben möchte, ist auch oder besser gerade der Rennsport geprägt von der ewigen Suche nach Kniffs, Verbesserungen und Innovationen, mit denen die Konkurrenz sprichwörtlich abgehängt werden kann. Dabei gilt es das Potenzial neuer Lösungen mit dem Zeitaufwand für die Reifung der Neuerung abzuwägen. Nur allzu oft stellt man fest, dass das (unreife) Brandneue vom ausgereiften Alten geschlagen wird – zumindest anfangs. Hier spielen „Kinderkrankheiten“ und fehlende Erfahrung der Anwender (Fahrer, Renningenieur und Mechaniker) am Beginn der Entwicklung eine große Rolle. Und nicht selten erntet nicht derjenige, der ein neues System eingeführt hat, sondern der, der es übernommen und weiterentwickelt hat, die Früchte der Idee. Jede Neuerung muss also nicht gleichbedeutend mit einem Sieg beim ersten Einsatz sein, eher wird eine Durststrecke die Folge sein, in der das neue System entwickelt werden muss. In dem Zusammenhang ist die Zuverlässigkeit ein Thema. Mit der Einführung eines neuen Systems, eines neuen Konzepts oder einer neuen Lösung gibt man womöglich Bewährtes auf und riskiert Ausfälle. Auf der anderen Seite darf man auch nicht allzu konservativ denken, sonst fährt man eines Tages hinterher. Jedes Team, das eine größere Innovation plant, ist gut beraten, die Entwicklung parallel durchzuführen. Das heißt der neue Wagen wird mit bewährten Lösungen aufgebaut und unabhängig davon nimmt ein Teil des Teams die Entwicklung der neuen Lösung in Angriff. Erst wenn die einwandfreie Funktion der neuen Lösung abgesichert ist, kommt sie im Fahrzeug zum Einsatz. Natürlich setzt das eine entsprechende Teamgröße und ein abgestimmtes Budget voraus.

Einen typischen Innovationsverlauf beschreiben Reifekurven von zahlreichen technischen Systemen: Anfangs arbeiten sie rein mechanisch und mit fester, kompromissbehafteter Einstellung, darauf folgen elektrisch beeinflusste Lösungen mit Teilverstellbarkeit und den Letztstand stellen elektronische Systeme dar, die auch anpassungs- und lernfähig sind. Bei der Suche nach neuen Lösungen ist es von Vorteil, sich das technisches Ideal vor Augen halten, auch wenn es vordergründig unerreichbar scheint. Vielfach erweist sich die sprachliche Formulierung der eigentlichen Problemstellung als großer Schritt in die richtige Richtung.

Innovationen ergeben sich oft durch einen Werkstoffwechsel bzw. Wechsel des Fertigungsverfahrens. Ebenso wirksam kann ein Wechsel des Wirkprinzips sein (Gasfeder statt Metallfeder, Flüssigkeitsdämpfung statt Reibungsdämpfung,…).

2.6 Werkstoffe Materials

Der Konstrukteur muss über Werkstoffe Bescheid wissen, beeinflussen sie doch die Konstruktion nachhaltig. So ist beispielsweise die Formgebung vom Fertigungsverfahren und das wiederum vom Werkstoff abhängig. Naturgemäß sind die Eigenschaften der Stoffe unterschiedlich, wie etwa Festigkeit, Härte, spröde, nicht korrosionsbeständig, tribologisch ungünstig, leitend, Kriechneigung, warmformbeständig, schweißbar, Alterung, chemische Beständigkeit usw. Darüber hinaus kann die Verbindungstechnik nicht ohne Wissen über Werkstoffeigenschaften ausgewählt werden.

Deshalb folgt zunächst eine kurze Übersicht über die Konstruktionswerkstoffe, gefolgt von einem Vergleich und abschließend werden Hinweise zur Auswahl gegeben.

