Die wesentlichen Vertriebsinformationssysteme (VIS) sind:

  1. 1.

    Back-End-Systeme (zum Beispiel ERP-Systeme von SAP, Oracle, Microsoft etc.)

  2. 2.

    Front-End-Systeme (zum Beispiel SAP C4C, Oracle Sales Cloud, Microsoft Dynamics 365, Salesforce, Update, CAS etc.)

  3. 3.

    Management Informationssysteme (zum Beispiel IBM (Cognos), Microsoft Power BI, Salesforce Einstein, SAS, SAP BW, Oracle BI etc.)

Die Zwecke der Vertriebsinformationssysteme sind unterschiedlicher Art und aus der Historie der VIS entstanden.

Zeitlich gesehen wurden die Back-End-Systeme zuerst in hohem Umfang eingesetzt, um den Vertrieb zu unterstützen. Die deutsche Firma SAP ist einer der größten Anbieter von Back-End-Systemen (auch als ERP-Systeme bekannt). Diese Systeme wurden in erster Linie dazu entwickelt und eingesetzt, um die Buchhaltung und den Jahresabschluss zu unterstützen. Später wurden sie um Funktionalitäten für Vertrieb und Produktion ergänzt (beispielsweise SAP Modul SD für Vertrieb und Distribution).

5.1 Die unterstützende Komponente

Die Vertriebsinformationssysteme bilden das Fundament des Entscheidungsprozesses im Vertrieb. Sie liefern dem Vertrieb und dem Management die Unterstützung, um die notwendigen Entscheidungen kurzfristig und effizient treffen zu können. Was heute als selbstverständlich gilt, war in der Vergangenheit nicht gegeben. Früher waren Planungen, die heute sehr kurzfristig möglich sind, aufwendig und schwer zu überarbeiten. Die gestiegenen Anforderungen an die Vertriebsleitung durch stark fluktuierende Märkte machten die Weiterentwicklung der Vertriebsinformationssysteme unerlässlich. Die wesentlichen Vertriebsinformationssysteme (VIS) sind:

  1. 1.

    Back-End-Systeme (zum Beispiel ERP-Systeme von SAP, Oracle, Microsoft etc.)

  2. 2.

    Front-End-Systeme (zum Beispiel SAP C4C, Oracle Sales Cloud, Microsoft Dynamics 365, Salesforce, Update, CAS etc.)

  3. 3.

    Management Informationssysteme (zum Beispiel IBM (Cognos), Microsoft Power BI, Salesforce Einstein, SAS, SAP BW, Oracle BI etc.)

Die Zwecke der Vertriebsinformationssysteme sind unterschiedlicher Art und aus der Historie der VIS entstanden.

5.1.1 Back-End-Systeme in den 1980er-Jahren

Zeitlich gesehen wurden die Back-End-Systeme zuerst in hohem Umfang eingesetzt, um den Vertrieb zu unterstützen. Diese Systeme wurden in erster Linie dazu entwickelt und eingesetzt, um die Buchhaltung und den Jahresabschluss zu unterstützen. Später wurden sie um Funktionalitäten für Vertrieb und Produktion ergänzt (beispielsweise SAP Modul SD für Vertrieb und Distribution).

Der Name deutet an, dass diese Systeme vornehmlich in Firmen intern (Back-End), beispielsweise für die Auftragsabwicklung, eingesetzt wurden. Die Funktionalitäten waren darauf ausgerichtet, die Aufträge zu erfassen, abzufertigen und den Kunden die Waren in Rechnung zu stellen. Die Stammdaten wurden im System vorgehalten und konnten bei Bedarf abgerufen werden, allerdings war die Bedienung nicht besonders komfortabel und die Performance nicht mit heutigen Systemen zu vergleichen. Die Vertriebsmitarbeiter nutzten daher für ihre tägliche Arbeit zusätzliche Hilfsmittel, und die Aufträge wurden regelmäßig manuell auf einem Formblatt erfasst und an den Innendienst zur Auftragseingabe weitergeleitet.

5.1.2 Front-End-Systeme in den 1990er-Jahren

In den 1990er-Jahren entstand die technische Möglichkeit, umfassende Informationen über die Kunden beim direkten Kundenkontakt (Front-End) zu sammeln und aktiv im Vertriebsprozess zu nutzen. Möglich wurde die Erhebung der Kundendaten vor Ort durch den technischen Fortschritt mit Notebooks, die erstmalig ein mobiles Arbeiten zu einem fairen Kosten-Nutzen-Verhältnis ermöglichten. Hilfreich war zudem die Verbreitung von Tabellenkalkulationsanwendungen wie Microsoft Excel.

Notwendig wurde eine umfassende Informationserfassung durch die zunehmende Marktmacht der Kunden. Zur Bewältigung der höheren Kundenmacht wurde der Gedanke entwickelt, alle Unternehmensprozesse auf den Kunden auszurichten und diesen erfolgreich an das Unternehmen zu binden. Der Überbegriff für diese Managementphilosophie war und ist Customer Relationship Management (CRM). Natürlich war die operative Umsetzung von CRM nur mit einem entsprechenden Werkzeug zu vollziehen. Es entstand eine Generation von CRM-Systemen, welche insbesondere durch den damaligen Weltmarktführer Siebel nachhaltig geprägt wurde. Das neue und hervorstechende Merkmal der CRM-Systeme war deren explizite Nutzung durch die Vertriebsmitarbeiter. Die Front-End-Systeme ergänzten die Back-End-Systeme, da deren Kernfunktionalitäten nicht nur in der Auftragsabwicklung, sondern in der Sammlung von Kundendaten und der besseren Kundenansprache bestanden.

5.1.3 Systemintegration und Management Informationssysteme im neuen Jahrtausend

Zu Beginn des neuen Jahrtausends begann das Zeitalter der Business Intelligence sowie der Marketing Automation. Nachdem viele Unternehmen bereits ein intaktes Back-End- und Front-End-System besaßen, standen sie vor der Aufgabe der systemübergreifenden Informationsaufbereitung. Zu diesem Zweck wurde die anfängliche Systemintegration der 1990er-Jahre noch stärker vorangetrieben. Die heutigen Technologien anhand von offenen Systemarchitekturen (auch bekannt als Service-Orientated-Architecture (SOA)) verwässern die Systemgrenzen immer weiter. Das heutige Ziel ist eine Integration aller wichtigen Informationssysteme und Aufbereitung der Daten in einem Management Informationssystem, um eine ganzheitliche Informationsbasis für Steuerungszwecke zu erhalten. Das Bedürfnis einer ganzheitlichen Informationsbasis ist im Vertrieb besonders ausgeprägt, da die Vertriebsmitarbeiter und die Vertriebsleitung oft mit so genannten hybriden Kunden, die für den Vertrieb schwer einzuschätzen sind, und stark fluktuierenden Märkten mit wechselnden Kundenbedürfnissen konfrontiert sind. Ein Kunde wird als hybrid bezeichnet, wenn er beispielsweise ein Luxusauto wie Jaguar fährt, aber dennoch seine Lebensmittel beim Discounter Aldi kauf.

Die früheren Verhaltensmuster wie „Fahrer eines Luxusautos kaufen hauptsächlich gehobene Lebensmittel“ greifen heute nicht mehr. Dadurch ist es schwieriger für die Vertriebsverantwortlichen, die Kunden gezielt und effizient anzusprechen. Die CRM-Systeme können das Kundenverhalten in Form von Datensätzen pro Auftrag oder Kundenanfrage zwar erfassen, aber sie helfen dem Management oder dem Vertriebsleiter wenig bei der Begründung oder Aufdeckung der neuen Verhaltensmuster. Der Einsatz eines Management Informationssystems (MIS) oder Business-Intelligence-Systems in Kombination mit voll-integrierten Systemen im Vertrieb behebt diesen Zustand. Ein MIS kann die Verhaltensmuster von Kunden aufdecken und bei der Bildung von Kundengruppen mit ähnlichen Verhaltensmustern behilflich sein. Die Vertriebsleitung lernt so, welche Kundenbedürfnisse die Kaufentscheidung beeinflussen, und kann versuchen, die Kundennachfrage zu prognostizieren und die Gewinne zu maximieren.

Ein wichtiger Faktor ist heute insbesondere die Zeit. Die heutigen VIS sind stärker integriert als je zuvor. Für den Endbenutzer ist eine Trennung zwischen den einzelnen Systemen und Daten nicht mehr erkennbar. Der Endbenutzer sieht heutzutage in seiner 360-Grad-Kundensicht die Stammdaten, die aus Daten des Marketing Automation-, CRM- und des ERP-Systems bestehen. Darüber hinaus sieht er in der gleichen Ansicht eine Auswertung, die auf Basis aller Kundendaten aus dem DWH angezeigt wird. Zudem werden Daten aus Fremdsystemen zur Laufzeit über so genannte „virtuelle Komponenten oder Objekte“ angezeigt. Diese Verschmelzung der einzelnen Systeme in Informationssysteme für Vertriebsmitarbeiter und -management wird „Hybrides Vertriebssystem“ genannt. Hierbei verschmelzen auch die herkömmlichen On-Premise-Systeme (auf dem Rechner installiert) mit den Cloud- bzw. On-Demand-Systemen (gemietetes System, was von einem Provider gehostet wird).

Ein VIS wird als hybrid bezeichnet, wenn alle verfügbaren Vertriebsinformationen in einem System verschmelzen und dem Nutzer über ein Portal angezeigt werden. Die zugänglichen Informationen fließen aus einem ERP, CRM, Marketing Automation oder BI/DWH oder anderen Systemen ein. Die Verschmelzung der Systeme geht so weit, dass Systeme, die im eigenen Unternehmen gehostet werden (On-Premise-Systeme) mit gemieteten Lösungen (On-Demand/Software-as-a-Service/Cloud) integriert sind.

Jedes der vorab beschriebenen Vertriebsinformationssysteme hatte unterschiedliche Zwecke, um den Vertrieb bei seinen Aufgaben zu unterstützen. Eines hatten die Systeme allerdings alle gemein: Sie dienten der Dateneingabe beziehungsweise -gewinnung und deren abschließender Auswertung, die heutzutage via Smartphone, Tablet Notebook etc. jederzeit und an jedem Ort möglich sein muss. Diese beiden Zielsetzungen von Vertriebsinformationssystemen und deren heutige Möglichkeiten sollen im Folgenden erörtert werden.

