Zusammenfassung
Die qualitative Erforschung komplexer, sozialer Phänomene erfolgt zunehmend, indem diese durch Triangulation verschiedener Daten und Methoden auf mehreren Ebenen und aus mehreren Perspektiven untersucht werden. Auf diese Weise können unterschiedliche Perspektiven auf ein Phänomen beforscht und zueinander ins Verhältnis gesetzt werden. Ansetzend an ein Verständnis von Triangulation als Vermittlung zwischen Gegenstandskonstruktionen diskutiert der Beitrag die Relationierung von Forschungsergebnissen als Kern und kritisches Moment im Rahmen eines triangulativen Vorgehens. Anhand dreier qualitativer Forschungsprojekte werden unterschiedliche Wege und Komplexitätsgrade triangulierenden Vorgehens in qualitativen Studien veranschaulicht und das Verbindende der Relationierungsarbeit herausgestellt. Zugleich wird damit auch auf Möglichkeiten und Herausforderungen der forschungspraktischen Umsetzung eingegangen.
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Eine Dimension spannt sich dabei in unserem Verständnis zwischen mindestens zwei untersuchten Perspektiven auf, die auch durch unterschiedliche Methoden erhoben und ausgewertet werden und auf unterschiedlichen Ebenen liegen können.
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Damit denken wir Relationierung nicht als Möglichkeit der Typenbildung, wie sie Arnd-Michael Nohl (2013) entwickelt hat. Seine relationale Typenbildung dient der Relation unterschiedlicher typisierter Orientierungen aus einer Materialbasis zum Beispiel narrativer Interviews, die nicht auf etablierte soziale Lagerungen und organisierte Kontexte zurückgeführt werden können (vgl. Nohl 2013, S. 43, 55). Wir denken Relationierung allgemein als Möglichkeit, qualitativ generierte Ergebnisse, die mit unterschiedlichen Erhebungs- und Auswertungsmethoden auf mehreren Ebenen und Dimensionen gewonnen wurden, zueinander in Beziehung zu setzen. In Anlehnung an Gabriel (in diesem Band), die sich mit Relationierung im Kontext von Triangulation auf theoretischer Ebene auseinandersetzt und danach fragt, wie sich Relationierungsbewegungen in rekonstruktionslogischer Forschungsperspektive zur Idee der Triangulation verhält, verstehen wir Triangulation so als Vermittlung zwischen Gegenstandskonstruktionen.
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Dabei setzen wir den Schritt der Gegenstandskonstruktion, der ebenfalls als Relationierungsvorgehen im Hinblick auf das in Beziehung Setzen von Methodologie und Methode gefasst werden kann, bereits voraus: „Wird Relationierung dabei als argumentative Plausibilisierung eines Verhältnis theoretischer, materialer und methodologischer Gegenstandskonzeptionen zueinander gefasst, schärft eine darauf bezogene Aufmerksamkeit den Forschungsgegenstand selbst“ (Gabriel und Ludwig 2018, S. 108). Wir setzten vielmehr an dem Punkt ein, an dem die Analyse beginnt und Ergebnisse miteinander in Beziehung gesetzt werden, was in einem zirkulär und reflexiv angelegten Forschungsprozess auch die stetige Überprüfung der getroffenen Annahmen innerhalb der Gegenstandskonzeption und der verwendeten Methoden einschließt.
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Mit Blick auf ethnografisches Arbeiten ist zu konstatieren, dass die Erhebung unterschiedlicher Daten und die Kombination verschiedener Auswertungsmethoden zum Kern des Vorgehens gehören und ethnografische Projekte somit an sich triangulierend angelegt sind (vgl. bspw. Kelle 2001; Ott et al. 2012; Deppe et al. 2018).
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Interessanterweise kam es im Rahmen des Gruppengesprächs nicht zur Bearbeitung einer gemeinsamen Orientierung, sondern eher zu einem divergenten Diskurs, bei dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Differenz der erlebten Klassenratspraxis hervorhoben. Aufgrund dieser Besonderheit – und weil weiteres Interviewmaterial vergleichsweise nicht ergiebig war – konnten die Aussagen der Klassenlehrerin der untersuchten dritten Klasse als in sich abgeschlossene Einzelerzählungen aus der Gruppendiskussion herausgelöst und detaillierter dokumentarisch interpretiert werden. Auf eine Einbettung in den Diskurs der Gruppe wurde aus forschungspragmatischen Gründen verzichtet.