2.6.1 Übersicht gängiger Werkstoffe

Die Konstruktionswerkstoffe werden in vier Gruppen eingeteilt, die sich weiter unterteilen lassen:

  • Metalle

    • Eisenmetalle

    • Nichteisenmetalle

  • Pulver- und Sinterwerkstoffe

  • Nichtmetallische Stoffe

    • Kunststoffe

    • Holz

  • Verbundwerkstoffe

Metalle Metals

Eisenmetalle Ferrous Metals

Stahl steel. Stähle zählen nach wie vor zu den wichtigsten Werkstoffen des Fahrzeugbaus. Das schlägt sich auch in einem günstigen Kilopreis nieder. Auch bei einem modernen Pkw beträgt der Massenanteil von Stahl mehr als die Hälfte aller eingesetzten Werkstoffe. Es gibt zahlreiche unterschiedliche Sorten deren Eigenschaften gezielt durch Legieren und Wärmebehandeln verändert werden können. Stähle sind im Allgemeinen gut schmied- und schweißbar. Wellen, Zahnräder, Federn, Schrauben und Abgasanlagen werden unter anderem aus Stahl hergestellt.

Stahlguss cast steel. Ist eine durch das Herstellungsverfahren (Gießen mit anschließendem Glühen) gekennzeichnete Stahlform mit praktisch denselben Eigenschaften wie Stahl, also schmiedbar, schweißbar und legierbar.

Gusseisen cast iron. Gusseisen hat einen hohen Gehalt an Kohlenstoff, der zum größten Teil als Grafit (lamellar, kugel- oder würmchenförmig) im Gefüge vorliegt. Herausragend sind vor allem die Druckfestigkeit, günstige Laufeigenschaften und sein Dämpfungsvermögen. Viele Motorblöcke werden deshalb auch heute noch aus diesem Werkstoff gefertigt. So genanntes austenitisches Gusseisen ist für Leichtbaukonstruktionen besser geeignet, weil seine Festigkeitswerte annähernd doppelt so hoch, wie jene unlegierter Gusseisensorten liegen.

Nichteisenmetalle Non Ferrous Metals

Aluminium aluminium. Aluminium und vor allem seine Legierungen sind ein bedeutender Leichtbauwerkstoff. Ähnlich wie bei Stahl ist durch Legieren ein breites Spektrum an Eigenschaften darstellbar. So gibt es Guss- und Knetlegierungen (cast alloy, wrought alloy), die sich durch geringe Dichte bei hoher Festigkeit auszeichnen. Generell erweisen sich die Knetlegierungen als fester und zäher. Dies kann aber durch Sondergießverfahren (Vacuralguss, Squeeze-Casting, Thixo-Forming) ausgeglichen werden.

Für den Leichtbau interessante Abwandlungen sind Sinteraluminium und Schaumaluminium. Aluminiumteile haben ein großes Einsatzfeld und finden sich im Motor- und Getriebebau ebenso wie im Rahmen- und Fahrwerksbereich: Gehäuse, Deckel, Hebel, Kolben, Schrauben, Radträger, Bremszangen und Halter.

Magnesium magnesium. Magnesiumlegierungen zeichnen sich durch eine extrem geringe Dichte bei brauchbarer Festigkeit aus. Sie sind gut zu vergießen (äußerst gut im Druckgussverfahren) und leicht spanend zu bearbeiten. Es sind auch Knetlegierungen erhältlich. Einer nahe liegenden weiten Verbreitung stehen jedoch einige Nachteile im Weg. Einer dieser Negativpunkte ist die leichte Brennbarkeit: Aus dem Grund ist sein Einsatz von manchen Reglements an bestimmten Stellen, wie etwa im Cockpit, verboten. Außerdem sind die Bauteile sehr kerbempfindlich und je nach Legierungszusammensetzung auch anfällig für Korrosion. Die niedrige Bruchdehnung führt dazu, dass die Teile aus Magnesium stoß- und schlagempfindlich sind. Trotzdem zeigen sich einige Legierungen bei schwingender Beanspruchung dauerfester als höherfeste Aluminium-Legierungen. Magnesiumlegierungen empfehlen sich so unter anderem für Getriebegehäuse und andere Teile die über große Zeiträume dynamisch belastet werden. Auch Räder werden aus diesem Metall hergestellt.

