1 Einleitung

Kaum ein anderes Thema polarisiert gegenwärtig in gesellschaftlichen Diskussionen und Darstellungen mehr, als das Thema „Flucht“ und „Flüchtlinge“. Vielerorts sprechen Politik und Medien von einer „Flüchtlingskrise“, der neue Bedrohungsszenarien schafft und gesellschaftliche Ängste (re-)produziert. Von den Bildern der Hilfe und des größtenteils ehrenamtlichen Engagements für Geflüchtete sowie der im Zuge der Fluchtbewegungen von 2015 stärker betonten „Willkommenskultur“ ist heute kaum mehr die Rede. Nachdem der kurze Sommer der „Barmherzigkeit“ in 2015 vorbei ist, wird der mediale und politische Diskurs rund um das Thema „Flucht“ und „Flüchtlinge“ größtenteils überschattet von den Ereignissen der Kölner Silvesternacht 2015/2016. Nicht zuletzt begleitet durch negative Politikdiskurse, Mediendarstellungen und negativ klassifizierte Symboliken, die den Flüchtlingsdiskurs dominieren. Während einerseits entlang der gegenwärtigen Migrationsdiskussionen verstärkt eine gesellschaftliche Demarkationslinie zwischen „Wir“ und „Ihr“ manifestiert wird, dienen andererseits Begriffe wie „Flucht“ und „Flüchtlinge“ zur Reproduktion von neuen Feindbildern. So verbergen sich hinter diesen polarisierenden Diskussionen vermeintliche Debatten zur Integrationsunwilligkeit, Bildung von „ethnischen Parallelgesellschaften“, aber auch häufig gesellschaftliche Konfliktlinien und (wirtschaftliche) Verteilungskämpfe, die auf dem Rücken der Geflüchteten ausgetragen werden.

Entlang dieser Auseinandersetzungen entstehen im sozialen Konstrukt rassistische Positionierungen und Klassifizierungen, die gerade in Deutschland eine Kontinuität aufweisen. Die Höhepunkte der rassistischen Gewalt nach der sog. Wiedervereinigung zeigten sich insbesondere schon im Zuge der pogromartigen Übergriffe auf Geflüchtete und Migrant_innen in Hoyerswerda (1991), Rostock-Lichtenhagen (1992), Mölln (1992), Solingen (1993), von denen eine Kontinuitätslinie bis hin zu neuen (Brand-)Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte in Berlin-Hellersdorf (2013/2014), Heidenau/Sachsen (2015), Haldensleben bei Magdeburg (2016) u. a. geht. Die Welle der Gewalt gegen Flüchtlingsunterkünfte und Geflüchtete hat in 2015 und 2016 einen Höhepunkt erreicht. Hinzu kommt, dass auch der Rechtspopulismus in Deutschland am Beispiel der Alternative für Deutschland (AfD) eine neue Mobilisierungskraft geworden ist und mit ihrem Motto „Einwanderungsstopp als Selbsterhalt Deutschlands“ eine klare Abschottungspolitik gegenüber Migrant_innen und Geflüchteten forciert.

Gerade für diesen vorliegenden Beitrag spielen daher die Orte und Mechanismen eine wichtige Rolle, die im gesellschaftlichen Prozess Rassismus (re-)produzieren. Auch Formen der symbolischen Ordnung und Macht tragen häufig dazu bei, dass rassistische Positionen, Klassifizierungen, Symboliken und Bilder manifestiert werden. In diesem Sinne möchte sich dieser Beitrag mit den rassistischen (Dis-)Kontinuitäten anhand der medialen und politischen Diskussionen zur „Flüchtlingskrise“ und zu Migrationsdebatten auseinandersetzen.

2 Rassismus und Symbolische Ordnung

Wenn man sich mit den wissenschaftlichen Analysen und Untersuchungen des französischen Soziologen Pierre Bourdieu auseinandersetzt, ist zunächst zu erkennen, dass er sich in erster Linie nicht mit dem Rassismus als Phänomen beschäftigt hat. Auch wenn Bourdieu bereits in seiner Kritik an substanzialistische Interpretationen in seinem Werk „Praktische Vernunft“ (1998) von Rassismus im Kontext seines biologischen und kulturellen Wesens und seine Auswirkungen in verschiedenen Gesellschaften spricht (vgl. Bourdieu 1998, S. 16). Je intensiver man sich mit Bourdieus Feldforschungen und Analysen zu Ungleichheitsdimensionen, zur Position von Migrant_innen, aber auch zur männlichen Herrschaft (Bourdieu 2012) und symbolischen Gewalt auseinandersetzt, desto stärker zeigen sich Schnittstellen zum Rassismusdiskurs. Vor allem seine Analysen zur Ungleichheit und Ungleichwertigkeit bilden enge Verbindungslinien zum Neo-Rassismus (vgl. Balibar 1989). Hinzu kommt, dass die von Bourdieu eingesetzten Forschungszugänge und Analyseinstrumente einen sehr geeigneten Rahmen bieten, um rassismustheoretische Fragen und Praktiken der Gegenwart kritisch zu analysieren und zu problematisieren.

2.1 Rassismusdiskurse bei Pierre Bourdieu

Im Zusammenhang mit den Gelenkstellen zwischen der Symbolischen Ordnung von Bourdieu und den rassismuskritischen Fragen und Themen unserer Gegenwart zeigen sich insbesondere drei Ebenen, die von Bedeutung sind.

Eine zentrale Sichtweise bei Bourdieu zeigt sich darin, dass er die soziale Welt natürlich ordnet und als mehrdimensionalen Raum mit Differenzierungs- und Verteilungsprinzipien strukturiert, in der die Naturalisierung als eine analytische Dimension des Rassismus verstanden werden kann (vgl. Scherschel 2006, S. 76). Dabei konzentriert sich die Logik rassistischer Konstruktionsprozesse darin, dass soziale Zusammenhänge negiert und natürliche Deutungen behauptet werden. In diesem Sinne entsteht bei Bourdieu eine enge Beziehung zwischen Rasse und Geschlecht, die als zentrales Merkmal zur Identifizierung von unterschiedlichen Körpern dient. Vor allem setzt sich Bourdieu in „Die männliche Herrschaft“ (2012) mit der Vergesellschaftung des Biologischen und der Biologisierung des Gesellschaftlichen auseinander und konstatiert: „Das Zusammenspiel der biologischen Erscheinungsformen und der höchst realen Auswirkungen, die eine lang andauernde kollektive Arbeit der Vergesellschaftung des Biologischen und der Biologisierung des Gesellschaftlichen in den Körpern und in den Köpfen gehabt hat, hat eine Verkehrung der Beziehung von Ursachen und Wirkungen zur Folge.“ (Bourdieu 2012, S. 11).

