Nach Blutdruck- und Fiebersenkung ist das Hämostase-Management eine wesentliche Akutmaßnahme zur Limitierung des Hämatomwachstums bei einer akuten intrakraniellen Blutung (ICB). Für ICB unter der Gabe der Faktor Xa-Inhibitoren Rivaroxaban oder Apixaban steht mit dem spezifischen Antagonisten Andexanet alfa (Ondexxya®) seit über einem Jahr eine möglicherweise sicherere Alternative zu Prothrombin-Komplexkonzentrat (PCC) zur Verfügung, die bereits in den Leitlinien der deutschen (DSG) und europäischen (ESO) Schlaganfallgesellschaften Erwähnung findet.

Auf die Bedeutung einer Begrenzung des Hämatomwachstums als einzigen modifizierbaren Prognosefaktor bei ICB wies der Neurologe Prof. Dr. Hagen Huttner, Universität Erlangen, hin. In der ANNEXA-4-Studie [Conolly SJ et al. N Engl J Med 2019; 380; 1326-35] mit Andexanet alfa ergab sich nach Bolusgabe eine normnahe Absenkung der Faktor Xa-Aktivität, wobei gegen Rebound an den Bolus eine kontinuierliche i.v.-Infusion angeschlossen wurde. Vom Vorteil in Bezug auf hämostaseologische Endpunkte profitierten alle Patienten unabhängig von Subgruppenunterschieden. Eine erste kleine Vergleichsstudie [Barra ME et al. J Thromb Haemost 2020;18:1637-47] mit insgesamt 19 Patienten ergab zudem, dass unter Andexanet alfa eine Hämostase häufiger als unter PCC erzielt wurde (89 % vs. 60 %) und auch das funktionelle Outcome bei Klinikentlassung (56 % vs. 9 %) günstiger war. Weitere vorläufige Hinweise in diese Richtung kommen von einer US-Registerstudie, allerdings fehlten noch Daten aus randomisierten kontrollierten Studien zum tatsächlichen klinischen Vorteil, wie Huttner bedauerte. Ein noch unpublizierter Vergleich der Resultate aus ANNEXA-4 und einer eigenen Studie (RETRACE-II mit PCC) mit der Hämatomexpansion als primärem Endpunkt deute auf einen Vorteil von Andexanet alfa bei der Blutungsprogression und einen - allerdings nicht signifikanten - Trend einer verringerten Klinik-Mortalität.

Eine Übersicht über bislang 17 mit Andexanet alfa behandelte DOAK-Patienten mit ICB gab die Neurologin Dr. Katharina Althaus, Oberärztin an der Klinik für Neurologie, Universitätsklinik Ulm. Die Analyse der Hämatomexpansion bei 16 Patienten mit mindestens einer Verlaufsbildgebung zeigte in keinem Fall eine relevante Hämatomexpansion nach 24 Stunden. Gleiches galt für neun Patienten mit Verlaufsbildgebung nach einem Monat, was trotz noch fehlender Evidenz die therapeutische Wirksamkeit nahelege. Sie wies jedoch darauf hin, dass bei praktisch allen Patienten zwischen 6 und 24 Stunden nach Andexanet-Gabe noch eine Anti-FXa-Aktivität von einem bis zwei Drittel des Ausgangswertes nachweisbar war.

Satellitensymposium "Aktuelle Strategien zum Management intrakranieller Blutungen unter FXa-Inhibition" beim 93. DGN-Kongress, 5. 11. 2020; Veranstalter Portola