5.2 Anwenderfreundlichkeit – das Spannungsfeld aus Komplexität und Einfachheit

Eine wesentliche Begründung für die Entstehung von hybriden Vertriebssystemen oder Systemen in der Cloud ist sicherlich die Steigerung der Anwenderfreundlichkeit. Dem Anwender ist es egal, aus welchen Systemen die für ihn relevanten Informationen stammen. Er möchte alle notwendigen Informationen in einem möglichst kompakten Format an dem für ihn bestmöglichen Ort verfügbar haben. Hierbei ist die Krux, dass aufgrund der Kundenanforderungen immer mehr Informationen vorliegen müssen, um Exzellenz im Vertrieb zu erleben. Andererseits ist die Fülle der Informationen (Stichwort: Big Data) häufig nicht mehr für jeden Einzelnen von uns beherrschbar. Entscheidend ist somit, dass die Informationen in hybriden VIS smart gewonnen und dargestellt werden. Hierbei ist das Anwendererlebnis (User Experience) von zentraler Bedeutung für die Nutzerakzeptanz von modernen IT-Systemen.

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User Experience Wahrnehmungen und Reaktionen einer Person, die aus der tatsächlichen und/oder erwarteten Benutzung (…) eines Systems oder einer Dienstleistung resultieren (Quelle: ISO-Norm 9241-210).

Einer der wichtigsten Kernaspekte der User Experience von CRM- und BI-Systemen ist deren Anwenderfreundlichkeit (Usability). Die Benutzbarkeit wird dadurch definiert, wie ein (CRM- oder BI-) System durch den Anwender in einer bestimmten Anwendungssituation genutzt werden kann, um festgelegte Ziele effektiv, effizient und zufriedenstellend zu erreichen (aufbauend auf ISO-Norm 9241-210).

User Experience kann hierbei als Summe aller Kontakte eines Benutzers mit einem Anwendungsdesign definiert werden. Die folgenden Usability Prinzipien sind hierbei anwendbar (vgl. Harthum 2013):

  • Erlernbarkeit

  • Wiedererkennbarkeit

  • Fehlertoleranz

  • Effektivität

  • Kontext

  • Zufriedenheit und Spaß

Die folgenden Kriterien dienen laut Harthum der Überprüfung der User Experience eines Vertriebsinformationssystems (Harthum 2013):

  • Konsistenz

  • Feedback

  • Flexibilität

  • Klare Ausgänge in allen Zuständen

  • Textierung in Benutzersprache

  • Aufgabenorientierung

  • Kontrolle

  • Minimierung des kognitiven Aufwandes

  • Transparenz

  • Ästhetik und passender emotionaler Effekt

Die Anwenderfreundlichkeit schwingt somit bei den IT-Systemen heutzutage immer als integraler Bestandteil der Entwicklung mit. Häufig ist allerdings die Folge, dass die IT-Kosten in der Entwicklung und dem Benutzertest hierdurch steigen und einen Gegenpol zu den sinkenden Kosten im Fachbereich bilden. Die IT-Leiter gehen hierbei immer mehr den Weg der Standardisierung, um die steigenden IT-Kosten im Rahmen zu halten und von neuen Standards der Systemanbieter hinsichtlich der Benutzerführung und geringen Wartungskosten (Stichwort Cloud-Lösungen) zu profitieren. Denn obwohl der Fachbereich immer höhere Anforderungen an die IT-Systeme hat, lässt der Kostendruck auf der Marktseite keine steigenden IT-Budgets zu.

5.3 Die systematische Informationsauswertung (Business Intelligence)

Die systematische Informationssammlung in den Vertriebsabteilungen ist oftmals verbesserungswürdig, aber in der Regel schon relativ gut ausgeprägt. Ein Bereich, der im Vertrieb häufig vernachlässigt wird, ist die systematische Informationsauswertung oder Business Intelligence. Die Vertriebsabteilungen neigen zu Ansammlungen großer Datenmengen und verwenden Vertriebsinformationssysteme (VIS) als Datenspeicher. Die Vertriebsmitarbeiter geben ihre Aktivitäten und Aufträge in die VIS ein, und die Informationen werden per Schnittstelle in andere Systeme bruchstückhaft übermittelt, um sie weiterzuverarbeiten. Die Daten werden in den anderen Systemen ebenfalls nur proprietär vorgehalten. Über die Jahre sammeln sich auf diesem Weg detaillierte Informationen über das Kundenverhalten an, werden aber nur rudimentär genutzt. Die Informationstiefe und -fülle ist dabei von Branche zu Branche unterschiedlich. Beispielsweise ist der Informationsgehalt im VIS in der Pharmabranche durch Regularien geringer als im Einzelhandel oder der Telekommunikationsbranche.

Die gewonnenen Kundeninformationen (so genannte Customer Intelligence) können von höchstem Interesse für die Vertriebstätigkeiten sein, da sie Aufschluss über Kaufgewohnheiten, Produktbündel oder Abwanderungsabsichten (Churn) durch aufgedeckte Verhaltensmuster geben. Die Anwendungsbeispiele einer systematischen Informationsauswertung sind in jeder Branche vielfältig. So können beispielsweise aus den Kundeninformationen die Verhaltensmuster bei Preiserhöhungen oder Wettbewerbsaktivitäten gewonnen werden. Vertriebsmitarbeiter können die heutigen technischen Möglichkeiten zur systematischen Informationsauswertung vor allem im Controlling gezielt nutzen. Geschickt angewendet, können diese Möglichkeiten das Vertriebscontrolling nicht nur stark erleichtern, sondern auch effizienter machen. Der Vertriebssteuerung werden heute zudem durch Predictive Analytics bisher ungeahnte Perspektiven eröffnet.

Die technische Grundlage der Business Intelligence im Rahmen der Vertriebssteuerung lässt sich in drei Phasen unterteilen (Wikipedia 2019):

  • Phase 1: Datenlieferung (englisch data delivery): Hier werden Eckdaten festgelegt und erhoben (quantitativer oder qualitativ, strukturiert oder unstrukturiert). Die Datenerfassung erfolgt über die operativen Systeme (OLTP) oder in einem darauf aufbauenden Datenlager („Data-Warehouse“).

  • Phase 2: Mustererkennung (englisch discovery of relations, patterns, and principles): Hier werden die Daten in Beziehung gebracht, sodass Muster und Diskontinuitäten sichtbar werden und mit etwaigen zuvor aufgestellten Hypothesen verglichen werden können, zum Beispiel in Form von multidimensionalen Analysen oder Data-Mining.

  • Phase 3: Bereitstellung von Wissen (englisch knowledge sharing): Hier werden die Erkenntnisse im Unternehmen kommuniziert, also in das Wissensmanagement integriert. Die Verbreitung der gewonnenen Erkenntnisse soll Entscheidungsgrundlagen für Maßnahmen und Aktionen liefern.

Der Vertrieb muss mit den Begrifflichkeiten und den dahinter liegenden Technologien vertraut sein, um deren Leistungspotenzial voll auszuschöpfen. Die Phasen der systematischen Informationsauswertung sollen daher näher erläutert werden.

5.3.1 Phase 1: Datenlieferung

Der Grundbaustein der Informationsauswertung ist die Datenbasis. Die Unternehmensdaten sind aus organisatorischen, technischen oder historischen Gründen in unterschiedlichen Datenbanken gespeichert. Die einzelnen Datenbanken unterliegen einem bestimmten Datenbankschema, das heißt, die Daten werden in einer bestimmten Tabellenordnung abgespeichert. Grundsätzlich wird zwischen einer Insellösung (Data Mart) und einer unternehmensweiten Lösung (Data Warehouse) unterschieden. In der Regel sind die Daten in den einzelnen Funktionsbereichen getrennt und werden oftmals doppelt vorgehalten. Beispielsweise werden die Auftragsdaten im Auftragsabwicklungssystem und im Vertriebsinformationssystem vorgehalten und über Schnittstellen aktualisiert. Die Verknüpfungen zwischen Daten, die nicht überspielt werden, können daher nicht dargestellt werden.

Ein Data Warehouse umfasst Informationen aus verschiedenen Funktionsbereichen wie Vertrieb, Marketing und Produktion oder externen Datenquellen. Die Informationen werden in einer übergreifenden Datenbank konsolidiert und verknüpft. Das Ziel des Data Warehouse ist es, einen kaufmännischen Zusammenhang herzustellen und komfortable Analysen komplizierter Sachverhalte zu ermöglichen (Hoffmann und Mertiens 2000).

Im Gegensatz zum Data Warehouse ist ein Data Mart auf einen Funktionsbereich wie den Vertrieb beschränkt. Ein unternehmensweites Data Warehouse kann also aus unterschiedlichen Data Marts bestehen und diese integrieren. Natürlich ist ein Data Warehouse für die Vertriebssteuerung und den Unternehmensvorstand im Vergleich zum isolierten Data Mart zu bevorzugen, allerdings steigt mit der Informationsfülle die Komplexität der Implementierung. Bei der Entscheidung über den Umfang der Informationsbasis muss daher das Kosten-Nutzen-Verhältnis abgewogen und eine Feasibility-Studie durchgeführt werden. Letztere überprüft, ob ein Unternehmen die finanziellen und personellen Ressourcen hat, ein ganzheitliches Data Warehouse aufzubauen. Cloud Lösungen ermöglichen heute den Aufbau von umfassenden Data Warehouses zu einem akzeptablen Kosten-Nutzen-Verhältnis. Die Aufwendungen für ein Data Warehouse sind im Voraus nur schwer einzuschätzen, da Informationen aus unterschiedlichen Funktionsbereichen integriert und verknüpft werden müssen. Die dabei auftretenden Probleme sind aufgrund des Integrationsgrads schwer kalkulierbar. Die Analyse der finanziellen Mittel ist allerdings weniger kritisch als die der personellen Ressourcen, da die meisten Unternehmen und Funktionsbereiche über die finanziellen Mittel verfügen, allerdings wenige oder keine qualifizierten Mitarbeiter beschäftigen, die das System zielführend betreuen und bedienen können.

Data Mart versus Data Warehouse: Die Entscheidung für einen bereichsspezifischen Data Mart oder ein unternehmensweites Data Warehouse muss individuell nach dem Kosten-Nutzen-Verhältnis und der Durchführbarkeit (Feasibility) getroffen werden.

Der Data Mart und das Data Warehouse sind durch folgende Charakteristika gekennzeichnet (Stockburger und Pufahl 2002)

  • Orientierung an betriebswirtschaftlichen Kategorien: Die Daten werden nach betriebswirtschaftlichen Kategorien wie Kundengruppen, Produkthierarchien und Vertriebskanäle gruppiert.

  • Zeitraumbezug: Die Datenaggregate im Data Warehouse sind in der Regel auf einen Zeitraum bezogen. Die vorhandenen Daten können nach Zeiträumen wie Monat, Quartal oder Jahr ausgewertet werden. Die Daten werden in dementsprechenden regelmäßigen Abständen (täglich, wöchentlich oder monatlich) geladen.

  • Struktur- und Formatvereinheitlichung: Die Zusammenführung der Daten aus den operativen Systemen erfolgt mittels einer Struktur- und Formatvereinheitlichung. Die semantischen Inkonsistenzen der operativen Daten aufgrund deren Herkunft müssen homogenisiert werden, um die Daten sinnvoll zusammenzuführen und zu verknüpfen.