Dabei wird eine naturalisierte gesellschaftliche Konstruktion entwickelt und gerade „kulturelle Merkmale fungieren hier als distinktive Zeichen und Bedeutungsproduzenten sowie als Bezugspunkt eines komplexen Systems von Vorstellungen und Repräsentationen über den ethnisch Anderen“ (Scherschel 2006, S. 77), der sich auf rassistische Zuschreibungen und Wahrnehmungsweisen stützt. Im Kontext der rechtspopulistischen Stimmung und Wahlerfolge der Front National in Frankreich lehnt sich Bourdieu gegen eine migrationsfeindliche Politik, die eine Eindämmung von Einwanderung und die Überwachung von „Ausländern“ in Frankreich und damit einen neuen Rassismus im Kontext der „ethnisch Anderen“ manifestieren möchte. Deshalb werde, so Bourdieu, der „Rassismus“ auch staatlich angeheizt (vgl. Bourdieu 1998, S. 26 f.). Am Beispiel der gegenwärtigen Flüchtlingspolitik in Deutschland und der klaren Forderung der rechtspopulistischen AfD nach „Einwanderungsstopp“ und „Mindestabschiebequoten“ für Geflüchtete zeigen sich ähnliche rassistische Diskurse, die auf Abschottungspolitik und Zuschreibungsprozesse ausgerichtet sind.

Eine weitere Dimension bei Bourdieu im Kontext der symbolischen Ordnung zeigt sich in der Manifestierung von negativen Klassifikationen. Gerade die alltäglichen Erfahrungen zeigen, dass die sozialen Interaktionen der Menschen und Gruppen im Alltag mit subjektiven Bewertungen, Einschätzungen, Anerkennungsformen, Gleichgültigkeit und Missachtung einhergehen. So kommt sichtbar zum Ausdruck, dass vor allem die Sozialstruktur in einer modernen Gesellschaft, nach Bourdieu in einem sozialen Raum, die gesamten sozialen Interaktionen und Kommunikationen durch die Verteilung von symbolischen und sozialen Positionen und Rangordnungen hierarchisch vorbestimmt. Nach Bourdieu ist der soziale Raum ein in sich beweglicher Raum (vgl. Bourdieu 1992), in der sowohl die Hierarchie von sozialen Positionen ausgehandelt als auch durch das ökonomische und kulturelle Kapital die Aneignung von materiellen Ressourcen und Wissen bestimmt werden. Nach Sighard Neckel und Ferdinand Sutterlüty befinden sich hinter diesen Rangordnungen auch soziale Bewertungskämpfe: „Deren Rangordnungen ergeben sich jedoch nicht allein aus sich selbst heraus, sondern entstehen im Zusammenhang gesellschaftlicher Bewertungskämpfe, in denen das symbolische Kapital sozialer Anerkennung erzeugt, verwehrt, akkumuliert oder transferiert wird.“ (Neckel und Sutterlüty 2008, S. 15). Mit dieser Verteilungsordnung wird auch ein soziales System von Klassifikationen reproduziert, was auch mit den ökonomischen und kulturellen Aneignungen von sozialen Gruppen rückgekoppelt wird.

Im Zuge dieser sozialen Rang- und Verteilungsordnungen entstehen zugleich negative Klassifikationen, die als stigmatisierende und ausgrenzende Mechanismen der symbolischen Ordnung zu verstehen sind. Hier entstehen rassistische Formen und Praktiken der symbolischen Ungleichheitsordnung, der sich vor allem auf negativ etikettierte und gesellschaftlich marginalisierte und ausgrenzende soziale Gruppen – insbesondere auch gegen Geflüchtete – richtet. Allein hinter dem Begriff „Flüchtlingskrise“ verbirgt sich eine negative Klassifikation und Metapher, der ohne eine konkrete Begründung zu nennen, Geflüchtete per se als Krisenfälle betrachtet und damit zu einer gesellschaftlichen Problemgruppe stigmatisiert.

Eine letzte Dimension rassistischer Positionierung und Klassifizierung zeigt sich insbesondere in symbolischen Repräsentationen und medial-politischen Darstellungen. Dabei ist wichtig den Rassismus-Begriff näher zu betrachten:

Rassismus ist ein Gattungsbegriff für Haltungen und Handlungen, durch die Personen aufgrund ihrer ethnischen Herkunft oder phänotypischer Merkmale wie Hautfarbe, Gesichtsform oder Körperbau in Großgruppen („Rassen“) eingeteilt, deren Mitglieder bestimmte Charaktereigenschaften, Fähigkeit und Fertigkeiten zu- oder abgesprochen werden, was scheinbar rechtfertigt, sie gegenüber anderen zu bevorzugen bzw. zu benachteiligen. (…) Größere Resonanz findet der Rassismus besonders dann, wenn Wirtschaftskrisen, gesellschaftliche Umbrüche und Katastrophen zu schärferen Verteilungskonflikten führen (Butterwegge 2017, S. 66).

In der Definition von Christoph Butterwegge zeigt sich, dass nach der kapitalistischen Herrschaftslogik Migrant_innen und Geflüchtete neben biologischen und kulturalistischen Unterscheidungen auch nach der volkswirtschaftlichen Nützlichkeit differenziert und klassifiziert werden. Hier findet eine Verknüpfung zwischen körperlichen (biologischen), sozialen und ökonomischen Klassifizierungen statt, die im gesellschaftlichen Kontext „naturalisiert“ werden.

Gerade durch die symbolischen Bildkonstruktionen und medial-politische Darstellungsmuster im Zuge der Fluchtbewegungen und der so genannten „Flüchtlingskrise“ wurden rassistische Klassifizierungen noch sichtbarer. Durch Zuschreibungsprozesse und Klassifizierungsmuster wurden bestimmte Gruppen, so beispielsweise Migrant_innen und Geflüchtete als „anders“ identifiziert und erst durch die verschiedenen Bilder, Symbole und ausgrenzenden Diskurse zu Migrant_innen und Geflüchteten gemacht. Ebenso wurden durch klischeehafte Differenzierungen zwischen „natürlich überlegene“ und „natürlich minderwertige“ Gruppen polarisiert, um so Migrant_innen und Geflüchtete auszugrenzen und als „minderwertig“ abzustempeln (vgl. Hall 1989, S. 158).

2.2 Otheringprozesse oder zu „Anderen“ gemacht werden aus der rassismuskritischen Perspektive

Die „ethnische Grenzziehung“ zwischen „Ausländer“ und „Inländer“ wird in der gegenwärtigen rassismuskritischen Diskussion vielfältig auch auf die Ebene des Kulturellen übertragen. Die „kulturelle Differenz“ ist dabei nicht Effekt eines politischen Aushandlungsfeldes, sondern „Ausländer“ und Geflüchtete werden so zu „Fremden“ und zum kulturell Differenten gemacht (vgl. Bukow und Llaryora 1988, S. 15 ff.). Diesen Prozess des zum „Fremden“ und „Anderen“ gemacht Werdens sehen Castro Varela und Mecheril (2010) im Kontext der Schlüsselkategorie „Othering“, der als Begriff bereits Ende der 1970’er Jahre von dem Literaturwissenschaftler Edward Said (1978) geprägt wurde.

