2.1 Grundlagen

Staatliches Engagement für Kultur ist nicht selbstverständlich und hat sich aufgrund historischer Umstände und kultureller Einstellungen, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll, unterschiedlich entwickelt, wie im internationalen Vergleich (z. B. USA: Lissek-Schütz 1999; Schulz 2007, S. 248–264), aber auch im historischen Zeitverlauf für Deutschland selbst nachweisbar ist (Schulz 2007, S. 13–32). Hier interessiert, wie die aktuelle deutsche staatliche Kulturförderung verteilt ist, wie sie begründet wird und welche Grundsätze und Rechtsnormen diese regeln.

Die Höhe der öffentlichen Kulturförderung kann auf unterschiedliche Art dargestellt werden (vgl. SÄBL 2018). In Deutschland betrug sie z. B. 2015:

  • absolut: 10,4 Mrd. EUR (im Vergleich zu 2014 ein Anstieg um 1,7 %)

    (im 10-Jahresvergleich steigerten sich die Kulturausgaben zwischen 2005 und 2015 um 30,5 %)

  • als Anteil an den Gesamtausgaben der öffentlichen Haushalte: 1,73 %

  • als Verhältnis der Kulturausgaben je Einwohner: 126,77 EUR

  • als Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP): 0,34 %

Häufig wird finanzielle Kulturförderung durch die öffentliche Hand in Deutschland auf die Träger, d. h. die Kultur fördernden Staatsebenen, bezogen dargestellt. 2015 kamen von den geschätzten Gesamtausgaben für Kultur (SÄBL 2018, S. 21):

  • 44,9 % (4,5 Mrd. EUR) von den Gemeinden,

  • 40,3 % (4,1 Mrd. EUR) von den Ländern (Flächen- und Stadtstaaten) und

  • 14,8 % (1,3 Mrd. EUR) vom Bund.

Wie sich die öffentlichen Gelder auf die einzelnen Sparten verteilen, zeigt Tab. 2.1 (SÄBL 2018, S. 32 ff.).

Tab. 2.1 Öffentliche Kulturförderung 2015. (Nach Sparten)

Dabei fällt auf, dass sich die staatliche Förderung stark auf die ‚Schönen Künste‘, also Kultur i. e. S. konzentriert – der Mangel an Unterstützung von Soziokultur bzw. Kultur i. w. S. kann kritisiert werden. Damit ist man auch schon beim Disput über die Legitimität bzw. Legitimation von staatlicher Kulturförderung überhaupt.

2.1.1 Begründung und Grundsätze staatlicher Kulturförderung

Staatseingriffe können politisch und ökonomisch begründet werden. Die theoretische Diskussion dazu ist insb. in der Kulturökonomik sehr umfangreich (z. B. Bendixen 1998; Gottschalk 2016; Heilbrun und Gray 2001; Throsby 2001; Towse 1997). Daher soll hier nicht detailliert auf die einzelnen Argumente eingegangen werden. In Tab. 2.2 werden die einzelnen Begründungsansätze aufgeführt (dazu ausführlich z. B. Schulz 2007, S. 74–195).

Tab. 2.2 Begründungen staatlicher Kulturförderung

Zum Beispiel sind meritorische Güter solche, die – wie Kunst – von der Gesellschaft als wertvoll angesehen, aber nicht in entsprechendem Ausmaß privat nachgefragt werden. Der Staat soll die fehlende Wertschätzung seitens der Konsumenten ausgleichen. Die sog. „Kostenkrankheit“ („cost disease“) wurde schon 1966 als Problem der darstellenden Künste diagnostiziert: In dieser personalintensiven Sparte kann die Produktivität nur unterproportional wachsen (im Vergleich zu anderen Wirtschaftssektoren), während Lohnkosten u. a. ständig steigen.

Die normativen Grundlagen für staatliches Kulturengagement in Deutschland werden im Folgenden erläutert (Deutscher Bundestag 2007, S. 59, 68–83).

Dabei ist zunächst Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Grundgesetz (GG) relevant, der die Freiheit der Kunst garantiert, in erster Linie als Freiheit von staatlichen Eingriffen bzw. Zensur. In der Folge wurde dieser Grundsatz durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) fortentwickelt und Deutschland als Kulturstaat verstanden: Als Aufgabe des Staates wurde daraus abgeleitet, „ein freiheitliches Kunst- und Wissenschaftsleben zu erhalten und zu fördern“ (BVerfGE 36, 321, (331)).Footnote 1 Eine explizite Festschreibung des Staatsziels Kultur im Grundgesetz gab es bisher nicht, wird aber immer wieder gefordert (u. a. Otto 2006). Auch die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ empfahl als Ergebnis ihrer Arbeit die Aufnahme eines Artikels 20b: „Der Staat schützt und fördert die Kultur“. Zwar ist mit Art. 35 Einigungsvertrag schon in einem Gesetzestext explizit vom „Kulturstaat“ Deutschland die Rede (Klein 2011a, S. 90). Staatliche Kulturförderung soll jedoch darüber hinaus zur „Pflichtaufgabe“ werden, während sie derzeit allgemein eine „freiwillige“ Aufgabe ist (vgl. Abschn. 2.3 und 2.4). Diese Entscheidung wäre eine kulturpolitische Grundsatzentscheidung mit umfassenden haushaltsrechtlichen und finanziellen Folgen.

Verfassungsmäßig bestimmt das Prinzip des kooperativen Föderalismus auch im kulturellen Sektor staatliches Handeln (Deutscher Bundestag 2007, S. 51–68; Klein 2009; S. 69 ff. sowie 137; ausführlich: Röbk und agner 2002):

  • Art. 20 Abs. 1 GG (Bundesstaat) und Art. 30 GG (Gesetzgebungskompetenz der Länder) regeln, dass der Bund grundsätzlich keine Kompetenzen für kulturelle Angelegenheiten hat: Es gilt Länderhoheit für den Erlass von Fördergesetzen und die Ausgestaltung der Förderbedingungen. Allerdings liegen die Ordnungspolitik/Setzung der Rahmenbedingungen sowie die auswärtige Kulturförderung (Art. 32 GG) beim Bund.

  • Weiterhin regeln das Verhältnis von Bund und Ländern in Sachen Kultur der Art. 91b GG (ermöglicht die Mitwirkung des Bundes an Projekten der kulturellen Bildung) sowie der neue Art. 104b GG (Bundesfinanzhilfen für die Länder).

  • Art. 28 Abs. 2 GG (kommunale Selbstverwaltung) regelt die Kulturzuständigkeit der dritten staatlichen Ebene, der Gemeinden: die „örtliche Kulturkompetenz“, also eine kommunale Kulturhoheit.

Im Folgenden werden Prinzipien der staatlichen finanziellen Kulturförderung erläutert, die alle staatlichen Ebenen betreffen. Dabei sind drei grundsätzliche Formen zu unterscheiden:

  • direkte Kulturförderung über die Geldtransfers direkt und unmittelbar von der jeweiligen Staatsebene zum Kulturbetrieb (Abschn. 2.1.2),

  • indirekte Kulturförderung, bei der der Staat durch Verzicht auf Steuereinnahmen das Engagement privater Akteure zum finanziellen Vorteil der Kultur anspornt (Abschn. 2.1.3) und

  • Kulturförderung über Mittlerorganisationen wie Förderstiftungen und Fonds, die im Sinne des sog. ‚Armlängenprinzips‘ Gelder des Staates in dessen Auftrag verteilen (Abschn. 2.1.4).Footnote 2

2.1.2 Direkte öffentliche Kulturförderung

Direkte Kulturförderung kann verschiedene Ausprägungen annehmen (Deutscher Bundestag 2007, S. 60, 166, 501; Klein 2009, S. 228 ff.; Schulz 2007, S. 60 f.; Tesk und ellner 2003, S. 972 ff.). Die Förderformen sind:

  • direkte Trägerschaft sowie

  • direkte finanzielle Zuwendung als

    • institutionelle, Projekt- oder personenbezogene Förderung und jeweils

    • Voll- oder Teilfinanzierung

Der Staat kann zunächst eigene kulturelle Einrichtungen unterhalten, wobei eine Trägerschaft auf allen Staatsebenen möglich ist. Träger sind also Kommunen oder Gemeindeverbände/Kreise, Zweckverbände, Bundesländer oder der Bund selbst. Der Haushaltsplan der Gebietskörperschaft drückt dabei den Finanzbedarf der Kulturinstitutionen aus. Mögliche Rechtsformen sind: Ämter, Regie- oder Eigenbetriebe, öffentlich-rechtliche Anstalten (öA), Stiftungen oder auch die (gemeinnützige) GmbH. Diese Organisationsformen betreffen die meisten Stadttheater und -bibliotheken, Staats- und Landestheater, Museen oder Rundfunkanstalten (dazu Deutscher Bundestag 2007, S. 96–103). Beispielsweise verteilten sich die Rechtsformen auf die öffentlich-rechtlichen Theater in Deutschland in der Spielzeit 2016/2017 wie Tab. 2.3 zeigt (DBV 2018, S. 253):

Tab. 2.3 Rechtsformen der öffentlich-rechtlichen Theater in Deutschland

Praxisbeispiel Staatsgalerie Stuttgart

Die Staatsgalerie Stuttgart ist ein Landesbetrieb des Bundeslandes Baden-Württemberg und wurde von 1838 von König Wilhelm I. von Württemberg als „Museum der bildenden Künste“ initiiert. Die Umbenennung in Staatsgalerie erfolgte 1930 und der für die Institution inzwischen charakteristische postmoderne Neubau von James Stirling wurde 1984 eröffnet.

Inzwischen verfügt die Staatgalerie über eine Ausstellungsfläche von 12.000 m2 und ein Bestand von über 400.000 Werken vom 14. Jahrhundert bis zur Gegenwart – damit ist es das größte Kunstmuseum in Baden-Württemberg.

Im Jahr 2017 verzeichnete das Museum 243.585 Besuche(r), davon 113.479 in 5 Sonderausstellungen und 130.106 in der Sammlung. In der Vermittlungsarbeit wurden u. a. 3792 Führungen und auch 49 Kindergeburtstage angeboten.

Die Finanzierung setzt sich aus verschiedenen Quellen zusammen: Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg bezuschusste das Museum 2017 insgesamt mit 7,46 Mio. EUR. Davon wurden 2.090.000,00 EUR für Kunstankäufe und weitere 720.000,00 EUR für die Realisierung großer Sonderausstellungen aufgewendet. Für die Vermögensrechnung und das Gesundheitsmanagement erhielt die Staatsgalerie 142.730,00 EUR vom Land.

Eine weitere wichtige Finanzierungssäule sind Drittmittel wie Spenden, Sponsoring-Einnahmen, Stiftungserlöse und Kunstsachspenden, die 2017 in einer Größenordnung von 433.865,00 EUR verzeichnet wurden. Darüber hinaus erwirtschaftete die Staatsgalerie Umsatzerlöse von rund 1,5 Mio. EUR. Allein durch Sonderveranstaltungen konnten Mieteinnahmen in Höhe von 89.800,00 EUR verzeichnet werden (vgl. Staatsgalerie Stuttgart 2018; MfFin 2018).

