Zusammenfassung
Für das Entstehen und Wachsen einer Bewegung auf politischem Gebiet ist die Illusion einer Gefahr unter Umständen ebensosehr Anlaß wie die Gefahr selber. Die Vorstellung, angegriffen zu werden, genügt, um den Krieg vorzubereiten und zu entfesseln. Die Struktur Italiens war für den bolschewistischen Staat nach russischem Vorbild vollkommen ungeeignet1). Nach dem Ausbrennen der Streiks Ende Oktober 1920 konnte man die Wiederkehr geordneter Zustände mit Sicherheit erwarten. Trotzdem glaubten damals — und noch heute — breite Schichten der agrarischen und städtischen Bourgeoisie an das Vorhandensein einer Gefahr, die in Wahrheit schon gebannt war. Eine Ahnung von der inneren Schwäche des italienischen Kommunismus hatten sie aus der „verfehlten Revolution“, wie sie in Italien oft genannt wird, zwar bekommen. Aber jene aufdämmernde Erkenntnis macht es psychologisch um so verständlicher, die Kräfte zu einem Gegenstoß zu sammeln.
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Notes
Mussolini selber scheint nicht ernsthaft an den italienischen Bolschewismus geglaubt zu haben. Seine Biographin Margherita Sarfatti, Dux, p. 201, Milano 1926, berichtet einen charakteristischen Ausruf Mussolinis: „Non viene, non viene il bolscevismo in Italia! Con tanto sole, in questo paese, non può venire!“ (Der Bolschewismus in Italien kommt nimmermehr! Bei soviel Sonne in diesem Lande kann er nicht kommen!)
Malatesta, Alberto: I Socialisti italiani durante la guerra, p. 25ss. Milano 1926.
Zur Politik Bissolatis vgl. Ferruccio Rubbiani: II Pensiero politico di Leonida Bissolati. Firenze 1921
Mondolfo, Rodolfo: Das Problem der Mittelklasse in seiner Bedeutung für den Sozialismus in Italien. Archiv für die Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung, Jg. 12, S. 3. 1926. — Zur wirtschaftlichen, politischen und geistigen Stellung der Mittelschicht in Italien vgl. aus neuerer Zeit: Zibordi, G.: Critica socialista del Fascismo. Biblioteca di studi sociali VII, p. 18 ss. Bologna 1922; Missiroli: l. c., p. 17 ss.; Salvatorelli, Luigi: Nazionalfascismo, p. 13 ss. Torino 1923; Avarna di Gualtieri, Carlo: Il Fascismo, p. 10 ss. Torino 1925. — Eine Reihe interessanter Analysen findet sich in der Rivoluzione liberale. Dort hat auch Salvatorelli seine These über das soziale Fundament des Fascismus vertreten.
Vgl. die statistischen Daten bei Serpieri: l. c., p. 48.
Sarfatti: l. c., p. 47 s.
Mannhardt, I. W.: Der Fascismus, S. 147, München 1925, erzählt, Mussolini habe seine Heimat verlassen müssen, weil er im Wahlkampfe eine Wahlurne zertrümmert habe. Das ist ein verbreiteter Irrtum. Wegen dieses Vergehens wurde sein Vater, Alessandro Mussolini, angeklagt, gerade als der Sohn sich nach der Schweiz begeben wollte. Sarfatti: l. c., p. 57.
Er soll damals die Worte haben drucken lassen: „Il confine d’Italia non finisce ad Ala“ (Die Grenze Italiens endigt nicht bei Ala), Sarf atti: l. c., p. 114.
Nach übereinstimmender Darstellung von Margherita Sarfatti: l. c., p. 134, und Antonio Beltramelli: l. c., p. 136, schloß Mussolini die Rede mit den Worten: „er wolle und liebe ein Italien, welches die Pflicht fühle und sich bemühe, aus der wirtschaftlichen und geistigen Misere das Volk zu erlösen“.
Gaetano Salvemini bemerkt in seiner Studie über Mazzini ganz richtig, daß vier Fünftel seiner Ideen von St. Simon stammten (Mazzini: p. 154-Firenze 1925). Dabei sei nicht verkannt, daß sich Mazzini durch seine Konzeption des Nationalstaates und seinen philanthropischen Idealismus deutlich gegen den Sozialismus abhebt. Auch darüber Salvemini: l. c., p. 163 ss.
Corradini, Enrico: Il Nazionalismo italiano, p. 34. Milano 1914.
In Frankreich hat Sorel aus seiner Sympathie für die Häupter der Action française nie ein Hehl gemacht. Max Ascoli (Georges Sorel, Paris 1921, p. 34) führt dies darauf zurück, daß die Nationalisten Bürger seien, „welche die Tatsache des Krieges akzeptieren, loyal, tragisch, ohne sie zu diskutieren“.
Mein Schrei ist ein furchtbares und faszinierendes Wort: Krieg! Diuturna p. 5. Die Diuturna sind eine von Vincenzo Morello herausgegebene Auswahl von Leitartikeln Mussolinis. Milano 1924.
Malatesta: l. c., p. 3g.
Prezzolini, Giuseppe: Le Fascisme (französische Ausgabe von Georges Bourgin), p. 32. Paris 1925.
Avarna di Gualtieri: l. c., p. 15 ss.
Die Stellen, die angeführt werden können, sind sehr zahlreich; vgl. z. B. Diuturna, p. 238. Dort heißt es: „Es gilt etwas zu bewahren in den alten westlichen Kulturen: das Individuum, die Freiheit des Individuums, die Freiheit des Geistes, welche … ebensowenig von den Diktatoren der russischen Kaserne in Staub getreten werden kann, wie sie von den Feldwebeln der preußischen Kaserne in Staub getreten wurde.“
Vgl. Sorel, Georges: Matériaux d’une théorie du prolétariat, p. 53. Paris 1921.
Rossoni, Edmondo: Le Idee della ricostruzione, Diseorsisul Sindacalismo fascista, p. 19. Firenze 1923.
Die Details gehören nicht hierhin. Eine ausführliche Darstellung findet sich bei Avarna di Gualtieri: l. c., p. 87 ss.
Marschak, Jakob: Der korporative und der hierarchische Gedanke im Fascismus (Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Bd. 52, S. 720).
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v. Beckerath, E. (1927). Geführte und Führer. In: Wesen und Werden des fascistischen Staates. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-99662-7_3
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