Das gegenwärtig im migrationssoziologischen und –pädagogischen Diskurs häufig verwendete Othering-Konzept oder der Begriff des zu „Anderen“ gemacht Werdens lehnt sich an die postkolonialistischen Forschungen an und gewinnt in unserer Einwanderungsgesellschaft immer mehr eine bedeutende Rolle. In seinem Werk „Orientalismus“ (2009) hat Said aus postkolonialer Perspektive sich mit rassismuskritischen Phänomenen und ihren Auswirkungen beschäftigt. Demnach umfasst Othering alle Handlungsformen, durch die ein dichotomes Verhältnis im Sinne von „Wir“ und „die Anderen“ zugeordnet wird. Castro Varela und Mecheril konstatieren, dass mit dem Othering-Konzept ein Weg aufgezeigt wird, um

den Diskurs des Fremdmachens als eine gewaltvolle hegemoniale Praxis zu beschreiben. Das Konzept des Othering erläutert, wie die ‚Fremden‘ zu ‚Fremden‘ gemacht werden und dabei gleichzeitig ein ‚Wir‘ konstruiert wird, welches anders als das fremde ‚Nicht-Wir‘ beruhigend unambivalent, ohne grundlegende Spannungen erscheint und darin eine sichere Gemeinschaft symbolisiert. Sind die ‚Fremden‘ wild, so sind ‚wir‘ zivilisiert. (…) Auch heute ist die Praxis des Othering in der Bezugnahme auf beispielsweise ‚die muslimischen Anderen‘ bedeutsam (Castro Varela und Mecheril 2010, S. 42).

3 Gesellschaftliche Klassifikationen im Fokus der Mediendarstellungen

Ein wesentliches Charakteristikum in der gegenwärtigen Einwanderungsgesellschaft konzentriert sich insbesondere in der Auseinandersetzung um die Verteilung von knappen Ressourcen, um Partizipation, Teilhabechancen und Anerkennung. Gerade im Kontext dieser öffentlich-politischen Auseinandersetzungen folgen Medien kaum dem Bild einer vernunftorientierten Konsensfindung, sondern tragen wesentlich dazu bei, dass im öffentlichen Raum Konflikte um Symbole (Moschee- und Kopftuchdebatten, Flüchtlingsüberschwemmung, Asyltourismus u. ä.) und/oder emotional aufgeladene „Integrationsdebatten“ (Flüchtlingskrise, Terrorismus, Zuwanderungsstopp u. ä.) weiter manifestiert werden. Wenig Beachtung fand dabei bislang, dass diese öffentlich-medialen Darstellungen und Konstruktionen zugleich einen kollektiven Dauerzustand erreichen und auch nahezu für eine Institutionalisierung dieser Mediendarstellungen sorgen (können).

3.1 Themen der medialen Berichterstattung

Die Wahrnehmung von Migrationsprozessen wird gegenwärtig primär medial gesteuert. Aus diesem Grund steht die mediale Darstellung über Migration, Integration und Flucht im Fokus der gesellschaftlichen Kontroversen. Gerade im Zeitalter der Migration- und Fluchtbewegungen (vgl. Auernheimer 2018) haben die Medien neben einer Informations-, Orientierungs-, und Sozialisationsfunktion auch eine soziale Integrationsfunktion. Doch in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung entwickelt sich verstärkter die Gegenthese, dass Medien statt einer aktiven Integration die gesellschaftliche Fragmentierung, Segregation sowie Konfliktlinien befördern (vgl. Bonfadelli 2007, S. 96).

Die mediale Praxis zeigt, dass gerade die Berichterstattungen über bestimmte Migrationsgruppen, insbesondere Menschen mit muslimischem Glauben oder auch Geflüchtete, häufig negativ geprägt sind. Wenn über Migrant_innen berichtet wird, ist dies meist nur konkret anlassbezogen und von einem problemorientierten Zugang dominiert. Solche Formen der medialen Darstellungen führen häufig dazu, dass über bestimmte Menschengruppen größtenteils nur im Kontext von „mangelnder Integration“ bzw. „drohender Überfremdung“ berichtet wird (vgl. Bonfadelli 2007, S. 98 ff.). D. h. die mediale Darstellung bedient sich dabei negativen Klassifizierungen und Symboliken. Hinzu kommt, dass die betroffenen Personengruppen selbst kaum Artikulationsräume und -möglichkeiten besitzen, sondern immer in einer permanenten Auseinandersetzung mit den medialen Darstellungen, Zuschreibungsmustern und Politikdiskursen stehen. Gerade hier manifestiert sich eine mediale und politische Machtasymmetrie, die einerseits ein Ordnungsprinzip und andererseits die Homogenisierung von sozialen Gruppen klassifizieren (vgl. Bourdieu 1987, S. 378 ff.). Die Zugehörigkeiten werden an diesem Muster durch die Differenzierung mittels zugeschriebener Merkmale konstruiert und reproduziert.

Mit den Terroranschlägen von New York (2001), Madrid (2004), London (2005), Paris (2015), Ankara (2015) und Berlin (2017) werden insbesondere Fragen, die den Islam behandeln, immer häufiger thematisiert und problematisiert. Dabei stellten vor allem die Anschläge vom 11. September 2001 in den USA eine Zäsur dar, da die Berichterstattung über die muslimische Bevölkerungsgruppe in Deutschland in den Fokus der öffentlichen Diskurse gerückt ist. Häufig kommt es bei der medialen Berichterstattung sowie Darstellung über die Bevölkerungsgruppe zu starken negativen Konnotationen und nicht selten wird dabei die Rückständigkeit bzw. Bedrohung des Islams betont (vgl. Bonfadelli 2007, S. 99 ff.).

3.2 Art und Weise der Darstellung von Migration und Flucht

Menschen nutzen die medial vermittelten Informationen und Deutungen, um sich die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit anzueignen. Niklas Luhmann formuliert: „Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben wissen, wissen wir nur durch die Medien.“ (Luhmann 2017). Insofern spielen Medien, vor allem über die Art und Weise der Darstellung, bei der Konstruktion der Wirklichkeit eine ausschlaggebende Rolle. Denn die veröffentlichten Diskurse sowie die konstruierten Framings prägen die öffentlichen Diskussionen in der Gesellschaft und dadurch werden die gesellschaftlichen Konfliktlinien weiter manifestiert.

Die Medieninhalte zeigen insgesamt, dass nur in Ausnahmefällen über (vermeintliche) „Ausländer_innen“ und „Flüchtlinge“ berichtet werden und nur dann, wenn die Themen möglichst spektakulär sind und dramatische Züge aufweisen. Dadurch werden sie mit „Unordnung, Chaos und Gewalt“ verbunden. In dieser Form wird der medial konstruierte „Fremde“ als „überflüssig“ bzw. „gefährlich“ oder „bedauernswert“ dargestellt (vgl. Butterwegge 1999, S. 68).

Begriffe wie „Überfremdung“, „Islamisierung“, „Asylantenflut” sowie neuerdings „Flüchtlingskrise“ werden häufig als negative, sensationelle und konflikthaltige Themen von Medienmacher_innen bevorzugt. Ob bewusst oder unbewusst werden durch diese begriffliche Semantik gesellschaftliche Ängste und Feindbilder reproduziert und verbreitet. Vor allem stellen diese fast ausschließlich defizitorientierten Themen in den letzten Jahren in den Talkshows („Hart aber fair“, „Maischberger“, „Anne Will“ usw.) eine Kontinuität dar.

3.3 Auswirkungen einer defizitorientierten und negativ klassifizierten Mediendarstellung

Durch diese pessimistische Sichtweise der Medieninhalte verfestigten sich auf der einen Seite in der Aufnahmegesellschaft Ressentiments gegenüber Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sowie Fluchtbiografien und auf der anderen Seite verstärkt sich bei der Migrationsbevölkerung das Gefühl der gesellschaftlichen Ausgrenzung und Marginalisierung.

