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Mediologie des Kontrafaktischen in Christian Krachts Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten

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Christian Krachts Ästhetik

Part of the book series: Kontemporär. Schriften zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur ((KSDG,volume 3))

  • 1883 Accesses

Zusammenfassung

In diesem Aufsatz untersuche ich eine spezifische Ästhetik des Genres der alternate history, wie sie Christian Krachts dritter Roman Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten in selbstreflexiver Form darstellt. Dabei knüpfe ich an Moritz Baßlers Lektüre an, der in Krachts Roman „die Idee einer paralogischen-synthetischen Kunstwelt“ ausmachte. Diese „Kunstwelt“ transformiere die Weltgeschichte im Modus des Ästhetischen. Dies bedeute keinen Eskapismus, vielmehr werde, argumentiert Baßler, „die Möglichkeit eines neuen historischen Erzählens jenseits der realistischen Option“ vorgeführt.

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Notes

  1. 1.

    Moritz Baßler: „‚Have a nice Apocalypse!‘ Parahistorisches Erzählen bei Christian Kracht“. In: Reto Sorg/Stefan Bodo Würffel (Hg.): Utopie und Apokalypse in der Moderne. München 2010, 257–272, hier 270.

  2. 2.

    Ebd.

  3. 3.

    Vgl. Oliver Jahraus: „Ästhetischer Fundamentalismus. Christian Krachts radikale Erzählexperimente“. In: Johannes Birgfeld/Claude D. Conter (Hg.): Christian Kracht. Zu Leben und Werk. Köln 2009, 13–23.

  4. 4.

    Christian Kracht: Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten. Roman. Köln 2008, 15 (im Folgenden als „IW“ mit Seitenzahl im Haupttext nachgewiesen).

  5. 5.

    Albrecht Koschorke: Körperströme und Schriftverkehr. Mediologie des 18. Jahrhunderts. München 1999, 11.

  6. 6.

    Christina Bartz u. a.: „Einleitung – Signaturen des Medialen“. In: Ders. (Hg.): Handbuch der Mediologie. Signaturen des Medialen. München 2012, 7–15, hier 9.

  7. 7.

    Der von Matthias N. Lorenz und Christine Riniker herausgegebene Sammelband – Christian Kracht revisited: Irritation und Rezeption. Berlin 2018 – erschien erst, nachdem dieser Aufsatz und dessen Thesen entworfen wurden. Folgender Beitrag aus dem Band formuliert teilweise konvergente Thesen, allerdings mit einem mehr zeichentheoretischen Fokus: Martin Bartelmus/Sergej Rickenbacher: „Schamanische Poetologie. Das sympoietische Kalkül von Christian Krachts Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten“, 361–396: Krachts Text „umkreist, überkreuzt und verwirft Sprache, Bild und Schrift, die Leistungen und Defizite von Formen der Kommunikation, die immer auch mit einer alternativen Weltgeschichte verschränkt sind“ (361). Gemäß den Autoren formuliere Krachts „schamanische Poetologie“ „die Effekte eines Sprechens über Medien, die Materialität und Medialität der Sprache als genuin politisch markieren“ (362).

  8. 8.

    Wolfgang Struck: „Mountains of Madness, Schweiz. Christian Krachts Imperien des Wahns“. In: Isabel Kranz (Hg.): Alternative Gegenwarten und Zukunftsprojektionen um 1914. München 2017, 275–289, hier 286.

  9. 9.

    Robin Hauenstein: Historiographische Metafiktionen. Ransmayr, Sebald, Kracht, Beyer. Würzburg 2014, 14.

  10. 10.

    Moritz Baßler und Heinz Drügh halten fest: „Das Historische gibt es nur durch das Virtuelle, das Auratische nur qua genormter Ware – und jeweils umgekehrt. So treten durch Krachts Ästhetik […] die historisch-realistischen Wahrheiten unserer Gegenwartsliteratur aus ihrer Lethargie.“ Moritz Baßler/Heinz Drügh: „Eine Frage des Modus. Zu Christian Krachts gegenwärtiger Ästhetik“. In: Text + Kritik 216: Christian Kracht. Hg. von Christoph Kleinschmidt. München 2017, 8–19, hier 18.

