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© Ulrike von Arnim

Bereits 1978 wurde der Fall einer vigorösen Achalasie publiziert, bei dem die typischen histologischen Befunde einer eosinophilen Ösophagitis beschrieben wurden. Die Autoren spekulierten, dass diese Inflammation möglicherweise Motilitätsstörungen hervorruft. Obwohl in Gastroenterology publiziert, der Bibel des Gastroenterologen, folgten viele Jahre des Stillstands. In der medizinischen Literatur platziert wurde das Krankheitsbild der eosinophilen Ösophagitis dann erst 1993. In den ersten zehn Jahren danach wurde weiterhin nur sehr wenig geforscht und veröffentlicht, schließlich nahm die wissenschaftliche Aktivität exponenziell zu. 2017 finden sich in PubMed hierzu bereits 264 Einträge. Heute hat die eosinophile Ösophagitis Einzug in die Lehrbücher gehalten.

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Prof. Dr. med. Joachim Labenz

Schlicht und einfach übersehen

An dieser Erkrankung und ihrer wissenschaftlichen Geschichte sind typische Irrungen und Wirrungen sehr gut nachzuverfolgen. Glaubte man zunächst, dass die eosinophile Ösophagitis eher eine Rarität ist, so war im Laufe der Zeit festzustellen, dass sie viel häufiger ist als gedacht und noch weiter zunimmt. Die Krankheit wurde schlicht und einfach übersehen. Damit bestätigt sich das, was wir schon lange in der Medizin wissen: Man kann nur das diagnostizieren, was man auch kennt. Glaubte man initial, dass endoskopisch typischerweise nichts zu sehen ist und nur die Histologie dann zur Diagnose führt, so weiß man heute, dass bei subtiler Betrachtung unter Kenntnis der typischen Zeichen bei fast jedem Patienten ein auffälliger Befund zu erheben ist. Dies mündete mittlerweile in einer endoskopischen Klassifikation.

Zeitgerechte Diagnose vorenthalten?

Da auch heutzutage noch viele Ärzte dieses Krankheitsbild nicht kennen, überrascht es nicht, dass sich in der täglichen Routine immer wieder Patienten finden, die Jahre oder manchmal Jahrzehnte mit einer Fehldiagnose leben müssen und damit auch mit einer inadäquaten Therapie, die möglicherweise die Prognose dieser Erkrankung verschlechtert hat. Dazu beigetragen hat sicher auch die Empfehlung, dass bei Patienten mit vermeintlicher Refluxkrankheit und endoskopischem „Normalbefund“ auf Biopsien verzichtet werden sollte, da die Histologie keine zuverlässige Diagnose einer gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) erlaubt. Das ist mit dem Wissensstand von heute sicher (noch) richtig. Dieser Empfehlung folgend wurde aber vermutlich einer Reihe von Patienten mit eosinophiler Ösophagitis die zeitgerechte Diagnose vorenthalten.

In den meisten Fällen erfolgreich zu therapieren

Unser Wissen zur eosinophilen Ösophagitis ist auch heute sicherlich noch unvollkommen, dennoch sind wir in der Lage, diese Krankheit zuverlässig zu diagnostizieren und in den meisten Fällen erfolgreich zu therapieren. Der Schritt von der Off-Label-Therapie zu einem speziell für diese Indikation zugelassenen Präparat wird in diesen Wochen vollzogen. In dieser Ausgabe von GASTRO?NEWS findet sich ein lesenswerter und hochaktueller Beitrag von PD Dr. Ulrike von Arnim, die sich als eine der wenigen Forscher in Deutschland seit langer Zeit mit diesem Krankheitsbild beschäftigt und auch an der Erstellung der jüngst publizierten europäischen Leitlinien beteiligt war.

Neben diesem CME-Beitrag finden sich noch eine Fülle weiterer spannender Arbeiten, deren Lektüre ich Ihnen ans Herz legen möchte.