Zusammenfassung
Seit über 1000 Jahren herrschen in der Weltgeschichte zwei große Kräfte, die Kirche und der Staat, von denen die Kirche ihre Macht auf Idealismus und moralische Kraft gegründet hat, der Staat fast völlig von militärischer Macht abhängig ist. Zu Zeiten schienen diese beiden Kräfte eine Weile miteinander zu arbeiten und dann wurden sie Gegner. Heute sind sie von einander völlig getrennt, arbeiten auf verschiedenen Gebieten mit nur wenig gemeinsamem Grund und Boden, und jeder von den beiden Nebenbuhlern fordert für sich die Mitte der Weltbühne. Denn während des letzten Jahrhunderts ist in der Welt eine andere Kraft erschienen, die nur wenig Beziehungen zur Religion gefunden hat und sich für unsere Politik nur insoweit interessiert, als sie politische Kräfte ihren Zwecken dienstbar machen kann. Ich spreche von dem neuzeitlichen Geschäftssystem, das sich auf die unermeßlich angewachsene Produktionsfähigkeit des Menschengeschlechts gründet, wie sie durch den Fortschritt von Kunst und Wissenschaft sich entwickelt hat. Die rasche Ausbreitung dieser neuen Kraft hat unser ganzes wirtschaftliches Getriebe außer Eingriff gesetzt, und weil sie es unterließ, sich den sozialen Einschlag zu geben, der den beiden anderen Kräften gemeinsam innewohnt, rief sie Quer- und Gegenströmungen im Staat hervor, die äußerst nachteilig für die Gesellschaft als Ganzes sind.
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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
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Gantt, H.L., Meyenberg, F. (1922). „Die Religion der Demokratie“. In: Organisation der Arbeit. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-99470-8_11
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-99470-8_11
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