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Ein zu streng eingestellter Blutdruck kann gebrechlichen alten Menschen schaden.

© CasarsaGuru / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodellen)

Auf welche Werte der Blutdruck älterer Menschen einzustellen sei, wird von jeher kontrovers diskutiert. In Studien, die Vorteile für eine strikte Druckeinstellung bei Senioren ergeben haben, waren Patienten mit komplexen Gesundheitsproblemen oft nicht beteiligt; SPRINT etwa schloss Diabetiker explizit aus. Die 2018 publizierte populationsbasierte „Leiden 85-plus“-Studie kam zu dem Schluss, dass ein Zusammenhang zwischen geistigem Abbau, höherer Mortalität und niedrigerem Blutdruck bei antihypertensiv behandelten Patienten besteht.

Daten der ISCOPE-Studie

An der ebenfalls populationsbasierten ISCOPE(Integrated Systematic Care for Older Persons)-Studie nahmen 1.266 mindestens 75-Jährige teil. Zu Beginn der Studie rangierten die Probanden im Mini-Mental State Exam (MMSE) bei rund 27 von günstigstenfalls 30 Punkten. Ein Jahr später hatten antihypertensiv behandelte Teilnehmer mit einem systolischen Blutdruck < 130 mmHg 0,90 Punkte im MMSE verloren. Bei Patienten mit Drücken > 150 mmHg waren es 0,14 Punkte. Nach einem Abgleich der Berechnungen gegen Einflussgrößen wie Alter, Geschlecht, MMSE-Ausgangswert und Parameter der Aktivität und der Lebensqualität zeigte sich die Differenz noch etwas deutlicher; besonders ausgeprägt — mit einer MMSE-Differenz von 1,39 Punkten — war sie in der Gruppe der 674 Probanden mit komplexen Problemen (funktional, somatisch, mental oder sozial).

Die Unterschiede waren sowohl statistisch signifikant wie klinisch relevant. Insgesamt bestand eine Art Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen niedrigerem Druck und stärkerem kognitivem Abbau; das spricht für eine kausale Beziehung.

Die Autoren sehen einen Bedarf an randomisierten Studien, die untersuchen, wie sich das Absetzen von Antihypertensiva zur Hebung des systolischen Blutdrucks bei gebrechlichen älteren Patienten langfristig auswirkt und wie sicher eine solche Maßnahme ist. Bis dahin müssten Ärzte jeden Tag neu über die geeignete Hochdrucktherapie von Senioren entscheiden, und das auf einer begrenzten Faktenbasis.