  • Nichtvolatilität: Die Datenaktualisierung durch Nutzer findet nicht im Data Warehouse, sondern allein in den operativen Systemen statt. Die Daten werden einzig zu festgelegten Zeitpunkten automatisiert konsolidiert und überspielt. Der Datenbestand im Data Mart wie auch im Data Warehouse ist von den operativen Daten entkoppelt. Dies bietet die Möglichkeit einer performanten Datenanalyse, ohne die Leistung der operativen Systeme zu beeinträchtigen.

5.3.2 Phase 2: Mustererkennung

Neben der Entscheidung für die Datenbasis wird die Komplexität der Datenauswertung definiert, wobei zwischen Online Analytical Processing (OLAP) und Data Mining unterschieden wird.

Online Analytical Processing (OLAP): OLAP ist eine Software-Technologie, die es Analysten, Managern und Anwendern ermöglicht, einen schnellen, konsistenten und interaktiven Zugang zu einer Vielzahl von Informationen zu erlangen, die aus Rohdaten generiert wurden und dem Anwender die reale Sicht auf das Unternehmen ermöglicht. OLAP ist eine Top-Down-Analyse der Daten in einem Data Warehouse.

Die so genannten OLAP-Tools setzen auf dem Data Mart oder dem Data Warehouse auf und bieten dem Nutzer die Möglichkeit, Abfragen zu definieren, auszuführen und abzuspeichern. Die Datenabfragen sind entweder vorkonfiguriert oder individuell.

Die Zielgrößen der OLAP-Abfragen im Vertrieb sind:

  • Absatz

  • Umsatz

  • Kosten

  • Rentabilitäten (Umsatzrentabilität, EBIT, Deckungsbeiträge, etc.)

  • Marktanteile

  • etc.

Die Zielgrößen stehen logisch in einer multidimensionalen Beziehung zueinander. Die Dimensionen sind vorab bekannt und werden mittels eines OLAP-Datenwürfels dargestellt. Wie bei einem Würfel oder einem Brettspiel ist die Sichtweise ausschlaggebend. Besteht der Würfel aus den vier Dimensionen Zeit, Wert, Menge und Produkt, so kann der Vertriebscontroller beispielsweise Antworten zu unterschiedlichen Fragen aus den Daten generieren:

  • Dimension Zeit: Wie haben sich die Umsätze oder Mengen des Unternehmens im Zeitverlauf entwickelt?

  • Dimension Wert: Welche Umsätze oder Erträge generieren die unterschiedlichen Produkte im Portfolio?

  • Dimension Menge: Welche Mengen generieren die unterschiedlichen Produkte im Portfolio?

  • Dimension Kanal: Welche Mengen, Umsätze, Rentabilitäten werden über die unterschiedlichen Vertriebskanäle erwirtschaftet?

  • Dimension Region/Gebiet: Welche Umsätze/Erträge/Mengen generieren die unterschiedlichen Regionen/Gebiete?

  • Dimension Kunden: Welche Kunden/Kundengruppen sind am profitabelsten?

  • Dimension Branche: Wie hoch ist der Marktanteil in Branche X?

  • Dimension Produkt: Welches Produkt hat die größten Umsätze?

Die beispielhaften Fragestellungen verdeutlichen die enormen Nutzenpotenziale von OLAP für die Vertriebssteuerung. Es handelt sich um eine Top-Down-Betrachtung der Vertriebs- beziehungsweise Unternehmensdaten mit ex-post-Charakter. Der Einsatzbereich des OLAP ist im operativen Vertriebscontrolling zu sehen.

Das Data Mining untersucht die vorhandenen Daten aus der entgegengesetzten Richtung des OLAP. Die Bottom-Up-Betrachtung des Data Mining versucht, die Zusammenhänge zwischen den Daten ex-ante zu ergründen, um sie für spätere Analysen zu verwenden. Es findet also die Dimensionen für das OLAP, die es zu ergründen lohnt. Mittels multivarianter statistischer Verfahren wie Regressions-, Faktoren- oder Clusteranalysen oder neuronaler Netze wird versucht, die Abhängigkeiten und/oder Muster in Daten zu erkennen.

Data Mining verwendet multivariante statistische Verfahren einschließlich neuronaler Netze, um Abhängigkeiten und/oder Muster in den Datenstrukturen zu erkennen. Data Mining ist eine Bottom-Up-Analyse der Daten in einem Data Warehouse.

Die Anwendungen des Data Mining im Vertrieb sind vielfältig. Häufig wird es angewendet, um das Management bei der Kundensegmentierung, Erkennung von Up- oder Cross-Selling-Potenzialen oder der Früherkennung von Abwanderern zu unterstützen.

  • Kundensegmentierung im Marketing (in Bezug auf ähnliches Kaufverhalten bzw. Interessen, gezielte Werbemaßnahmen)

  • Warenkorbanalyse (zur Preisoptimierung, Produktplatzierung im Supermarkt)

  • Management von Kundenbeziehungen (Customer Relationship Management, CRM)

  • Selektion von Zielgruppen für Vertriebsaktionen (Kampagnenmanagement)

  • Web Usage Mining (Web Mining, Personalisierung von Internetpräsenzen → Erstellung von Zugriffsprofilen)

  • Text Mining (Anwendung von Data-Mining-Verfahren auf große Mengen von (On-line-)Textdokumenten)

Data Mining eignet sich insbesondere, um den Vertriebscontroller effizient bei seiner strategischen Tätigkeit zu unterstützen. Hierbei unterstützt das Data Mining bei der Strukturierung von verschiedenen Problemtypen. Im Folgenden werden die verschiedenen Problemtypen im Rahmen des situativen Kontextes vorgestellt.

Problemtypen des Data Mining

Einen pragmatischen, in der einschlägigen Literatur einheitlich anerkannten Ordnungsrahmen zur Systematisierung der verschiedenen Problemtypen liefern Fayyad, Piatetsky-Shapiro und Smyth. Dabei werden diese den Oberklassen Beschreibungsprobleme und Prognoseprobleme zugeordnet (Fayyad et al. 1996).

  1. 1.

    Beschreibungsprobleme

    Unter Beschreibungsproblemen wird die Gruppe von Problemtypen zusammengefasst, deren Ziel in der Beschreibung der kausalen Zusammenhänge des Datengenerierungsprozesses liegt. Die Qualität eines entdeckten Musters kann anhand von methodenspezifischen Qualitätskriterien bestimmt werden, die die deskriptive Genauigkeit des Musters bewerten. Die Zielsetzung der Datenbeschreibung ist die Zusammenfassung der wesentlichen Charakteristika der Daten in möglichst kompakter Form. Hippner und Wilde zählen die Deskription nicht zum Kern des Data Mining (Hippner und Wilde 2008). Berry und Linoff führen jedoch an, dass leicht verständliche Beschreibungen oftmals auch Erklärungen suggerieren, die dann unser Verständnis für den Datenentstehungsprozess verbessern (Berry und Linoff 2000). Zwar lassen sich deskriptive Verfahren nicht der explorativen Datenanalyse zuordnen, jedoch erfüllen verschiedene deskriptive Methoden ebenfalls die Ziele des Data Mining. Sie helfen, Fragestellungen zu präzisieren, wenn diese nicht genau definiert sind, und unterstützen den Anwender bei der Suche nach Strukturen und Besonderheiten. Deskriptive Verfahren sind aufgrund der genannten Eigenschaften dem Data Mining zuzuordnen. Als modernes, deskriptives Verfahren ist OLAP zu nennen, das durch verschiedene Navigationstechniken die gerichtete wie die ungerichtete Suche in den Daten erleichtert. Die folgenden Beschreibungsprobleme können unterschieden werden:

    • Abweichungsanalyse: Im Rahmen der Abweichungsanalyse werden solche Informationsobjekte ermittelt und analysiert, die für bestimmte Merkmalswerte von einer Norm oder einem erwarteten Wert abweichen. Das Ziel besteht darin, diese Abweichungen zu analysieren und zu interpretieren. Diese können auf die Verschiebung alter oder die Entwicklung neuer Muster im zugrunde liegenden Datengenerierungsprozess hindeuten und dadurch Anlass geben, existierende Erklärungsmodelle bezüglich ihrer Gültigkeit zu hinterfragen.

    • Abhängigkeitsanalysen: Das Ziel von Abhängigkeitsanalysen ist die Entdeckung von signifikanten Dependenzen zwischen den Attributen eines Informationsobjekts. Dabei unterscheidet man bei der Abhängigkeitsanalyse, ob die Zieldaten und die Richtung der Kausalitätsbeziehung zwischen den Attributen bekannt sind oder nicht. Sind sie bekannt, können Regressionsverfahren, Bayes’sche Netze oder Entscheidungsbäume eingesetzt werden, um sie zu konkretisieren. Klassische Verfahren, die derartiges Wissen nicht voraussetzen, sind die Assoziationsanalyse oder die Korrelationsanalyse. Sequenzanalysen wiederum ermitteln Abhängigkeiten aus der zeitlichen Entwicklung von Informationsobjekten. Der wohl klassischste Vertreter dieser Problemgruppe ist die so genannte Warenkorbanalyse, bei der Informationen über das gleichzeitige Interesse der Akteure für mehrere Leistungen oder Leistungsgruppen analysiert und in wirtschaftliches Verhalten umgesetzt werden. Dabei wird bei der klassischen Assoziationsanalyse, ausgehend von nachgefragten Leistungsbündeln, auf die Komplementarität dieser Leistungen geschlossen.

    • Gruppenbildung (Clustering): Die Gruppenbildung „zielt auf die Aufspaltung der Daten in interessante und sinnvolle Teilmengen oder Klassen“. Die Zielvorstellung dabei ist, dass Objekte innerhalb einer Klasse möglichst homogen, Objekte aus unterschiedlichen Klassen möglichst heterogen zueinander sind. Die Quantifizierung des Homogenitätsgrades geschieht über ein Proximitätsmaß, das hinsichtlich des Skalenniveaus und der Variablenstruktur ausgewählt werden muss. Die statistischen Segmentierungsverfahren lassen sich in vier Gruppen unterteilen: Während deterministische Verfahren (Nearest-Neighbourhood-Verfahren, k-means-Verfahren) die eindeutige Zuordnung von Informationsobjekten zu Clustern verlangen, arbeiten probabilistische Verfahren mit Zugehörigkeitsgraden, deren Summe sich für jedes Element auf Eins summiert. Possibilistische Verfahren (Fuzzy-Cluster-Verfahren) heben diese Restriktion auf, sodass Elemente auch mehreren Klassen zugeordnet oder auch gar keiner Klasse zugeordnet werden können. Unvollständige Segmentierungsverfahren (Multi-dimensionale Skalierung) erzeugen eine räumliche Darstellung der Objekte, ohne eine Gruppeneinteilung vorzunehmen. Neben den statistischen Verfahren können zur Gruppenbildung auch Verfahren des maschinellen Lernens eingesetzt werden (beispielsweise Künstliche Neuronale Netze).

