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Fragestellung: Wie hoch sind die mit erhöhten Blutzuckerwerten, insbesondere einem Gestationsdiabetes (GDM), verbundenen wirtschaftlichen Kosten in den USA?

Hintergrund: Diabetes ist mit Gesundheitskosten, verminderter Erwerbstätigkeit und Produktivität sowie einer erhöhten Frühmortalität infolge von Komplikationen durch unzureichende Blutzuckereinstellung gekennzeichnet [1]. In den USA stieg die Zahl der von Typ-2-Diabetes (T2D) Betroffenen bis 2015 auf 23,1 Mio. [2]. 2012 betrug hier die Zahl von durch GDM komplizierten Schwangerschaften 222.000 mit steigender Tendenz infolge höheren Alters und häufigerer Adipositas der Schwangeren [3]. 60 % der Gestationsdiabetikerinnen entwickeln innerhalb von 10 Jahren nach der Schwangerschaft T2D [4]. Die American Diabetes Association schätzte die mit Diabetes verbundenen Kosten auf ca. 327 Mrd. $ in 2017, ein Anstieg um 25 % seit 2012 [5]. Nun sollte eine umfassende, genauere Kostenanalyse u. a. für GDM erfolgen.

Patientinnen u. Methoden: Daten zu Schwangeren mit GDM entstammen dem National Inpatient Sample von 2014. Dieser umfasst 108.660 Geburten mit der ICD-9-Diagnose GDM von gesamt 1.659.115 Geburten. Ausgeschlossenen wurden Frauen mit präexistentem Typ-1- oder Typ-2-Diabetes. Anhand von 2016/17 publizierten Daten zu Lebendgeburten und Alter der Mutter wurden die Zahlen für diese Jahre hochgerechnet. Die Kontrolle bestand aus Müttern ohne GDM. Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen und -kosten wurden für die Zeit 9 Monate vor bis 1 Jahr nach der Geburt erfasst. Für GDM wurden Zusatzkosten verbunden mit 1. Komplikationen wie Sektio, Polyhydramnion, Harnwegsinfekt, Amnioninfektionssyndrom, Präeklampsie u. a. hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen, sowie 2. fetalen/neonatalen Komplikationen wie intrauteriner Hypoxie, Atemnotsyndrom, Malformationen, Makrosomie, Geburtsverletzungen und Hypoglykämie ausgewertet.

T1 Jährliche mit GDM verbundene Kosten in den USA, 2017

Ergebnisse: 2017 wurden 268.900 Kinder von Gestationsdiabetikerinnen geboren (Prävalenz 6,9 %). Diese steigt mit dem Alter der Mütter: 1,9 % der Erstgebärenden < 20 Jahre und 14,3 % der Erstgebärenden > 39 Jahre entwickelten GDM. Jeder GDM-Fall war mit ca. 5.800 $ medizinischen Mehrkosten verbunden. Der GDM erhöhte die medizinischen Kosten für Neugeborene nur leicht (im Mittel 40 $/Kind). Deutlich erhöht waren die Kosten für die Mütter, verbunden mit Schwangerschaft und Geburt (im Mittel 5.760 $/Mutter). Im Einzelnen waren das Kosten für stationäre Betreuung (3.140 $), verordnungspflichtige Medikamente (1.200 $), Ambulanz (1.140 $) und Notfallambulanz (280 $). Die wirtschaftlichen Gesamtkosten für diagnostizierten/undiagnostizierten Diabetes, Prädiabetes und GDM betrugen fast 404 Mrd. $, darunter ca. 1,6 Mrd. $ für GDM. Kombiniert ergab dies 2017 eine ökonomische Belastung von 1.240 $ für jeden US-Bürger. Die jährlichen Kosten für GDM: 5.800 $.

Schlussfolgerungen: Dies unterstreicht die Bedeutung von besserer GDM-Prävention, Erkennung und Therapie.

Kommentar von Dr. med. Jens H. Stupin

Vom Risiko für die Nachkommen ganz zu schweigen

Die Ergebnisse der Studie geben einen guten Überblick. Die Belastung jedes Haushalts entspricht 5,1 % des Einkommens. 6,9 % der 3,9 Mio. Geburten sind von GDM betroffen. Dass die mittleren Kosten pro GDM zwischen 2012 und 2017 um 6 % gefallen sind, zeigt einen sensiblen, professionellen Umgang mit dieser besonderen Gruppe gegenüber der Vergleichspopulation an. Die Bedeutung eines GDM-Screenings und einer adäquaten Therapie liegt auf der Hand, besonders mit Blick auf die Risiken für die Nachkommen (perinatal programming). Limitationen der Studie könnten sein, dass dieser durch fehlerhafte ICD-Kodierung unterdiagnostiziert wurde und Kosten durch intrauterine Todesfälle nicht erfasst wurden. Die Daten aus den USA sollten Ärzte, Politik und Gesellschaft alarmieren, dringend Schritte in Richtung Prävention, frühe Diagnostik und adäquate Therapie des Diabetes zu unternehmen, wie dies die „Nationale Diabetes-Strategie“ der DDG fordert.