Für die nur als Co-Infektion mit einer Hepatitis B vorkommende Hepatitis D mangelt es an kurativen Therapien. Mit einer zweijährigen Interferon-Behandlung gelingt bislang eine Viruselimination nur bei wenigen selektierten Patienten, berichtete Prof. Dr. Heiner Wedemeyer, Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie, Universitätsklinikum Essen.

Einen Fortschritt verspricht nun der erste Entry-Inhibitor Bulevirtide. Er interferiert mit dem NTCP-Rezeptor, einem Gallensäuretansporter an der Hepatozytenoberfläche, der Eintrittspforte für Heptitis-B- und -D-Virus (HBV, HDV) in die Leberzelle. Wedemeyer stellte die finalen Ergebnisse einer Phase-IIb-Studie mit 60 Patienten vor, die mit HBV und HDV infiziert waren. Sie wurden in vier Gruppen behandelt, entweder mit PEG-IFN α (180 μg/Woche) oder Bulevirtide (2 mg/Tag s. c.) sowie Kombinationen von PEG-IFN α und Bulevertide (2 mg oder 5 mg/Tag). Die Behandlung erfolgte über 48 Wochen, die Beurteilung des Therapieerfolges erneut nach weiteren 24 Wochen.

Bei 40 % der Patienten HDV-RNA nicht mehr nachweisbar

Der Abfall der Virus-RNA nach 48 (bzw. 72) Wochen belief sich auf −1,3 log (−0,26 log) für PEF-IFN, −2,84 log (−1,08 log) für Bulevirtide-Monotherapie sowie −4,81 bis −5,59 log (−1,48 bis 4,04 log) für die Kombinationstherapien. Nach Kombinationstherapie fiel die HDV-RNA bei 50 % der Patienten innerhalb von 48 Wochen unter die Nachweisgrenze. Bei 40 % war die HDV-RNA auch nach weiteren 24 Wochen nicht mehr nachweisbar. Damit einher ging eine ALT-Normalisierung nach 48 Wochen bei 27 % der Patienten unter PEG-INF, bei 67 % unter Bulevirtide-Monotherapie sowie bei 37 % unter der Kombination. Die entsprechenden Werte nach 72 Wochen beliefen sich auf 7 % (PEG-INF), 20 % (Bulevirtide) und 40 % (Kombination).

„Wie sehen einen starken Synergismus der Substanzen mit einem kontinuierlichen und deutlichen Abfall der HDV-RNA. Ein substanzieller Anteil der Patienten zeigt nach 72 Wochen eine anhaltende HDV-Suppression und ALT-Normalisierung. Das sind mit Abstand die besten Daten, die wir bisher bei der Hepatitis D haben“, kommentierte Wedemeyer. Die Verträglichkeit von Bulevirtide sei gut gewesen.

Verlust des HBsAg

Bei vier von 15 Patienten (27 %) unter Kombinationstherapie mit 2 mg/Tag Bulevirtide konnte auch HBsAg nicht mehr nachgewiesen werden, drei der vier Patienten zeigten eine HBsAg-Serokonversion. Die zeigt: Es besteht eventuell auch kuratives Potential für die Hepatitis B. Das Präparat wird derzeit in Mono- und Kombinationstherapie in Phase 3 weiterentwickelt. Wedemeyer schätzt, dass es 2020 verfügbar werden könnte. Etwa die Hälfte der Patienten könnten Kandidaten für die Kombination sein.

Besonders schwere Virushepatitis

Die Hepatitis D wird von den Gesundheitsbehörden FDA und EMA als „orphan disease“ eingeschätzt. Man schätzt, dass weltweit etwa 15 bis 20 Millionen Menschen erkrankt sind. Das „D“ im Hepatitisalphabet stehe für „devil“, betonte Wedemeyer: Die HBV/HDV-Konfektion führt zur schwersten Form der chronischen viralen Hepatitis, mit besonders schweren Verläufen und einem größeren Risiko für Leberdekompensationen und Karzinomentstehung.