  11. 11.

    Den Begriff der Uchronie begründete Charles Renouvier: „Uchronie, tableau historique apocryphe des révolutions de l’empire Romain et de la formation d’une fédération européenne“. In: Revue Philosophique et Religieuse 8 (1857), 187–208; sowie Ders.: Uchronie. (L’Utopie dans l’histoire). Esquisse Historique Apocryphe du Développement de la Civilisation Européenne tel qu’il n’a pas été, tel qu’il aurair pu être. Paris 1876. Zu den Begriffen der ‚parahistorischen‘ Literatur, der ‚Allohistorie‘ oder der ‚Allotopie‘ vgl. Jörg Helbig: Der parahistorische Roman. Ein literaturhistorischer und gattungstypologischer Beitrag zur Allotopieforschung. Frankfurt a. M. 1987. Im vorliegenden Aufsatz verwende ich den in der angelsächsischen Forschung eingebürgerten Terminus technicus alternate history, da er eindeutig das von Kracht anvisierte Genre bezeichnet.

  12. 12.

    Vgl. Paul K. Alkon: „From Utopia to Uchronia: L’An 2440 and Napoléon apocryphe“. In: Ders.: Origins of Futuristic Fiction. Athens u. a. 1987, 115–157.

  13. 13.

    Gavriel D. Rosenfeld: The World Hitler Never Made. Alternate History and the Memory of Nazism. Cambridge, Mass. u. a. 2005.

  14. 14.

    Vgl. Karen Hellekson: The Alternate History. Refiguring Historical Time. Kent u. a. 2001.

  15. 15.

    Vgl. Andreas Martin Widmann: „Plot vs. Story: Towards a Typology of Counterfactual Historical Novels“. In: Dorothee Birke/Michael Butter/Tilmann Köppe (Hg.): Counterfactual Thinking – Counterfactual Writing. Berlin u. a. 2011, 170–189; Kathleen Singles: Alternate History. Playing with Contingency and Necessity, Berlin u. a. 2013; sowie Michael Butter: „Zwischen Affirmation und Revision populärer Geschichtsbilder: Das Genre alternate history“. In: Barbara Korte/Sylvia Paletschek (Hg.): History goes Pop. Zur Repräsentation von Geschichte in populären Medien und Genres. Bielefeld 2009, 65–82.

  16. 16.

    Jorge Louis Borges: Fiktionen. Erzählungen 1939–1944. München u. a. 2004 [1992], 86.

  17. 17.

    Vgl. Hayden White: Metahistory. Die historische Einbildungskraft im 19. Jahrhundert in Europa [1973]. Frankfurt a. M. 2015, 11.

  18. 18.

    Borges: Fiktionen (wie Anm. 16), 88.

  19. 19.

    Christian Kracht: Die Toten. Roman. Köln 2016, 119.

  20. 20.

    Friedrich Dürrenmatt: Labyrinth. Stoffe I-III. In: Ders.: Gesammelte Werke in sieben Bänden. Band 6: Stoffe, Zusammenhänge. Zürich 1996, 11–317, hier 81.

  21. 21.

    Zum Begriff der ‚geistigen Landesverteidigung als Diskurs des ‚Schweizerischen‘ oder ‚Eidgenössischen‘ in Abgrenzung zum Fremden oder einer ‚Überfremdung‘ – der seit den 1930er Jahren bis heute eine zentrale Rolle in Kultur und Politik der Schweiz spielt, vgl. Ursula Amrain: „Geistige Landesverteidigung. Die Anfänge der schweizerischen Kulturpolitik“. In: Ders.: Phantasma Moderne. Die literarische Schweiz 1880 bis 1950. Zürich 2007, 105–124.

