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Raucherinnen mit COPD-Symptomatik werden seltener spirometrisch untersucht als Raucher.

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Eine Männerkrankheit ist die COPD schon lange nicht mehr. Seit mehreren Jahrzehnten steigen die Erkrankungszahlen von Frauen, inzwischen scheinen sie das Niveau der Männer erreicht zu haben. So hat z. B. die RKI-Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell“ in den Jahren 2014/15 bei Frauen wie Männern eine 12-Monats-Prävalenz von etwa 5,8 % ermittelt, in den jüngeren Jahrgängen waren sogar mehr Frauen betroffen. In der Primärdiagnostik ist dieser Wandel jedoch noch nicht angekommen: Auch neueren Studien zufolge werden Raucherinnen mit einschlägiger Symptomatik seltener spirometrisch untersucht und seltener zum Pneumologen überwiesen als Raucher; eine COPD bleibt bei ihnen daher signifikant häufiger unentdeckt.

Erhöhte Vulnerabilität

Dabei sind Frauen besonders empfindlich gegenüber Tabak und anderen Noxen aus der Atemluft. In Studien hatten COPD-Patientinnen bei gleicher Atemwegsobstruktion im Schnitt weniger Packungsjahre hinter sich als männliche COPD-Patienten. Rauchen führt bei Frauen offenbar zu einem rascheren FEV1-Verlust und auch zu einer höheren Exazerbationshäufigkeit. Ein naheliegender Grund für die höhere Anfälligkeit sind anatomische Unterschiede: Auf einer kleineren Oberfläche der Atemwege kann dieselbe Menge an Noxen mehr Schaden anrichten. Zusätzlich scheint die lokale Entzündungsreaktion in den Atemwegen stärker auszufallen als bei Männern. Die Wirkung von Zigarettenrauch kann außerdem durch Sexualhormone beeinflusst werden: Östradiol moduliert z. B. in der Lunge die Aktivität von Cytochrom-P450-Enzymen, die an der Metabolisierung der inhalierten Chemikalien beteiligt sind, und macht die weibliche Lunge damit empfindlicher für oxidative Schäden durch das Rauchen. Zusätzlich gibt es Hinweise auf eine geschlechtsassoziierte genetische Komponente, durch die das Risiko für eine frühe und schwere COPD bei Raucherinnen erhöht ist.

Mehr Luftnot und Husten

Geschlechterunterschiede bei der COPD lassen sich auch klinisch und radiologisch feststellen: Verglichen mit Männern, die genauso viel geraucht oder die gleiche FEV1 haben, leiden Frauen stärker an Luftnot und an Husten. Die Sputumproduktion fällt bei ihnen dagegen geringer aus. Trotzdem weisen sie eher den Phänotyp einer chronischen Bronchitis auf. Dazu passt der Befund, dass bei Frauen selbst bei weniger schwerer COPD die Wände der kleinen Atemwege dicker sind. Emphyseme sind dagegen seltener nachweisbar als bei Männern mit einer identischen Rauchanamnese.

Dyspnoe ist bei Frauen eng verknüpft mit Depressionen. Angst und/oder Depressionen treten bei COPD-Patientinnen signifikant öfter auf als bei Männern mit COPD. Auch die gesundheitsbezogene Lebensqualität gemäß den üblichen Scores wird bei gleicher Symptomatik von Frauen schlechter bewertet. Als weitere eher „weibliche“ Begleiterkrankungen der COPD gelten Osteoporose und Unterernährung. Seltener als bei den männlichen Patienten werden dagegen Alkoholabusus oder KHK diagnostiziert.

Rauchstopp wirksamer als bei Männern

Wegen der Unterdiagnostik erhalten Frauen mit COPD öfter nicht die notwendige Therapie. Dabei ist, entsprechend der erhöhten Vulnerabilität gegen Tabak, die Raucherentwöhnung bei ihnen sogar mit einem größeren FEV1-Gewinn verbunden als bei Männern. Angst und Depressionen können jedoch den Rauchstopp erschweren; Rückfälle werden außerdem dadurch begünstigt, dass Frauen von der Zigarettenabstinenz symptomatisch nicht so stark profitieren wie Männer und dass sie eher eine Gewichtszunahme vermeiden wollen. Solche Unterschiede in Entwöhnungsprogrammen zu berücksichtigen, könnte hilfreich sein.

Ob der Nutzen der medikamentösen Therapie ebenfalls vom Geschlecht beeinflusst wird, ist nicht so klar, was auch daran liegt, dass Frauen selbst in klinischen Studien zur COPD meistens unterrepräsentiert sind. Lediglich für die inhalierbaren Kortikosteroide gibt es Hinweise, dass Frauen nach dem Absetzen mehr Symptome und Exazerbationen entwickeln als Männer.

Der Nutzen einer Sauerstofftherapie ist auch für Frauen belegt. Durch eine Langzeit-Sauerstofftherapie wird die Mortalität bei ihnen sogar stärker reduziert als bei Männern mit ähnlichen Voraussetzungen. Die Lungen-Reha scheint dagegen geschlechterneutral zu sein; Belastbarkeit und Lebensqualität werden bei Männern und Frauen in gleichem Maß verbessert.