Die Medienberichterstattung dient hier in erster Linie als Quelle indirekter Erfahrung. Die Bilder, die die Massenmedien von Migrant_innen und Geflüchteten vermitteln, strukturieren die Vorstellungen der Rezipient_innen, indem sie kognitive Stereotype bilden und bereits vorhandene, affektiv aufgeladene Vorurteile bestätigen und verfestigen. Diese medialen Defizit- bzw. Misstrauensdiskurse zeigen sich gerade in politisch aufgeladenen Zeiten in diskriminierendem Verhalten (vgl. Sarigöz 1999, S. 9). Zudem bestehen Gefahren besonders dann, wenn in den Massenmedien die „ethnische“ Herkunft einer straffälligen Person prononciert wird. Dadurch werden die betroffenen Subjekte in den Mediendiskursen normiert und konstituiert und zum Gegenstand der öffentlichen Diffamierungen gemacht (vgl. Jäger 1999, S. 110).

Festzuhalten bleibt, dass die negativdominierende mediale Narration über bestimmte Minoritätsgruppen zu Veränderungsprozessen bei der Rezeption in Teilen der Mehrheitsbevölkerung führt und somit auch Auswirkungen auf die vermeintlichen Integrationsprozesse hat. Die betroffenen Großgruppen werden von der dominierenden Bevölkerung zunehmend als „Problem“ wahrgenommen, wobei sozioökonomische zu ethnischen Krisenprozesse umgedeutet werden (vgl. Sarigöz 1999, S. 8). Diese Kulturalisierung und Ethnisierung sozialer Probleme führt zu verzehrter Wahrnehmung von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte bzw. allochthonen Deutschen und dieses medial vermittelte Bild wirkt somit auf die Aufnahmegesellschaft eher vorurteilsverstärkend (vgl. Meier-Braun 2001, S. 126).

In diesem Sinne interpretieren Medien häufig konfliktbehaftete Phänomene als ethnische sowie religiöse Konflikte, folglich werden solche vereinfachenden und unsachlichen Sichtweisen verhärtet. Das heißt, dass die medialen Darstellungen nationalistische Deutungsmuster reproduzieren und somit durch Ethnisierung und Kulturalisierung, gesellschaftliche Konflikte entpolitisieren. Infolgedessen werden ethnische und kulturelle Differenzen zu Voraussetzungen für Diskriminierung und Mechanismen sozialer Ausgrenzung (vgl. Butterwegge 1999, S. 65). Auch andere Themen wie Kriminalität werden ethnisiert bzw. kulturalisiert, so wird bei der Berichterstattung die nichtdeutsche Herkunft von Tatverdächtigen sowie Straftätern mit den Ereignissen von der Kölner Silvesternacht 2015/2016 zunehmend in den Mittelpunkt gerückt. Durch eine solche Verknüpfung wird der Eindruck verstärkt, dass Delinquenz und Herkunft des Täters eng zusammenhängen (vgl. Butterwegge 2006, S. 192).

Somit zeigt sich Ethnisierung als ein „sozialer Exklusionsmechanismus, der Minderheiten schafft, diese negativ etikettiert und dadurch Privilegien einer dominanten Mehrheit zementiert“ (vgl. Butterwegge 1999, S. 64). Der Prozess hat zwei Seiten: auf der einen Seite werden die „Anderen“ stigmatisiert, auf der anderen Seite wird eine „Volks- oder- Standortgemeinschaft“ konstituiert. Somit dient auch jede Identifikation und Negativklassifikation von Migrant_innen sowie Geflüchteten und hiermit von „Fremden“ dem Zweck, die „nationale Identität des eigenen Kollektivs schärfer hervorzuheben“ (vgl. Butterwegge 2006, S. 64). Zygmunt Bauman betont sogar, dass im Zuge der vermeintlichen „Flüchtlingskrise“ ein „Kampf der Meinungsmacher um die Eroberung und Kontrolle des Denkens und Fühlens der Menschen“ (Bauman 2016, S. 7) stattfindet, der mit seiner medialen Darstellung vor allem das Ziel hat, eine „moralische Panik“ und „Angst“ vor den Anderen zu verbreiten.

Durch die negative Darstellung und Klassifizierung von Migrant_innen und Geflüchteten und die verzehrte Wiedergabe der Einwanderungssituationen treiben die Massenmedien neben dem Ethnisierungsprozess auch die Panikmache voran. Folglich werden rassistische Tendenzen durch solche Prozesse in Form von Kollektivzuschreibungen verstärkt und verfestigt (vgl. Yildiz 2006, S. 41). An dieser Stelle fungieren die Massenmedien als „Multiplikatoren und Motoren der Ethnisierung“ (vgl. Butterwegge 1999, S. 65). Dementsprechend dienen sie als Scharnier zwischen dem institutionellen, dem intellektuellen sowie dem individuellen bzw. Alltags-Rassismus. Vor allem im Zusammenhang mit dem „intellektuellen“ Rassismus sowie den in der Mitte der Gesellschaft verbreiteten Thesen von Samuel P. Huntington in „Kampf der Kulturen“ (1996) oder von Thilo Sarrazin in „Deutschland schafft sich ab“ (2010) nehmen die Medien eine zentrale Rolle ein, indem sie ein öffentliches Forum zur Verbreitung dieser diskriminierenden Thesen geboten haben.

4 „Migration“ und „Flucht“ als Konfliktlinie im Fokus der gesellschaftlichen Diskurse

4.1 Konfiguration eines Neo-Rassismus und Rehabilitierung des „alten“ Rassismus

Durch die in den letzten Jahren verstärkt ausgelösten Migrations-, Flucht- und Islam-Debatten – die sehr kontrovers und negativ ausgetragen wurden und werden – hat sich ein neuer Rassismus herausgebildet, der sich in der Gestalt eines kulturellen Rassismus widerspiegelt. Hierbei geht es vor allem um die gesellschaftliche Reproduktion von kulturellen Differenzen, die die „Konfiguration eines neuen Rassismus“ (Ballibar 1989) herausstellen. Den ideologischen Überbau für dieses Phänomen stellen zum einen die fortlaufenden defizitorientierten Integrationsdiskurse (Migrant_innen, Muslime und Geflüchtete) und zum anderen rassistische Thesen, die aus der „Mitte“ der Gesellschaft formuliert werden. Zweifelsohne spielt hier Thilo Sarrazin eine wichtige Schlüsselrolle.

Mit seinem in 2010 erschienen Buch „Deutschland schafft sich ab – wie wir unser Land aufs Spiel setzen“ (2010) wurde monatelang über Sarrazins Thesen kontrovers diskutiert. Nach Darstellung vom Spiegel hat Sarrazin damit sogar „den Nerv der Zeit“ (Der Spiegel, 06.10.2010) getroffen. So hat es den Anschein, dass viele autochthone Deutsche mit der „Integrationspolitik“ sowie Zuwanderung von bestimmten Gruppen sehr unzufrieden seien. Dieser auf Spaltung angesetzte Diskurs zwischen „Wir“ und dem bedrohlichen „Ihr“ haben nachhaltig tiefe Spuren im Kollektivbewusstsein sowohl bei Teilen der Mehrheitsgesellschaft als auch bei der Betroffenengruppe, über deren Köpfe hinweg diskutiert worden ist, hinterlassen.