Titan titanium. Titan hat einige Eigenschaften, die es für Rennfahrzeuge interessant macht. Bei etwa der halben Dichte von Stahl übertrifft es in der Festigkeit teilweise auch hochfeste Stähle. Es zeigt eine geringe Wärmedehnung und ist sehr korrosionsbeständig. Auch Titan und seine häufiger verwendeten Legierungen sind nicht frei von Nachteilen. Einmal von den extrem hohen Kosten abgesehen, erweist sich Titan als schlechter Laufpartner. An Pleuelaugen werden so Bundlagerschalen oder Beschichtungen erforderlich, damit die Stahl-Kurbelwangen keinen Verschleiß erfahren. Die Kerbempfindlichkeit verlangt besonders sorgfältige Gestaltung von Querschnittsübergängen und Krafteinleitungen (insbesondere Verschraubungen). Trotzdem hat Titan – hohe Oberflächengüte vorausgesetzt – eine hohe Dauerfestigkeit. Der Wert für Dauerfestigkeit bezogen auf Zugfestigkeit liegt mit etwa 0,7 bedeutend höher als bei anderen Werkstoffen [27]. Bei sehr hoch beanspruchten Bauteilen kann es allerdings auch zu Versagen ohne merkliche vorhergehender Deformation kommen. Titanlegerungen weisen teilweise unterschiedliche Verarbeitungseigenschaften auf. Einige sind gut schweißbar, andere zeigen eine hohe Warmfestigkeit. Die spanende Bearbeitung ist bei allen Legierungen schwierig. Bekannte Teile aus Titanlegierungen sind Schraubenfedern, Schrauben, Pleuel, Pilzventile, Radaufhängungsteile, Radnaben, Wellen, Gehäuse und Abgasanlagen.

Sinterwerkstoffe Powder-Metal Material

Sie werden nach pulvermetallurgischen Verfahren hergestellt. Die Dichte des Werkstoffs kann somit in weiten Grenzen von poröse bis dicht variiert werden. Mit diesem Verfahren können auch höchstschmelzende Metalle (Wolfram, Molybdän,…) in eine gewünschte Form gebracht werden. Sinterteile sind meist kleine filigrane Teile, wie Zahnräder, Kettenräder, Geberräder usw. oder – in poröser Ausprägung – auch Lager- und Filtereinsätze.

Nichtmetallische Stoffe Nonmetallic Materials

Kunststoffe plastics. Es gibt eine Vielzahl von Kunststoffen, die weiter in Thermoplaste und Duroplaste eingeteilt werden. Von Bedeutung für tragende Bauteile sind Harze und zwar als Matrixwerkstoff für Faser-Kunststoff-Verbunde.

Verbundwerkstoffe Composites

Ein Verbundstoff besteht aus mindestens zwei Komponenten, die nebeneinander vorliegen, also nicht ineinander gelöst sind. Solche Verbundstoffe werden u. a. durch Sintern, spezielle Gussverfahren oder Tränken von porösem Halbzeug hergestellt. Durch geschickte Kombination von einzelnen Werkstoffen lassen sich so Verbundstoffe herstellen, die die positiven Eigenschaften der Bestandteile vereinen und dabei deren negativen Eigenschaften überdecken.

Faserverbundwerkstoffe

(fiber composites). Verbundwerkstoffe bestehen aus einer Kombination mehrerer Werkstofftypen (Name!). Ein „faserverstärkter Kunststoff“ besteht beispielsweise aus Kunststoff als Grundwerkstoff (die so genannte Matrix), in den Fasern zur Verstärkung eingebettet sind. Durch die Kombination der Faser mit dem Grundmaterial lassen sich somit Verbundwerkstoffe mit speziell für einen Einsatzbereich abgestimmten Eigenschaften schaffen. Die besten Eigenschaften weisen diese Werkstoffe in Faserrichtung auf. Deshalb werden auch Werkstoffe mit kombinierten Faserrichtungen hergestellt (bi- und multidirektional gerichtete Fasern) bzw. typische Bauteile werden als Schalenkörper durch ein Laminat mehrerer unidirektionaler Schichten dargestellt. Monocoques von Monoposti und Fahrerzellen von Le Mans-Prototypen sind klassische Vertreter solcher Teile.

