Zusammenfassung
In dem Beitrag wird die Frage diskutiert, wie interkulturelle Daten sozialwissenschaftlich interpretiert werden können. Dabei wird die These entfaltet, dass die Interpretation von interkulturellen Daten sich nicht grundsätzlich, sondern nur graduell von der Interpretation intrakultureller Daten unterscheidet. Allerdings ist es sinnvoll, bei der Interpretation interkultureller Daten kulturvertraute Ko-Interpreten miteinzubeziehen. Zudem wird erläutert, dass die Hermeneutik mit ihrer Prämisse von Einheit der Kultur von Untersuchten und Untersuchern auch bei der Interpretation intrakultureller Daten unter Druck geraten ist.
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Notes
- 1.
Auch wenn im Weiteren vor allem die Erhebung und Interpretation kommunikativer Handlungen im Vordergrund steht, gelten die Überlegungen jedoch auch für die Analyse von Artefakten und Feldprotokollen, da sie letztlich ebenfalls kommunikative Handlungen sind (Lueger und Froschauer 2018; Reichertz 2015).
- 2.
Es sei an dieser Stelle an den (sehr viel weiter gehenden) Anspruch Garfinkels erinnert, der als Gütekriterium für gute Sozialforschung forderte, dass die Forscher*innen die untersuchten Feldpraktiken selbst ausführen können und dass eine Beschreibung dieser Praktiken den Ansprüchen einer genauen Handlungsinstruktion genügen müssen (Garfinkel 2002, S. 175 f. – siehe hierzu auch Wacquant 2010; Reichertz 2018).
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Reichertz, J. (2020). Grenzen der Interpretation. Wie kann und soll man in der qualitativen Sozialforschung mit interkulturellen Daten umgehen?. In: Leontiy, H., Schulz, M. (eds) Ethnographie und Diversität. Erlebniswelten. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-21982-6_10
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