Neben der direkten Trägerschaft kann der Staat auch durch direkte finanzielle Zuwendungen fördern. Dabei sind mit dem haushaltstechnischen Begriff Zuwendungen freiwillige Leistungen (Zuschüsse, Zuweisungen, Schuldendiensthilfen u. a.) des Staates an nichtstaatliche Stellen gemeint, die ohne Rechtsanspruch, also im Ermessen der bewilligenden Behörde, vergeben werden, um Zwecke in besonderem öffentlichen Interesse sicherzustellen (Bundeshaushaltsordnung § 23).

Nach dem Förderobjekt unterscheidet das Zuwendungsrecht institutionelle und Projekt-Förderung. Zum einen können kulturelle Einrichtungen, die eigenständige juristische Personen sein müssen, institutionelle Förderung erhalten, die auch Basis- oder Grundförderung genannt wird. Die Regel ist hier die laufende und langfristige Finanzierung der ausgewählten Betriebe aus den jeweils für ein Jahr festgeschriebenen Haushaltsmitteln der Körperschaft. Dabei werden neue Zuwendungsempfänger nur bei Ausscheiden bisheriger aufgenommen („Omnibusprinzip“).

Dagegen wird Projektförderung nur für einzelne, zeitlich und sachlich begrenzte und in der Regel neue Vorhaben vergeben. So sollen Innovation und Vielfalt gefördert werden. Die Kulturinstitutionen können damit allerdings nicht langfristig planen. Also ist es ein Problem für Antragsteller, dass die öffentlichen Geldgeber sich derzeit auf diese Förderart konzentrieren – vor 25 Jahren herrschte hingegen die institutionelle Förderung vor.

Andererseits verbreitet sich die sog. quasi-institutionelle Förderung, bei der Gelder über Jahre immer wieder gewährt werden und somit kein bestimmtes Projekt, sondern eigentlich die (in der Regel bekannte, größere) Kulturinstitution gefördert wird. Für den Kulturbetrieb kombiniert dies zwei Nachteile: die Unsicherheit der Projekt- und die Haushaltskontrolle der institutionellen Förderung. Gleichzeitig werden kleine und unbekannte Projektgruppen benachteiligt.

Neben institutioneller und Projektförderung unterstützt der Staat bei der personenbezogenen Förderung individuelle Kulturschaffende, zum Beispiel durch Stipendien (regelmäßige Geldzahlungen oder Wohn- und Arbeitsaufenthalte), Ankauf oder Ausstellung bzw. Aufführung der Werke, direkte Auftragsvergabe, Zuschüsse zu Druck-, Reise- oder anderen Kosten, Verleihung von Preisen, kostenlose Bereitstellung von Räumen usw.

Nun zu den Finanzierungsarten: Die möglichen Formen, in denen Zuwendungen erteilt werden, sind Voll- und Teilfinanzierung (Deutscher Bundestag 2007, S. 166, 501; Klein 2009, S. 233 f.; Schulz 2007, S. 62 ff.; Tesk und ellner 2003, S. 974 f.).

Bei der Vollfinanzierung übernimmt der Staat sämtliche Kosten des Projekts – jedoch prinzipiell nur dann, wenn das Interesse des Staates daran sehr hoch ist, wenn z. B. der Kulturbetrieb staatliche Verwaltungsaufgaben vollständig übernimmt. In der Praxis ist die Vollfinanzierung freier Träger selten.

Eigenanteile oder Eigenleistungen, also Teilfinanzierung, ist aufgrund des Subsidiaritätsprinzips (der Staat fördert nur, wenn private Mittel nicht ausreichen und das Vorhaben sonst nicht zustande käme) die Regel und kann auf drei unterschiedliche Arten erfolgen:

  • Anteilsfinanzierung bedeutet, dass der Staat einen festgelegten, meist prozentualen Anteil an den Gesamtkosten beisteuert, der auf einen Höchstbetrag begrenzt ist. Der Antragsteller muss also maßgeblich mitfinanzieren, sicherstellen, dass die realen Kosten nicht über den geplanten liegen, und eventuelle Mehrkosten wegen der Deckelung der Förderung vollständig tragen. Ziel dieser Förderform ist der Anreiz zum wirtschaftlichen Umgang mit gewährten Geldern. Einsatz findet sie in der Regel bei Investitionen.

  • Für Kulturinstitutionen bzw. -projekte mit geringen Eigenmitteln ist die Fehlbedarfsfinanzierung relevant: Der Staat beteiligt sich mit einer festen Summe, die durch die Differenz zwischen Kosten und sämtlichen Eigenmitteln sowie Einnahmen bestimmt wird, entweder an einer bestimmten Kostenart (z. B. Personal- oder Sachkosten) oder den Gesamtkosten. Auch hier gibt es eine Höchstgrenze.Footnote 3 Ein grundsätzliches Manko ist jedoch der fehlende Anreiz zur Wirtschaftlichkeit bzw. zum Erzielen höherer Einnahmen oder geringerer Kosten: Im ersten Falle sind ‚zuviel‘ gezahlte Zuwendungen zurückzuerstatten bzw. noch zu gewährende Mittel werden gekürzt, und auch im zweiten Fall verringert sich der Zuschuss. Trotzdem ist Fehlbedarfsfinanzierung insb. in der kommunalen Kulturförderung häufig.

  • Bei der Festbetragsfinanzierung erhält das Kulturprojekt für die Deckung seiner förderfähigen Ausgaben einen festgelegten Betrag, der sich zwar an der Höhe des Gesamtbudgets orientiert, jedoch bei abweichenden Kosten oder Einnahmen nicht automatisch angepasst wird. Vorab sollte geklärt werden, ob der zuviel gezahlte Betrag beim Empfänger verbleibt oder rückerstattet werden muss. Die Vorteile sind für beide Seiten Kalkulierbarkeit und einfache Abwicklung durch entfallende Nachkontrollen und -forderungen. Eventuell problematisch ist, dass die Mittel erst nach Verbrauch sämtlicher eigener Mittel ausgezahlt werden.

Die Mischfinanzierung kultureller Projekte bspw. aus mehreren staatlichen und nichtstaatlichen Fördertöpfen ist möglich, Doppelfinanzierung jedoch in der Regel nicht: z. B. schließen EU-Förderanträge Projekte aus, die schon aus anderen europäischen Quellen unterstützt werden; für Bundesmittel gilt dasselbe.

Auflagen und Bedingungen sollen sicherstellen, dass die staatliche Förderung der Erfüllung des öffentlichen Auftrags dient. Sie werden in einem bestimmten Vergabeverfahren abgeprüft (Deutscher Bundestag 2007, S. 60, 501; Klein 2005, S. 234 ff.; LKD et al. 2002, S. 16 ff.; Tesk und ellner 2003, S. 972 ff.).

Grundlage ist das Zuwendungsrecht wie in der Bundeshaushaltsordnung (§§ 23, 24 Abs. 4, 26 Abs. 3, 44 und 91 BHO) sowie entsprechenden Landeshaushaltsordnungen und kommunalen Regelungen ausgeführt. Der Ablauf ist folgender (vgl. Abb. 2.1):

Abb. 2.1
figure 1

(Eigene Darstellung)

Ablauf Vergabeverfahren.

  • Die Förderrichtlinien detaillieren Gegenstand und Voraussetzungen, Art und Umfang der Förderung, Verfahren, Fristen, Zuschusshöhe, Berichtsinhalte, die Folgen zweckwidriger Verwendung und die Haftung.

  • Auf einen schriftlichen Antrag, der die Mittelverwendung und somit die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Zuwendung durch einen Finanzierungs- bzw. Haushalts-/Wirtschaftsplan ausweist, folgt die Entscheidung des Zuwendungsgebers nach dessen Ermessen.

  • Die Mitteilung der Entscheidung erfolgt durch einen Bewilligungs- bzw. „Zuwendungsbescheid“, seltener durch einen öffentlich-rechtlichen Zuwendungsvertrag. Dieser sog. „begünstigende Verwaltungsakt“ ist anfecht- und nachprüfbar. Er enthält formale Pflichten des Zuwendungsempfängers, die erfüllt werden müssen, da sonst die Rückzahlung der Mittel droht.

  • Der Zuwendungsempfänger ist verpflichtet, in einem Verwendungsnachweis den zweckentsprechenden Einsatz der gewährten Mittel zu dokumentieren: Der Sachbericht beschreibt den inhaltlich-fachlichen Erfolg des Projekts, der zahlenmäßige Nachweis bzw. die Abrechnung weist tatsächliche Einnahmen und Ausgaben aus.

  • Der Bericht unterliegt einer Prüfung seitens des Zuwendungsgebers; bei nicht zweckmäßiger Verwendung drohen Rückzahlungsforderungen. Die Rechnungshöfe sind danach noch jahrelang zur „Bei-Prüfung“ berechtigt.

2.1.3 Indirekte öffentliche Kulturförderung

Der Staat, insbesondere der Bund, fördert indirekt Kultur, indem er unterstützende rechtliche Rahmenbedingungen setzt und steuerliche Vergünstigungen für kulturelles bzw. gemeinnütziges Engagement erlässt (Deutscher Bundestag 2007, S. 60–65 und 194 ff.; Klein 2005, S. 219 ff.).

Unmittelbar wirkende rechtliche Rahmenbedingungen sind z. B. das die Existenz der Künstler absichernde Künstlersozialversicherungsgesetz, das für eine angemessene Vergütung der Kulturproduzenten sorgende Urheberrechtsgesetz und die Buchpreisbindung, die ein vielfältiges Angebot am Kulturgut Buch garantieren soll.

Steuerliche Vergünstigungen bedeuten für den Staat Einnahmeeinbußen durch den Verzicht auf die Besteuerung von kultureller Produktion oder Konsum. So sind gemeinnützige Einrichtungen von der Gewerbe- oder Körperschaftssteuer befreit. Außerdem können Spenden, Mitgliedsbeiträge und gemeinnütziges Engagement von Einkommens-, Körperschafts- und Gewerbesteuer abgesetzt werden. Grundbesitz mit künstlerischer Bedeutung ist von der Grundsteuer, Zuwendungen an Stiftungen bzw. Kunst- und Kulturgut allgemein sind von der Erbschaftssteuer befreit. Den Kulturkonsum unterstützt die von 19 % auf 7 % reduzierte Umsatzsteuer für kulturelle Produkte oder Leistungen wie Bücher, Zeitungen, Kunstgegenstände oder Eintrittskarten.

Die dadurch entgangenen Einnahmen werden auch beim Bundesministerium der Finanzen unter den zwanzig größten Steuervergünstigungen aufgeführt und nehmen hier eine besondere Position ein: „Die bedeutendste Einzelmaßnahme aus Sicht des Bundes ist der ermäßigte Umsatzsteuersatz für kulturelle und unterhaltende Leistungen, der Mindereinnahmen für den Bund in Höhe von knapp 2,1 Mrd. EUR im Jahr 2018 bedeutet.“ (BFin 2017, S. 26).

