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„Werde, der du bist“ – Elitäre Identitäten in Hermann Hesses Romanen

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Part of the book series: Phänomenologische Erziehungswissenschaft ((PHE,volume 7))

Zusammenfassung

Der Text untersucht ästhetische Figurationen von Identität am Beispiel der späten Romane von Hermann Hesse (Demian, Steppenwolf, Siddhartha). Es stehen Momente der Krise in der Biografie im Vordergrund, die in Hesses Romanen, so die Autor*innen, auch biografisch in nicht-narrativen, leiblichen und moralisch-praktischen Dimensionen gegründet sind. In Hesses Romanen findet sich eine Künstleridentität als elitäre Stilisierung und Mythisierung im Kontext von Genie-Ästhetik, protestantischer Pflichtethik und Psychoanalyse, die letztlich die Krisen und Brüche zugunsten einer bildungsbürgerlichen Heils- und Seins-Gewissheit synthetisiert.

Der Aufsatz ist der gemeinsame Ertrag eines gleichnamigen Oberseminars an der Justus-Liebig-Universität Gießen im WS 2005/2006. Mitautoren sind meine beiden Mitarbeiterinnen Dipl. Päd. Heike Faber und Melanie Kusterer.

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Notes

  1. 1.

    Zum Beispiel heißt es programmatisch in seinem Frühwerk Demian: „Das Leben jedes Menschen ist ein Weg zu sich selber hin, der Versuch eines Weges […] Kein Mensch ist jemals ganz und er selbst gewesen; jeder strebt dennoch, es zu werden, einer dumpf, einer lichter, jeder wie er es kann“ (Hesse 1974a, S. 7). Zur Einschätzung der Konzeption der Identität bei Hesse vgl. Gansel 2004, S. 224 ff.; Was die philosophische Einordnung moderner und postmoderner narrativer Identitätskonzepte angeht vgl. Thomä 1998, S. 80 ff., 117 ff.

  2. 2.

    Vgl. dazu kritisch zu den Grenzen narrativer Sinnvergewisserung, die auf das Ganze des Lebens zielt auch Thomä, 1998, S. 39 ff. Dass Ich-Identität nicht bloß ein Problem der Selbstfindung im Rahmen der narrativen Selbsterkenntnis darstellt, sondern wesentlich ein sozial konstituiertes und moralisch-praktisches Fremdverhältnis darstellt, zeigen die Überlegungen von Liebsch 2002, S. 132 ff.; vgl. auch Lippitz 2007.

  3. 3.

    Siegfried Unseld formuliert im Nachwort zu Eigensinn (Juli 1972): „Der Autor, der von sich bekannte, dass er nichts geschrieben habe, als das, was aus ihm herauswollte‘, schrieb ein Werk, das im gesamten als Konfession, als Darstellung seines Denkens und Lebens anzusehen ist, ‚Beschönigung nicht, Bekenntnis nur‘“. Seine Arbeiten sind ‚Seelenbiographien‘, in allen handelt es sich nicht um Geschichten, Verwicklungen und Spannungen, sondern sie sind im Grunde Monologe, in denen eine einzige Person in ihren Beziehungen zur Welt und zum eigenen Ich betrachtet wird“ (Unseld 1972, S. 237).

  4. 4.

    Im Gegensatz zur Begeisterung für die ‚Symbole der Wandlung‘ stimmen Hesse und Lang betreffs Jungs späterer Arbeit Psychologische Typen überein, wie „steril und scholastisch man auf diesem Wege wird“ und Jung könne „Fruchtbares hervorbringen, wenn er nicht die Wahnidee hätte, wissenschaftlich sein zu müssen“ (Hesse 2006, S. 184 ff.).

  5. 5.

    Aus einem Brief Langs geht hervor, dass Hesse auch aufgrund der Verehrung Langs von Ruth Wenger und der damit einhergehenden zeitweise gestörten Beziehung der beiden Freunde für eine weitere Analyse zu Jung wechselt, der ihn auch menschlich beeindruckte (vgl. Hesse 2006, S. 180 f., 186).

  6. 6.

    Lang hat während der Niederschrift des ‚Steppenwolfs‘ selbst erhebliche familiäre Probleme, sodass er Hesse ungenügend beistehen kann. Hesse will sich selbst töten. Er fühlt sich von Lang alleingelassen und enttäuscht, weil er kein Morphium von ihm erhalten hat (vgl. Hesse 2006, S. 237).

  7. 7.

    Zweifelsohne handelt es sich bei Sinclair um Hermann Hesse, wie Eigenbezeichnungen bezeugen (vgl. Hesse 2006, S. 127).

  8. 8.

    Lang erhielt den Steppenwolf – im Gegensatz zu den anderen Romanen Hesses – erst zum Lesen, als dieser fertig geschrieben war. Lang spricht Hesse mit ‚Harry‘ an, und kommentiert den Steppenwolf wie folgt: „Er wird die Welt revolutionieren und den meisten seiner Leser ist er wohl gesetzt zum Falle, aber den Auserwählten zur Auferstehung. Es ist das stärkste Buch, das ich je gelesen“ (Hesse 2006, S. 243).

  9. 9.

    Lang geht deutlich auf Hesses Selbstmordabsichten während der Entstehung des Steppenwolfes ein, und sieht sich am Beispiel des Romanausgangs in der Rolle des Pablo: „Nunc incipit ludus novus. Glaubst Du wirklich, dass Deine Harnsäure sich so mit einem imaginären Eisen auflösen lasse. Ich wäre dafür, dass Harry jetzt einmal zu einer wirklichen Analysis animi verurteilt würde, bei der er hören muss und geduldig zuhört; ohne zu mucksen. Weißt, bis jetzt war es nur ein Vorspiel. Pablo hätte allerlei Tränklein für Harry in seiner Hexenküche“ (Hesse 2006, S. 243).

  10. 10.

    Vgl. dazu das Gedicht Das Glasperlenspiel. Die erste Strophe beginnt mit den Zeilen: „Musik des Weltalls und Musik der Meister“ (Hesse 1983, S. 481).

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Lippitz, W., Faber, H., Kusterer, M. (2019). „Werde, der du bist“ – Elitäre Identitäten in Hermann Hesses Romanen. In: Brinkmann, M. (eds) Phänomene der Erziehung und Bildung. Phänomenologisch-pädagogische Studien. Phänomenologische Erziehungswissenschaft, vol 7. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-24187-2_11

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