      Die Gruppenbildung wird im Allgemeinen aus zwei Gründen durchgeführt: Bezogen auf die (potenziellen) Nachfrager versucht insbesondere die Clusteranalyse, die typischen Charakteristika von Gruppen zu identifizieren, um daraus gruppenspezifische Leistungen (von individuellen Kommunikationswegen über individuelle Kommunikationsinhalte bis hin zu individuellen Leistungsversprechen) zu entwickeln. Bezogen auf die Menge der im relevanten Markt angebotenen Leistungsversprechen versuchen insbesondere die Ansätze der multidimensionalen Skalierung, Nischen zu entdecken, um diese durch neuartige Angebote zu bedienen.

  2. 2.

    Prognoseprobleme

    Unter Prognoseproblemen werden diejenigen Problemtypen verstanden, deren Ziel es ist, mathematische Modelle zu entwickeln, mit deren Hilfe aus einem gegebenen Input der zu erwartende Output bestimmt werden kann. Die Qualität eines solchen Modells kann über seine Prognosefähigkeit, also über seine prädiktive Genauigkeit, bestimmt werden. Die folgenden Prognoseprobleme können unterschieden werden:

    • Klassifikation: Klassifikationsverfahren konstruieren Modelle, mit denen Informationsobjekte anhand von objekt- und umweltspezifischen Eigenschafen vordefinierten Klassen zugeteilt werden können. Durch diese Zuordnung kann das Objekt mit den klassenspezifischen Eigenschafen in Verbindung gebracht werden, um so das erwartete Verhalten eines Informationsobjektes abzuleiten. Zum Aufstellen eines mathematischen Modells werden dazu eine feste Anzahl an Klassen sowie Beispiele von Klasseninstanzen und deren Attributwerte benötigt. Mathematische Methoden, die für das Aufstellen von Klassifikationsmodellen hilfreich sind, entstammen sowohl der klassischen Statistik (Diskriminanzanalyse, K-Nächste-Nachbarn-Methode) als auch dem maschinellen Lernen. Symbolische Lernverfahren wie beispielsweise Entscheidungsbaumverfahren oder Regelinduktion stellen Verfahren dar, welche für den Anwender verständliche Klassenbeschreibungen generieren. Subsymbolische Verfahren wie Künstliche Neuronale Netze arbeiten hingegen nach dem Black-Box-Prinzip, Klassenbeschreibungen sind nicht aus dem konstruierten Modell heraus ableitbar.

    • Wirkungsprognose: Das Ziel der Wirkungsprognose ist es, ähnlich wie bei der Klassifikation, Zielwerte zu bestimmen. Anders als bei der Klassifikation sind diese Zielwerte jedoch quantitativer Natur. Die Regressionsanalyse ist die typische Vertreterin der klassischen statistischen Verfahren zur Formalisierung von Wirkungszusammenhängen. Diese Methode ist beschränkt auf lineare Zusammenhänge, so dass für unbekannte Zusammenhänge Oftmals künstliche neuronale Netze, Box-Jenkins-Verfahren oder regelbasierte Verfahren eingesetzt werden. Mittels Klassifikationsverfahren und Wirkungsprognosen können Systeme konstruiert werden, die für die flexiblen Gestaltungsparameter als Input den erwarteten Output einer Zielgröße bestimmen. Durch den Einsatz von Entscheidungsbäumen oder künstlichen neuronalen Netzen können diese Gestaltungsparameter unter gegebenen Umweltbedingungen optimiert werden.

Einsatz von Predictive Analytics zur Verbesserung von Wirkungsprognosen

Als logische Konsequenz der anhaltenden Digitalisierungswelle, die uns nun schon seit einigen Jahren (wenn nicht Jahrzehnten) begleitet, steigt die Menge an verfügbarer und digital abrufbarer Information rapide und stetig an. Dies trifft nicht nur auf gewonnene Erkenntnisse aus Prozessabläufen oder Lagerbeständen zu, sondern auch und insbesondere für Einsichten und Datenströme rund um Kunden und die unternehmerischen Kunden-Schnittstellen: Marketing, Vertrieb und Service.

Im selben Zeitraum hat sich die Verfügbarkeit von Rechenkapazität stark erhöht und Modelle zur Verarbeitung von Daten sind heute angemessen flexibel und aussagekräftig, um die Flut der Daten und deren heterogene Struktur sinnvoll verarbeiten zu können.

Neben der klassischen Auswertung von Daten zum Verständnis des „Geschehenen“ (Business Intelligence), ist das Anwendungsgebiet „Predictive Analytics“ entstanden. Eine typische Anwendung im Business Intelligence ist die Betrachtung der vergangenen Vertriebsquartale in Bezug auf Umsatz pro Produktkategorie und/oder Region. Hier werden mittels aggregierender Verfahren (z. B. Mittelwertbildung oder Summation) so genannte Key Performance Indikatoren (KPIs) berechnet und dargestellt. In aller Regel findet eine visuelle und häufig auch interaktive Darstellung statt, sodass ein Business Analyst oder Manager eines Unternehmens das zurückliegende Geschäft ausführlich und intuitiv analysieren kann.

Im Bereich der vorausschauenden Statistik (Predictive Analytics) werden Daten nach wiederkehrenden Mustern durchsucht um die Ausprägung von Ereignissen in der Zukunft zu antizipieren. Hierbei werden zwar ebenfalls historische Daten verwendet, zwischen endogener (beschreibender) Variable (z. B. Vertriebsaktivität) und exogener bzw. Ziel-Variable (z. B. Umsatz im Folgemonat) liegt jedoch in der Regel ein zeitlicher Unterschied. Mittels eines statistischen Modells lassen sich Zusammenhänge modellieren und abbilden, die zur Steuerung des Unternehmens wichtig sind. Im genannten Beispiel über Vertriebsaktivität könnte ein besonders einfaches (lineares) Muster auftreten, beispielsweise das eine doppelte Vertriebsaktivität in einem ungesättigten Marktsegment auch doppelten Umsatz im Folgemonat bedeutet. Solche Zusammenhänge, insbesondere wenn diese deutlich komplexer sind, lassen sich mittels Predictive Analytics automatisiert aus Daten herauslesen und können damit unternehmerische Entscheidungen im Vertrieb unterstützen.

Statistische Verfahren, die hier zum Einsatz kommen sind neben der Linearen Regression auch Neuronale Netze, Random Forrests, Support Vector Machines, Deep Nets, etc. Für eine Einführung in diese Verfahren sei auf die einschlägige Literatur verwiesen (z. B. Bishop: Pattern Recognition and Machine Learning, Hastie: The Elements of Statistical Learning).

Unabhängig vom angewandten Verfahren ist der Einsatz von Predictive Analytics grundsätzlich mit einer Ergebnis-Unschärfe versehen. So kann der Eintritt eines Ereignisses etwa als sehr wahrscheinlich, aber eben nicht als garantiert angesehen werden. So ist beispielweise der Vorschlag im Online Shop, noch ein Reise-Ladegerät für ein neu gekauftes elektronisches Produkt zu erwerben sinnvoll und auch am Verhalten anderer Kunden durch Daten erkennbar. Jedoch kann es gute individuelle Gründe gegen einen solchen Kauf geben, die sich dem Wahrnehmungshorizont des Predictive Analytics Algorithmus entziehen (z. B. weil der Käufer nur sehr selten verreist). Es ist daher darauf zu achten, dass Predictive Analytics im „statistischen Mittel“ (also über viele Kunden hinweg) eine richtige Aussage trifft, jedoch nicht zwangsweise im Einzelfall. Daher finden Methoden dieser Art besonders dort Anwendung, wo eine häufig wiederkehrende Frage oder Entscheidung mit Datenunterstützung zu beantworten ist.

Predictive Analytics entfaltet gerade im Kunden-Umfeld eine besonders starke und vor allem spürbare Wirkung. Ein Beispiel ist hier Amazon.com, aber auch anderen Internet Giganten. In den Anfangsjahren von Amazon.com wurden Lese-Empfehlungen von einem Experten-Team erstellt. Schon bald wurde dieses Expertenteam in seiner Empfehlungspräzision (und damit dem monetär messbaren Cross-Sell Erfolg) überholt von einem Empfehlungs-Algorithmus, der basierend auf Kunden Profilen deutlich treffsicherer den individuellen Buch-Geschmack von Amazon.com Kunden erkennen konnte. Wer sich heute bei Amazon.com nach dem Verbleib dieses Expertenteams umschaut erkennt schnell, wer den Wettbewerb um die besten Kaufempfehlungen gewonnen hat.

Das Spektrum an Anwendungsbereichen von Predictive Analytics ist über die letzten Jahre stark gewachsen. Beispiele umfassen unter anderem:

  1. 1.

    Prognose der präferierten nächsten Kundenaktion (Next Best Action)

    1. a.

      Nächster Marketing Inhalt in einer dynamischen Customer-Journey.

    2. b.

      Nächstes Produkt Angebot auf Basis vorheriger Käufe und im Vergleich mit anderen Kunden.

    3. c.

      Optimaler Zeitpunkt für einen Anruf des Service – Technikers.

  2. 2.

    Zukünftiger Kundenwert

    Der Wert, den ein Kunde zukünftig für ein Unternehmen haben wird. Bei einer Bank könnte dies zum Beispiel ein Student mit heute geringem Einkommen sein, der aber aufgrund seiner Ausbildung und Karrieremöglichkeiten ein zukünftig wichtiger Kunde für die Bank sein wird.

  3. 3.

    Kundenabwanderung (Churn)

    Hier wird mittels Analytics festgestellt, welche Kunden abwanderungsgefährdet sind. Gekoppelt wird diese Analyse oftmals mit einem „Next Best Action“ Verfahren (siehe Punkt 1), das individuelle optimale Bindungs- bzw. Rückgewinnungsempfehlungen gibt.

  4. 4.

    Chat Bots

    Chat Bots nehmen Kunden Anfragen in Form von Sprache oder Text entgegen und verarbeiten diese Information so, dass eine passende Antwort gefunden werden kann. Ein Beispiel ist eine Kunden-Anfrage: „Ich möchte ein Bahn Ticket von Frankfurt nach Berlin buchen“. Der Chat bot versteht nun Anhand von Stichworten, dass es um ein Bahn Ticket geht und kann darüber die Informationen Frankfurt nach Berlin zuordnen. Nun wird der Chat Bot als nächstes nach der Fahrzeit fragen, da diese Information noch aussteht.