2.1.4 Öffentliche Kulturförderung über Mittlerinstitutionen

Der Bund und die Kommunen fördern Kultur außerdem über Mittler wie Stiftungen und Vereine (Deutscher Bundestag 2007, S. 157–161 und 322 ff.), wobei die Stiftungen des Bundes nicht mit privaten Stiftungen (Abschn. 3.3) zu verwechseln sind.

Im Unterschied zur direkten und indirekten Förderung soll dabei grundsätzlich die Kulturförderung nicht aus Steuergeldern erfolgen, sondern aus einmal angelegtem Kapital, dessen Erträgen sowie Zustiftungen und Spenden. Trotzdem werden solche Stiftungen „unechte Stiftungen“ genannt, weil das Stiftungsgeschäft in der Regel eben doch keine gesicherte Kapitalausstattung in Form eines unantastbaren Kapitalstocks, der genügend Erträge zur Verfolgung des Stiftungszwecks generiert, beinhaltet. Stattdessen sind laufende staatliche Zuwendungen nötig. Dadurch verbleibt die Stiftung in Abhängigkeit von Haushaltsrecht und Haushaltsbeschränkungen. Die Vorteile dieser Rechtsform liegen derzeit v. a. in der Transparenz. Weitere Vorzüge wären Verlässlichkeit und höhere Autonomie. Das muss jedoch erst noch durchgesetzt werden, z. B. durch mehrjährige Verpflichtungsermächtigungen, Zielvereinbarungen und die Entflechtung von der Verwaltung.

Kommunale Stiftungen sind solche, die kommunalen Gebietskörperschaften zugeordnet sind, von deren Organen verwaltet werden und Zwecke aus deren öffentlichem Aufgabenbereich verfolgen. Sie haben in Deutschland die längste Tradition. Es gibt derzeit über 2200 (aktueller Stand 2013; vgl. Bundesverband Deutscher Stiftungen 2013, S. 12), wobei der Anteil an Kulturstiftungen schwer ermittelbar ist. Das folgende Beispiel illustriert die hohe Verflechtung mit der Kommunalverwaltung.

Praxisbeispiel Göttinger Kulturstiftung

Mithilfe einer Spende von E.ON Mitte (damals EAM) und der Gelsenwasser AG wurde 2002 die Göttinger Kulturstiftung zur Förderung von „Einrichtungen und Initiativen im Kulturbereich, die ihren Sitz im Stadtgebiet von Göttingen haben“, errichtet (Satzungsbeschluss durch den Rat der Stadt Göttingen am 07.07.02). Das von der Stadt Göttingen (getrennt von ihrem eigenen Vermögen) verwaltete Stiftungsvermögen beträgt derzeit rund 836.500 EUR (Stand: 31.12.2017). Seit dem ersten Förderjahr 2003 bis 2017 wurden rund 448.100 EUR an Fördermitteln vergeben (jährlich ca. 30.000 EUR) (Göttinger Kulturstiftung 2018).

Zuschüsse für Projekte und Investitionen können beim Fachdienst Kultur der Stadt Göttingen beantragt werden (mit ausführlicher Projektbeschreibung und detailliertem Kosten- und Finanzierungsplan). Über die Vergabe entscheidet der Stiftungsbeirat, der aus zwei Verwaltungsvertretern (qua Amt) sowie sieben vom Rat der Stadt (entspr. der Fraktionen) für eine Ratsperiode benannten Vertretern besteht. Weitere Beteiligte ohne Stimm- und Rederecht seitens der Stadt sind die Mitglieder des Göttinger Ausschusses für Kultur- und Wissenschaft. Abgewickelt werden die Förderentscheidungen durch die Stadt, die dem Beirat einen Stiftungsabschluss mit einer Vermögensübersicht und einen Bericht über die Mittelverwendung vorlegen muss. Der Rat der Stadt muss außerdem Beiratsbeschlüssen zu Stiftungszweck, Auflösung u. ä. zustimmen bzw. kann selbstständig unter bestimmten Voraussetzungen einen neuen Stiftungszweck beschließen (Göttinger Kulturstiftung 2018).

Schon seit einiger Zeit gibt es in unterschiedlichen Rechtsformen Kulturstiftungen der Länder: In den 1970er Jahren wurden bspw. die Bayerische Landesstiftung (als Stiftung öffentlichen Rechts) und 1977 die Kunststiftung Baden-Württemberg (als GmbH) gegründet. In den neuen Bundesländern wurde aus dem DDR-Kulturfonds die „Stiftung Kulturfonds“; da aber 1997 Sachsen und bald darauf auch Thüringen und Sachsen-Anhalt eigene Stiftungen einrichteten, löste sich diese 2004 auf (zur Kulturförderung der Länder vgl. Abschn. 2.3).

Länderübergreifende Stiftungsansätze können in den zunächst durch die Bundeskulturverbände der jeweiligen Sparten als eingetragene Vereine gegründeten spartenspezifischen Fonds gesehen werden, die heute alle vom Bund dotiert und daher in Abschn. 2.2.2 vorgestellt werden. Hier soll als Beispiel der 1987 gegründete „Deutsche Musikrat e. V.“ genügen: Der Verein hat heute 14 Mio. Mitglieder (vgl. DMR e. V. 2018) und ist Alleingesellschafter der „Deutscher Musikrat gemeinnützige Projektgesellschaft mbH“, die die Förderung klassischer Musik organisiert. Vorteil der selbstverwalteten Fonds ist die enge Verzahnung mit den jeweiligen Kulturverbänden, die Besetzung der Auswahlgremien mit Fachexperten (und nicht Politikern oder Verwaltungspersonal) und die dadurch garantierte ‚Staatsferne‘ der inhaltlichen Förderentscheidung („Armlängenprinzip“).

Diese Fonds wurden ab 1988 durch die dann gegründete „Kulturstiftung der Länder“ (KSL) gefördert, die über ein Stiftungsvermögen i. H. v. 500.000 DM verfügte. Jeweils zur Hälfte vom Bund und den Ländern finanziert, hatte diese satzungsgemäß bis 2006 pro Jahr ca. 20 Mio. DM bzw. den entsprechenden Betrag in EUR zur Verfügung. Daraus wird institutionelle und Projektförderung an deutsche Museen, Bibliotheken und Archive vergeben (z. B. für den Erwerb oder die Restaurierung bedeutender Kunstwerke und Kulturgüter), umfassende fachliche Beratung und Unterstützung angeboten oder unterschiedliche Initiativen verfolgt (www.kulturstiftung.de).

2002 gründete die Bundesregierung die „Kulturstiftung des Bundes“ (KSB), die ursprünglich mit der Länderkulturstiftung fusionieren sollte, was 2006 wegen Konflikten über Kompetenzen, Abstimmungsverfahren und Mischfinanzierungen scheiterte. Nunmehr kooperieren beide Stiftungen, um die Pflege des kulturellen Erbes mit der Förderung zeitgenössischer Kultur zu verbinden. Seit 2006 werden die oben genannten Fonds sowie Projekte aus den Mitteln der Bundeskulturstiftung gefördert (vgl. Abschn. 2.2.2).

In Großbritannien spielt die „National Lottery“ mit einem Anteil von 40 % an der staatlichen Kulturförderung eine sehr wichtige Rolle (vgl. Centre for Economics and Business Research 2013, S. 29); im europäischen Vergleich tragen Lotteriegelder aus Finnland mit 50 % noch mehr dazu bei (Ministry of Education and Culture Finland 2017), in Deutschland dagegen nur unter 10 % (vgl. SÄBL 2016, S. 92; vgl. Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin 2014, S. 20). Aber zu vernachlässigen sind die Anteile, die die unterschiedlichen Lottostiftungen von ihren Gewinnspieleinnahmen an Kulturprojekte weitergeben, trotzdem nicht. Das Monopol auf Glücksspiele liegt gemäß Staatsvertrag bei den Ländern, die entsprechend 16 Lottogesellschaften unterhalten. Nur 50 % der Lottoeinnahmen werden an die Gewinner ausgeschüttet, 6–7 % sind Provisionen für Vermittler und Annahmestellen, der Rest (abzüglich Verwaltungskosten) geht in Form von Lotteriesteuer und Zweckabgabe in die Länderhaushalte. Jährlich fließen so mehrere erhebliche Beträge in die Kulturförderung wie nachfolgend am Beispiel der Deutschen Klassenlotterie Berlin gezeigt wird.

Praxisbeispiel Deutsche Klassenlotterie Berlin (DKLB)

Die rechtsfähige öffentliche Anstalt DKLB führt im Auftrag des Landes Berlin Glücksspiele und Lotterien durch (LOTTO Berlin). Gemäß dem Gesetz über die Deutsche Klassenlotterie Berlin und die Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin (DKLB-Gesetz) muss sie nicht nur laufend eine Zweckabgabe i. H. v. 20 % ihrer Umsatzerlöse aus dem Lotteriegeschäft, sondern auch ihren Bilanzgewinn an die DKLB-Stiftung abführen. Die 1952 gegründete DKLB-Stiftung fördert „ausschließlich soziale, karitative, dem Umweltschutz dienliche, kulturelle, staatsbürgerliche und sportliche Vorhaben durch Gewährung von Zuwendungen“ mit 25 % der Stiftungseinnahmen, wobei die Verwendung „in Berlin oder für Berliner Einrichtungen erfolgen oder im Interesse Berlins liegen“ muss (§ 11 Abs. 1 Satz 1 und § 9 der Stiftungssatzung). Seit 1952 gab die DKLB-Stiftung rund 2,4 Mrd. EUR (Stand 2015) dafür aus, davon z. B. im Kulturbereich einen Zuschuss von 1,4 Mio. EUR für das Urban Nation Museum for Contemporary Art in Berlin (vgl. Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin 2015, 2018). In 2016 schüttete die Stiftung 58,7 Mio. EUR an 132 Projekte aus; davon gingen rund 7,9 Mio. EUR an die Zitadelle Spandau für den Umbau des ehemaligen Proviantmagazins und des klassizistischen Kasernengebäudes und für die anschließende Ausstellungsgestaltung der Dauerausstellung Enthüllt. Berlin und seine Denkmäler (vgl. Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin 2017a, S. 20.)

Über die Verwendung entscheidet der Stiftungsrat, der aus drei vom Abgeordnetenhaus zu wählenden und drei vom Senat zu bestellenden Mitgliedern besteht. Die Anträge werden nicht nur von der Stiftung, sondern auch von der fachlich zuständigen Senatsverwaltung auf die Förderungswürdigkeit von Vorhaben und Antragsteller überprüft. Die Förderentscheidung liegt also nicht in den Händen einer Fachjury, sondern in denen politischer Entscheidungsträger (Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin 2017b).

2.2 Kulturförderung durch den Bund

Nicht nur die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen werden in großem Maße auf Bundesebene bestimmt, sondern der Bund hat auch sowohl eigene als auch subsidiäre, den Kulturauftrag der Länder und Kommunen ergänzende Kompetenzen. Der Anteil der Bundesmittel an der deutschen Kulturförderung ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen, in 2006 waren es 1 Mrd. EUR in 2015 bereits 1,5 Mrd. EUR was 14,8 % der öffentlichen Kulturförderung ausmacht (SÄBL 2018, S. 23).