Die am häufigsten eingesetzten Grundwerkstoffe sind dabei Duroplaste (Harze) und Thermoplaste. Aber auch Leichtmetalle und Keramiken können so verstärkt werden. Als Fasern kommen Glas-, Kohlenstoff- und Synthesefasern (Aramid, Kevlar) in Frage. Die Fasern haben gegenüber den massiven Werkstoffen wesentlich höhere Zugfestigkeiten und sind trotz ihrer hohen Härte biegsam. Vor- und Nachteile gängiger Fasern sind in Tab. 2.14 zusammengefasst.

Tab. 2.14 Vergleich der Eigenschaften von Fasern

Solche Faserverbundwerkstoffe haben zwar gute spezifische Eigenschaften, jedoch auch ein komplexeres Materialverhalten, was die Berechnung und Bauteilauslegung erschwert.

CFK

(kohlenstoff-faserverstärkter Kunststoff carbon-fibre reinforced plastic). In dem Fall sind Kohlenstofffasern in einer Harzmatrix eingebettet. Sie haben eine hohe Steifigkeit und Zugfestigkeit bei geringem Gewicht. So ist es auch nicht verwunderlich, dass bei Formel-1-Fahrzeugen etwa 60 % aus CFK bestehen. Unter anderem Monocoque, Nase inkl. Crashelement, Außenhautteile, Flügel, Teile der Radaufhängung, Deckel sowie Gehäuse am Motor, Teile des Getriebes, Kupplungsscheiben und Luftführungsschächte bei Bremsen. Aber nicht nur die statische Festigkeit ist herausragend, auch die Dauerfestigkeit bezogen auf die Zugfestigkeit ist höher als einiger Stähle oder Aluminiumlegierungen.

Bisher war dieser Verbundwerkstoff für Großserienfahrzeuge in der Anschaffung und Verarbeitung schlichtweg zu teuer. In jüngster Zeit werden aber zunehmend Entwicklungen in diese Richtung durchgeführt. Leichtbau ist ja ein Kernthema, wenn es bei Fahrzeugen um die Senkung des Kraftstoffverbrauchs und damit um den CO2-Ausstoß geht. Zudem verfügen Komponenten aus CFK neben der geringen Ermüdungsneigung über gute Crash-Eigenschaften und eine hohe Korrosionsbeständigkeit.

MMC

(Metall-Matrix Verbunde, metal matrix composites). Ebenso wie die Matrix bei CFK aus Kunststoff besteht, kann sie auch metallisch sein. Um Gewicht zu sparen wird bevorzugt Leichtmetall (Aluminium-, Magnesiumlegierungen) eingesetzt. Die Fasern oder Partikel bestehen etwa aus Stahl, Kohlenstoff oder Keramik. MMC sind kriechbeständiger als unverstärkte Leichtmetalllegierungen und ihre Festigkeit nimmt bei Temperaturerhöhung nur wenig ab. Bekannte Teile aus MMC mit Aluminium-Matrix sind Kolben, Kurbelgehäuse und Radträger. Kolben können auch mit einer Magnesiummatrix aufgebaut werden.

2.6.2 Werkstoffvergleich Material Comparison

Zum direkten Vergleich unterschiedlicher in Frage kommender Werkstoffe sind absolute Werte ungeeignet. Vielmehr müssen relative Werte herangezogen werden. Das fängt bei der Dichte an, also bei der Masse des Werkstoffs bezogen auf das eingenommene Volumen. Als Vergleichswert für die Werkstoffwahl allein reicht die Dichte jedoch nicht aus, sondern es müssen die erforderliche Masse und – je nach äußerer Belastung – die Festigkeit des Werkstoffes (zulässige Spannung; zulässige Formänderung, …) in ein Verhältnis gesetzt werden.