  22. 22.

    Dürrenmatt: Labyrinth. Stoffe I-III (wie Anm. 20), 86.

  23. 23.

    Ebd., 57.

  24. 24.

    Ein bislang nicht genanntes Vorbild für die Figur könnte auch Friedrich Dürrenmatts „Kommissär“ Bärlach darstellen, der in Der Verdacht (1951/1952) einen Nazi-Verbrecher stellen möchte und sich dabei in dessen Gewalt begibt, wobei ihm ebenfalls Handlungsmacht und Deutungshoheit abhandenkommen.

  25. 25.

    Auch diese Unlesbarkeit hat ein Vorbild in Dürrenmatts Winterkrieg in Tibet. Mit seiner Armprothese kritzelt der Erzähler dort nämlich seine Lebensgeschichte in verschiedene Stollenwände, wobei auch verschiedene,sich widersprechende Versionen entstehen und die Inschriften teilweise unleserlich oder palimpsestartig überschrieben sind.

  26. 26.

    Vgl. Matthias N. Lorenz: Distant Kinship – Entfernte Verwandtschaft. Joseph Conrads „Heart of Darkness“ in der deutschen Literatur von Kafka bis Kracht. Stuttgart 2017, 390–406.

  27. 27.

    „Meine Augen, sie waren nun vollständig blau geworden, nein ultramarin; sowohl die Iris und die Pupille als auch die Netzhaut.“

  28. 28.

    Vgl. Karl Wagner: „Die Verfinsterung der Geschichte“. In: Neue Zürcher Zeitung vom 06.08.2011: https://www.nzz.ch/die_verfinsterung_der_geschichte-1.11794541 (27.04.2018).

  29. 29.

    Baßler: „Have a nice apocalypse“ (wie Anm. 1).

  30. 30.

    Vgl. Reto Sorg: „Von Konolfingen nach Auschwitz. Topographie und Poetologie in den Stoffen Friedrich Dürrenmatts“. In: Text + Kritik 50/51: Friedrich Dürrenmatt. Hg. von Heinz Ludwig Arnold. München 2003, 36–46.

  31. 31.

    Dieser Gedanke hat bereits Friedrich Dürrenmatt in seinem zweiten Kriminalroman Der Verdacht durchgespielt, in dem ein Naziverbrecher aus einem Vernichtungslager als Privatarzt Millionäre in Zürich operiert, ermordet und um ihr Vermögen bringt. Die Schweizer Krebs-Klinik und das Lager werden in Dürrenmatts literarischem Spiel überblendet und als Zonen des nackten Lebens kenntlich, vgl. Caspar Battegay: „‚Wahnsinn als Methode‘. Friedrich Dürrenmatts Der Verdacht als Kriminalroman nach der Shoah“. In: Clemens Peck/Florian Sedlmeier (Hg.): Kriminalliteratur und Wissensgeschichte. Genres – Medien – Techniken. Bielefeld 2015, 173–196.

  32. 32.

    Zu den verschiedenen Post-Möglichkeiten vgl. Claude D. Conter: „Christian Krachts posthistorische Ästhetik“ sowie Johannes Birgfeld/Claude D. Conter: „Morgenröte des Posthumanismus. Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten und der Abschied vom begehren“. In: Dies. (Hg.): Christian Kracht. Zu Leben und Werk. Köln 2009, 24–43 sowie 252–269; Carlotta von Maltzan: „Zu Christian Krachts Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten im postkolonialen Kontext“. In: Lorenz/Riniker (Hg.): Christian Kracht revisited (wie Anm. 7), 397–420.

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Battegay, C. (2019). Mediologie des Kontrafaktischen in Christian Krachts Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten. In: Komfort-Hein, S., Drügh, H. (eds) Christian Krachts Ästhetik. Kontemporär. Schriften zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, vol 3. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04729-8_11

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