Zusammenfassung
Die Umstellung auf Bachelor und Master und die Exzellenzinitiative können bildungssoziologisch als Reaktionen auf die Öffnung des höheren Bildungswesens seit den 1970er Jahren verstanden werden. Die Herausforderungen, die mit der strukturellen Öffnung der Bildungseinrichtungen in Deutschland einhergehen, haben den Ruf nach habitus- und diversitätssensibler Hochschullehre in den letzten Jahren begründet. Dieser Bedarf muss jedoch unter strukturell äußerst schwierigen Bedingungen bedient werden. Die Einheit von Forschung und Lehre tritt dabei zunehmend in den Hintergrund. Gleichzeitig steigen die professionellen Anforderungen an Lehrkräfte, die als akademischer Mittelbau unter teilweise höchst prekären Bedingungen beschäftigt sind und neben der eigenen Qualifikation auch einer deutlichen Zunahme an bürokratischen und Verwaltungsanforderungen gegenüberstehen. Für eine Lehre, die sich an den unterschiedlichen, individuellen Startvoraussetzungen orientieren soll, ist unter diesen Bedingungen in der Praxis häufig viel zu wenig Raum. Dementsprechend plädiert der vorliegende Beitrag für die sozialwissenschaftliche Selbstreflexion von Lehrenden und Studierenden im Sinne einer habitussensiblen Hochschullehre einerseits. Andererseits ist ohne eine grundlegende Reform der deutschen Universitäten im Sinne einer Entbürokratisierung sowie einer deutlichen Verbesserung der Beschäftigungssituation des akademischen Mittelbaus eine solche Professionalisierung der Hochschullehre aber nicht zu erreichen.
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Schneickert, C. (2019). Die Bildungsexpansion und die Beschäftigungssituation des akademischen Mittelbaus als Herausforderungen habitussensibler Hochschullehre. In: Kergel, D., Heidkamp, B. (eds) Praxishandbuch Habitussensibilität und Diversität in der Hochschullehre. Prekarisierung und soziale Entkopplung – transdisziplinäre Studien. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-22400-4_5
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