Verfahren dieser Art sind sehr gut dazu geeignet, Abläufe nach festem Muster zu unterstützen. Insbesondere können solche Verfahren auch für den Kundendienst sehr praktisch sein.

Beispiel: Next Best Action, Dynamische Customer Journey mit individueller Produktempfehlung

Im Folgenden soll das oben genannte Beispiel Next Best Action näher beleuchtet werden. Als fiktives Unternehmen dient die „Next Digital Bank“. Diese möchte für Bestandskunden im Privatkundengeschäft eine mit Predictive Analytics gesteuerte Customer Journey einführen.

Die Next Digital Bank hat herausgefunden, dass ein Privatkunde im Schnitt 25 Interaktionen mit seiner Bank im Jahr hat. Dies ist z. B. der Besuch der Website um elektronische Überweisungen zu tätigen oder den Kontostand zu prüfen. Hier werden dezent auf Produkte der Bank oder Informationsbeiträge hingewiesen. Zudem schickt die Next Digital Bank von Zeit zu Zeit Marketing E-Mails und postalische Mailings zu den Kunden. Postalische Mailings enthalten einen Code, der bei Aktionen angegeben werden muss, sodass der Erfolg der Post Sendungen messbar wird. Diese Aktionen sollen nun kunden-individuell aufeinander abgestimmt werden um einen maximalen vertrieblichen Erfolg zu erzielen.

Zum Zeitpunkt der Beauftragung hat die Next Digital Bank seit einem Jahr Datenpunkte nach dem folgenden Prinzip gesammelt:

figure b

Zudem ist jeder Kunde einer Vergleichsgruppe zugeordnet. Diese ist zum Beispiel von Alter, Berufsgruppe, Einkommen, Wohnort und Sinus Milieu abhängig. Sinus Milieus sind ein vom Sinus Institut entwickeltes Gesellschafts- und Zielgruppenmodell, das insbesondere für Marketing Zwecke aber auch zur Produktausrichtung verwendet wird.

Auf Einzelkunden Basis soll nun der bestmögliche nächste Schritt, die Next Best Action, gefunden werden. Hierzu werden für jeden Kunden die letzten Touchpoints bestimmt, den er aktiv gesehen oder genutzt hat (Messung von Aktivität geschieht z. B. per Click auf einen Link). Nun werden alle verfügbaren möglichen Next Best Actions (abzüglich derer, die er bereits kürzlich erhalten hat) mit einem Scoring Algorithmus verglichen. Für dieses Scoring fließt ein, welche Next Best Actions bei Personen mit einer vergleichbaren Touchpoint-Historie erfolgreich waren und welche Kundeninteraktionen bei der Vergleichsgruppe der Person erfolgreich sind.

Daraus ergibt sich beispielhaft das folgende Bild:

  • Person: Max Muster, 28 Jahre, Gehaltssprung um 20 % vor 6 Monaten, Akademiker

  • Aktiver Content: Newsletter zu Geldanlage, Nutzung des Rechners für Konsumentenkredite

figure c

Nach diesen Kriterien würde ein Kontakt des Kunden Betreuers für einen Konsumer-Kredit als die Next Best Action gewählt werden. Die Wahrscheinlichkeit für Erfolg kann zusätzlich noch mit einer Marge multipliziert werden, um den monetären Erfolg stärker zu forcieren. Ebenso können die Kosten einer Aktion mitberücksichtigt werden. Dies erlaubt eine Profitabilitäts-Sicht pro Kunde pro gewählter Marketing Aktion.

Rechenbeispiel für Max Mustermann zur Entscheidung über eine Erweiterung des Kreditrahmens:

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Aus der Berücksichtigung von Erfolgswahrscheinlichkeit, Kosten und Marge im Erfolgsfall kann eine unternehmerisch präzise Entscheidung herbeigeführt werden. In diesem Fall würde der Anruf des Kundenberaters für eine Erweiterung des Kreditrahmens aufgrund der hohen Grenzkosten und der geringen Erfolgswahrscheinlichkeit abgelehnt werden. Die beiden anderen Optionen zeigen sich beide profitabel, wobei das Direktbank-Depot trotz der geringeren Abschlusswahrscheinlichkeit aufgrund der geringeren Kosten aus Profitabilitäts-Perspektive die favorisierte Next Best Action ist.

Diese E-Mail Kampagne ist nur eine von vielen Kommunikationsstrecken, die bei der Next Digital Bank existierten und die mit Predictive Analytics gesteuert werden sollen. Daneben gibt es weitere Service und Marketing Kommunikationsstrecken per E-Mail (z. B.: Einen Kontowechsel-Service, eine Zufriedenheitsumfrage, etc.) und weitere Kanäle wie die Website sowie einen automatisierten Chat, die zu Marketing und Vertriebszwecken genutzt wird.

Um eine ideal digitalisierte und abgestimmte Kommunikation mit den Kunden zu erreichen, müssen all diese Touchpoints und Kanäle miteinander verknüpft sein. Dies bedeutet vor allem, dass alle ausgesteuerten und empfangenen Interkationen und deren Reaktionen strukturiert in einem zentralen System abgelegt sind (dies ist auch aus datenschutzrechtlicher und betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvoll). Dies geschieht heutzutage idealerweise über ein modernes CRM System. Dieses System ist das Herzstück eines modernen Kundenerlebnisses und befindet sich damit im Zentrum über alle Kunden-Interaktionen. Insbesondere ist ein CRM System als zentrale Datenbasis empfehlenswert, da nur so eine einheitliche und umfassende Sicht auf Kunden erreicht werden kann.

5.3.3 Phase 3: Bereitstellung von Wissen

Der BITKOM beschreibt Daten als vierten Produktionsfaktor, neben Kapital, Arbeitskraft und Rohstoffen (BITKOM 2012). So wird die Gewinnung, Analyse und Bereitstellung von Daten für Unternehmen in der digitalen Welt zu einem zentralen Erfolgsfaktor, der über die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens entscheiden kann. Firmen müssen sich mit einer effizienten Datenbereitstellung auseinandersetzen, um die immer größer werdende Zahl an kritischen Informationen bewältigen und für sich nützlich machen zu können und um dieses Wissen in strategische und operative Entscheidungen einfließen zu lassen.

Der stark wachsende Datenumfang lässt sich auf die zunehmende maschinelle Erzeugung von Daten, Sensordaten und Mobilkommunikation sowie auf Soziale Medien, Cloud Computing und digitalisierte Geschäftsmodelle zurückführen. Mithilfe von Business Intelligence-Lösungen, wird die Flut an Daten gefiltert, strukturiert und somit verständlich und zugänglich gemacht. Die in Unternehmen vorliegenden unstrukturierten Daten werden automatisch strukturiert, um als Basis für Entscheidungen dienen zu können. Derzeit liegt ein Schwerpunkt auf der Entwicklung von Software, die diese großen Datenmengen verarbeiten kann.

Unternehmen müssen eine Mischung aus bestehenden und neuen Technologien entwickeln, um die potenziellen Daten auch zu einem tatsächlichen Produktionsfaktor transformieren zu können. Es ist von grundlegender Bedeutung, Die Bereitstellung von Wissen ist somit nicht als ein Trend, sondern als die Zukunft zu verstehen. So geht es in Firmen nicht um die Frage, ob man Business Intelligence-Lösungen implementiert, sondern wann man diese einführt. Hier gilt: Je früher, desto besser. Denn im Praxiseinsatz erweisen sich sehr große Wettbewerbsvorteile.

Der Nutzen der Bereitstellung von Wissen

Der BITKOM zählt fünf Vorteile auf (BITKOM 2012):

  1. 1.

    Transparenz

  2. 2.

    erweiterte Simulationen

  3. 3.

    Verbesserung des Kundenzugangs

  4. 4.

    Unterstützung von Entscheidungsprozessen

  5. 5.

    höhere Innovationschancen

Diese Vorteile bringen eine verstärkte Wettbewerbsfähigkeit mit sich. So können Unternehmen bereits heute Werbemaßnahmen im Internet und Webstatistiken sofort auswerten, Streuverluste durch gezieltere Zuschneidung des Angebots auf Kundensegmente oder individuelle Kunden vermindern, bestehende Produkte mithilfe von Sensordaten und Social-Media-Analysen verbessern, maschinengesteuerte Prozesse optimieren, das Risikomanagement verbessern, Betrüger schneller erkennen, effizientere Logistik betreiben, Compliance-Anforderungen schneller erfüllen, ihre Time-to-Market erheblich verbessern, innovative Geschäftsmodelle entwickeln, die Anzahl an Datenbanken in der Systeminfrastruktur reduzieren und eine Vielzahl von Entscheidungen auf einer größeren Datenbasis gezielter treffen.

Gerade im Vertrieb können durch die verbesserte systematische Auswertung von großen Datenmengen und verbesserte Bereitstellung des Wissens, die Kunden gezielter angesprochen werden, Angebote zugeschnitten werden und potenzielle Neukunden schneller identifiziert werden.

Datenschutz als zentrale Herausforderung

Gerade in Deutschland wird großer Wert auf Datenschutz gelegt. Die Zurückhaltung deutscher Unternehmen beim Thema Business Intelligence (BI) und Wissensbereitstellung über diese Systeme lässt sich also möglicherweise aus der Angst vor rechtlichen Folgen ableiten. Dennoch sind BI-Verfahren nach deutschem Datenschutzrecht in vielen Fällen zulässig. Bevor ein Unternehmen BI-Verfahren implementiert, sollte es sie rechtliche Zulässigkeit prüfen lassen. In der frühen Phase der BI-Implementierung lassen sich Änderungen durch rechtliche Bestimmungen besser in das Verfahren einarbeiten. So muss darauf geachtet werden, dass nach deutschem und europäischem Datenschutzrecht (DSGVO), anders als in den USA, personenbezogene Daten nur erhoben, verarbeitet oder genutzt werden dürfen, wenn eine explizite Einwilligung des Betroffenen erfolgt ist, oder wenn dieses Verfahren durch eine rechtliche Vorschrift ausdrücklich genehmigt ist. Ebenfalls wird vorgeschrieben, Daten nur zweckdienlich zu verarbeiten und ein Minimum an personenbezogenen Daten zu sammeln und nutzen.

Dennoch bestehen einige Möglichkeiten die Daten über BI-Verfahren zu nutzen:

  1. 1.

    Verarbeitung aufgrund einer Einwilligung des Betroffenen im Rahmen der DSGVO

  2. 2.

    die Datenverarbeitung in Vertragsverhältnissen und zur Abwicklung von Geschäftsprozessen (Voraussetzung der Einwilligung in die Verarbeitung von personenbezogenen Daten)

  3. 3.

