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Prof. Dr. med. Dieter Schilling

Jährlich werden 22 Fälle pro 100.000 Einwohner mit einer chronischen Pankreatitis stationär aufgenommen, für die akute Pankreatitis sind das 65 pro 100.000 Einwohner, beide Erkrankungen zeigen eine zunehmende Prävalenz. Die chronische Pankreatitis wird überwiegend ambulant versorgt, die akute meist zunächst stationär und stellt hier den wichtigsten und häufigsten gastroenterologischen Notfall dar. Die akute Pankreatitis ist eine Erkrankung, an der in deutschen Kliniken jedes Jahr nach wie vor 1.400 Menschen sterben. Schwere Nekrosen und Organversagen sind die gefürchtetsten Komplikationen. Ein Viertel bis ein Drittel aller akuten Pankreatitiden entwickeln im Verlauf eine chronische Verlaufsform.

Akute Form eher endoskopisch, chronische Form eher chirurgisch

Bis heute gibt es keine guten Voraussage-Scores, die zum Zeitpunkt der Aufnahme eines Patienten mit akuter Pankreatitis ausreichend sicher voraussagen, ob eine schwere Verlaufsform droht oder nicht. In dieser Ausgabe der GASTRO NEWS habe ich eine Arbeit aus dem Am J Gastroenterology kommentiert, in der ein Score validiert wurde, der sozusagen online die Krankheitsaktivität im Verlauf der gesamten Erkrankung beschreiben soll.

Die Therapieoptionen der Komplikationen der akuten Pankreatitis haben sich in den letzten Jahren dank besserer interventioneller endosonografischer Techniken deutlich zu den endoskopisch interventionellen Methoden verschoben, wohingegen wir in der Therapie der chronischen Pankreatitis nach kurzen endoskopischen eher zu dauerhaften chirurgischen Therapieverfahren tendieren. Diese Thematik wird in dieser Ausgabe aus berufenem Munde intensiv besprochen. Die chronische Pankreatitis stellt tatsächlich ein viszeralmedizinisches, interdisziplinäres Krankheitsbild dar, bei dem der Gastroenterologe und Endoskopiker, der Diabetologe der Radiologe und der Viszeralchirurg zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedlich nahe an das Patientenbett treten.

Therapie ist ganzheitliche Medizin

Im Vordergrund der therapeutischen Bemühungen stehen die frühzeitige und ausreichende medikamentöse Therapie der exokrinen und endokrinen Insuffizienz, die interventionelle, drainierende endoskopische Therapie und die operative drainierende oder resezierende chirurgische Therapie. Ebenso wichtig sind natürlich die Vermeidung der auslösenden Noxen wie Alkohol, aber auch Nikotin. Ganz entscheidend bei der interdisziplinären Therapie ist die frühzeitige Diagnose der exokrinen Insuffizienz, das „daran Denken“. Gerade, was die Dosis der Enzymsubstitution und die Applikationszeit angeht, wird ebenfalls in dieser Ausgabe eine aktuelle Arbeit aus Gut besprochen. Eine ausreichende Dosis führt in den uns zur Verfügung stehenden, meist Registerdaten zu einer deutlichen Verbesserung der Fett- und Eiweißresorption. Diese Daten zeigen klar, dass wir im Alltag eher unterdosieren und damit Mangelernährung bei diesen Patienten in Kauf nehmen. Klar sollte auch sein, dass bei einer möglicherweise endoskopisch interventionellen Therapie bei fehlendem Ansprechen der Bogen nicht überspannt wird und das weitere Prozedere mit dem Viszeralchirurgen interdisziplinär diskutiert wird. Dabei können wir wenig auf evidenzbasierte Therapie bauen, denn richtig gute randomisierte Studien zum Thema optimale Therapie der chronischen Pankreatitis existieren in dem Sinne nicht.

Früherkennung kann optimiert werden

Malnutrition und chronische Schmerzen sind mit keinem der zum Einsatz kommenden Therapieverfahren optimal beherrschbar und es gilt auch bei der chronischen Pankreatitis wie bei vielen Tumorerkrankungen, dass die frühe Detektion eines chronischen Umbaus des Parenchyms und auch die frühe Detektion einer exokrinen Insuffizienz durchaus noch Verbesserungspotenzial haben.