2.2.1 Kulturförderung durch Bundesministerien

Klare eigene Kulturförderkompetenzen hat die bundesstaatliche Ebene für die auswärtige Kulturarbeit: Die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik wird vom Auswärtigen Amt neben den politischen und wirtschaftlichen Beziehungen als „dritte Säule“ und eines der nachhaltigsten und sichtbarsten Instrumente Arbeit benannt (AA 2018a). Ziele der Kultur- und Bildungspolitik sind z. B. die Präsentation der deutschen Kulturszene oder der Erhalt der kulturellen Vielfalt auf der Welt. Das Auswärtige Amt verfügt über einen Gesamtetat von 5,45 Mrd. EUR (Haushaltsjahr 2018) von dem 956,7 Mio. EUR in die Kultur- und Bildungspolitik investiert werden (AA 2018b). Der Großteil der Kulturarbeit erfolgt über Mittlerorganisationen wie das Goethe-Institut (das 2018 rund 241 Mio. EUR aus dem Etat des Auswärtigen Amtes erhielt) und das Institut für Auslandsbeziehungen. Zweiter Förderbereich ist die kulturelle Bildung; verantwortlich sind das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Neben dem rechtlichen Rahmen für Kulturproduktion und -finanzierung durch nichtstaatliche Akteure ist der Bund auch für die Schaffung sozialer und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen für die Künstler zuständig. Ein Beispiel hierfür ist die Künstlersozialkasse (KSK), die selbstständige Künstler vertritt. Durch die Künstlersozialkasse müssen Künstler nur die Hälfte der gesetzlichen Sozialversicherung bezahlen, während die andere Hälfte von den Verwertern der künstlerischen Leistungen und den Bund bezahlt werden. 2017 betraf der Bundeszuschuss rund 202 Mio. EUR bei rund 187.000 Versicherten. Das Durchschnittseinkommen der aktiv Versicherten belief sich 2017 auf nur knapp über 17.000 EUR (vgl. KSK 2018). Aus der Verantwortung für die nationale kulturelle Repräsentation folgt des Weiteren der Unterhalt gesamtstaatlicher Kultureinrichtungen und des kulturellen Erbes.

1998 wechselte die Kulturzuständigkeit vom Innenministerium zum Beauftragten bzw. der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM). Dieses zur Koordinierung der unterschiedlichen Bundeskompetenzen und -akteure geschaffene Staatsministerium für Kultur ist eine oberste Bundesbehörde beim Kanzleramt (Bundesregierung 2009, Deutscher Bundestag 2007, S. 103; Klein 2011a, S. 92 ff.; LKD et al. 2002, S. 239 ff.; PIB 2002–2008).

Der Etat des BKM stieg seit 2005 bis 2018 um fast 60 % auf 1,67 Mrd. EUR an (vgl. Bundesregierung 2017b). Die Förderschwerpunkte des Bundes liegen auf kulturellen Einrichtungen von nationaler Bedeutung, Hauptstadtkultur und der kulturellen Infrastruktur der neuen Länder. Tab. 2.4 führt die Haushaltsposten des BKM in absoluten Zahlen und prozentualer Verteilung auf (vgl. Bundesregierung 2017a).

Tab. 2.4 Ausgaben des BKM 2017

Wie aus der Tabelle ersichtlich wird, erfolgen die höchsten Ausgaben mit einem knappen Viertel für die Kulturstiftungen, wobei der Löwenanteil (275 Mio. EUR, 17 % des BKM-Etats) an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz geht. Die mit 35 Mio. EUR (2,2 % des BKM-Etats) geförderte Kulturstiftung des Bundes ist Thema von Abschn. 2.2.2.

Der zweitgrößte Ausgabenposten stellt die Medienpolitik dar, wovon fast alles an den Auslandssender Deutsche Welle geht. Zusammen mit der Filmförderung (davon 50 Mio. EUR für den Filmförderfonds) entfällt damit ein weiteres Viertel der Bundesförderung auf Bereiche, die außerhalb des engen Kulturbegriffs liegen – die Stärkung der Kultur- und Kreativwirtschaft ist auch eine seit 2008 vom BKM koordinierte neue Initiative, bei der auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mitwirkt.

Die Kulturförderung des Bundes für Berlin fußt auf dem Berlin-Bonn-Gesetz von 1994 sowie den Hauptstadtkulturverträgen in Form der Hauptstadtfinanzierungsverträge von 1994, 2007 und 2017. Der 2017 beschlossene Vertrag zwischen Berlin und dem Bund umfasst ein Leistungsvolumen von insgesamt rund 2 Mrd. EUR für den Zeitraum von 1. Januar 2018 bis zum 31. Dezember 2027 (Senatskanzlei Berlin 2018). Beispiele der Berlin-Förderung sind der Martin-Gropius-Bau, das Jüdische Museum und das Humboldt-Forum. Auf den Hauptstadtkulturfonds geht Abschn. 2.2.3 genauer ein.

Außerdem fördert der Bund dauerhaft und gezielt Kultureinrichtungen in den neuen Ländern mit gesamtstaatlicher Bedeutung. Zwischen 2004 und 2017 hat der Bund rund 79 Mio. EUR für Kultureinrichtungen und -projekte mit besonderem Stellenwert – sogenannte „kulturelle Leuchttürme“ – bereitgestellt. Die Mittel des Bundes werden mindestens in gleicher Höhe durch Länder, Kommunen oder sonstige Dritte kofinanziert (PIB 2017). Zu den geförderten Institutionen zählen u. a. das UNESCO-Welterbe Schloss Oranienburg oder das Deutsche Hygiene Museum Dresden.

2.2.2 Die Kulturstiftung des Bundes

In diesem Abschnitt werden zunächst die Stiftung, über die der Bund mittelbar Künstler und Kulturschaffende unterstützt, deren operative Förderung und dann die einzelnen spartenspezifischen Fonds vorgestellt.

Die durch die Bundesregierung 2002 mit Sitz in Halle als Stiftung bürgerlichen Rechts gegründete Kulturstiftung des Bundes (KSB) fördert Kulturprojekte nationaler und internationaler Bedeutung. Dies erfolgt aus den Erträgen ihres Stiftungsvermögens und der Zustiftungen sowie in großem Maße mit Mitteln des Bundes (derzeit 35 Mio. EUR p. a.) (Bundesregierung 2017a, S. 1). Sie fördert sowohl initiativ (durch Entwicklung eigener Programme) als auch operativ (auf Antrag) sowie über die selbstverwalteten Fonds.

Für die allgemeine („offene“) Projektförderung durch die KSB gelten folgende Voraussetzungen: eine Mindestantragssumme von 50.000 EUR sowie eine gesicherte Eigen- oder Kofinanzierung (durch Drittmittel) von mindestens 20 % der Gesamtkosten, der internationale Kontext des zu fördernden Projekts oder dessen Verortung in einer anderen „unstreitigen Förderkompetenz des Bundes“ sowie eine Online-Bewerbung zum 31. Januar bzw. 31. Juli eines jeden Jahres. Beispielsweise wurden 2015 Förderanträge von insgesamt 268 Projekten eingereicht, von denen 59 Projekte für eine Förderung ausgewählt wurden. Die Förderquote lag somit bei rund 21 %. Im Durchschnitt wurden knapp 50 % der Kosten, die für die Durchführung der Projekte anfallen von den Projektträgern selbst bzw. durch Dritte getragen – also deutlich mehr als die Mindestforderung von 20 %.

Über die Förderung entscheidet der Stiftungsvorstand bei Projektsummen unter 250.000 EUR auf Basis der qualitativen Bewertung einer unabhängigen, spartenübergreifend besetzten Fachjury. Bei Anträgen mit höheren Fördersummen entscheidet darüber der 14-köpfige Stiftungsrat, in dem Kulturpolitiker aller Staatsebenen und Kulturschaffende vertreten sind. Außerdem stimmt die Stiftung mit der Bundesregierung ihre Förderkonzepte ab, insbesondere mit dem BKM und dem Auswärtigen Amt – damit ist die Förderung also nicht politikunabhängig. (KSB 2016, 2018).

In den einzelnen Spartenfonds dagegen entscheiden allein Fachjurys über die Künstlerförderung. Die wichtigsten Fonds sind folgende:

  • Der 1980 geschaffene Deutsche Literaturfonds e. V. fördert die deutschsprachige Gegenwartsliteratur überregional, markt- und politikunabhängig. Für Autoren- und Vermittlungsförderung (Stipendien, Projektzuschüsse für Publikationen, Übersetzungen u. ä.) gibt sie z. Zt. 1,1 Mio. EUR im Jahr aus (Deutscher Literaturfonds e. V. 2018). Zur Übersetzerförderung wurde separat 1997 der Deutsche Übersetzerfonds e. V. gegründet.

  • Der 1980 entstandene Kunstfonds (ab 2000 Stiftung Kunstfonds zur Förderung der zeitgenössischen bildenden Kunst) unterstützt bildende Künstler, Galerien, Kunstvereine, Museen, freie Kuratoren und Verlage durch Arbeitsstipendien, Publikationen und Projektstipendien für Ausstellungen (Künstlergruppen können bis 50 %, Ausstellungshäuser bis 75 % der Projektkosten beantragen). Für 2018 vergab das 16-köpfige Kuratorium bisher Fördergelder in Höhe von 800.000 EUR (Stiftung Kunstfonds zur Förderung der zeitgenössischen bildenden Kunst 2018).

  • 1987 wurde der Fonds Darstellende Künste zur Förderung von Theater, Oper usw. errichtet. Er hat in 30 Jahren bislang rund 16 Mio. EUR für rund 3000 Einzelprojekte und Projektkonzeptionen vergeben. Förderentscheidungen trifft das Kuratorium aus 15 Fachleuten; Zuwendungsgeber ist die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien (Fonds Darstellende Künste e. V. 2018b). 2017 wurden 451 Anträge eingesandt und 82 Projekte mit 741.420 EUR gefördert – die Erfolgsquote liegt demnach bei ca. 18 % (vgl. Fonds Darstellende Künste e. V. 2018a).

  • Ebenfalls seit 1987 unterstützt der Fonds Soziokultur e. V. vielfältige, „innovative, modellhafte“ Projektvorhaben vorrangig freier Träger der Kulturarbeit und kulturellen Bildung abseits des herkömmlichen Kulturbetriebs in vier Förderschwerpunkten: Innovations-, Impuls-, Struktur- und Kooperationsförderung. Heute stehen jährlich bis zu 1,1 Mio. EUR vom Bund zur Verfügung. Erfolgreiche Projektanträge erhalten Förderungen zwischen 3000 und 26.000 EUR zwischen 1987 und 2016 konnten insgesamt 2101 Projekte durch den Fonds gefördert werden (Fonds Soziokultur 2017, S. 18)

Für alle Spartenfonds gelten relativ geringe Förderquoten und schlechte Aussichten für Antragsteller. Ein weiteres Problem für Antragsteller sind die z. T. langen Zeitabschnitte zwischen Mittelbewilligung und -freistellung aufgrund der Personalknappheit bei den Fonds, da dies selbst bei erfolgreichen Anträgen zu Finanzierungsproblemen im Projektverlauf führen kann.