    Privacy-Preserving Data Mining: dies bedeutet, dass personenbezogene Daten unter Voraussetzung der Einwilligung in die Verarbeitung der personenbezogenen Daten anonymisiert oder pseudonymisiert verarbeitet werden. Dadurch können Unternehmen Daten sammeln und nutzen, dürfen allerdings weder Namen, noch Geburtsdatum oder Anschrift speichern. Dennoch birgt dies großes Potenzial für Marktforschung oder Webtracking.

5.4 Digitale Transformation durch CRM-Systeme

CRM (Customer Relationship Management)-Systeme spielen eine wichtige Rolle auf dem Weg zur Vertriebsexzellenz. In jeder der vier Dimensionen des Sales Performance Management bietet eine funktionierende und systematische CRM-Infrastruktur eine große Unterstützung. Dies soll im Folgenden für vier Dimensionen erläutert werden.

  1. 1.

    Strategie

    • Märkte, Kunden und Konkurrenz: Mittels CRM-Systemen lässt sich eine 360-Grad-Sicht auf den Kunden erstellen. Alle Daten, die ein Unternehmen über einen Kunden besitzt, fließen unter Berücksichtigung von Datenschutzvorschriften in ein aggregiertes Kundenprofil ein, das dabei hilft, den Kunden besser zu verstehen und in Folge gezielter zu bearbeiten. Dabei können auch Kundenpotenziale veranschaulicht werden, was dabei hilft, potenzielle Verkäufe zu planen. Diese Daten können dann in Cockpits und Reports einfließen (vgl. Abschn. 5.2) und zu einem zentralen Steuerungsinstrument avancieren. Außerdem können CRM-Systeme mittels Datenvergleichen und -gruppierungen Markt- und Kundensegmente erstellen, die ebenfalls eine gezielte Ansprache durch Kampagnen ermöglichen und aufzeigen, welche Segmente besser oder anders bearbeitet werden müssen. Der Verlauf der Kampagnen und deren Erfolg kann dann in einem sogenannten Kampagnenverlauf dargestellt werden, der jederzeit den aktuellen Stand der Kampagne aufzeigt und Prozesse veranschaulicht. Des Weiteren können auch Informationen zu Konkurrenten übersichtlich und einheitlich in Konkurrenzprofilen dargestellt werden. Dies ist eine sehr gute Hilfestellung für ein Benchmarking.

    • Produkte und Dienstleistungen/Preise und Konditionen: CRM-Systeme bieten ebenfalls einen schnellen und aktuellen Einblick in Preislisten und Produktdetails. Kundenberater haben somit immer die aktuellsten Informationen mit den ERP-Systemen synchronisiert oder in Echtzeit angezeigt und können Verhandlungen nach klaren Preisgestaltungsmustern führen. So können sie Einkaufspreise, vorgesehene Verkaufspreise, Rabattmöglichkeiten und Margen einsehen.

    • Kundenerlebnis: CRM-Systeme bieten auch mobile Lösungen, die es ermöglichen, jederzeit und über alle zur Verfügung stehenden Kanäle (Telefon, Mail, Social Media…) auf Kundenanfragen zu reagieren. Zudem sind während eines Kundenkontakts alle Informationen über 360-Grad-Sichten konsolidiert verfügbar. Dies steigert das Kundenerlebnis, denn sie werden durch einen Kundenberater konsistent über mehrere Kanäle betreut („One Face to the Customer“). Außerdem können Besuchsberichte direkt fertig gestellt und an den jeweiligen Kunden-Account angehängt werden. Die Informationen sind dadurch noch genauer und detaillierter.

  2. 2.

    Organisation

    • Aufbauorganisation: CRM-Systeme ermöglichen neben den Kundenprofilen auch eine übersichtliche Darstellung von Konzernstrukturen, die organisationale Hierarchien veranschaulicht und so den Kunden noch detaillierter beschreiben kann. Dies bietet enorme Vorteile für eine Buying-Center-Analyse (vgl. Abschn. 4.2). Die verschiedenen Kaufentscheider können so gezielter angesprochen werden, da Entscheidungsebenen und Ansprechpartner einfach identifiziert werden können. Aufgrund DSGVO wird es hier künftig eine stärkere Verlagerung der personenbezogenen Kundeninformationen in soziale Netzwerke wie Xing und LinkedIn geben. Innerhalb der CRM-Systeme erfolgt dann nur noch eine Integration der im sozialen Netzwerk hinterlegten persönlichen Daten. Vorteile sind hierbei die Aktualität der Daten aber auch die Sicherstellung eines Double-Opt-In zur Nutzung der Daten für die Ansprache über soziale Netzwerke.

    • Prozesse: Alle Phasen der Vertriebsprozesskette werden in CRM-Systemen abgebildet. Dies ermöglicht ein aktuelles Monitoring jedes Kunden vom Lead bis zur After-Sales-Betreuung und einen schnellen Überblick über die Vertriebspipeline, die anzeigt, wie viele Kunden derzeit in welchen Phasen bearbeitet werden. So bieten CRM-Systeme eine starke Unterstützung bei der Bearbeitung von Kunden vom Leadmanagement über das Kontakt- und Angebotsmanagement bis hin zum Auftrags- und After-Sales-Management. Alle Informationen über den Kunden werden verknüpft, regelmäßig aktualisiert und synchronisiert und ermöglichen so jederzeit eine Echtzeitanalyse. Der Kundenbedarf kann außerdem mit Bestandssystemen abgeglichen werden, was auch einen logistischen Zeitvorteil mit sich bringt. Zudem können Prozesse mittels Rollen- und Rechtekonzepten auf die Rollenbedürfnisse zugeschnitten werden. Workflows ermöglichen die Automatisierung von Prozessschritten.

  3. 3.

    Controlling

    • Cockpits und Reports/Planung und Prognosen: Steuerungskonzepte werden über die Rechte eines Benutzers umgesetzt. CRM-Systeme bieten die Möglichkeit, 360-Grad-Reports zu erstellen. So können aus Daten der Kunden-, Markt- und Konkurrenzprofilen sowie der Prozessanalyse und der Vertriebspipeline präzise Prognosen getroffen werden, die ein genaues Forecasting ermöglichen. Außerdem können somit umfassende Cockpits auf sehr einfache Weise effizient zusammengestellt, angepasst und analysiert werden. KPIs werden über Data Warehouses berechnet und dargestellt. Eine akkurate Vertriebsplanung und Forecasting wird durch diese Vorteile sehr viel einfacher. Auch das mobile Abrufen von Prognosen wird ermöglicht.

  4. 4.

    Personal

    • Leistungsmessung und -steigerung (Performance Management)/Mitarbeiterentwicklung: Selbst im Personalmanagement (vgl. Kap. 6) kann ein CRM-System zu mehr Übersicht führen. So können Personalstammdaten hinterlegt werden, aber auch Leistungsdaten. Diese Informationen machen ein sogenanntes Skill-Management möglich. Dies steht für die gezielte Weiterentwicklung der Fähigkeiten von Mitarbeitern und basiert auf den zur Verfügung stehenden Informationen. So können Lücken in den Kenntnissen und Fähigkeiten von Mitarbeitern identifiziert, mit anderen Mitarbeitern verglichen und dann mit entsprechenden Schulungen präzise verbessert werden. Auch ein Anreiz- und Vergütungssystem kann auf den Daten dieses Systems basieren, indem Mitarbeiter untereinander verglichen und in Rankingsystemen gelistet werden können. Des Weiteren bietet dies auch eine gute Möglichkeit für ein intensives Monitoring der Leistungsdaten und ermöglicht so eine schnelle und gezielte Reaktion auf veränderte Performance.

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Die Vorteile einer vertrieblichen Nutzung der systematischen Informationsauswertung in der Praxis

Die systematische Informationsauswertung wird in der Praxis erst richtig nutzbar, wenn diese die betriebswirtschaftlichen Anforderungen des Vertriebs widerspiegelt. Erfolgversprechend ist nur ein Einsatz einer Kombination aus Segmentierung mittels Data Mining, Predictive Analytics sowie Standard- und Ad-hoc-Auswertungen mittels OLAP auf der Basis eines individuellen Data Warehouses. Zudem sollten die Tools eine gewisse Flexibilität erlauben, um die vertriebliche Realität abzubilden. Konkret bedeutet dies in der Praxis, dass standardisierte Tools wie Board M.I.T., Cognos, SAS, SAP BW, Microsoft Power BI, Salesforce Analytics Cloud oder Oracle Business Intelligence im Vertrieb eingesetzt werden sollten, wobei die Datenstrukturen aus dem Standard an die jeweiligen Unternehmensanforderungen angepasst werden müssen. Standardisierte Tools sind heute auch schon für den Mittelstand geeignet und erschwinglich.

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Beispiel: Zielgerichtete Informationsauswertung

Ein mittelständisches Unternehmen in der Konsumgüterindustrie möchte einen monatlichen Newsletter im Vertrieb an seine wichtigen Geschäftskunden senden. In dem personalisierten Geschäftskunden-Newsletter sollen alle Kunden angesprochen werden, die monatlich mehr als 50.000 € Umsatz machen und regelmäßig bestimmte Warengruppen bestellen. Der Vertrieb ermittelt anhand der Kriterien durch ein Data Mining Tool, welche Kunden berücksichtigt werden sollten, und bildet ein Kundensegment. Zudem wird ermittelt, welche Produkte noch für diese Kunden interessant sein könnten, um ein Cross-Selling zu fördern.

Basierend auf den Segmenten werden E-Mail-Kampagnen gestartet, die den Kunden den Geschäftskunden-Newsletter senden. Mittels Standardberichten, die die Dimensionen Kunde, Umsatz und Produkt enthalten, wird überprüft, wie sich die Umsätze der Kunden nach Versand des monatlichen Newsletters entwickeln. Hierbei werden Fragen wie „Steigt der Umsatz?“ oder „Kauft der Kunde auch die anderen beworbenen Produkte (Cross-Selling)?“ beantwortet. Der Erfolg des Newsletters kann zudem über die Perioden bewertet werden.

Die systematische Informationsauswertung mit Cloud-Lösungen bietet die folgenden praktischen Vorteile für den Vertrieb:

  • Nahtlose Integration in das Vertriebsinformationssystem, das heißt, analytische Berichte werden direkt in der Benutzeroberfläche angezeigt, ohne dass eine erneute Anmeldung erforderlich ist. Das Berichtswesen wird somit mit den Geschäftsprozessen verzahnt und erlaubt eine Verringerung von Durchlaufzeiten.

  • Cloud bietet eine umfassende Verfügbarkeit von Informationen über alle Kanäle und allen Devices zu jedem möglichen Zeitpunkt. Cloud bietet nahezu 100 %ige Verfügbarkeit der Systeme und somit auch Informationen.