Darüber hinaus vertritt Sarrazin die Auffassung, dass beispielsweise alle Juden ein bestimmtes Gen teilen würden (vgl. Schumacher 2010). Dies stellt also einen engen Zusammenhang zwischen Genen und Bevölkerungsgruppen her. In seinen Thesen greift er zudem bevölkerungspolitische Theorien des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts auf. So bezieht sich Sarrazin mehrmals unkritisch u. a. auf Francis Galton, den Begründer der modernen Eugenik im 19. Jahrhundert (Sarrazin 2010, S. 92, 352). Das Ziel der Eugenik besteht dabei darin, die Qualität des Erbguts bei Menschen durch gezielte Auswahl von Paaren zu verbessern (vgl. die tageszeitung, 02.09.2010). Schließlich bedienten sich die Nationalsozialisten der Eugenik, um über „wertvolles“ und weniger „wertvolles“ Leben zu entscheiden bzw. „unwertes“ Leben im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie „auszulöschen“. Gerade die enge Verknüpfung von vererbbaren Fähigkeiten und Eigenschaften (vornehmlich Intelligenz) bestimmter Bevölkerungsgruppen, die eugenischen Vorstellungen Sarrazins und die vermeintlichen gemeinsamen Gene einzelner Bevölkerungsgruppen stellen eine Zäsur dar.

In diesem Kontext argumentiert Sarrazin mit der vermeintlich mangelnden Intelligenz der „Muslim_innen“, die vererbt werde. Gerade durch die hohe Fertilitätsrate würden sich die „minderwertigen“ Gene vermehren (vgl. Stanicic 2011, S. 300) und den „Standort Deutschland“ gefährden. Durch diese Argumentation und Darstellung wird sozusagen der biologische Rassismus wieder rehabilitiert und genetische Unterschiede zwischen den Bevölkerungsgruppen betont. Dabei bezieht er sich vor allem auf das Buch „The Bell Curve“ von Richard J. Herrnstein und Charles Murray, ein in den USA höchst umstrittenes Werk, das manche Ähnlichkeit mit Sarrazins Buch hat. Herrnstein und Murray haben schon 1994 zu beweisen versucht, dass Afro-Amerikaner_innen genetisch bedingt weniger intelligent seien als weiße (vgl. Stanicic 2011, S. 117). Auf Basis ihrer Ergebnisse forderten sie, dass amerikanischen Student_innen mit dunkler Hautfarbe der Zugang zu Universitäten nicht mehr erleichtert werden sollte.

Diese Rehabilitierung des biologischen Rassismus findet sich inzwischen auch in den bundespolitischen Debatten wieder. In einer Kleinen Anfrage wollte die „Alternative für Deutschland“ (AfD) am 23. März 2018 im Bundestag in Erfahrung bringen, wie hoch die Zahl der vererbbaren Behinderung unter Menschen mit „Migrationshintergrund“ sei: der Fokus bei dieser Anfrage an die Bundesregierung lag darin, wie sich die Zahl der „Behinderten“ in Deutschland seit 2012 entwickelt habe. Der besondere Blick richtet sich vor allem auf „die durch Heirat innerhalb der Familie entstanden“ Erberkrankungen. Anknüpfend daran wurde die Frage gestellt, wie viele dieser „Fälle“ einen sog. Migrationshintergrund hätten (vgl. tagesspiegel, 24.04.2018). Gerade diese enge Verknüpfung von erkrankten Genen, die für eine Behinderung bei einem Menschen sorgen, Inzucht sowie Migration lehnen sich stark an die von Sarrazin ausgelösten Diskussionen an. Dadurch werden biologische Diskurse im Kontext des Rassismus auch auf politischer und parlamentarischer Ebene salonfähig gemacht.

Sarrazins Unterstellung, dass alle Menschen einer Glaubensrichtung homogen sind, individuelle Unterschiede innerhalb der Religion und Kultur nicht existierten und zudem bei Muslim_innen „minderwertige Gene“ zu erkennen seien, führt dazu, dass sich diese vermeintlich homogene Kultur mit „der Kultur“ der Mehrheitsgesellschaft scheinbar nicht vereinbaren lässt. So zeichnet er ein Szenario, dass durch den demografischen Wandel und die angeblich hohe Einwanderungsbewegung von Menschen aus dem Nahen Osten und aus Afrika „das deutsche Volk“ im Gegensatz zu „den Muslim_innen“ eine zu geringe Fertilitätsrate habe. Nicht zuletzt erweckten die sehr guten Verkaufszahlen des Buches – laut Handelsblatt etwa 1,5 Mio. verkaufte Exemplare – bei anhaltender medialer Präsenz, den Eindruck, dass sich solche Deutungen in der Gesellschaft zunehmend etablieren. Gerade weil die rechtspopulistischen und rassistischen Thesen Sarrazins aus der „Mitte“ der Gesellschaft formuliert werden und über Migrant_innen überwiegend auch in den Medien vor allem in negativen bzw. in „bedrohlichen“ Zusammenhängen berichtet wird, verfestigen sich Thesen der Rechten verstärkt in der „Mitte“ der Gesellschaft. Resultat dieser politisch-medial aufgeladenen Diskurse ist, dass nach einer damaligen Emnid-Umfrage von „Bild am Sonntag“ (5. September 2010) sich 18 % der Deutschen vorstellen können, eine von Sarrazin geleitete Partei zu wählen.

Mit diesen rechtspopulistischen und rassistischen Politikdiskursen entsteht in der „Mitte“ der Gesellschaft ein Rassismus, der durch negative Klassifizierungen und Darstellungen gegenüber Migrant_innen auch in den Medien am Beispiel von „bedrohlichen“ Szenarien über Migration und der vermeintlichen „Flüchtlingskrise“ an Verbreitung in der gesellschaftlichen „Mitte“ findet. Wie fließend die Grenze zwischen dem rechten Rand und der gesellschaftlichen „Mitte“ verlaufen, zeigt sich insbesondere an den zahlreichen Wahlerfolgen der AfD sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene. Zugespitzt kann problematisiert werden, dass Sarrazin mit seinem rassistischen Diskurs einer der ideologischen Vordenker der AfD ist. Denn erst durch die Etablierung des antimuslimischen Rassismus und die Verbreitung einer Abschottungspolitik gegenüber Geflüchteten in der „Mitte“ der Gesellschaft konnte der AfD unter dem Eindruck der globalen Fluchtbewegungen und den dadurch bildlich reproduzierten Feindbildern der „Durchmarsch“ durch die Institutionen zur drittstärksten Partei im Bundestag (12,6 %) gelingen.