Die spezifische Steifigkeit E/(g ρ) vergleicht das Längs-Verformungsverhalten (E = E-Modul, s. Anhang) bezogen auf das Gewicht. Die Reißlänge Rm/(g ρ) stellt anschaulich jene Länge dar, bei der ein aufgehängter Stab unter seinem Eigengewicht reißen würde (Rm = Zugfestigkeit, s. Anhang). Die Knicksteifigkeit von Stäben bezogen auf das Gewicht quantifiziert der Term \( \sqrt{E}/\left(g\cdot \rho \right) \). Tab. 2.15 liefert einen Überblick über wichtige Eigenschaftsgrößen gängiger Werkstoffgruppen.

Tab. 2.15 Werkstoffvergleich, nach [27]

Beryllium weist nicht nur eine extrem hohe Steifigkeit auf, sondern stellt diese bei einem geringen spezifischen Gewicht zur Verfügung. Entsprechend groß ist seine Reißlänge. Unübertroffen in dieser Hinsicht ist allerdings unidirektionales AFK. Wie überhaupt alle Faserverbundwerkstoffe in dieser Tabelle bei der Reißlänge vorn liegen. Auch Holz kann als Konstruktionswerkstoff für den Leichtbau interessant sein – es hat dieselbe Reißlänge wie Titanlegierungen. Wenn es um Längssteifigkeit bei geringem Gewicht geht, ist unidirektionales CFK die erste Wahl. Es weist die größte spezifische Steifigkeit auf. Bei gewichtssparenden Druckstäben können Magnesium-Legierungen eine interessante Alternative sein. Sie haben eine höhere spezifische Knicksteifigkeit als beispielsweise Stahl sowie Titan- und Aluminiumlegierungen, obwohl sie einen wesentlich kleineren Elastizitätsmodul als diese haben.

Die Auswirkung höherer Werkstofffestigkeit illustriert Abb. 2.32 anschaulich. Die höherfeste Schraube kann bei gleicher Belastung kleiner ausgeführt werden. Damit kann auch die Umgebung der Schraube entsprechend kleiner gestaltet werden und damit wiederum wird die gesamte Konstruktion leichter. Innensechskantschrauben (DIN 912) sind in dem Zusammenhang besonders günstig.

Abb. 2.32
figure 32

Einfluss der Werkstofffestigkeit auf das Gewicht, nach [35]

Die äußere Belastung ist für alle vier Verbindungen gleich. Die Schrauben weisen jedoch unterschiedliche Festigkeiten auf und deshalb müssen die Abmessungen der Schrauben unterschiedlich sein. Die resultierende Beanspruchung (Spannung) ist für alle gleich groß. Mit höherfestem Material lässt sich also auch Masse sparen.

2.6.3 Werkstoffwahl Material Selection

Zur Auswahl des Werkstoffes werden wirtschaftliche und technische Gesichtspunkte betrachtet. Welche überwiegen hängt von der Aufgabenstellung und vom Budget ab. Ein Kriterium muss auf alle Fälle sichergestellt sein: Die Festigkeit muss für die Erfüllung der Funktion ausreichend sein. Die Wahl von Werkstoff und Fertigungsverfahren ist darüber hinaus nicht immer unabhängig voneinander möglich. Bestimmte Werkstoffe können nur mit gewissen Fertigungsverfahren in die gewünschte Gestalt gebracht werden (Gussteile, Sinterteile, …) und umgekehrt schränken manche Fertigungsverfahren die Werkstoffauswahl ein (Schweißteile, Erodierverfahren, Ziehteile, …). Umformverfahren haben den Vorteil Materialfehler (Fehlstellen, Poren, …) zu verschweißen und einen kraftflussgerechten Faserverlauf zu ermöglichen. Sie bieten sich dadurch für sicherheitsrelevante Teile, die einer Dauerschwingbeanspruchung ausgesetzt sind, an. Allerdings ist der Werkzeugaufwand für kleine Stückzahlen zu groß und der Zeitaufwand für eventuelle konstruktive Änderungen sind im Vergleich zu Schweiß- oder Frästeilen ungleich größer Aus dem Vollen spanend hergestellte Teile für solche Anwendungen durchlaufen zahlreiche Fertigungsphasen: Sie müssen unter anderem spannungsarmgeglüht, kugelgestrahlt, poliert und einzeln geprüft werden.

