Zusammenfassung
Das Dorf und die bildenden Künste haben historisch eher wenig miteinander zu tun und sind einander doch als konträre, mitunter komplementäre Diskursfelder verbunden. Traditionellerweise bildet die Kunst als eine gesellschaftliche Praxis und materielle Kultur, zu der spezifische Produktions-, Präsentations- und Betrachtungsweisen und darein involvierte gesellschaftliche Einrichtungen gehören, einen markanten Gegensatz zur primär bäuerlich geprägten Lebenswelt des Dorfes. Seit der klassischen Antike waren es die oberen sozialen Schichten bzw. Stände, d. h. Adel, Klerus und Bürgertum, die Kunst und Architektur, Literatur und Musik nicht nur hervorbrachten, sondern auch zu reflektieren wussten und daraus gesellschaftliche Distinktion ableiteten. Praxis, Pflege und Diskursivierung der bildenden Künste spielten sich vorzugsweise am fürstlichen Hof, im Kloster und in der Stadt ab, mitunter auch im suburbanen oder ländlichen Raum, sofern es dort zu Ablegern höfischer oder städtischer Kultur, z. B. in Form luxuriöser Villen, kam. Wenngleich die bildkünstlerische Arbeit bis weit in die Moderne hinein handwerkliche und mitunter auch betriebswirtschaftliche Fähigkeiten voraussetzte, implizierten die Intellektualisierung und Akademisierung der Künstlerprofession, wie sie vor allem seit der Frühen Neuzeit von Italien aus vorangetrieben wurden, eine weitgehende Befreiung von schwerer physischer Tätigkeit. Vergleichbares galt und gilt für die Auftraggeber und Rezipienten von Kunst, deren Privilegien das Geld, die Muße und hinreichende Vorkenntnisse sind, um aus der Betrachtung von Kunstgegenständen kulturelles Kapital, geistige Erkenntnis und »interesseloses Wohlgefallen« (I. Kant) zu ziehen. All dem standen und stehen die körperliche Mühsal der Feldarbeit, die Sorge um die wirtschaftliche Existenzgrundlage, die vermeintliche kulturelle ›Einfachheit‹ des Lebens auf dem Lande und die aus der Dorfgemeinschaft hervorgehende sogenannte »Volkskunst« topisch gegenüber.
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Ruby, S. (2019). Das Dorf in den bildenden Künsten. In: Nell, W., Weiland, M. (eds) Dorf. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05449-4_33
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05449-4_33
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Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-02625-5
Online ISBN: 978-3-476-05449-4
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