Die 2008 neu zugelassene Waxy-Wintergersten-Sorte „Waxyma“ besteht zu rund 95 Prozent aus Amylopektinstärke und bietet deshalb ein großes industrielles Einsatzpotenzial. So ergeben sich zum Beispiel vielfältige Anwendungsmöglichkeiten als Klebstoff oder Bindemittel. In einem Verbundvorhaben erforschten sechs Partner die Voraussetzungen und Möglichkeiten einer breiten stofflichen Nutzung von Waxy-Gersten.

Unter Federführung der Pflanzenzüchter von Dieckmann Seeds beteiligten sich die Jäckering Mühlen- und Nährmittelwerke, die GEA Westfalia Separator Process GmbH, das Julius Kühn-Institut (JKI), das Deutsche Institut für Lebensmitteltechnik (DIL) und das Institut für Lebensmittel- und Umweltforschung (ILU). Damit deckte der Verbund die Wertschöpfungskette vom Anbau bis hin zu Verarbeitungs- und Anwendungsversuchen im Labor- und Technikumsmaßstab ab.

Gefördert wurde das Vorhaben vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) über dessen Projektträger, die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR).

Züchterische Optimierung

Im Rahmen des Vorhabens gelang es den Forschern, Waxy-Gerste züchterisch weiter zu optimieren. Über die Erhöhung der Tausendkornmasse und die Verbesserung der Schälbarkeit konnten sie die Mehlausbeuten weiter erhöhen. In Anbauversuchen wurden zudem die wichtigsten pflanzenbaulichen Parameter ermittelt. Demnach sind vor allem die Faktoren Stickstoffdüngung und Wasserversorgung entscheidend: Bei erhöhten Stickstoffgaben und Trockenstress nahm der Stärkegehalt ab, die Protein- und Beta-Glucangehalte hingegen zu. Dabei ist Beta-Glucan selbst ein potenziell interessanter Inhaltsstoff, der sich aber weniger als nachwachsender Rohstoff, sondern eher für Anwendungen in der Lebensmittelindustrie eignet.

Bei der Stärkegewinnung im Mühlenbetrieb erwies sich der Einsatz von Enzymen als die günstigste Variante zur Separierung. Auf mechanischem Wege war die notwendige Qualität nur mit hohem Aufwand erreichbar.

Neue Eigenschaften

Dank ihres hohen Amylopektingehaltes bringt Waxy-Stärke neue physikalische und chemische Eigenschaften mit. So weist sie eine hohe Wasserbindungsfähigkeit auf, verbunden mit einer bislang bei Getreidemahlerzeugnissen nicht bekannten 100-prozentigen Wasserimmobilisierung. Dieses Phänomen fanden die Forscher nicht nur für die Stärke heraus, sondern schon für die waxy-Gerstenmehle als solche, die neben der Stärke auch Proteine, Nicht-Stärke-Polysaccharide, Fett und Mineralstoffe enthalten. Hier könnte ein wesentlicher Ansatzpunkt für eine effizientere und nachhaltigere Produktion liegen, denn die Nutzung von Mehlen ohne Stärkeseparierung spart viel Wasser und Energie.

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Stärke der Wintergersten-Sorte „Waxyma“ weist u. a. eine hohe Klebstoffviskosität schon bei niedrigeren Temperaturen auf.

Waxy-Stärke weist außerdem eine hohe Klebstoffviskosität schon bei niedrigeren Temperaturen auf. Daraus ergeben sich vielfältige Anwendungsmöglichkeiten als Klebstoff oder Bindemittel. In den Versuchen im Vorhaben erwiesen sich der Baubereich und die Papierherstellung als besonders vielversprechend. So konnte biopolymeres Material in Formpressen und im Spritzgussverfahren hergestellt werden. Aufgrund ihrer besonderen dynamischen Festigkeit und Dehnbarkeit scheinen sich die Waxy-Stärken außerdem gut zur Herstellung von Sackpapieren zu eignen.

Derzeit untersucht das ILU in einem Folgeprojekt die Trockenfestigkeit bei der Papiernutzung und die weiteren Möglichkeiten im Baustoffbereich als Quell- und Bindemittel.

Die Abschlussberichte der sechs Teilvorhaben stehen auf http://www.fnr.de im Menü Projekte & Förderung unter den Förderkennzeichen 22028407, 22019108, 22019208, 22019308, 22019408 und 22019508 zur Verfügung.