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Mit der Moderationskarte wird ein Schema bezeichnet, bei dem die Lehrkraft der untersuchten Klasse den Ablauf des Klassenrates festgehalten hat und das den Moderatoren der Sitzungen zur Hilfe bei der eigenständigen Durchführung dienen soll.
- 7.
Die Studie ist aus dem DFG Projekt „Peergroups und schulische Selektion“ (vgl. Krüger et al. 2008; Krüger et al. 2010; Krüger et al. 2012) hervorgegangen und wurde mit einem Promotionsstipendium der Hans-Böckler-Stiftung im Rahmen des Promotionskollegs „Bildung und soziale Ungleichheit“ an der Universität Halle gefördert.
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Die schul- und bildungsbezogenen sowie die lebensweltlichen Orientierungsmuster wurden in eine relational-soziogenetische Typenbildung für die Dimensionen Bildung und Milieu überführt. In diese floss die soziale Herkunft sowie der Bildungs- und Berufsstatus der Eltern ein (vgl. Deppe 2015a, S. 113 f.).
- 9.
Eine ausführliche Darstellung der Kontrastierungen zum Fall findet sich in Deppe (2015a, S. 115–172).
- 10.
Transkriptionsregeln s. Deppe (2015a, S. 231 f.).
- 11.
Das Forschungsprojekt ist ein Teilprojekt der seit 2011 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Forschergruppe zu den Mechanismen der Elitebildung im deutschen Bildungssystem (vgl. Krüger et al. 2012).
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Auf die längsschnittliche Projektanlage wird an dieser Stelle nicht Bezug genommen.
- 13.
Vgl. zur Typologie der Habitusformen von Schülerinnen und Schülern an Gymnasien Helsper et al. (2018, Abschn. 6.1).
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Bei den vier ersten Schulen (von rechts ausgehend) handelt es sich um ‚exklusive Gymnasien‘. Diese Schulen verfügen über selektive Auswahlverfahren und eine herausgehobene Distinktionsarbeit. Das Schloss-Gymnasium ist eine altsprachliche Traditionsschule, deren exklusiver Status aufgrund rückläufiger Schülerzahlen in die Krise geraten ist. Die zwei letzten Schulen, das Fichte- und das Dreberg-Gymnasium, stehen als nicht-exklusive Gymnasien in einer Distanz zu Exklusivitätsentwürfen und verfügen nicht über Auswahlverfahren (vgl. zu den Schulen die Schulfallstudien in Helsper et al. 2018, Kap. 4).
- 15.
Vgl. zu den Transkriptionsregeln Helsper et al. (2018, S. 537).
- 16.
Eine ausführliche Darstellung des Falles Heinrich findet sich in Helsper et al. 2018, Abschn. 5.2.2.
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Eine ausführliche Darstellung des Falles Marcel findet sich in Helsper et al. 2018, Abschn. 5.2.3.
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Dies ist möglich, da allen drei Studien eine „praxeologische Methodologie“ (Bohnsack 2010, S. 187) zugrunde liegt und somit auch eine „Methodologie des Vergleichs, die sich auf das analogische Denken, das Denken in Homologien stützt, wie u. a. die komparative Analyse innerhalb der dokumentarischen Methode […]“ (a. a. O., S. 204). Damit stellt sich die Frage, welche Formen der Relationierung in Studien möglich sind, die beispielsweise diskurstheoretisch oder ethnografisch ausgerichtet sind. An dieser Stelle sei auf Projekte verwiesen, die hier unterschiedliche Herangehensweisen aufzeigen (vgl. Reh 2003; Deppe et al. 2018). Eine abschließende Beantwortung der Frage, welche Bestimmungselemente eine übergreifende Form der Relationierung aufweisen, kann jedoch in diesem Rahmen nicht geleistet werden.
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Gabriel bezeichnet dies als „Perspektivenerweiterung“ und schreibt der Triangulation in diesem Punkt einen „besonderen Bedeutungsgehalt“ zu (Gabriel 2018: in diesem Band).
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Niemann, M., Bauer, A., Deppe, U. (2019). Die Relationierung als Kerngeschäft triangulierender Verfahren in der rekonstruktiven Bildungsforschung. In: Lüdemann, J., Otto, A. (eds) Triangulation und Mixed-Methods. Studien zur Schul- und Bildungsforschung, vol 76. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-24225-1_9
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