Zusammenfassung
Der Beitrag befasst sich mit dem theoretischen Potenzial der Soziologie der Konventionen, um Fragestellungen der Educational Governance, d. h. der Hervorbringung von Bildung zu analysieren. Dazu wird die Governance von Ausbildungsverbünden – einem Modell in der betrieblichen Ausbildung, bei dem Betriebe sich als Netzwerk zusammenschließen, um gemeinsam Jugendliche auszubilden – in der Schweiz untersucht. In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre lancierten verschiedene Akteure das neue Modell, um dem sich abzeichnenden Lehrstellenmangel zu begegnen. Trotz großem Potenzial und staatlichem Support konnte es sich jedoch quantitativ nicht ausbreiten. Der Beitrag versucht dieses Phänomen mit der unterschiedlichen Mächtigkeit der Konventionen zu erklären. Er zeichnet nach, wie insbesondere die in der einzelbetrieblichen Ausbildung der Berufslehre stark verankerte Konvention des Marktes dank großer Reichweite die Etablierung von Dispositiven und Qualitäten der Netzwerkkonvention, auf der das Ausbildungsmodell beruht, zu verhindern vermögen.
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Dokumente
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Leemann, R.J. (2019). Educational Governance von Ausbildungsverbünden in der Berufsbildung – die Macht der Konventionen. In: Langer, R., Brüsemeister, T. (eds) Handbuch Educational Governance Theorien. Educational Governance, vol 43. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-22237-6_13
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