2.2.3 Hauptstadtkulturfonds

Der 1999 auf Grundlage des Hauptstadtkulturvertrags eingerichtete Hauptstadtkulturfonds (HKF) ist Thema des folgenden Abschnitts.

Er fördert „Einzelprojekte und Veranstaltungen […], die für die Bundeshauptstadt Berlin bedeutsam sind, nationale und internationale Ausstrahlung haben bzw. besonders innovativ sind“ (HKF 2018c) in allen künstlerischen Sparten (außer Buchprojekte). Sie müssen für Berlin erarbeitet und in Berlin präsentiert werden, aber für ein Publikum oder wenigstens eine Fachöffentlichkeit außerhalb der Hauptstadt relevant sein. Kooperationen und zusätzliche Eigen- und Drittmittel sind erwünscht. Ausgeschlossen sind kommerziell und im Rahmen vorhandener Institutionen realisierbare sowie anderweitig durch Bundesmittel geförderte Unternehmungen. Für den Antrag müssen ein Antragsformular ausgefüllt, eine kurze und eine ausführliche Projektbeschreibung und die Biografie des Antragsstellers angefügt sowie ausgewählte bisherige Projekte dargestellt werden.

Entscheidend ist die inhaltliche und künstlerische Qualität der Projekte, die eine Jury beurteilt, deren Mitglieder „mit dem kulturellen Leben Berlins vertraut und aufgrund beruflicher Qualifikation auch in der Lage [sein sollen], die Voraussetzungen und Ergebnisse kultureller Veranstaltungen zutreffend einzuschätzen“. Deren Berufung, die letztendliche Entscheidung über die Mittelvergabe sowie die grundsätzliche Förderpolitik ist Sache des Gemeinsamen Ausschusses (GA) aus je zwei Vertretern von Bund und Land Berlin.

Abweichend von der grundsätzlich einjährigen Förderung werden z. T. „kulturpolitisch besonders bedeutsame“ Projekte bis zu vier Jahre gefördert wie bspw. das internationale Tanzfestival „Tanz im August“ für 2018 mit 850.000 EUR und ab 2019 mit 750.000 EUR (vgl. HFK 2018b). Tab. 2.5 schlüsselt für die einzelnen Sparten der 2018 geförderten Projekte auf und setzt sie mit allen Projekten und der gesamten Fördersumme ins Verhältnis (HKF 2019). Deutlich wird, dass die Sparte Darstellende Kunst mit 57 geförderten Projekten und rund 36 % der gesamten Fördersumme den größten Förderbereich ausmacht. Zu berücksichtigen ist, dass die Zuordnung der Projekte zu den einzelnen Sparten auf Basis einer Selbsteinordnung im Rahmen des Antragsformulars erfolgt.

Tab. 2.5 Förderung des HKF 2018

2.3 Kulturförderung durch die Länder

Die finanzielle Kulturförderung der Länder ist mit 4,2 Mrd. EUR bzw. 47,3 % der gesamten deutschen öffentlichen Kulturförderung weitaus gewichtiger als die des Bundes (SÄBL 2018, S. 24). Im Folgenden werden zunächst die rechtlichen Grundlagen kurz skizziert. Da nicht ausreichend Raum ist, die Kulturförderpolitik aller 16 Bundesländer zu erörtern, schließen sich beispielhafte Abschnitte zu der Kulturförderung in den Flächenländern Sachsen und Brandenburg sowie dem Stadtstaat Berlin an. Die neuen Bundesländer wurden hier bevorzugt, da sie aufgrund ihres DDR-Erbes einen Sonderfall darstellen: Sie sind entsprechend Art. 35 Einigungsvertrag verpflichtet, ihre kulturelle Substanz zu erhalten und haben die Herausforderung großen Angebots bei knapper Kasse auf maßgebliche Art gelöst (Wagner 2009b). Sachsen hat dabei eine Vorreiterrolle in der Kulturpolitikorganisation eingenommen, indem es von Land und Kommunen gemeinsam geförderte „Kulturräume“ schuf (s. u.).

Des Weiteren beschränkt sich die Darstellung hier auf Förderung durch das Land – Kulturförderung findet in den Flächenländern aber auch in hohem Maße durch die Kommunen in den Landkreisen, Kleinstädten, ländlichen Räumen und Metropolen statt (vgl. Abschn. 2.4.).

2.3.1 Grundlagen

Die Kulturförderung durch die Länder steht auf bundes- und landesrechtlichen Fundamenten (Deutscher Bundestag 2007, S. 54–56, 65–67; Wagner 2009a). Im Bundesrecht verankert sind der Kulturauftrag bzw. die Kulturhoheit der Länder. Sie leitet sich ab aus deren umfassender Zuständigkeit für Gesetzgebung, Ausübung und Erfüllung der staatlichen Aufgaben (Artikel 30 und 70 GG). Neben diesem Subsidiaritätsgrundsatz ist das Verhältnis zum Bund außerdem geregelt durch Art. 91b GG (Zusammenwirken von Bund und Ländern in Fragen der Bildung) und Art. 104b GG (Finanzhilfen des Bundes). Das Prinzip Kulturföderalismus wird von den Ländern v. a. im Rahmen der Kultusministerkonferenz (KMK), in der sie kollektiv agieren, verfochten, um das wachsende Kulturengagement des Bundes einzugrenzen.

Auf Länderebene schreibt das jeweilige Landesverfassungsrecht in der Regel fest, dass Schutz, Pflege und Förderung von Kultur in den Bundesländern staatliche Aufgaben von Verfassungsrang sind, woraus sich eine grundsätzliche Verpflichtung der Länder und Kommunen ableiten ließe, eine „angemessene“ kulturelle Infrastruktur vorzuhalten. Dies ist allerdings sehr allgemein formuliert und somit Auslegungssache. Im Gegensatz dazu haben nur Sachsen und Sachsen-Anhalt konkrete Pflichten geregelt (Art. 11 Abs. 2 Landesverfassung Sachsen und Art. 36 Abs. 3 Landesverfassung Sachsen-Anhalt).

2.3.2 Kulturförderung der Flächenländer: Die Beispiele Sachsen und Brandenburg

Auf Länder- wie auf Bundesebene gibt es in der Regel Fachministerien für Kultur. Angesichts der Vielfalt der Ausgestaltungsformen sind in diesem Abschnitt nur exemplarische Aussagen möglich.

Sachsen mit einer der weltweit dichtesten Theater- und Orchesterlandschaften (14 Theater und 5 Orchester) sowie seinen knapp 400 Museen, 470 Bibliotheken, Schlössern, Parks usw. (Stand 2017; vgl. Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen 2017) hat, bezogen auf 4,1 Mio. Einwohner, eine besondere ‚Kulturdichte‘. Dafür gaben Kommunen und Freistaat in 2015 pro Einwohner 211,62 EUR aus (vgl. SÄBL 2018, S. 24). Gemäß Art. 11 Abs. 2 seiner Landesverfassung ist die Teilnahme an der Kultur in ihrer Vielfalt dem gesamten Volk zu ermöglichen. Das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst ist unter anderem für die institutionelle Förderung landesbedeutender, durch die „Allgemeine Kunst- und Kulturförderung“ etablierter Einrichtungen verantwortlich. Projektförderung gibt es von der Sächsischen Kulturstiftung. Eine der tragenden Säulen der Kulturfinanzierung ist neben Trägerschaft und Förderung das 1994 geschaffene und 2008 entfristete sowie novellierte Kulturraumgesetz (SächsKRG). Es teilte den Freistaat in heute acht Zweckverbände („Kulturräume“) mit gemeinsamer Zuständigkeit für Kultur, finanziert durch ein zweistufiges Solidarsystem: Zuwendungen von derzeit 94,7 Mio. Euro EUR pro Jahr (Summen für 2017 und 2018) vom Freistaat (vgl. SMWK 2018) und werden in den Räumen verteilt (interregionaler Lastenausgleich). Diese wiederum müssen mindestens einen Eigenanteil von 33 % hinzugeben. Eine Umlage garantiert die Beteiligung der lokalen Gemeinde (regionaler Lastenausgleich). Außerdem leisten die Sitzgemeinden der zu fördernden Institutionen ebenfalls einen Eigenbeitrag. Hervorzuheben ist auch § 2 Abs. 1 des SächsKRG, mit dem die Kulturpflege „eine Pflichtaufgabe der Gemeinden und Landkreise“ wird und der den landesverfassungsmäßigen Grundsatz also in eine kommunale Vorschrift umsetzt (vgl. SMWK 2018; Stange 2009; Wagner 2009b; Winterfeld 2009).

Im Land Brandenburg verpflichtet Art. 34 der Landesverfassung Land und Kommunen zur Kulturförderung. Es werden sowohl etablierte Einrichtungen wie das Staatstheater Cottbus und das Brandenburgische Landesmuseum für moderne Kunst als auch neue Initiativen und Institutionen unterstützt. Mit institutioneller Förderung, z. B. für das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt (Oder), und Projektförderung für alle Sparten ergänzt das Land kommunales Engagement. Die zuständige Kulturabteilung im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK) vergibt Förderpreise und Stipendien sowie Investitionsmittel. Außerdem gehören die sorbisch/wendische Minderheit und kulturelle Zusammenarbeit mit ost- und westeuropäischen Partnern, insb. mit Polen, zu ihren Verantwortlichkeiten (Cornel 2009, www.mwfk.brandenburg.de/).

2.3.3 Kulturförderung der Stadtstaaten: das Beispiel Berlin

Als Stadtstaat wie Hamburg und Bremen hält Berlin ein Kulturangebot vor, das in hohem Maße auch von Besuchern des umgebenden Flächenlandes genutzt, aber nicht von diesen steuerfinanziert wird, und damit besonders belastet wird. Außerdem besitzt Berlin auf Basis des o. g. Hauptstadtkulturvertrags einen Sonderstatus in Sachen Kulturförderung: Die aus den historischen Hauptstadtfunktionen und den Jahren der deutschen Teilung resultierende ‚Überausstattung‘ an kulturellen Institutionen soll – der neuen Hauptstadt der Bundesrepublik entsprechend – erhalten und besonders gefördert werden. Die Bundeskompetenz für die „Repräsentation des Gesamtstaates in der Hauptstadt“ sorgt zwar für die überregional ausstrahlenden Kulturinstitutionen, aber es gibt auch auf Landes- und Bezirksebene genug Förderbedarf (Wostrak 2009, https://www.berlin.de/sen/kultur/).

Gesetzliche Grundlagen für die Berliner Kulturförderung sind Art. 20 Abs. 2 der Landesverfassung („Das Land schützt und fördert das kulturelle Leben.“) sowie deren Art. 21 (Kunstfreiheit). Das Land Berlin fördert die Kulturlandschaft in der Hauptstadt mit einem Volumen von rund 400 Mio. EUR pro Jahr. Der größte Teil davon fließt in die institutionelle Förderung von über 70 Kulturbetrieben in den folgenden Bereichen:

  • Theater und Tanz (z. B. Volksbühne am Rosa-Luxemburg Platz, Maxim Gorki Theater, Schaubühne u. a.)

