Zusammenfassung
Die ästhetische Tradition des Punk ist in ihrem Kern eine, die zum einen durch die Technik der Montage von Vorgängigem und zum anderen durch den Willen zum Ausdruck, zum Sich-Zeigen geprägt ist. Die Herausarbeitung einer genuinen visuellen Identität des Punks erfolgte so erst durch Vivienne Westwood und Malcolm McLaren, die den aus Amerika kommenden Punk von Gruppen wie The New York Dolls oder The Damned in Form einer zugleich prägnanten sowie eklektizistischen Modeästhetik und nicht zuletzt der Musik der von McLaren gemanagten Sex Pistols pointierten und so erst in einem größeren Zusammenhang konsumierbar machten. So entstand ein scheinbar brüchiges visuelles Zeichensystem, das insbesondere – und dies ist ein weiteres Merkmal von Punk – unter anderem durch die Pose und den Willen zur Selbstinszenierung zusammengehalten wird. Aus diesem Grund soll in den folgenden Ausführungen der Versuch unternommen werden, den Begriff der Pose – unter anderem in Anlehnung an Aby Warburgs Begriff der Pathosformel als Ausdruck eines „gesteigerten körperlichen oder seelischen Ausdrucks“ – in Bezug auf die spezifische Ästhetik des Punks tiefer gehend zu erproben und so zum Kern dessen vorzudringen, was als eine der wichtigsten Zäsuren in der Popkultur bezeichnet werden könnte.
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- 1.
Popkongress 2018 „Fünfzig Jahre Achtundsechzig – heute, gestern, zweitausendachtzehn, und wie weiter?“, 1.–3. Februar 2018, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg (http://popkongress2018.ag-pop.de, aufgerufen am 20.04.2018).
- 2.
Vgl. hierzu: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/geisteswissenschaften/soll-man-mit-rechten-reden-15313594.html (aufgerufen am 20.04.2018).
- 3.
Die Punkband Charley’s Girls wurde 1977 gegründet. Sie gilt mit Mitgliedern aus Düsseldorf und Köln als eine der ersten deutschen Punkbands und trat vor allem im „Ratinger Hof“ auf. Mitglieder waren: Peter Hein (Gesang und Text), Franz Bielmeier (Gitarre), Muscha (Jürgen Muschalek, Gitarre), Markus Oehlen (Schlagzeug) sowie Peter Stiefermann (Bass). 1978 ging diese Formation in die Band „Mittagspause“ über.
- 4.
„Der Habitus als strukturierende und strukturierte Struktur aktiviert in den Praktiken und im Denken praktische Schemata, die aus der – über den Sozialisationsprozess ontogenetisch vermittelten – Inkorporierung von sozialen Strukturen hervorgegangen sind, die sich ihrerseits in der historischen Arbeit vieler Generationen […] gebildet haben.“ (Bourdieu und Wacquant 1996, S. 173).
Literatur
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Dreckmann, K. (2019). Punk und Pose – zur Medienästhetik zwischen Bild, Text und Performance. In: Böder, T., Eisewicht, P., Mey, G., Pfaff, N. (eds) Stilbildungen und Zugehörigkeit. Erlebniswelten. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-21661-0_4
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