Zusammenfassung
Ein halbes Jahrhundert lang, von den Wahlen zur Nationalversammlung 1919 bis zur Bundestagswahl 1969, unterschieden sich in Deutschland Männer und Frauen in ihrem Wahlverhalten deutlich. So beteiligten sich in der Weimarer Republik die Männer durchweg prozentual stärker an den Wahlen als Frauen; auch stimmten sie im allgemeinen weitaus häufiger für rechts- oder linksextreme sowie politisch links von der Mitte stehende Parteien. Die Frauen dagegen wählten eher konservative und vor allem christlich orientierte Gruppen wie beispielsweise das katholische Zentrum, die ebenfalls katholische Bayerische Volkspartei oder den evangelischen Christlich-Sozialen Volksdienst und die Deutsch-Nationale Volkspartei2. Diese geschlechtsspezifischen Unterschiede im Wahlverhalten setzten sich, wie Abbildung 1 zeigt, in der Bundesrepublik zunächst fort: 1969 stimmten 50,6 Prozent der weiblichen, aber nur 40,6 Prozent der männlichen Wähler für die Unionsparteien, während die SPD nach wie vor signifikant häufiger von Männern als von Frauen gewählt wurde3. Bei der Bundestagswahl 1972 ebneten sich diese Unterschiede dann unvermittelt ein. Seitdem unterscheiden sich in der Bundesrepublik Männer und Frauen, wie gleichfalls aus Abbildung 1 hervorgeht, in ihrer Stimmabgabe und in ihrer Parteipräferenz kaum noch4.
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Falter, J.W., Schumann, S. (1990). Vive la (très) petite différence! Über das unterschiedliche Wahlverhalten von Männern und Frauen bei der Bundestagswahl 1987. In: Kaase, M., Klingemann, HD. (eds) Wahlen und Wähler. Schriften des Zentralinstituts für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-96181-5_5
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