  • Orchester (z. B. Berliner Philharmoniker, ROC (Rundfunk-Orchester und Chöre GmbH), RIAS Kammerchor, den Orchestern der drei Opernhäuser u. a.)

  • Literaturhäuser (z. B. Literarisches Colloquium Berlin, Literaturhaus Berlin u. a.)

  • Museen und Einrichtungen Bildender Kunst (z. B. Berlinische Galerie, Deutsches Technik Museum, Staatliche Museen zu Berlin (inkl. Neue Nationalgalerie, Bode- Museum, Hamburger Bahnhof u. a.), Stiftung Preußischer Kulturbesitz u. a.)

  • Gedenkstätten und Erinnerungsorte (z. B. Stiftung Berliner Mauer, Haus der Wannsee-Konferenz, Stiftung Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen u. a.)

  • Bibliotheken und Archive (z. B. Zentral- und Landesbibliothek Berlin, Berliner Blindenhörbücherei, Landesarchiv Berlin)

  • Kinder- und Jugendtheater (z. B. Theater an der Parkaue)

  • Interdisziplinäre Einrichtungen (z. B. Babylon Berlin, Consense – Gesellschaft zur Förderung von Kultur mbH, Kulturprojekte Berlin, UFA Fabrik Berlin u. a.) sowie der

  • Stiftung Oper in Berlin (bestehend aus den drei Berliner Opernhäuser: Staatsoper Unter den Linden, Deutsche Oper und Komische Oper sowie dem Staatsballett und dem Bühnenservice)

Die vielseitige Förderung von Kultureinrichtungen führt in Berlin statistisch gesehen – auch zu überdurchschnittlichen Transferzahlungen in Relation zur Einwohnerzahl. Dies wird deutlich, wenn die Kulturausgaben einzelner Sparten auf die Einwohnerzahl aufgeteilt werden. Tab. 2.6 vergleicht die konsumtiven Transferzahlungen an Kultureinrichtungen pro Einwohner in Berlin und Hamburg nach ausgewählten Sparten (Senatsverwaltung für Finanzen 2018, S. 30). Im Bundesdurchschnitt liegen die Kulturausgaben je Einwohner wie oben bereits erwähnt insgesamt bei 126,77 EUR (SÄBL 2018, S. 19).

Tab. 2.6 Vergleich der Transferzahlungen an Kultureinrichtungen pro Einwohner in EUR

Auch wenn die Auswahl der hier gezeigten Sparten den Schluss nahelegt, dass die Kulturausgaben in Berlin pro Einwohner höher sind als in Hamburg, so muss diesem Eindruck entgegengehalten werden, dass – zumindest im Jahr 2015 – die Kulturausgaben pro Einwohner in Hamburg mit 196,11 EUR etwas über denen von Berlin (186,55) lagen (SÄBL 2018, S. 24).

Das Land Berlin ist nicht nur Träger von Kultureinrichtungen, sondern fördert auch Einzelprojekte. Rund 5 % der Berliner Kulturförderung – also circa 20 Mio. EUR – werden für Einzel- und Projektförderungen ausgegeben. (Senatsverwaltung für Kultur und Europa 2018; Senatsverwaltung für Finanzen 2018).

Weitere für Kulturbetriebe relevante Ansprechpartner sind im Bereich kulturelle Bildung die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung und für Soziokultur u. ä. die Senatsverwaltungen Integration, Arbeit und Soziales sowie diejenige für Stadtentwicklung.

Das Land Berlin hat außerdem erkannt, dass öffentliche und private, auch profitorientierte Kultur i. w. S. sich ergänzen und in Zukunft stärker überschneiden. Daher fördert das Land auch die Kultur- und Kreativwirtschaft durch das von der Kultur und der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung ins Leben gerufene Projekt Zukunft bzw. die Initiative Kulturwirtschaft (SenWAF und SenWFK 2005; SenWTF et al. 2008; Projekt Zukunft 2018).

Nicht nur ist die Kreativwirtschaft aufgrund ihres hohen Risikos und ihrer kleinteiligen Struktur besonders auf Förderung angewiesen. In Berlin konzentriert sie sich außerdem: Der Buch- und Pressemarkt gehört mit 10.000 Publikationen jährlich zu den dichtesten Medienmärkten Deutschlands; rund 3000 Unternehmen sind im Berliner Kunstmarkt tätig, die Berliner Kunstszene schafft rund 7200 Jobs und der Jahresumsatz der Berliner Kunstindustrie wird auf 700 Mio. EUR beziffert (Projekt Zukunft 2018).

Für diese Branchen gibt es Finanzierungs- und Förderprogramme des Landes Berlin, z. T. unter Beteiligung des Bundes. Innerhalb der Branchen hat der Bereich der darstellenden Künste den höchsten Förderbedarf: fast ein Drittel der Finanzierung von kulturwirtschaftlichen Unternehmungen aus diesem Bereich stammt aus öffentlicher Förderung. Dem folgen die Bereiche Film und Rundfunk mit einem Förderanteil von jeweils 22 % sowie Unternehmen der Bildenden Kunst mit 15 % Förderbedarf. (IHK Berlin et al. 2016, S. 14) Angeboten wird die Förderung von bspw. der Senatsverwaltung für Kultur und Europa, Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb), Medienboard Berlin-Brandenburg GmbH, Medieninnovationszentrum Babelsberg (MIZ) und IBB Beteiligungsgesellschaft mbH. Das Projekt Zukunft ist eine landesweite Initiative der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung, die den Strukturwandel Berlins zur Informations- und Wissensgesellschaft fördern soll, und vor allem die Branchen IKT-, Medien- und Kreativwirtschaft stärkt (vgl. Senatsverwaltung für Wirtschaft; Technologie und Forschung 2018).

2.4 Kulturförderung durch die Kommunen

Die Kommunen sind mit 4,7 Mrd. EUR bzw. 44,9 % der gesamten öffentlichen Kulturförderung die wichtigsten Kulturförderer (vgl. SÄBL 2018, S. 26). Im Folgenden werden die rechtlichen Grundlagen, die in den Gemeinden Zuständigen und Ansprechpartner für Kulturbetriebe sowie beispielhaft die Kulturförderung in Freiburg im Breisgau vorgestellt.

2.4.1 Grundlagen

Kulturpolitik in Deutschland ist in erster Linie Kommunalpolitik (Deutscher Bundestag 2007, S. 56, 65 ff., 87–90). Die kommunale Kulturhoheit wird auf Bundesebene durch Art. 28 Abs. 2 GG (kommunale Selbstverwaltung) garantiert, sodass die Gemeinden für ihre autonomen lokalen Aufgaben, zu denen die Kultur gehört, selbst Recht setzen können.

Die Kommunalgesetze der Länder weichen zwar voneinander ab, zählen aber generell die kommunale Kultur zum eigenen Wirkungskreis. Dabei werden pflichtige und freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben unterschieden: Erstere werden – wie echte Pflichtaufgaben (z. B. Kindergärten und Schulen, Verkehr und Bau) – durch gesetzliche Vorschriften festgeschrieben, sind für Kultur allerdings selten; bei Letzteren entscheiden die Gemeinden selbst, ob, in welcher Form und in welchem Umfang sie eine Aufgabe übernehmen. Die regelmäßige Freiwilligkeit kultureller Aufgaben ist seit Jahrzehnten ein kulturpolitischer Streitpunkt. Ausnahmsweise explizit als Pflichtaufgabe der Gemeinden und Landkreise geregelt ist Kulturpflege im Sächsischen Kulturraumgesetz (vgl. Abschn. 2.3.2).

Aus den Gemeindeordnungen lässt sich kein Bestandsschutz, wohl aber eine generelle Verpflichtung zur Vorhaltung öffentlicher Institutionen für das kommunale Wohl, die kulturellen Belange der Einwohner, die kulturelle Daseinsvorsorge ableiten. Jedoch gilt: Wie diese definiert und auf welche Weise sie erreicht wird (durch Förderung privater Anbieter oder Verwaltung durch das Kulturamt), unterliegt grundsätzlich dem Ermessen der Kommune.

Zur o. g. Selbstverwaltungsgarantie gehört auch die in den Gemeinde- und Kreisordnungen festgeschriebene Befugnis der Kommunen und Kreise, Satzungen zu erlassen (Satzungsautonomie) – hinsichtlich Kultureinrichtungen betrifft dies die Regelungen zu deren Auftrag, Programm und Ausgestaltung, Gebührenregeln, die Benutzungsordnung sowie Förderrichtlinien. Allgemeine Satzungen wie Haupt- und Haushaltssatzung enthalten ebenfalls verbindliche Festlegungen, die die Kultur betreffen, z. B. das Kulturbudget.

2.4.2 Kommunale Kulturpolitik und -förderung

Da die Förderformen den allgemeinen, in Abschn. 2.1.2 vorgestellten Kategorien entsprechen, werden in diesem Abschnitt nur die Akteure kommunaler Kulturpolitik und die Ansprechpartner für Kulturförderung Suchende kurz vorgestellt (Glaser 1998; Heinrichs 1999; Klein 2011a, S. 95 ff.; LKD et al. 2003, S. 13, 28 ff.; Teske und Fellner 2003, S. 971).

Innerhalb der unterschiedlichen Strukturen kommunaler Kulturpolitik und -verwaltung gilt es grundsätzlich zwei Gruppen von Akteuren zu unterscheiden. Einerseits ist der Gemeinderat bzw. die Stadtverordnetenversammlung als politische Bürgervertretung kommunales Führungsorgan und somit zuständig für die Grundsätze der Kulturverwaltung. Auf diese Seite gehört auch der aus Gemeinderatsmitgliedern gebildete Kulturausschuss. Auf der anderen Seite steht die Exekutive: Der Kulturdezernent (z. T. auch Kulturbürgermeister oder Kulturreferent) ist politisch für die ihm unterstehenden Ämter (in der Regel das Kulturamt und kulturelle Einrichtungen) zuständig; der Kulturamtsleiter (z. T. auch Kulturreferent) führt die Kulturverwaltung und setzt mit ihrer Hilfe die Entscheidungen der Legislative um.

Sucht eine Kulturinstitution oder -initiative nun kommunale Unterstützung, gibt es folgende mögliche Ansprechpartner beim Kulturamt: entweder eine eigenständige Haushaltsstelle für die jeweilige Sparte (meist nur in Großstädten) oder sog. kommunale ‚Feuerwehrfonds‘, die für die Projektförderung aller Sparten zuständig sind. Dazu kommen Verfügungsfonds für Kulturveranstaltungen und die Vereinsförderung (für freie Kulturträger relevant). Städte haben in der Regel Etats für Kunstankauf (ggf. mit Konzept oder Jury) und einige darüber hinaus auch für Kunst im öffentlichen Raum. Das Kulturamt selbst kann für Großprojekte eine neue Haushaltsstelle einrichten, wenn ihm die Relevanz überzeugend und langfristig vorab vermittelt werden kann und damit Einsparungen verbunden sind oder aber der Gemeinderat eine Budgeterhöhung beschließt.

