Zusammenfassung
Unter den verschiedenen Übeln, deren Quelle der Geschlechtstrieb bildet, ist unstreitig das verbreitetste und verderblichste: die Onanie; wir verstehen unter letzterer jede künstlich, nicht vermittels geschlechtlichen Verkehrs geschehende Herbeiführung der normalerweise an die Kohabitation sich knüpfenden nervösen Erregungen und Empfindungen. Die in Eede stehende Art sexueller Befriedigung ist nicht, wie von verschiedenen Seiten behauptet wird, lediglich ein Ausfluß der modernen Kultur oder eine Teilerscheinung der sogenannten modernen Sittenverderbnis. Das Übel beschränkt sich gegenwärtig auch keineswegs auf die zivilisierten Nationen; es hat bei halbwilden Völkerschaften, selbst bei auf der niedersten Stufe menschlicher Kultur stehenden Wilden Eingang gefunden. Auch bei Tieren wird dasselbe beobachtet. Affen sind bekanntlich der Masturbation in sehr hohem Maße ergeben, und es ist kein seltenes Vorkommnis, daß solche in unfreiem Zustande ihren onanistischen Neigungen in solchem Maße fröhnen, daß sie an den Folgen zugrunde gehen. Auch bei Pferden, insbesondere Eassepferden, und Hunden begegnet man nicht selten onanistischen Akten.
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Literatur
Stekel: „Über larvierte Onanie“. Sexual-Probleme. Februar 1913.
Über einen Fall von Zwangstrieb zur Onanie bei einer 29 jährigen Frau, bei der auch andere Zwangsimpulse bestanden, berichtet Kaan (Der neurasthenische Angstaffekt bei Zwangsvorstellungen, S. 70).
Tobler, Munch. med. Wochenschr. Nr. 12, 1905, S. 576, berichtet über den Fall eines 6 jährigen Mädchens, welches seit dem 2. Lebensjahre an „Anfällen“litt, bei denen es sich um eine forcierte, durch reibende und zuckende Bewegung des rechten Beines gegen das linke ausgeübte Masturbation handelte. Bai dem Mädchen hatte sich im Laufe der Jahre am rechten Beine eine beträchtliche Muskelhypertrophie und eine Kontraktur der Fußbeuger entwickelt.
Die Onanie, 14 Beiträge usw. S. 48.
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© 1922 J. F. Bergmann, München und Wiesbaden
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Löwenfeld, L. (1922). Onanie. In: Sexualleben und Nervenleiden. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-99251-3_12
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