4.2 Flucht als Gefahrentopos

Während in den 90’er Jahren im Kontext der Wiedervereinigung die Welle rechter Gewalt den medialen Diskurs über die „Flüchtlinge“ negativ geprägt hatte und die Folge aus dieser Situation die restriktive Reformierung des Asylgesetzes war, waren dagegen die Flüchtlingsbewegungen 2015 anfangs zunächst von einem positiven und hilfsbereiten Bild der „christlichen Nächstenliebe“ geprägt. Verschiedene zivilgesellschaftliche Einrichtungen sowie ehrenamtlich engagierte Menschen haben die aus Krieg und Elend geflüchteten Menschen an Bahnhöfen Deutschlands hilfsbereit empfangen. Diese historische „Willkommenskultur“ fand spätestens mit den Ereignissen rund um die Silvesternacht 2015/2016 Köln ein Ende. So wurde mit dem diskriminierenden Begriff „Nafri“, der durch Polizei und Medien im Zuge der Kölner Silvesternacht Verwendung fand, ein homogenisiertes einseitiges Bild von Geflüchteten aus dem nordafrikanischen Raum vermittelt und eine neue öffentliche „Panikmache“ gegenüber Geflüchteten verbreitet. Unmittelbar nach den Vorfällen der Kölner Silvesternacht kamen mehrere restriktive Asylgesetze, der im öffentlichen Diskurs kaum Platz eingenommen hat. Zwar stellen diese Ereignisse den Wendepunkt sowohl in den medialen als auch gesellschaftlichen Diskursen dar, jedoch wurden mit Beginn der angeblichen „Flüchtlingskrise“ auch viele ablehnende Stimmen gegenüber Geflüchteten laut, welche im Zuge des Sommers der Flucht nach Deutschland 2015 Raum für Unmut, Angst und Panik gegenüber Geflüchteten verschafften (vgl. Halfmann 2016, S. 285; Bauman 2016; Kasparek 2017; Auernheimer 2018).

Noch vor den Ereignissen der Kölner Silvesternacht wurde u. a. mit einer „Lawinenmetaphorik“ operiert. Der ehemalige Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte bereits im November 2015 die Flüchtlingsbewegung mit einer Lawine verglichen, und auf die angebliche Gefahr hingewiesen, dass Deutschland je nach Lage die Situation nicht alleine kontrollieren könne (vgl. Der Spiegel, 12.11.2015). Ähnlich wie in den 90’er Jahren im Kontext Fluchtbewegung aus dem ehemaligen Jugoslawien wurden anhand der hergestellten Konnotationen negative Klassifizierungen und Verbildlichungen deutlich, die ebenso durch die häufige Zuhilfenahme von Metaphern an Stärke gewonnen haben. Diese Metapher kommen insbesondere aus dem Bereich negativer Naturereignisse (vgl. Bucher und Piga 2009, S. 38), vor allem aus dem Bereich „Wasser“, z. B. Flut, Lawine oder Schwemme (vgl. Butterwegge 2006, S. 190), was Gefahr und Machtlosigkeit signalisiert und dadurch zum einen das Gefühl des Chaos im Land und zum anderen die Bildung von negativen Vorurteilen verstärkt (vgl. Bucher und Piga 2009, S. 38). So ist das Bild vom „überfülltem Boot“ in den 90’er Jahren generell zu einem Negativsymbol in den Diskursen rund um die Themen Migration und Flucht geworden (vgl. Meier-Braun 2001, S. 62).

Solche Bilder finden inzwischen gegenwärtig in den politischen Diskursen und medialen Darstellungen ihren Platz. Zudem zeigen sich vor allem in den Diskussionen um „Asyl“ und „Flucht“ Formen der Etikettierung und Homogenisierung von Geflüchteten, in der sie zu „Betrügern“, „Sozialschmarotzern“ und/oder „Wirtschaftsflüchtlingen“ abgestempelt werden. Auch der Begriff „Flüchtlingskrise“ impliziert eine negative Konnotation, konstruiert eine fiktive Krise und schreibt Geflüchteten homogen das Phänomen einer „Krisengruppe“ zu. Ähnliche Wirkung zeigte der Ende Juni 2018 von dem bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder verwendete Begriff „Asyltourismus“, der Geflüchtete diffamiert und stigmatisiert (die tageszeitung, 23.06.2018). Hinter dieser Bezeichnung „Asyltourismus“, der eine Zusammensetzung des Begriffspaars „Asyl“ und „Tourismus“ ist, werden „Asyl“ und „Flucht“ mit dem Tourismus in Verbindung gebracht. Damit wird den Geflüchteten diffamierend der Urlaubs- und Reisetourismus zugeschrieben. Schließlich werden mit diesem Begriff die Gefahren, vor denen Geflüchtete fliehen, relativiert, verharmlost und instrumentalisiert. Ähnliche Vorurteile und Ängste finden auch durch die polarisierenden Begriffe „Asylmissbrauch“, „Asylskandal“ (auch BAMF-Skandal) und „Asylindustrie“ eine Verbreitung. Solche negativen Bilder und Metapher führen in ihrer Wirkmächtigkeit zu einer Aufheizung und Polarisierung gesellschaftlicher Stimmung, die wiederum gesellschaftliche Konfliktlinien zwischen „Wir“ und „Ihr“ reproduzieren.

Im Zuge der Kölner Silvesternacht 2015/2016 kann eine Zunahme der Radikalisierungsprozesse in der „Mitte“ der Gesellschaft beobachtet werden, welche auf der einen Seite an den restriktiven Asylpaketen und der medial-politisch aufgeladenen flüchtlingsfeindlichen Stimmung und auf der anderen Seite an Zahlen von rechtsmotivierten Gewalttaten gemessen werden kann. So sind nach Aussage von Selmin Çalışkan, ehemalige Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, 1031 Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte und Geflüchtete ausgeübt worden, was einen historischen Höhepunkt darstellt (die tageszeitung, 09.06.2016).

Neben der AfD zeigt sich auch eine rechtspopulistische Mobilmachung der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ („PEGIDA“), die schon 2014 – noch vor der vermeintlichen „Flüchtlingskrise“ – auf die Straßen gegangen sind. In der medialen Darstellung bestand die Einigkeit, dass das PEGIDA-Bündnis bestehenden „Unmut“ ausdrückt, wobei vor allem die steigende Zahl der nach Deutschland kommenden Geflüchteten einen konkreten Bezugspunkt für eben diese darstelle. Dabei spielen die Ängste vor sozialem Abstieg und Unzufriedenheit mit der ausgeführten Politik, welche sich angeblich mehr um Geflüchtete, als um Deutsche kümmern würde, eine wesentliche Rolle (vgl. Geiges et al. 2015, S. 134). Neben den Abstiegsängsten lösen vor allem auch das Gefühl einer vermeintlichen Verlust der nationalen Identität, die durch die Zuwanderung ausgeloste werde, Ablehnungshaltungen gegenüber „Fremde“, antidemokratische Einstellungen sowie diskriminierende Ressentiments aus, sodass dadurch beispielsweise eine Abwehrhaltung gegenüber „Flüchtlingen“ und „Migrant_innen“ reproduziert wird. Häufig wird das u. a. von Günther Beckstein (CSU) geprägte Bild des „Ausländers, der uns nutzt oder ausnutzt“ verwendet, sodass in dieser Diskussion ein Sozialchauvinismus und Standortnationalismus propagiert wird (vgl. Mangitay 2017).

Die negative Klassifizierung von Geflüchteten wird von der Neuen Rechte gegenwärtig einer Wertigkeit unterzogen: Dies bedeutet, dass z. B. PEGIDA die „christlichen Flüchtlinge“ in Deutschland willkommen heißt und die „muslimische Flüchtlinge“ dagegen im Sinne des Gefahrentopos als Bedrohung darstellt. So kämen Geflüchtete nach Deutschland, um ihre materielle sowie ökonomische Lage zu verbessern. Daher werden sie im gesellschaftlichen Diskurs auch abwertend als „Wirtschaftsflüchtlinge“ diffamiert.