  • Best-Practices anhand von vordefinierten Reports, die durch Adaption genutzt werden können. Die vordefinierten Reports sind oftmals bei gleichen Herstellern mit dem Datenmodell der operativen Systeme synchronisiert und verringern so die Zeitspanne von der Anforderungsdefinition bis zur aktiven Nutzung des Reportings.

  • Aufbau der eigenen Kennzahlensysteme auf dem bereits existierenden, umfangreichen Kennzahlengerüst in den Bereichen Vertrieb, Marketing, Service und Auftragsmanagement. Prozessbezogene Kennzahlen in den genannten Bereichen können erst durch die Informationsauswertung über analytische Systeme sinnvoll dargestellt werden. Durchlaufzeiten von Prozessen werden messbar.

  • Aufbau eines vernetzten Reportings, das heißt, es sind Top-down-Analysen möglich, indem einzelne Reports logisch und technisch verknüpft werden. Trends und Ergebnisse werden dargestellt. Durch Drilldown in vernetzten Reports sind Ursachen für Markt- und Prozessveränderungen schneller ermittelbar, wodurch Gegenmaßnahmen zügig abgeleitet und umgesetzt werden können.

  • Die Cloud-Lösungen zur systematischen Informationsauswertung basieren auf dem Internet. Die gewonnenen Informationen sind somit praktisch unternehmensweit verfügbar.

  • Der Nutzer erhält nur die Informationen, die er benötigt. Die Informationen werden abhängig von Rollen und Rechten gesteuert (Dashboards mit wichtigen Reports).

  • Zielgerichtete und ursachengerechte Entscheidungen werden schneller getroffen, da die Informationen jederzeit abrufbar sind.

  • Die Informationsbasis zu Kundenaktivitäten ist im gesamten Unternehmen für Entscheider verfügbar und abrufbar.

  • Nutzer können sich Listen selbst einfach zusammenstellen (Ad-hoc-Reporting), so können individuelle Entscheidungen unterstützt und getroffen werden.

Die Segmentierungswerkzeuge für das Kampagnenmanagement nutzen analytische Daten, die Kampagnen können aber im operativen VIS angestoßen werden. Daraus ergibt sich eine optimale Verzahnung zwischen operativen und analytischen Daten.

5.5 Systemunterstütztes Vertriebscontrolling im Außendienst

In vielen Unternehmen sind die Vertriebsmitarbeiter hauptsächlich im Feld tätig. Die Mitarbeiter arbeiten vor Ort beim Kunden und können nicht immer mit dem Stammhaus in Kontakt treten. Dieses Kapitel soll aufzeigen, wie die Vertriebssteuerung die heutigen technischen Möglichkeiten eines Vertriebsinformationssystems operativ nutzen kann, um die Außendienstmitarbeiter im Feld zu informieren, zu koordinieren und zu kontrollieren. Die Möglichkeiten der heutigen Vertriebsinformationssysteme werden an folgenden Aufgaben des Außendiensts dargestellt:

  1. 1.

    Informationsversorgung

  2. 2.

    Besuchsvorbereitung

  3. 3.

    Angebotserstellung

  4. 4.

    Auftragserfassung

  5. 5.

    Zeit- und Spesenerfassung

5.5.1 Informationsversorgung

Das Vertriebscontrolling hat die Aufgabe, die Vertriebsmitarbeiter mit wichtigen Informationen zu versorgen, die relevant für ihre Entscheidungen sind. Diese Aufgabe ist für das Vertriebscontrolling besonders schwer zu bewältigen, wenn die Vertriebsmitarbeiter hauptsächlich im Außendienst tätig sind und nicht in ständigem Kontakt mit dem Stammhaus und anderen Vertriebsmitarbeitern stehen. Im Fall einer kleinen Vertriebseinheit ist es noch praktikabel, wenn der Informationsaustausch über Aufträge und Kunden mit dem Innendienst über das Telefon oder ein Faxgerät erfolgt. Allerdings bindet dieser Prozessablauf die Innendienstmitarbeiter und birgt die Gefahr eines Medienbruchs.

Der ständige Austausch zwischen Außen- und Innendienst ist in mittleren bis großen Vertriebseinheiten oftmals nicht mehr praktikabel. Die Unternehmen bedienen sich daher der Vertriebsinformationssysteme, die bestimmte Mechanismen zum Informationsaustausch zur Verfügung stellen.

Ein negatives Beispiel ist in diesem Zusammenhang der Austausch von Daten zwischen Innen- und Außendienst zur Vorbereitung einer Kampagne mit Excel-Dateien. Diese Variante ist immer noch beliebt, allerdings ist die Nutzung von Möglichkeiten von modernen CRM- und Business-Intelligence-Systemen in Kombination um ein Vielfaches besser. Moderne Tools wie Eloqua (Oracle) oder ExactTarget (salesforce.com) ermöglichen eine einfache Nutzerführung und erlauben eine Segmentierung von Kundendaten innerhalb der Vertriebseinheiten. Lästige Schnittstellen zum Marketing können so vermieden werden.

Prinzip der Informationsversorgung: So viele Informationen wie möglich, aber nur so viele wie nötig.

Die Mechanismen des Informationsaustauschs greifen beim Synchronisationsvorgang. Die einzelnen Datensätze (beispielsweise Kunden, Kontakte und Aufträge) sind an Vertriebsmitarbeiter oder -positionen geknüpft. Das Vertriebsinformationssystem erkennt den Mitarbeiter beim Synchronisationsvorgang seines Laptops mit dem Server und tauscht nur ausgewählte Daten aus. Der Außendienstmitarbeiter erhält auch Informationen, die alle Mitarbeiter erhalten. Dies können allgemeine Formulare oder Produkte sein. Der größte Teil der Informationen ist aber nur für diesen Vertriebsmitarbeiter bestimmt. Die Routine arbeitet auf diesem Weg, um die Synchronisationszeiten des Vertriebsmitarbeiters so gering wie möglich zu halten.

Beispiel: Informationsversorgung

Ein Außen- und ein Innendienstmitarbeiter arbeiten an einem Tag autark an unterschiedlichen Aufgaben. Der Außendienstmitarbeiter besucht die Kunden A und B und gibt für Kunde A zwei Aufträge und für Kunde B drei Aufträge in seinen Laptop ein. Der Innendienstmitarbeiter erhält eine Anfrage von einem Neukunden C per Fax in der Zentrale, welcher in das Vertriebsgebiet des Außendienstmitarbeiters fällt. Der Innendienstmitarbeiter gibt den Neukunden C mit seinen Stammdaten ein und weist den Außendienstmitarbeiter als Kundenbetreuer aufgrund des Gebietes zu (könnte auch vollautomatisiert geschehen). Zusätzlich erhält der Innendienstmitarbeiter den unterschriebenen Rahmenvertrag von Kunde D, der ebenfalls von dem Außendienstmitarbeiter betreut wird. Der Rahmenvertrag wird eingescannt und beim Kunden D als Anlage elektronisch in den Stammdaten hinterlegt.

Am Abend synchronisiert der Außendienstmitarbeiter mit dem Server (sofern er keine Online-Variante bzw. Cloud-Variante von CRM-Systemen benutzt). Folgende Informationen werden übertragen:

  • Der Außendienstmitarbeiter überspielt die Aufträge von Kunde A und B auf den Server, die für alle Innendienstmitarbeiter nach dem Synchronisationsvorgang einsichtig sind. Das System weist den Auftrag automatisch einem verantwortlichen Innendienstmitarbeiter zu, der den Auftrag als Einziger bearbeiten kann.

  • Der Außendienstmitarbeiter erhält die Stammdaten des Neukunden C und den Rahmenvertrag des Kunden D. Die Synchronisationsregeln für den Außendienst sind so definiert, dass der Außendienstmitarbeiter die Stammdaten auf jeden Fall auf seinen lokalen Rechner übertragen bekommt, aber bei dem Rahmenvertrag wählen kann, ob er übertragen werden soll.

  • Beide Vertriebsmitarbeiter erhalten mit der Synchronisationsroutine die Informationen, die sie für ihre Arbeit benötigen. Der Übertrag erfolgt vollautomatisiert über Regelwerke, um Fehler bei der Zuweisung durch die Mitarbeiter zu verhindern. Beides entspricht der Informations- und Koordinationsaufgabe des Vertriebscontrollings und hilft, die Aufgaben operativ wahrzunehmen. Im Idealfall nutzen die Vertriebsarbeiter heute Smartphones oder Tablets (z. B. iPad von Apple). Hierdurch können die Vertriebsmitarbeiter jederzeit auf aktuelle Informationen zugreifen.

Neue Möglichkeiten wie Predictive Analytics ermöglichen dem Vertrieb zudem gezielte Informationen im Rahmen des Leadmanagement. Beispielsweise kann dem Vertriebsmitarbeiter über ein Leadscoring mittels Predictive Analytics eine konkrete Hilfestellung anhand von statistischen Wahrscheinlichkeiten gegeben werden, welche Leads die höchste Abschlusswahrscheinlichkeiten bieten. Der Vertriebsmitarbeiter erhält kontextbezogene Informationen innerhalb des Prozesses, die seine Arbeit aktiv erleichtern und seine Entscheidungen proaktiv unterstützen bzw. untermauern.

5.5.2 Besuchsvorbereitung

Die Vorbereitung der Kundenbesuche dient der effizienten Ausnutzung der Personalressourcen. Zunächst einmal bieten moderne Vertriebsinformationssysteme durch CRM oder Business Intelligence intelligente Dashboards und 360-Grad-Sichten auf den Kunden mit allen relevanten Kundendaten, die eine effiziente Besuchsvorbereitung benötigen. Zudem bieten einige CRM-Lösungen mittlerweile so genannte Tiles oder Trigger, die dem Vertriebsmitarbeiter konkrete Actions für den Kundenbesuch anzeigen. Beispielsweise gibt das System Hinweise über offene Retouren, Beschwerden oder offene Zahlungen, die der Vertriebsmitarbeiter im Gespräch konkret ansprechen sollte.

Darüber hinaus bieten die heutigen Vertriebsinformationssysteme den Außendienstmitarbeitern eine mögliche Aktivitätserfassung mit vollständiger Kalenderfunktionalität und Integration in Microsoft Outlook. Die bestmöglichen Besuchszeiten – beispielsweise montags von 12:00 bis 13:00 Uhr – können in den Kundenstammdaten hinterlegt werden, um eine Effizienzsteigerung des Vertriebs zu erreichen. Diese Funktion wird insbesondere in der Pharmaindustrie oder in Dienstleistungsunternehmen genutzt, um die Ärzte und Apotheken zu besonders günstigen Zeiten zu besuchen. Der Außendienstmitarbeiter legt zum Zwecke der Besuchsplanung entweder einen Kalendereintrag an, der eine Aktivität erzeugt, oder umgekehrt. Der Außendienstmitarbeiter kann die Zeiten des Kalendereintrags entweder manuell mit den bestmöglichen Besuchszeiten abgleichen oder eine Funktion erledigt einen automatischen Abgleich bei Systemeintrag.

