Zusammenfassung
»Ein Mann, der Herrn K. lange nicht gesehen hatte, begrüßte ihn mit den Worten: »Sie haben sich gar nicht verändert.« »Oh!« sagte Herr K. und erbleichte« (Brecht 2014, 69). Diese kurze Episode ist eine der mehr als 120 Parabeln des Textkorpus Geschichten vom Herrn Keuner von Bertolt Brecht, die er zwischen 1926 und 1956 geschrieben hat. Sie sind jeweils zwischen zwei und 65 Zeilen lang und stellen entweder eine Antwort Herrn Keuners auf Fragen seiner Mitmenschen oder sonstige Erklärungen dar. Herr K. selbst ist ein Mann ohne Gesicht, ohne Alter, ohne Beruf und ohne Biographie: »Man könnte ihn für ein Phantom halten, zeigte er, der Mann ohne Eigenschaften und ohne Unterleib, nicht eine höchst vitale Regung: er denkt, Herr K. ist Denker – dies ist sein einziger Beruf und seine einzige Wollust« (Henrichs 1979, Abs. 1). Die hier beschriebene Begegnung verbindet die Themen Identität und Lebenskunst derart miteinander, wie dies nur mit ästhetischen Mitteln möglich ist. Deshalb ist diese Erfahrung im Leben des Herrn Keuner einerseits Ausgangspunkt und andererseits immer wieder Bezugspunkt der folgenden Abhandlung.
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Noack Napoles, J. (2018). Identität. In: Gödde, G., Zirfas, J. (eds) Kritische Lebenskunst. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04644-4_6
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