Auch können Mittel der kommunalen Kulturinstitutionen für Projekte, PR o. ä. genutzt werden, wenn man deren Leitern Kooperationen plausibel machen kann. Kommunen haben auch Etats für Städtepartnerschaften bzw. „Maßnahmen der Völkerverständigung“, die für Kulturaustauschprojekte relevant sein können und ggf. bei einem anderen kommunalen Amt (Öffentlichkeitsarbeit, Schule o. ä.) beantragt werden müssen. Etats für Stadtfeste können ggf. über das Tourismusbüro bzw. Stadtmarketing mitgenutzt werden. Weitere Etats bzw. städtische Ämter, die Kulturprojekten Kofinanzierung geben könnten, sind je nach Projekt die Ämter für Kinder und Jugend, Soziales, Wirtschaftsförderung, Stadtentwicklung und Gleichstellung bzw. Frauenförderung.

Natürlich bieten sich auch andere Möglichkeiten städtischer Unterstützung an, die selbst nicht finanzieller, sondern sachlicher Natur sind, aber zugleich Opportunitätskosten sparen und somit Finanzmittel an anderer Stelle freisetzen: die kostenlose oder vergünstigte Überlassung von kommunalen Räumen, die Nutzung des städtischen Fuhrparks, Außenwerbeflächen, der Druckerei oder des Technikpools, der Kulturwerbung der Stadt (wenigstens deren Sonderkonditionen) oder zumindest Beratung und Informationen.

Praxisbeispiel Kulturförderung in Freiburg im Breisgau

Die Stadt Freiburg im Breisgau hat rund 230.000 Einwohner und verfügt über ein vielseitiges Kulturangebot; so u. a. über ein städtisches Theater, ein Konzerthaus, zahlreiche Museen oder das SWR-Sinfonieorchester.

Als Tourismusdestination verzeichnete die Stadt für das Jahr 2016 über 761.000 Gäste bzw. rund 1,44 Mio. Übernachtungen, sodass die Kulturangebote in der Stadt nicht nur von der Bevölkerung, sondern auch von Kulturtouristen nachgefragt werden.

Die städtischen Museen verzeichneten im Jahr 2016 rund 312.000 Besuche(r) und das Theater Freiburg kam mit rund 110.000 Besuche(r)n im Jahr 2016 im großen Haus auf eine Auslastung von 73,4 %. Das Konzerthaus Freiburg erreichte 2016 insgesamt 278 Belegungstagen und rund 201.000 Besucher, wo denen rund 125.000 Konzerte und sonstige kulturelle Veranstaltungen besuchten. Die Volkshochschule wiederum registrierte in diesem Zeitraum über 23.000 Kursteilnehmer.

Für die Kulturarbeit ist von kommunaler Seite aus das Dezernat III bzw. das Kulturamt der Stadt verantwortlich. Im Rahmen eines Kulturentwicklungsprogrammes wurde als Zielsetzung festgelegt, die für Freiburg besondere musikalische Vielfalt und Qualität der Musiker zu fördern, die Bewahrung und Vermittlung des kulturellen Erbes, die kulturelle Bildung der Bevölkerung sowie die Bewahrung und Stärkung der kulturellen Vielfalt bzw. Förderung kultureller Identitätsbildung der Einwohner.

Die Stadt Freiburg hat in ihrem Haushalt für 2019 rund 21 Mio. EUR für das Kultur- und Bibliothekswesen festgelegt. Davon gehen 8,5 Mio. EUR an die kommunalen Museen. Nicht berücksichtigt sind hier das Theater Freiburg, das als Eigenbetrieb geführt wird und für das weitere rund 17 Mio. EUR veranschlagt werden.

Zahlreiche Freiburger Kultureinrichtungen erhalten durch die Stadt eine institutionelle Förderung, die durch den Gemeinderat für den jeweiligen Doppelhaushalt der Stadt beschlossen werden. Empfänger einer regelmäßigen Förderung sind somit beispielsweise der Kunstverein Freiburg e. V., das Kommunale Kino e. V., verschiedene internationale Kulturinstitute (z. B. Carl Schurz Haus, Centre Culturel Francais), das Jugendbildungswerk e. V., die Breisgauer Narrenzunft e. V., die Israelische Gemeinde Freiburg, der Schwarzwaldverein e. V., das Literaturhaus, das Ensemble Recherche, das Zelt-Musik-Festival GmbH, das E-Werk Freiburg e. V. oder das Cargo Theater und viele mehr.

Neben der institutionellen Förderung werden zudem jährlich rund 170 Projekte durch die Projektförderung unterstützt. Diese unterteilt sich in folgende elf Förderbereiche:

  1. 1.

    Bildende Kunst

  2. 2.

    Erinnerungs- und Gedenkkultur

  3. 3.

    Film

  4. 4.

    Freie Theater und Tanz

  5. 5.

    Historische Bildungsarbeit

  6. 6.

    Interkulturelle Kunst und Kultur

  7. 7.

    Internationale grenzüberschreitende Projekte

  8. 8.

    Kulturelle Bildung

  9. 9.

    Literatur

  10. 10.

    Musik

  11. 11.

    Stadtteilkultur

Neben der Förderung von Institutionen und Projekten beteiligt sich das Kulturamt zudem durch die Organisation eigener Kulturveranstaltungen an der Gestaltung des Kulturangebots der Stadt. Zu den Veranstaltungen zählen beispielsweise die Deutsch-Französischen Kulturgespräche, das Kindermusikfestival klong, das Lirum Larum Lesefest sowie die zweijährige Vergabe des Reinhold-Schneider-Preis für herausragende künstlerische bzw. kulturelle Arbeit, der mit 15.000 EUR als Ehrengabe bzw. einem Stipendium von 6000 EUR dotiert ist (Stadt Freiburg 2017, 2018a, 2018b, 2018c; FWTM 2017).

2.5 Europäische Kulturförderung

Kulturbetriebe und -initiativen können steuerfinanzierte öffentliche Förderung nicht nur von den nationalen Staatsebenen, sondern auch von der Europäischen Union (EU) in Anspruch nehmen. Dabei ist ein „EU-Anteil“ an der öffentlichen Förderung deutscher Kulturbetriebe nicht bezifferbar, da unterschiedlichste ‚Fördertöpfe‘ relevant sind. Deshalb führt dieses Kapitel kurz in rechtliche Grundlagen der EU-Kulturförderung, die relevantesten Fördermaßnahmen sowie in das aktuelle Programm „Kultur 2014–2020“ ein.

2.5.1 Grundlagen

Rechtsgrundlagen für EU-Aktivitäten sind im Vertrag über die Europäische Union (EUV) und im europäischen Einigungsvertrag (EGV) enthalten. Letzterer wurde, nach vollständiger Ratifikation des Vertrags von Lissabon, am 01.12.2009 durch den „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ (AEUV) ersetzt (Becker 2003; Bornemann 2007, S. 364 f.; Deutscher Bundestag 2007, S. 52–59; Lieb und Maurer 2009; Teske und Fellner 2003, S. 968 ff.).

Grundsätzlich gilt für die europäische Ebene das Subsidiaritätsprinzip (Art. 5 EUV): Die EU darf lediglich ergänzend tätig werden, die Tätigkeit der Mitgliedsstaaten unterstützen. Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit schreibt vor, dass Maßnahmen „geeignet“, „erforderlich“ und „angemessen“ sein müssen.

Die rechtlichen Regelungen, mit der eine gemeinschaftliche subsidiäre Kulturförderung seitens der EU legitimiert wird, sind enthalten in:

  • Art. 6 AEUV erlaubt der EU „Unterstützungs-, Koordinierungs- und Ergänzungsmaßnahmen“ mit europäischer Zielsetzung in den Bereichen Kultur, Tourismus, Bildung, Jugend und Sport in einer dritten Kompetenzkategorie neben den Bereichen „ausschließlicher“ Zuständigkeit (z. B. Währungspolitik) und „geteilter“ Zuständigkeit (z. B. Sozialpolitik).

  • Art. 107 AEUV gestattet Beihilfen zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes.

  • Art. 167 AEUV in Titel XIII – Kultur verweist in Abs. 2 auf die Förderung der „Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten“ und die „ergänzende“ Unterstützung „erforderlichenfalls“ in den Bereichen

    • Verbesserung der Kenntnis und Verbreitung der Kultur und Geschichte der europäischen Völker,

    • Erhaltung und Schutz des kulturellen Erbes von europäischer Bedeutung, nichtkommerzieller Kulturaustausch sowie

    • künstlerisches und literarisches Schaffen, einschließlich im audiovisuellen Bereich.

Die „Kulturverträglichkeitsklausel“ in Abs. 4 verpflichtet die EU, Kultur in ihrer gesamten Tätigkeit, d. h. die Auswirkungen aller Verordnungen auf den kulturellen Sektor, zu berücksichtigen.

Kultur ist in Europa Querschnittsaufgabe. 1999 wurde außerdem die Generaldirektion „Bildung und Kultur“ als Verwaltungseinheit der Europäischen Kommission geschaffen, um Europa als Kulturraum zu vermitteln. Verstärkt wird die Kultur zudem durch die Charta der Grundrechte der EU, die durch Art. 6 EUV Rechtsverbindlichkeit erhält. Sie schreibt in Art. 22 fest, dass die EU die „Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen“ zu achten hat. Der Art. 13 gewährleistet die Freiheit der Kunst.

Obwohl der Haushaltsanteil für das Kulturprogramm regelmäßig erhöht wurde, beträgt er immer noch nur einen Bruchteil des gesamten EU-Haushalts: Für die siebenjährige Förderphase zwischen 2014 und 2020 werden für das Kulturprogramm insgesamt rund 450 Mio. EUR ausgeschüttet, also durchschnittlich rund 64,3 Mio. EUR pro Jahr. Der EU-Haushalt für das Jahr 2015 betrug jedoch allein 145 Mrd. EUR. Damit wird das Förderbudget dem oben garantierten hohen Anspruch kaum gerecht. Die Hauptförderer von Kultur sind also weiterhin die Mitgliedstaaten selbst, die die Kulturpolitik auch in ihrem Verantwortungsbereich behalten haben.

Angesichts der geringen finanziellen Aussichten und des hohen bürokratischen Aufwands ist Kulturprojekten anzuraten, neben dem genuinen Kulturförderprogramm auch andere Ressorts (z. B. Jugend oder Bildung) und Fördertöpfe der EU zu prüfen (v. a. Strukturfonds). Aussichtsreich sind Projektanträge aus den Bereichen Qualifizierung und Beschäftigungsförderung (kulturelle Bildung), Städte- und Regionalförderung (Kulturtourismus und -wirtschaft) oder Integrationsmaßnahmen.

2.5.2 Das Förderprogramm KREATIVES EUROPA 2014–2020

Die Europäische Kommission unterstützt die Kultur- und Kreativwirtschaft mit verschiedenen Förderprogrammen, die unter dem Dachnamen Kreatives Europa zusammengefasst sind. Es handelt sich dabei um die inzwischen dritte Förderperiode, die zwischen 2014 und 2020 insgesamt 1,46 Mrd. EUR ausschütten soll. Von dem Fördervolumen gehen mindestens 31 % an Kulturprojekte (rund 450 Mio. EUR). Mit 56 % geht der größte Teil in die Förderung von Medienprojekten. Der Rest wird spartenübergreifend ausgeschüttet (CEDK 2018c).

