Inzwischen liegt eine Reihe von Berichten über Kopfschmerzen im Rahmen von COVID-19-Infektionen vor, mit einer großen Spannweite der Häufigkeiten. Forscher in Madrid untersuchten nun Kopfschmerzsymptome bei Patienten mit COVID-19-Infektion über einen Zeitraum von vier Wochen.

Kollegen aus Madrid, einer von der Pandemie stark betroffenen Region, untersuchten im April 2020 Patienten mit gesicherter beziehungsweise hochwahrscheinlicher COVID-19-Infektion über einen Zeitraum von vier Wochen in Bezug auf Kopfschmerzsymptome. Von den 145 Patienten berichteten 70 % über Kopfschmerzen. Patienten mit einer gesicherten Infektion hatten häufiger Anosmie und Pneumonie. Bei den meisten trat der Kopfschmerz zeitgleich mit anderen Zeichen der Infektion (Fieber, Fatigue usw.) auf. Der Kopfschmerz hatte eine moderate bis hohe Intensität und war holozephal beziehungsweise frontal verteilt. Migränesymptome wie Licht-/Lärmempfindlichkeit und Verstärkung durch körperliche Anstrengung waren häufig. Insbesondere Patienten mit positiver Migräneanamnese hatten früher einsetzende und stärkere Kopfschmerzen, sowie eher migränetypische Symptome. Zur Behandlung wurden hauptsächlich klassische Analgetika (Paracetamol, NSAID, Metamizol) eingesetzt. In einigen Studien wurde von einer gewissen Wirkungslosigkeit der Standardtherapie berichtet. Andere fanden einen Zusammenhang mit Ageusie und Anosmie, wie sie bei gesicherten Fällen häufiger vorkommen.

Kommentar

Mittlerweile liegt eine Reihe von Berichten über Kopfschmerzen im Rahmen von COVID-19-Infektionen vor. Dabei findet sich eine weite Spannweite der Häufigkeiten (von 6,8 % bis über 70 %). Als Ursache für die Kopfschmerzen werden zum einen ein direkter Befall der Meningen beziehungsweise des Gehirns durch den Virus selbst diskutiert, wobei dies bei in der Regel unauffälligem Liquor und nur seltenem Nachweis des Virus im Zentralnervensystem eher auszuschließen ist. Eine weitere Theorie ist, dass Mikrothromben, bedingt durch eine Hyperkoagulopathie, den Schmerz verursachen. Unterstützende Befunde gibt es dafür nicht und eine erhöhte Thromboseneigung ist jeder viralen Infektion gemein. Eine Auslösung durch die Hypoxie aufgrund eingeschränkter Lungenfunktion ist denkbar, trifft aber für die Mehrzahl nicht zu, da auch Patienten ohne Atembeschwerden über Kopfschmerzen klagen. Die vermutlich wahrscheinlichste Erklärung ist, dass die im Rahmen der systemischen Entzündung freigesetzten Zytokine (IL-2, IL-6, TNF alpha usw.) pronozizeptiv sind und den Kopfschmerz triggern. Diese erklären auch warum, bei einer Influenza A/B 30-50 % der Patienten Kopfschmerzen berichten. Die IHS-Klassifikation definiert dies unter dem Kapitel 9.2.2 "Kopfschmerz zurückzuführen auf eine systemische virale Infektion". Letztlich ist die Situation bezüglich der Kopfschmerzen bei COVID-19-Infektion vergleichbar mit beispielsweise Influenzainfektionen. Hinweise, dass Kopfschmerzen für den Krankheitsverlauf als prognostisch negativ zu bewerten sind, gibt es keine.

Membrilla JA, de Lorenzo Í, Sastre Met al. Headache as a Cardinal Symptom of Coronavirus Disease 2019: A Cross-Sectional Study. Headache 2020 [E-Pub ahead of print]; doi: 10.1111/head.13967