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Ausgangssituation: „Conditions of uncertainty and flux“

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Public Relations und Kommunikationsmanagement

Part of the book series: Organisationskommunikation ((ORGKOM))

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Auszug

Die vorliegende Studie will eine aktuelle Theorie der Öffentlichkeitsarbeit (ÖA) bzw. Public Relations (PR)1 vorlegen. Denn seit den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts hat sich im Zuge eines sich ausdifferenzierenden Mediensystems mit dualem Rundfunk, konstant steigendem Öffentlichkeitsdruck und einem extrem angewachsenen Verantwortungs- und Ausdehnungsbereich der Massenmedien in der Gesellschaft ein Wandel der PR vollzogen, der in der deutschsprachigen PR-Theorie bislang nicht ausreichend reflektiert wird.2 Das ist nicht untypisch. Auch in der international für den PR-Bereich tonangebenden US-amerikanischen Forschung lässt sich eine weitgehende Isolation der PR-Theorie nachweisen. In ihrem kritischen Essay beklagen McKie und Munshi (2007: 2, 11–13) etwa die enorme Prägekraft, die durch das „excellence project“, also die Forschungen der Autoren Larissa und James Grunig, Todd Hunt, David M. Dozier u.a., auf die Theoriebildung ausgeübt wurde. Exponent der Prägung ganzer Generationen von Studierenden ist den Kritikern zufolge das Lehrbuch von Grunig/Hunt (1984), das sie als Ausgangspunkt des „Grunigian paradigm“ (2) interpretieren. In der Folge diskutieren sie den innovationsfeindlichen Effekt, den solche Lehrbücher entwickeln können3 (vgl. 11–13) und beklagen die Hegemonie der amerikanischen Forschung und die dortige Review-Praxis (vgl. 9), die andere Wissenschaftsstandards oder Autoren aus dem Ausland benachteilige. Ihr Ziel ist demgegenüber eine Erweiterung des aus ihrer Sicht festgefahrenen und begrenzten Theoriekanaons um Theorien, die Public Relations nicht als bloße „management function“ auffassen. (vgl. 12f.) Sie begründen ihre Haltung damit, dass nicht nur Unternehmen und Staaten sich der Methoden der PR bedienen, sondern auch NGOs, die deutlich andere Ressourcen und Professionalität besäßen.

Wenn von Öffentlichkeitsarbeit (ÖA) die Rede ist, meine ich immer Public Relations (PR) bzw. das „Management von Kommunikationsbeziehungen zu Öffentlichkeiten“, was als ins Deutsche übertragene Relationierung sowohl dem englischen Begriff als auch dem aktuellen Forschungsstand Rechnung trägt. In Abgrenzung zur sonst üblichen Synonymsetzung verwende ich nur den Begriff PR, weil er sowohl die (amerikanische) Provenienz anzeigt als auch den in der Forschung vollzogenen Wandel des Erfahrungsgegenstandes PR von einer nachgelagerten Organisationsfunktion zur zentralen Managementfunktion (auch als Begriff) mitvollzogen hat (vgl. Avenarius 1995, S. 20f). Öffentlichkeitsarbeit hingegen wird immer häufiger durch Begriffe wie Unternehmenskommunikation oder Kommunikationsmanagement ersetzt und konnotiert stark handwerklich (weshalb Peter Szyszka PR-Arbeit als Äquivalent vorgeschlagen hat). Damit widerspricht der Begriff sowohl der veränderten Funktionszuschreibung innerhalb von Organisationen als auch dem Selbstverständnis der Berufspraktiker. Wenn hin und wieder dennoch die Rede von ÖA ist, dann verwende ich den Begriff als rein sprachliches Synonym — etwa um einer bestimmten Syntax oder um eines rhetorischen Effektes willen. Wenn ÖA in der historischen, semantisch abweichenden Bedeutung verwendet wird, kennzeichne ich dies durch doppelte Anführungszeichen als Zitat. Uneigentliche Redeweisen oder abweichende Begriffsbelegungen kennzeichne ich generell mit einfachen Anführungszeichen.

Viele der bereits verwendeten Begriffe wie „Massenmedien“, „Öffentlichkeitsdruck“ oder auch „Rundfunk“ sind mittlerweile fragwürdig oder doch zumindest erläuterungsbedürftig geworden. Einige dieser und weitere, noch folgende Termini werden an entsprechender Stelle geklärt. Allerdings handelt es sich hier nicht um einen sprachphilosophischen Traktak, der sämtliche Begriffe als zunächst neutral ausweist, um sich Stück für Stück an ihnen abzuarbeiten. Im Gegensatz dazu ist der vorliegende Text als Beitrag zu laufenden medien- und kommunikationswissenschaftlichen Kontroversen gedacht, die in ihren Begriffen zum Teil sehr voraussetzungsreich sind. Soll die Arbeit also ihren intendierten Verlauf nehmen, ohne in einem begrifftheoretischen Regress zu ersticken, müssen eine Vielzahl kommunikationswissenschaftlicher Termini vorausgesetzt werden können. Immer da, wo für den Fortgang der Arbeit zentrale Theoreme behandelt werden, oder wenn ich Begriffe und theoretische Spannweiten anders deute oder konzeptualisiere als üblich bzw. auf Missverständnisse aufmerksam machen möchte, definiere/erläutere ich Begriffe und Theorien.

Dies ist besonders interessant vor dem Hintergrund der oft formulierten Klage, dass sich in der deutschsprachigen PR-Forschung kein verbindliches Lehrbuchwissen etabliert habe. Mit dem 2008 bereits in zweiter Auflage erschienen Handbuch PR (Bentele/Fröhlich/Szyszka 22008) ist dieser „Mangel“ mittlerweile behoben. Es bleibt abzuwarten, ob sich daraus eine ähnlich beklagenswerte Monokultur entwickelt wie in der amerikanischen Hochschullandschaft. Die Tradition und Pluralität der deutschsprachigen Forschung stand solchen Tendenzen in der Vergangenheit stets entgegen.

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  • Avenarius, Horst (1995), Public Relations. Die Grundform der gesellschaftlichen Kommunikation. Darmstadt.S. 20f.

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  • McKie, David/Debashish Munshi (2007), Reconfiguring Public Relations. Ecology, equity, and enterprise, London/New York.9.

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© 2009 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden

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Rademacher, L. (2009). Ausgangssituation: „Conditions of uncertainty and flux“. In: Public Relations und Kommunikationsmanagement. Organisationskommunikation. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91329-2_1

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  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-531-16221-8

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