In den höchsten Klassen des Motorsports werden gerne Werkstoffe eingesetzt, die nicht genormt und am freien Markt schwer oder gar nicht erhältlich sind. Solche Werkstoffe sind naturgemäß teuer und haben lange Lieferzeiten.

Folgende Kriterien können allgemein zur Werkstoffbeurteilung und –auswahl herangezogen werden:

  1. 1.

    Zur Sicherstellung der Funktion: Festigkeit (Zeit, Temperatur, …), Härte, Elastizitätsmodul, Bruchdehnung; Korrosion; Wärmedehnung, Wärmeleitung; elektrische Eigenschaften, tribologische Eigenschaften; Haptik (s. Anhang); Dämpfungseigenschaften, akustische Eigenschaften

  2. 2.

    Gewicht des fertigen Bauteils

  3. 3.

    Fertigungseigenschaften: Gießbar, schmiedbar, schweißbar, tiefziehfähig usw.

  4. 4.

    Materialkosten

Bei größeren Stückzahlen kommen noch folgende Kriterien hinzu:

  1. 5.

    Erforderliche Investitionen zur Bearbeitung und Prüfung

  2. 6.

    Laufende Kosten in der Fertigung

  3. 7.

    Recyclingmöglichkeit

Einige Überlegungen zu einzelnen, oben angeführten Kriterien: Es genügt nicht eine höhere Festigkeit allein anzustreben. Die Zähigkeit, d. h. die plastische Verformbarkeit, ermöglicht bei ungleichmäßig verteilten Beanspruchungen den Abbau von Spannungsspitzen und ist eine der bedeutendsten Sicherheitsfaktoren, die ein Werkstoff bieten kann. Im Allgemeinen nimmt die Zähigkeit der Werkstoffe mit höherer Festigkeit ab. Es muss also auf eine Mindestzähigkeit geachtet werden, damit die Vorteile der plastischen Verformbarkeit gewährleistet sind. Gefährlich sind Fälle, in denen der Werkstoff mit der Zeit oder aus anderen Gründen versprödet (z. B. Strahlung, Korrosion, Temperatur oder durch Oberflächenschutz) und dadurch die Fähigkeit verliert, sich bei Überbeanspruchung plastisch zu verformen. Dieses Verhalten trifft besonders bei Kunststoffen zu.

Das Gewicht des fertigen Bauteils hängt von seiner Beanspruchung und damit von der Art der Belastung ab. Neben konstruktiven Maßnahmen (siehe unter Abschn. 2.5 Allgemeine Konstruktionsprinzipien - Leichtbau) gilt es hier besonders das entscheidende Kriterium bei der Werkstoffwahl heranzuziehen. Tab. 2.16 bietet eine Zusammenstellung der Auswahlkriterien für Teile mit geringster Masse aus gängigen Halbzeugen bei unterschiedlichen Belastungen.

Tab. 2.16 Spezifische Werkstoffkennwerte für steifigkeits- und festigkeitsorientierte Teile bei minimaler Masse, nach [45]

Bei Serienkonstruktionen stehen die Kosten weit oben auf der Anforderungsliste. Hier wird ein wirtschaftlicher Ansatz bei der Werkstoffwahl bevorzugt werden. Das kostengünstigste Material, das gerade die Belastung erträgt, wird eingesetzt. Will man Gewicht durch leichteres Material sparen, werden die Kosten zunehmen, weil im Allgemeinen die Werkstoffpreise mit sinkender Dichte steigen.