Entstanden ist entlang dieser Diskurse die Ideologie des Ethnopluralismus, der u. a. auch von der sog. „Identitäre-Bewegung“ getragen wird, in der eine ethnische Trennung von Menschen zur Erhaltung der „Vielfalt“ angestrebt wird, was jedoch eine Neo-Konfiguration des Rassismus ist und heute nicht nur von PEGIDA, sondern auch durch Politiker_innen der AfD propagiert wird. Diese Ideologie stellt ein wichtiges rechtspopulistisches Stilmittel der Neuen Rechten dar, und zwar die Konstruktion eines dualistischen „Wir“ und „die Anderen“. In diesem abwertenden Entwurf wird zwischen „dem Islam“ und „der säkularen Zivilisation“ ein Antagonismus gezeichnet, in dem zunehmend das Bild einer bedrohlichen Gegenwelt zur westlichen Zivilisation aufgebaut wird. Gerade bei dieser Frontstellung werden die „Anderen“ als Feinde der hiesigen Gesellschaft wahrgenommen und somit der sog. Abartung der „Anderen“ eine Legitimationsgrundlage geboten.

4.3 Flüchtlingsabwehr à la AfD

Während die AfD (Alternative für Deutschland) sich in ihrer Gründungsphase zunächst gegen die Euro-Rettung unter Führung des Wirtschaftswissenschaftlers Bernd Lucke positioniert hatte (vgl. Friedrich 2015, S. 7), hat der nationalkonservative Flügel unter Alexander Gauland und Frauke Petry den Blick auf „identitätspolitische“ Themen gerichtet, besonders bezogen auf die Propagierung einer nationalen und deutschen Identität (vgl. Decker 2015, S. 115).

Spätestens seit den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg 2014 wurde dann der rechtspopulistische Flügel der Partei um Alexander Gauland und Frauke Petry immer stärker. Im Fokus standen seitdem Themen wie „Ausländerkriminalität“ (vgl. Friedrich 2015, S. 56 f.). Diese inhaltliche Verschiebung wurde nicht zuletzt begünstigt durch das Aufkommen von dem islamistischen Terror in u. a. Frankreich und dem Flüchtlingszuzug nach Deutschland (vgl. Decker 2015, S. 116 f.). Seitdem agiert die Partei gegenwertig rechtspopulistisch bis rechtsextremistisch, die vor allem die Themen wie Zuwanderung, Islam, „Flüchtlingskrise“ sowie nationale Identität in den Vordergrund stellt (vgl. Decker 2016, S. 19 f.).

Auch bei der AfD ist die Rede von der Angst um Wohlstandsverlust und sozialem Abstieg, welcher ebenfalls durch Geflüchtete und/oder Migrant_innen verursacht werde. Damit geht neben der Klassifizierung von Menschen nach dem Topos der ökonomischen Nützlichkeit, auch die hierarchische Klassifizierung von Menschen in der Gesellschaft einher, wobei eine Betonung auf die Etabliertenvorrechte und das „Hinten-Anstellen“ von Geflüchteten und Migrant_innen liegt (vgl. Häusler und Roeser 2015, S. 19 f.). So sieht die AfD in ihrem Programm die Zuwanderung aus dem Mittleren und Nahen Osten als eine Bedrohung an. Daher müsse Zuwanderung nach Regeln stattfinden und eine „jährliche Mindestabschiebequote“ vorsehen. Vor allem wird hier auch eine Panik verbreitet, in der die „Selbsterhaltung Deutschlands“ propagiert wird.

Als sich im Parteimachtkampf zwischen Lucke auf der einen Seite und Alexander Gauland sowie Frauke Petry auf der anderen Seite der rechte Flügel durchgesetzt hatte, stand die AfD vor einer Krise. Mit der „Flüchtlingskrise“ gewann die AfD erneut an Bedeutung. So brachte Gauland zum Ausdruck: „Man kann diese Krise ein Geschenk für uns nennen.“ (Spiegel.de, 12.12.2015). Diese gesellschaftliche Herausforderung führte zunächst dazu, dass die AfD in zahlreichen Bundes- und Landesparlamenten mit den Themen Migration, Islam und „Flüchtlingskrise“ einziehen konnte. Das Bundestagswahlprogramm der AfD umfasst 70 Seiten, davon fallen sechs Seiten auf das Thema „Zuwanderung und Asyl“, ein weiteres dreiseitiges Thema wird „Der Islam im Konflikt mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ genannt. So werden im Wahlprogramm Maßnahmen genannt, die sozusagen zu Null-Zuwanderung führen sollen. Weiter heißt es: „führen diese Maßnahmen nicht mindestens zu einer Null-Zuwanderung, muss ein Gesetz eine absolute Belastungsgrenze definieren, ab deren Erreichen zum Schutz Deutschlands keinerlei Asylbewerber mehr aufgenommen werden.“ (AfD Wahlprogramm 2017, S. 31). Neben Abschottungspolitik wird im Kontext von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen im Wahlprogramm festgehalten, dass „unbegleitete, angeblich minderjährige Ausländer (UMA) (…) das Ausländer- und Asylrecht (missbrauchen). Fast alle von ihnen sind männlich, und zwischen 50 % und 80 % derer, die sich als minderjährig ausgeben, sind tatsächlich volljährig. Ihre Kriminalitätsrate ist unverhältnismäßig hoch, der Staat ist wehrlos. Sie dienen als sogenannte Ankerkinder zum späteren Nachzug ihrer Familien“ (AfD Wahlprogramm 2017, S. 31). In diesem Zusammenhang geht die AfD davon aus, dass zahlreiche unbegleitete minderjährige Geflüchtete die zum einen Volljährig seien und zum anderen gehe von dieser Gruppe im Sinne eines Gefahrentopos eine besondere Bedrohung für die Sicherheit in Deutschland aus. Des Weiteren habe „jeder Migrant oder Einwanderer, dem wir ein dauerhaftes Bleiberecht zugestehen, eine Bringschuld, sich seiner neuen Heimat und der deutschen Leitkultur anzupassen, nicht umgekehrt“ (AfD Wahlprogramm 2017, S. 32).

Neben solchen machtasymmetrischen Zuschreibungen sowie Erwartungshaltungen wird zudem formuliert, dass „die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung (…) nur derjenige erhalten (darf), an dessen dauerhaft erfolgreicher Assimilation und Loyalität zu seiner neuen Heimat keine Zweifel bestehen“ (AfD Wahlprogramm 2017, S. 32). Ebenso geht das AfD-Wahlprogramm auf den Islam ein:

Der Islam gehört nicht zu Deutschland. In der Ausbreitung des Islam und der Präsenz von über 5 Mio. Muslimen, deren Zahl ständig wächst, sieht die AfD eine große Gefahr für unseren Staat, unsere Gesellschaft und unsere Werteordnung. Altkanzler Schmidt hat in seiner politischen Bilanz diesen Umstand richtig erkannt und bereits 2008 formuliert: ‚Wer die Zahlen der Muslime in Deutschland erhöhen will, nimmt eine zunehmende Gefährdung unseres inneren Friedens in Kauf.‘ (AfD Wahlprogramm 2017, S. 34).