Mit dem Förderprogramm Kreatives Europa sollen folgende Ziele erreicht werden:

  • „Erhaltung und Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt

  • Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Kultur- und Kreativsektoren

  • Transnationales und internationales Arbeiten innerhalb der europäischen Kultur- und Kreativsektoren stärken

  • Grenzüberschreitende Mobilität von Kulturschaffenden und Kreativen sowie ihrer Werke

  • Erschließung neuer Publikumsschichten (engl. „audience development“)

  • Verbesserung des Zugangs zu Kultur

  • Stärkung der Finanzkraft von kleinen, mittleren und Kleinstunternehmen/-organisationen

  • Gezielte europäische politische Zusammenarbeit im Kultur- und Kreativbereich“ (CEDK 2018a).

Das Teilprogramm KULTUR lässt sich in sieben Förderbereiche unterteilen, die nachfolgend kurz vorgestellt werden sollen (vgl. CEDK 2017, S. 7 ff):

  1. 1.

    Europäische Kooperationsprojekte

Der größte Bereich der Kulturförderung umfasst die Unterstützung europäischer Kooperationsprojekte für die 318 Mio. EUR und damit 70 % des Gesamtbudgets für Kulturförderung in der siebenjährigen Förderperiode ausgeschüttet werden. Bewerben können sich private sowie öffentliche Einrichtungen bzw. Organisationen des Kultur- und Kreativsektors mit Sitz in einem der teilnahmeberechtigten Länder. Mit dem Förderprogramm sollen transnationale Kooperationen unterstützt werden, die die Kompetenz des internationalen Agierens und der transnationalen Mobilität von Kulturschaffenden erweitern. Darüber hinaus sollen mit den geförderten Projekten auch innovative Ansätze der Publikumsentwicklung, der Integration digitaler Technologien sowie neue Geschäfts- und Managementmodelle erprobt werden. Bei den jährlichen Bewerbungsfristen können einerseits kleinere Projekte (mindestens 3 Kultureinrichtungen aus 3 teilnahmeberechtigten Ländern) einen Zuschuss von bis zu 200.000 EUR bzw. bis maximal 60 % des förderfähigen Projektbudgets beantragen. Andererseits können sich auch größere Kooperationsprojekte (mindestens 6 Kultureinrichtungen aus 6 teilnahmeberechtigten Ländern) um eine Fördersumme bis zu 2 Mio. EUR bzw. bis zu 50 % des förderfähigen Projektbudgets bewerben. Die eingereichten Anträge werden nach einem mehrstufigen Verfahren bewertet. Neben der finanziellen und operationellen Leistungsfähigkeit werden folgende Kriterien überprüft:

  • Relevanz (30 %): Beitrag des Projektes zur Erfüllung der Zielsetzung des Programms

  • Qualität der Inhalte und Aktivitäten (30 %): Qualität der Planung, Beitrag der Aktivitäten zu den Projektzielen

  • Kommunikation und Verbreitung (20 %): Externe Kommunikationsmaßnahmen, Verbreitung der Projektaktivitäten und -ergebnisse

  • Qualität der Partnerschaft (20 %): Art der Zusammenarbeit, Arbeitsstrukturen innerhalb der Kooperationspartner. (CEDK 2018d)

Gefördert wurde beispielsweise 2018 das Theaterlabor Bielefeld mit dem Projekt Café Europa, einem viertägigen Theaterfestival mit Teilnehmern aus Deutschland, Polen, Frankreich, Irland, der Ukraine und Schottland (Fördersumme 200.000 EUR). (EACEA 2017a; Theaterlabor 2018).

Ein weiteres Kooperationsprojekt ist die Initiative „Smart Places“, die von den Kulturbetrieben Dortmund koordiniert wird. Das Projekt will (digitale) Strategien und Konzepte entwickeln, um sich von der passiven Besuchererfahrung zu lösen und stattdessen Publika von Kulturbetrieben durch neue digitale Räume verbinden mit dem Ziel „to become an innovative European Cultural Site Network, that is: dialogic, linked, interactive, educational, integrated, accessible, audience engaging and involving“ (Smart Places 2018).

  1. 2.

    Europäische Netzwerke

Im Vergleich zu den Kooperationsprojekten haben die Europäischen Netzwerke einen geringeren Stellenwert und werden nur mit 6 % des Gesamtbudgets gefördert. Dieser Förderbereich unterstützt den Aufbau von Zusammenschlüssen von Organisationen, die als europäischer Dachverband für einen bestimmten Kultur- und Kreativsektor fungieren.

Bewerben konnten sich Netzwerke mit mindestens 15 Mitgliederorganisationen aus mindestens zehn verschiedenen Teilnehmerländern. Da die Förderung jeweils für einen mehrjährigen Zeitraum ausgeschrieben wird, war die letzte Frist für eine Antragstellung bereits 2016.

Zu den ausgewählten Netzwerk-Vorhaben zählt u. a. der European Music Council e. V. – eine Interessensvertretung von 75 Mitgliedern aus 29 Ländern mit Sitz in Bonn, die sich den Fragen des Musik-Sektors widmet. Das Projekt „Network of European Music Organisations“ wurde mit 250.000 EUR gefördert (EACEA 2017c; EMC 2018).

  1. 3.

    Europäische Plattformen

Für Europäische Plattformen stehen in der siebenjährigen Förderphase ebenfalls 6 % des Gesamtbudgets zur Verfügung. Unterstützt werden „Kultur- und Kreativorganisationen, die die Entwicklung junger Talente und transnationaler Mobilität von Kultur- und Kreativakteuren sowie die Verbreitung von Werken fördern“ (vgl. CDEK 2017, S. 11). Die Plattformen bestehen aus einer Koordinierungsstelle und mindestens zehn europäischen Kultureinrichtungen, die zur Sichtbarkeit junger Talente beitragen sollen und somit eine Kommunikations- und Markenstrategie umsetzen sollen. Die letzte Antragsfrist für diese Plattform war im Frühjahr 2017.

Zu den geförderten Initiativen zählt beispielsweise die European Media Art Platform der Werkleitz Gesellschaft – Verein zur Förderung und Realisierung von Film-, Kunst- und Medienprojekten (Fördervolumen 423.000,00 EUR) (EACEA 2017b).

  1. 4.

    Literaturübersetzungen

Ein weiterer Förderbereich richtet sich an Verleger und Verlage: Mit 7 % des Gesamtbudgets werden Übersetzungen von europäischen Autoren in die Amtssprachen der teilnehmenden Programmländer ermöglicht. In zwei Kategorien konnten sich Antragssteller um bis zu 100.000,00 EUR für die Übersetzung mehrerer Werke bewerben. Die letzte Antragsfrist war jedoch im Frühjahr 2017. Gefördert wurde beispielsweise der Verlag Voland & Quist GmbH mit rund 30.000,00 EUR für das Projekt „‚Einander kennenlernen, einander besser verstehen‘ – Bücher, die das Verständnis für die ost-, mittelost- und südosteuropäischen Nachbarn im deutschen Sprachraum fördern, indem sie die dortigen Gesellschaften porträtieren und ihre Geschichten auf Deutsch erzählen“ (EACEA 2018).

  1. 5.

    Kulturhauptstadt Europas

Ein weiterer Förderbereich ist die Initiative Kulturhauptstadt Europas, die seit 1985 jährlich die kulturelle Vielfalt europäischer Metropolen aufzeigt. Jedes Jahr wird in zwei EU-Mitgliedsländern jeweils eine Kulturhauptstadt ausgewählt, die eine Förderung im Umfang von 1,5 Mio. EUR erhält. Deutschland hatte inzwischen drei Kulturhauptstädte: Berlin (1988), Weimar (1999) und Essen bzw. das Ruhrgebiet (2010). Die nächste Kulturhauptstadt wird Deutschland 2025 (zusammen mit Slowenien) stellen. Beworben haben sich: Chemnitz, Dresden, Gera, Hannover, Hildesheim, Magdeburg, Nürnberg und Zittau.

  1. 6.

    Europäisches Kulturerbe-Siegel

Mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel werden Stätten ausgezeichnet, die eine Schüsselrolle für die Geschichte und Werte Europas einnehmen. Das Siegel dient der Aufklärung des gemeinsamen europäischen Kulturerbes und soll auch zu einer Steigerung des Kulturtourismus beitragen. Die Benennung erfolgt in Deutschland über die Bundesländer bzw. die Kultusministerkonferenz. Ausgezeichnet wurden mit dem Siegel in Deutschland das Hambacher Schloss, neun Stätten des musikalischen Erbes seit dem 13. Jahrhundert in Leipzig sowie zwei Stätten des Westfälischen Friedens (Historisches Rathaus Münster sowie Rathaus Osnabrück).

  1. 7.

    Kulturpreise der EU

Abschließend sind als siebter Förderbereich verschiedene Kulturpreise zu nennen, die qualitativ hochwertige und erfolgreiche europäische Aktivitäten aus der Kultur auszeichnen. Hierzu zählen beispielsweise der Europäische Preis für Kulturerbe (Europa Nostra Award), der europäische Preis für zeitgenössische Architektur, der europäische Preis für zeitgenössische Literatur sowie der europäische Preis für Popmusik (European Border Breakers Award).

Ausblick: Kulturförderung ab 2021

Das aktuelle Kulturförderprogramm läuft 2020 aus und wie oben gezeigt wurde, sind die letzten Antragsfristen in einigen Förderbereichen bereits abgelaufen. Ab 2021 wird sich daher eine weitere Förderphase mit einem neuen, ebenfalls siebenjährigen Programm anschließen. Der Vorschlag für eine Verordnung über das Programm Kreatives Europa 2021–2027 wurde am 30.05.2018 von der Europäischen Kommission in Brüssel veröffentlich (Europäische Kommission 2018). Darin wird insgesamt ein positives Fazit zu den vorangegangenen Förderprogrammen gezogen und damit die Aufstockung des Budgets für die zukünftige Förderperiode begründet: Vorgesehen ist ein Gesamtbudget von 1,85 Mrd. EUR für alle Förderereiche.

Als besondere Aufgabe wird u. a. für das Folgeprogramm die Digitalisierung betont. Auch das neue Programm Kreatives Europa 2021–2027 soll wieder in die Teilbereiche Kultur und Medien unterteilt werden. Weiterhin werden transnationale Partnerschaften, Netzwerke und Plattformen gefördert. Auch die Förderinitiativen Kulturhauptstadt Europas und Europäisches Kulturerbe-Siegel bleiben bestehen und sollen ausgebaut werden.

Insgesamt soll u. a. die zukünftige Förderung flexibler gestaltet werden, kleineren Akteuren soll der Zugang zu der Förderung erleichtert werden, die Leitlinien sollen klarer gefasst werden und neben der systematischen Verwendung elektronischer Berichte soll auch die Berichterstattung vereinfacht werden.