Die Bearbeitbarkeit des Werkstoffes ist für die Fertigungskosten wesentlich. Das ist besonders wichtig bei großen Bauteilen und der Herstellung großer Stückzahlen. Je leichter ein Werkstoff zu zerspanen ist, desto günstiger ist er für die Fertigung. Werkstoffe sind im Allgemeinen umso leichter zerspanbar, je geringere Festigkeit (Härte) sie haben. Grauguss verhält sich ungefähr wie Stahl mittlerer Festigkeit. Kupferlegierungen, Kunststoffe, insbesondere aber Leichtmetalle sind im Allgemeinen leichter zerspanbar als Stahl. Hochfeste, austenitische Stähle oder Sonderstahlguss (nichtrostend und/oder hitzebeständig) sind schwer zerspanbar.

Darüber hinaus soll die Werkstoffwahl gerade bei „exotischen“ Werkstoffen schon in der Konzeptphase eines Projekts erfolgen. Nicht selten kann nämlich das Wunschmaterial nicht eingesetzt werden, weil es nicht kurzfristig verfügbar ist.

2.7 Kosten Costs

Dieser Abschnitt könnte hinfällig sein, wenn folgende Aussage stimmt: Rennfahrzeuge werden –abgesehen vom Reglement – streng nach rein technischen Gesichtspunkten ausgelegt und deshalb sind Kosten kein Thema. Wahr ist jedoch, dass Kosten immer ein Thema sind. Die Frage ist nur, mit welcher Wichtigkeit, sie in die Überlegungen bei der Konzeption eines Fahrzeugs einbezogen werden. Bei Serienfahrzeugen sind die Kosten, insbesondere die Herstellkosten (und hierin die Materialkosten), an erster Stelle. Hier zahlt sich eine Optimierung der Herstell- und Montageverfahren im wahrsten Sinn des Wortes aus. Bei Rennfahrzeugen, von denen oftmals nur wenige Einzelstücke gebaut werden liegen die Dinge anders. Trotzdem hat auch ein Formel-1-Team ein (endliches) Budget, mit dem es auskommen muss und das in Einzelbereiche nach diversen Kriterien aufgeteilt werden muss, Abb. 2.28. Bei der Konzeption müssen sich also alle Konstrukteure nach der Decke strecken, wenngleich diese natürlich nicht für alle gleich hoch – oder besser – nieder hängt. Kosten sind also ein Thema und jeder Konstrukteur wird gut daran tun, sich zu überlegen, was ihm wie viel Wert ist. Bei diesen Überlegungen können die (für manchen rein theoretisch anmutenden) Erkenntnisse aus Abschn. 2.3.2 Konzeptvergleich, Anteil einzelner Baugruppen an den Fahrleistungen hilfreich sein.

Abb. 2.33 zeigt (im doppelt logarithmischen Maßstab!), dass die Formel 1 bei Teamgröße und Budget herausragend ist und für Vergleichszwecke bei Kostenbetrachtungen ungeeignet ist, weil sie eine Welt für sich darstellt. Privatteams, die beim Langstreckenrennen in Le Mans teilnehmen, verzichten teilweise auf gewichtssparende Werkstoffe, weil bei einem reglementbedingten Mindestgewicht des Fahrzeugs, die Mehrkosten nicht zu rechtfertigen sind. So werden im Motor Stahlpleuel anstelle von Titanpleuel eingesetzt. Auch die Ventile im Zylinderkopf werden aus Stahl hergestellt und nicht aus Titan. Natürlich hätten Titanventile wegen ihrer geringeren Masse Vorteile für den gesamten Ventiltrieb – eine mögliche schwächere Ventilfeder erzeugt weniger Reibung an der Nockenwelle und benötigt geringere Öffnungskräfte usw. – aber unter dem Strich sind die Vorteile eben nicht so groß, dass sich der teure Werkstoff auszahlt.