Dieser Misstrauensdiskurs gegenüber Muslim_innen sowie gegenüber Geflüchtete, die mehrfach aus der „Mitte“ der Gesellschaft im Rahmen einer sog. Islamkritik formuliert wird, nährt die Vorstellung in der Gesellschaft, dass „der Islam“ in Europa „nicht integrierbar“ sei.

Auch die Regierungsparteien (CDU/CSU und SPD) haben trotz der „Willkommenskultur“, die zunächst von der Zivilgesellschaft getragen wurden (vgl. Meier-Braun 2018, S. 9), auf Abschottung gesetzt, um eine angebliche weitere Zuwanderung von Geflüchteten zu vermeiden und das Erstarken der AfD zu verhindern. Neben dem sog. Flüchtlingspakt mit der Türkei (EU-Türkei Abkommen vom 18. Mai. 2016) erfolgten mit dem sog. Asylpaket I (Oktober 2015) sowie dem sog. Asylpaket II (März 2016) weitere Restriktionen des Asylgesetzes (vgl. Meier-Braun 2018, S. 16 ff.). Trotz dessen konnten die teilweise inhaltlichen Annährungen der etablierten christlichen Parteien die AfD nicht eindämmen. So sprach sich die CDU Sachsen-Anhalt im Zuge des sog. Superwahljahres 2016 im Landtagswahlprogramm von einer „großen Herausforderung“ für alle Beteiligten, welche mit Kooperations- und Integrationsbereitschaft „nicht zu unterschätzen, aber zu leisten ist.“ (CDU 2016, S. 22). Dabei wird eine klare Quotenregelung für die Verteilung von Geflüchteten auf Landes-, Bundes- und Europaebene, sowie eine „bedarfsgerechte Steuerung der Zuwanderung“ gefordert (vgl. ebd.). Wenn „Asylsuchende“ keine Bleibeperspektive haben, sollen diese daher künftig nicht mehr auf die Kommunen verteilt werden, „um sie zentral abschieben zu können“. In diesem Kontext warb die CDU für eine „kontrollierte Zuwanderung“ derjenigen, die aufgrund der Fähigkeiten der Zuwanderer in Deutschland gebraucht werde – es soll eine „gezielte Willkommenskultur für gesuchte Fachkräfte“ geben (vgl. ebd., S. 22 f.). Bereits im Rahmen der Regierungssondierung der sog. Jamaiker-Koalition (2017) haben sich CDU und Bündnis 90/Die Grünen in der Flüchtlingspolitik einigen können. So haben die Grünen bei der Begrenzung von Fluchtzuwanderung von einem „atmenden Rahmen“ gesprochen und die Forderung nach einer jährlichen Begrenzung von 200.000 Geflüchteten mitgetragen (vgl. Meier-Braun 2018, S. 23 ff.). Nach dem Scheitern der Sondierungsgespräche wurde in der dritten Großen Koalition (CDU/CSU und SPD) unter Angela Merkel im Koalitionsvertrag eine Begrenzung der Zuwanderung wie folgt definiert: „Bezogen auf die durchschnittlichen Zuwanderungszahlen, die Erfahrungen der letzten zwanzig Jahre sowie mit Blick auf die vereinbarten Maßnahmen und den unmittelbar steuerbaren Teil der Zuwanderung (…) stellen wir fest, dass die Zuwanderungszahlen (…) die Spanne von jährlich 180.000 bis 220.000 nicht übersteigen werden.“ (vgl. Koalitionsvertrag 2018).

Neben den zahlreichen Wahlerfolgen der AfD, die u. a. die stärkste Oppositionspartei im Bundestag abbildet, konnte die AfD auch inhaltliche Erfolge erzielen, die vor allem von den etablierten Parteien durch die Abschottungspolitik im Bereich der Fluchtbewegung manifestiert wurde.

5 Schlussbetrachtungen

Schlussfolgernd ist zu sagen, dass die negativen Klassifizierungen, politischen Polarisierungen, defizitorientierten Mediendarstellungen, Symboliken und Verbildlichungen zur vermeintlichen „Flüchtlingskrise“ hierzulande eine neue Form von Rassismus und sozialer Ausgrenzung manifestieren, in der „Minderheiten“ und „Flüchtlinge“ zuerst konstruiert und geschaffen, sie dann diffamiert und stigmatisiert werden, um somit Privilegien der „dominanten Mehrheit“ zu verfestigen. Gerade hier zeigen sich gesellschaftliche Eigentums-, Macht- und Herrschaftsverhältnisse, die geprägt sind durch Polarisierungen und gesellschaftliche Verteilungskämpfe. Das hiesige gesellschaftliche Klima von sozialen und ökonomischen Verteilungsproblemen und Konkurrenz, Deprivation und verknappten Ressourcen gibt dieser Polarisierung rund um die Flüchtlingsthematik eine neue Dimension. Gerade durch diese negativen Klassifizierungen, Etikettierungen und symbolischen Ausschließungsmechanismen werden rund um das konstruierte Thema der „Flüchtlingskrise“ neue Bedrohungsszenarien und Feindbilder produziert, neue rassistische Diskurse angestoßen, Abschiebepraxen forciert, sicherheitspolitische Diskurse verstärkt und gesellschaftliche Trennungslinien zwischen „Wir“ und „Ihr“ manifestiert. Gesellschaft, Politik und Medien greifen diese Themen vermehrt – häufig auch in dramatisierter Form – auf, bieten somit einen Nährboden für die Verbreitung von negativen Diskussionen, Bildern und Symboliken zur Fluchtmigration. Für rechtsextreme und rechtspopulistische Einstellungen und Mobilisierungen (nicht zuletzt am Beispiel der PEGIDA-Bewegung, AfD, aber auch der immer stärker werdenden rechtspopulistischen Bewegungen in Europa) erzeugt dies zugleich ein Nährboden für rassistische Propaganda und Gewalt. Hinzu kommt, dass dabei die scheinbare „Flüchtlingskrise“ immer mit Defiziten und negativ konnotierten Problemkonstellationen assoziiert wird. Dadurch findet häufig auch eine negative Abwertung der geflüchteten Menschen statt.

Die Einwanderungsgesellschaft braucht im Zeitalter der Migrations- und Fluchtbewegungen ein neues Gesellschaftsverständnis, zu dessen Etablierung transkulturelle Konzepte und neue Zugehörigkeitskonzeptionen beitragen können. Benötigt werden Räume der Anerkennung, die das Recht auf „Gleichheit im Unterschied“ verteidigen und insbesondere werden gesellschaftspolitische Rahmenbedingungen benötigt, in denen Migration und Flucht als Ressource einer gemeinsamen Gesellschaft verstanden wird. Deutschland benötigt mehr denn je eine Migrations- und Partizipationspolitik, die sich jenseits vom Verhältnis „natio-ethno-kultureller“ (Mecheril 2010, S. 14) Majorität und Minderheiten mehr den Menschenrechten, der Anerkennung und der demokratischen Teilhabe gerade auch im Kontext der Fluchtbewegungen verpflichtet. Politik, Medien und Gesellschaft stehen in der Verantwortung, Instrumente für eine „Politik der Anerkennung“, der „migrationsgesellschaftlichen Differenz“, der gleichberechtigten Partizipation sowie für eine gleichberechtigte Gesellschaft zu entwickeln.