Liebe Leserin, lieber Leser,

glaubt man der Politik auf deutscher und europäischer Ebene, dann sind Elektrofahrzeuge das Allheilmittel zur Bewältigung der CO2-Probleme. Abgesehen davon, dass diese Sicht andere ebenso sinnvolle und notwendige Lösungen wie Wasserstoff und E-Fuels geradezu verhindert, lohnt sich ein Blick auf den tatsächlichen CO2-Fußabdruck von E-Pkw, um diese richtig einordnen zu können. Vor Kurzem veröffentlichte Christian Hanisch, Ingenieur beim Braunschweiger Unternehmen No Canary, auf LinkedIn eine interessante Zusammenfassung zu diesem Thema. Nach seinen Berechnungen und den Angaben im Tesla-Impact-Report 2019 hat die Produktion eines Model 3 ein Erderwärmungspotenzial von 11 t CO2-Äquivalent. Hieraus ergibt sich ein Treibhauspotenzial pro Batteriepaket von 5200 kg CO2e. Das ist bei einer 50-kWh-Batterie ein GWP von 117 kg CO2e/kWh. Tesla gibt an, dass die Model 3 in Kundenhand 17 Jahre lang jedes Jahr 12.000 Meilen fahren werden. Dies werden sie kaum mit einem einzigen Batteriepaket erledigen.

Die Produktionsemissionen bei Volkswagen haben sich seit dem e-Golf verbessert: Sie liegen für den ID.3 Pro Performance bei 12,7 t CO2, was 5500 kg CO2e pro Batterie und 95 kg CO2e/kWh entsprächen, laut Hanisch "eine enorme Verbesserung". Beim BMW i3 berechnet No Canary den CO2-Fußabdruck der Stromerzeugung durch Multiplikation des Verbrauchs von 0,131 kWh/km bei einer Reichweite von 150.000 km mit dem CO2-Fußabdruck des EU-Strommix von 2010 von 0,3469 kg CO2/kWh und kommt auf 6816,59 kg CO2e für die Nutzungsphase. Da die Stromerzeugung 40 % des gesamten Lebenszyklus im GWP ausmacht, würden 100 % des globalen Erwärmungspotenzials des i3 nach No Canary rund 17 t CO2 betragen. "Da die Produktion laut BMW zu 57 % dazu beiträgt, scheint der CO2-Footprint der Produktion des BMW i3 9714 kg CO2e zu betragen", so Hanisch. Ein Umweltcheck der Daimler AG weist ein Treibhauspotenzial bei der Produktion des EQC 400 4Matic von 16.400 kg CO2e aus. Demzufolge sind etwa die Hälfte der Emissionen auf die Batterie zurückzuführen, was ein GWP von etwa 8200 kg CO2e sowie 103 kg CO2e/kWh ergäbe.

Hanischs Fazit: Die Hersteller haben sich stark verbessert und vor allem Tesla ist schon sehr weit, aber "wir müssen uns bald zur Klimaneutralität weiterentwickeln". Was zeigt uns dies? Erstens, dass E-Autos (noch) bei Weitem nicht den propagierten positiven Eintrag erbringen. Zweitens, dass Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb oder Hybridantrieb in Verbindung mit Wasserstoff oder E-Fuels den Umweltvergleich mit E-Autos nicht scheuen müssen. Ergo, ein Sowohl-als-auch beim Antrieb ist aus jedem fachlichen Blickwinkel alternativlos.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Lektüre der aktuellen ATZ.

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Dr. Alexander Heintzel

Chefredakteur