Abb. 2.33
figure 33

Übersicht Budgets und Teamgrößen im Motorsport, nach [30]

Für fünf typische Motorsportkategorien sind Jahresbudgets den Mitarbeiterzahlen gegenübergestellt. Mit Abstand die größten Teams und die höchsten Budgets finden sich in der Formel 1 (man beachte den doppelt logarithmischen Maßstab!). Am anderen Ende des Feldes schaffen Kleinstteams mit 10 bis 20 Mitgliedern mit einem Bruchteil des Aufwands eine Saison auf hohem Niveau

Teams sehen es auch gar nicht gerne, wenn ihre Fahrer übertrieben hart am Limit fahren. Das belastet nur das Budget. Ebenso wird in der Testphase versucht möglichst effizient zu arbeiten, indem etwa einzelne Testpunkte vorher geplant werden. Entwicklungsmethoden, mit denen das Testen auf der Strecke reduziert werden kann, sind inzwischen auch für Formel-1-Teams eine Überlegung wert. Kostet doch ein Test-Kilometer unter dem Strich rund 650 €.

Werkstoffkosten

material costs. Wenn auch die Absolutpreise der Werkstoffe üblichen Marktschwankungen unterworfen sind, so bleiben die Preisrelationen doch einigermaßen über Jahre konstant und verhalten sich etwa wie [27]:

Stahl : Aluminium : GFK : AFK : CFK = 1 : 5 : 10 : 100 : 500.

Mit sinkendem spezifischen Gewicht werden die Werkstoffe also teurer.

Mit relativen Werkstoffkosten ergeben sich Vergleichsgrößen, die auch über längere Zeiträume – selbst bei Preisschwankungen – ihre Relation zueinander kaum verändern. Einige Beispiele für Relativkosten nach VDI 2225 sind in Abb. 2.34 angeführt. Dabei werden die Kosten pro Volumen auf einen gängigen Werkstoff (Baustahl Rundmaterial) bezogen.

Abb. 2.34
figure 34

Relativkosten ausgewählter Werkstoffe, nach [35]

Als Bezug für die relativen Werkstoffkosten dient Rundmaterial aus Baustahl. Streubereiche ergeben sich für Werkstoffe mit unterschiedlichen Sorten. Die Kosten sind auf das Volumen bezogene Bruttokosten. Beispielsweise kostet 1 dm3 Titanknetlegierung etwa das Vierzigfache von Baustahl desselben Volumens

Beim Vergleich von Werkstoffkosten ist allerdings entscheidend die Menge zu vergleichen, die für dieselbe Belastung gebraucht wird. Höherfeste (und damit in der Regel teurere) Werkstoffe können unter dem Strich sogar kostengünstiger sein, weil für denselben Einsatzzweck weniger Material gebraucht wird, vgl. Abb. 2.32.

Sollen Bleche miteinander verbunden werden, wie es beim Rahmenbau, bei Flügeln oder Außenhautteilen vorkommen kann, muss eine Verbindungstechnik ausgewählt werden. Neben funktionellen (Stöße, Überlappungen, …) und Festigkeits-Überlegungen können auch die Kosten eine Rolle spielen, Tab. 2.17.

Tab. 2.17 Relativkosten von Blechverbindungen [35]

Absolutpreise sind insofern problematisch, als sie marktüblichen Veränderungen unterworfen sind und Zahlenangaben daher rasch veralten. Nachfolgend stehen trotzdem einige Zahlenwerte, die zu einem Gefühl für die Größenordnung verhelfen sollen.

Carbon-Bremsscheibe Formel 1 … 1300 bis 4000 €.

Formel-1-Rad, Magnesium geschmiedet: ca. 1500 € (2004).

Einrohr-Dämpfer Zug- und Druckstufe getrennt einstellbar: 2000 €, „nach oben keine Grenze“.

Formel-1-Kohlefaserkupplung mit Titankorb 13 000 €.

Formel-1-Längsgetriebe mit integriertem Achsantrieb 110 000 €

Formel BMW Fahrzeug 45 000 € (2002).

Formel 3 Fahrzeug (Dallara 2007) 88 000 €.

Produktionssportwagen (ohne Motor): ca. 100 000 €.

Wenn man vielleicht nicht viel daraus ableiten kann, eines erkennt man sofort daraus: Ohne Sponsoren läuft im Rennsport nichts!