Die Besuchseffizienz wird gesteigert, wenn der Außendienst per Arbeitsanweisung verpflichtet wird, die besten Besuchszeiten im System zu pflegen, abzugleichen und mit vereinbarten Kundenterminen zu kombinieren. Die Vertriebsmitarbeiter können zudem ihre Route besser planen und optimieren.

Beispiel Besuchsplanung

Die Besuchsplanung wird in Deutschland – im Gegensatz zu den USA – regelmäßig von den Außendienstmitarbeitern selbst vorgenommen. Angenommen, ein Außendienstmitarbeiter hat vier Kundenbesuche an einem Tag geplant und ein Kunde sagt am vorhergehenden Tag den Termin kurzfristig ab. Eine Systemabfrage auf das Gebiet in Verbindung mit den besten Besuchszeiten ermöglicht dem Außendienstmitarbeiter, mit wenig Aufwand einen adäquaten Ersatz zu finden und die Lücke in der Besuchsplanung zu füllen.

Die Besuchsplanung über ein Vertriebsinformationssystem erfüllt gleich mehrere Aufgaben der Vertriebssteuerung:

  • Die Vertriebsmitarbeiter können die besten Besuchszeiten in ihrem Sinne selbst pflegen und sich bei Bedarf selbst informieren.

  • Die Vertriebskoordination wird verbessert, da unnötige Leerzeiten minimiert werden.

  • Die Vertriebsleitung kann bei Bedarf die Kalender der Vertriebsmitarbeiter elektronisch einsehen und steuernd eingreifen.

5.5.3 Angebotserstellung

Bevor ein Angebot erstellt werden kann, muss durch den Vertrieb geprüft werden, ob der Kunde in der Unternehmensdatenbank angelegt ist und welche Geschäftseinheit ihn betreut. Alle Daten des Kunden müssen regelmäßig auf Richtigkeit und Aktualität überprüft werden. In einem gut organisierten Vertrieb bestehen für Angebote bereits Rahmenverträge, die an den jeweiligen Kunden individuell angepasst werden können. So kann der Vertriebsmitarbeiter einfach auf den Server zugreifen und bestehende Rahmenangebote bearbeiten. Ebenfalls sollte darauf geachtet werden, den Kunden einheitlich mit demselben Kundenbetreuer zu bearbeiten. Daraus ergeben sich persönliche Beziehungen, die sich im Vertrauen des Kunden gegenüber dem Unternehmen auszahlen. Dieses Prinzip des „One Face to the Customer“ ist grundlegend, um langfristige Kundenbeziehungen aufzubauen. Häufig wechselnde Kundenbetreuer vermitteln Instabilität und geringe Seriosität und können den Kunden verunsichern. Zur Abbildung der Kundenbeziehung sollte in einem CRM-System jedem Kunden ein Mitarbeiter (so genannter Owner) und/oder ein Kundenbetreuungsteam zugeordnet werden.

Während der Angebotserstellung unterstützen Algorithmen im Predictive Analytics den Vertriebsmitarbeiter über die Anzeige von Next-Best-Offers. Der Vertriebsmitarbeiter erhält systembasierte Vorschläge auf Basis von statistischen Wahrscheinlichkeiten für mögliche Angebote an den Kunden. Die Basis für die statistischen Wahrscheinlichkeiten bildet hier die Auswertung von bisherigen Angeboten an ähnliche Kunden und deren Abschlüsse. Somit sind diese Next-Best-Offers sehr verlässlich und ersparen dem Vertriebsmitarbeiter die Zeit, dass er selbst intensiv nach den richtigen Angeboten suchen muss. Unbenommen davon, kann er natürlich jederzeit eigene Angebote erstellen. Die Vorschläge haben somit eher eine unterstützende und keine bindende Funktion.

Letztlich sollte eine Anfragenprüfung durchgeführt werden, um im Anschluss ein passendes Angebot erstellen zu können. Das erstellte Angebot sollte dann mehrfach überprüft werden, bevor es an den Kunden gesandt und nachverfolgt wird.

5.5.4 Auftragserfassung

Die Auftragserfassung ist das Herzstück des Vertriebs, da es die Aufgabe der Vertriebsmitarbeiter ist, Umsätze für das Unternehmen zu generieren und den Fortbestand zu sichern. Die Erfassung eines Auftrags erfolgt in mehreren Schritten:

  1. 1.

    Auswahl des Kunden (Organisation)

  2. 2.

    Auswahl des Bestellers (Person)

  3. 3.

    Auswahl der Produkte/Dienstleistungen

  4. 4.

    Auswahl der Konditionen

  5. 5.

    Auftragsbestätigung

Die Auswahl des Kunden, des Bestellers, der Produkte und die Auftragsbestätigung sind aus Controllingsicht nicht problematisch, da die verfügbaren Informationen aus dem Back-End-System nur im Front-End-System ausgewählt werden müssen. Kritisch sind die Konditionen, die für diesen Auftrag gelten. Die Vertriebsorganisationen sind heutzutage mit komplexen Konditionen konfrontiert. In der Regel sind die Konditionen eine Kombination aus Rabatten und Lieferbedingungen, die pro Produkt und Kunde variieren. Oftmals sind die Vertriebsmitarbeiter durch die Vielzahl der Konditionen überfordert und sollten daher durch das Vertriebsinformationssystem unterstützt werden.

Die gängigen Vertriebsinformationssysteme ermöglichen die Eingabe von Preismodellen. Diese Preismodelle enthalten logische Verknüpfungen anhand von Regeln für die Konditionsvergabe und werden bei der Auftragseingabe durch den Vertriebsmitarbeiter aufgerufen. Die Festlegung der Preismodelle erfolgt zentral für Produkte und bezieht Kriterien von Kunden ein.

Beispiel: Preismodell

Das Produkt A (B) erhält einen Standardrabatt von drei Prozent (fünf Prozent) beziehungsweise Großkundenrabatt von fünf Prozent (acht Prozent) in Abhängigkeit vom Kundentyp. Ein Außendienstmitarbeiter erfasst einen Auftrag von seinem Großkunden C für das Produkt A.Das Preismodell greift bei der Auftragseingabe, wenn der Außendienstmitarbeiter einen eigens eingerichteten Button „Preisberechnung“ drückt. Das Vertriebsinformationssystem zieht automatisch das Preismodell, welches für dieses Produkt hinterlegt ist. Die Routine prüft in einer Sequenz das Produkt und danach den Kundentyp ab. In unserem Fall wird automatisch der Rabatt von fünf Prozent gesetzt, da es sich um Großkunden handelt.

Das Beispiel ist bewusst einfach gewählt worden, um das Grundprinzip der Preismodelle zu erläutern. In der Praxis sind die aufgesetzten Preismodelle sehr komplex, da eine Vielzahl von Produkten und Kundenmerkmalen abzuprüfen sind. Ein Preismodell kann im Prozessablauf mit steuernden Eingriffen durch Vorgesetzte versehen werden. Ein Mitarbeiter darf beispielsweise Rabatte nur bis zu einem bestimmten Höchstbetrag vergeben. Das Preismodell kann vorsehen, dass bei der Auftragserfassung eine Freigabe durch den Vorgesetzten ab einem bestimmten Rabattbetrag erfolgen muss. Die Vertriebsleitung hat so eine zusätzliche Steuerungs- und Kontrollmöglichkeit, um erhöhte Rabatte zu vermeiden und die Deckungsbeiträge einzelner Aufträge und Produkte zu sichern. In der Praxis ist allerdings bei Einrichtung dieser Art von Steuerung stets zu prüfen, ob das möglicherweise aufkommende Freigabevolumen von den Vorgesetzten zeitlich handhabbar ist.

Vorteilhaft an den Preismodellen im Sinne der Vertriebssteuerung ist:

  • Der Vertriebsmitarbeiter wird entlastet und erhält aktuelle sowie präzise Preisinformationen.

  • Die Vertriebsleitung kann die Preisvergabe und Rabattierung besser steuern und dadurch Ineffizienzen durch übermäßige Rabatte entgegensteuern.

Die Restriktion durch Preismodelle kann so weit gehen, dass die Vertriebsmitarbeiter keine eigenen Preise setzen können, sondern die Preise immer durch das System vorgegeben werden. Letzteres minimiert natürlich den Spielraum des Außendienstmitarbeiters, wodurch Widerstände gegen die Preismodelle und das Vertriebsinformationssystem hervorgerufen werden können.

5.5.5 Zeit- und Spesenerfassung

In vielen Vertriebseinheiten erfolgt die Zeit- und Spesenerfassung noch immer auf einem ausgedruckten Formular oder in Excel, das der Vorgesetzte abzeichnet und an die entsprechende Abteilung im Hause weiterleitet, wo die Daten erneut erfasst werden. Dies verursacht hohe Prozesskosten und hohe Durchlaufzeiten. Zudem ist der Vertriebsmitarbeiter nicht informiert, wo seine Spesen gerade bearbeitet und wann diese ausgezahlt werden. Die Prozesskosten und Durchlaufzeiten können verringert werden, wenn die Vertriebsmitarbeiter ihre Zeiten und Spesen direkt im Vertriebsinformationssystem – insbesondere mobil – erfassen und nach der Erfassung online zur Freigabe an den direkten Vorgesetzten weiterleiten können.

Die Weiterleitung kann beispielsweise systemseitig automatisch bei Änderung des Status von „Erfassung“ auf „Abzeichnen“ erfolgen. Der Vorgesetzte kann – ebenfalls idealerweise mobil auf dem Notebook oder Handy – alle noch nicht freigegebenen Zeiten und Spesen der Vertriebsmitarbeiter in einem Bildschirm einsehen und diese mit einer erneuten Statusänderung auf „Freigegeben durch Vorgesetzten“ an den entsprechenden Mitarbeiter im Innendienst weiterleiten, der die Zeiten und Spesen abschließend überprüft und bearbeitet. Einmal weitergeleitete Datensätze sind durch die Vertriebsmitarbeiter nicht mehr änderbar, es sei denn, sie werden von den Vorgesetzten oder dem Innendienst zurückgewiesen und müssen überarbeitet werden.

Die Direkterfassung von Zeiten und Spesen im Vertriebsinformationssystem hat sowohl Vorteile für die Vertriebsleitung als auch für die Mitarbeiter:

  • Die Vertriebsmitarbeiter können den Status der Zeiten und Spesen verfolgen, da jeder Statuswechsel für sie transparent wird. Sie sind jederzeit informiert, wann und von wem die Datensätze freigegeben oder zurückgewiesen wurden.

  • Die Vertriebsleitung steigert durch die Direkterfassung die Vertriebseffizienz, da die Verwaltungskosten und die Durchlaufzeiten gesenkt werden.