Zusammenfassung
Beginnen wir, einer alten sexualpädagogischen Praxis folgend, im Tierreich. Wenn wir Zoologen und Verhaltensforscherinnen glauben dürfen, ‚wissen‘ Stichlinge aufgrund genetischer Informationen, wann und wie sie sich mit wem zu paaren haben. Die komplizierten ‚Werbungstänze‘ sind nichts als ein Kode, der sicherstellt, daß Eier und Sperma derselben Art aufeinander treffen und die Bemühungen nicht erfolglos bleiben. Bei vielen Säugetieren — besonders den sogenannten höheren — sind Erzeugung und Aufzucht der Jungen jedoch nur unzureichend genetisch fixiert. Ohne das Lernen am Verhalten Älterer könnten sie sich nicht reproduzieren. Es ist eine der Haupteinsichten der philosophischen Anthropologie (zu finden bei Arnold Gehlen und Helmut Plessner — soziologisch weitergedacht bei George H. Mead und Helmut Schelsky), daß der Mensch von allen Lebewesen, die wir kennen, das mit Abstand am stärksten instinktentbundene ist. Dies mag als Schwäche erscheinen, weil es kontinuierliche Betreuung des Nachwuchses über viele Jahre hinweg notwendig macht, war offensichtlich jedoch ein sehr gutes Selektionskriterium — in erster Linie vielleicht, weil es eine Anpassung auch an schnell wechselnde Umweltbedingungen ermöglichte. Welche Ursachen hier auch immer eine Rolle spielten, heute sind wir mit dem Ergebnis einer Jahrmillionen wirkenden Evolution konfrontiert: der Mensch ist ein Zoon politikon, in der Lage vielleicht noch (wie die Romanfigur Robinson Crusoe) als Erwachsener für einige Zeit allein zu überleben, sicher unfähig jedoch, allein zum Menschen zu werden. Vieles von dem, was nach unserer Auffassung Menschsein ausmacht, entsteht erst nach der Geburt, in der Interaktion mit und im Lernen von anderen Menschen.
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© 1998 Leske + Budrich, Opladen
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Schmidt, RB., Schetsche, M. (1998). Schluß: Jugendsexualität in einer Theorie sexueller Sozialisation. In: Jugendsexualität und Schulalltag. Reihe Schule und Gesellschaft, vol 17. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93290-7_5
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-93290-7_5
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-8100-2111-3
Online ISBN: 978-3-322-93290-7
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