Zusammenfassung
Die Ost- und Deutschlandpolitik der sozialliberalen Koalition war Teil einer Politik zwischen Ost und West, die als „Entspannungspolitik“ beschrieben wird, ohne daß hinreichend erklärt wäre, was Entspannung bedeutet. Die Sowjetunion hat seit Chruschtschow den Begriff der „friedlichen Koexistenz“ vorgezogen, der bereits zu Lebzeiten Lenins entwickelt worden war, in der Stalinzeit aber durch die Theorie der zwei Lager und der Unvermeidbarkeit der Kriege abgelöst worden war. Friedliche Koexistenz meint das „friedliche Nebeneinanderbestehen und (die) Zusammenarbeit zwischen Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung in der Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus.“ (Wörterbuch, 1982, 108) Dieser Begriff wird nach der Helsinki-Konferenz von 1975 ausdrücklich auf die Bestimmungen der Schlußakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa bezogen. Damit ist aber nach wie vor nicht die Vorstellung verbunden, daß die politische, ökonomische und ideologische Konkurrenz der beiden Systeme aufgehört habe, im Gegenteil, der „ideologische Klassenkampf“ — so ist zu lesen — nimmt an Schärfe zu, weil der Imperialismus sich in die Defensive gedrängt fühlt. Henry Kissinger hat 1974 eine Bestimmung von „Entspannung“ vorgenommen, die von der der friedlichen Koexistenz nicht sehr weit entfernt ist. „Für uns ist Entspannung ein Prozeß, in dem die Beziehungen mit einem potentiell feindlichen Land so gehandhabt werden, daß der Frieden erhalten bleibt, während wir zugleich unsere lebenswichtigen Interessen bewahren“. (Entspannung, 1980, 73)
Wenn aber das nackte Vorteilsdenken der einen Seite nicht nur den Untergang der anderen, auch den eigenen Untergang hervorbringt, hat es sich erledigt. Vorteilhaft ist dann nur noch ein Denken, das den wohlverstandenen Vorteil aller Seiten im Auge hat. (Christa Wolf anläßlich der Verleihung des Schillerpreises 1983)
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Glaeßner, GJ. (1984). Die Ost- und Deutschlandpolitik. In: Glaeßner, GJ., Holz, J., Schlüter, T. (eds) Die Bundesrepublik in den siebziger Jahren. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93763-6_12
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