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In Indien sind 75 % der Bevölkerung ESBL-Träger.

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Etwa drei Viertel der niedergelassenen Ärzte haben bereits Erfahrung mit multiresistenten Erregern (MRE). Zu diesem Ergebnis kommt eine Onlinebefragung von 6.333 niedergelassenen Ärzte durch das MRE-Netz Rhein-Main, die Dr. Andrés de Roux aus Berlin präsentierte.

85 % der teilnehmenden Ärzte halten Resistenzen gegen Antibiotika für relevant. 62 % sind der Auffassung, dass ihr eigenes Verordnungsverhalten Einfluss auf die Resistenzsituation in der Region hat. Und etwa drei Viertel haben bereits Erfahrung mit Therapieversagen wegen Antibiotika gemacht. Neben MRSA (methicillinresistene Staphylococcus aureus) und VRE (vanconycinresistente Enterokokken) geht es dabei auch um ESBL- (Extended-Spectrum Beta-Lactamasen)bildende Bakterien und MRGN (multiresistente gramnegative Stäbchenbakterien).

Die aktuellsten Daten zur Antibiotikaresistenz in Europa, publiziert im November 2017 vom „European Antimicrobial Resistance Surveillance Network“ (EARS-Net), zeigen eine erhebliche Variabilität der Resistenzraten innerhalb Europas mit einem Süd-Nord-Gefälle. Insgesamt hat MRSA abgenommen, dagegen ist eine deutliche Zunahme von VRE zu beobachten sowie erste Nachweise von Colistinresistenzen. Ebenfalls noch selten, aber zunehmend sind Carbapenem-Resistenzen bei Escherischia coli und Klebsiellen.

Cefuroxim wird viel zu oft verordnet

De Roux kritisierte den starken Anstieg bei der Verordnung von Reserveantibiotka und verwies insbesondere auf Cefuroximaxetil. „Cefuroximaxetil hat den stärksten Anstieg als Einzelsubstanz im 10-Jahres-Zeitraum zu verzeichnen, obwohl die Substanz in keiner deutschen Behandlungsleitlinie Mittel der Wahl ist“, betonte der niedergelassene Pneumologe. Generell sei aber eine Trendwende im Antibiotikaverbrauch im ambulanten Bereich zu verzeichnen. Eine aktuelle Auswertung von Versichertenzahlen der kaufmännischen Krankenkasse sieht einen Rückgang der Antibiotikaverordnungen seit 2008 um 17 %.

MRE im Gepäck

Besonderes Augenmerk auf MRE sollten bei „normalen“ Touristen sowie bei Patienten gelegt werden, die Kontakt zu ausländischen Medizinsystemen haben, etwa in Indien, China, Griechenland oder Saudi Arabien. Immerhin sind in Indien 75 % der Menschen ESBL-Träger. „Und die Bakterien reisen mit.“

Studien in Schweden und in Deutschland zeigen, dass ESBL nicht selten durch Reisen erworben wird. So zeigte eine prospektive Kohortenstudie in Deutschland bei Reisenden in 53 verschiedene Länder einen Anteil an ESBL-Trägern vor der Reise von 6,8 % (14/205), nach der Reise 40 % (63 von 191). Besonders hoch war das Risiko bei Aufenthalten in Indien und Süd-Ost-Asien. Eine Gastroenteritis im Reiseland erhöhte die Wahrscheinlichkeit. Die Persistenz nach sechs Monaten lag bei 8,6 %. In der schwedischen Studie lag die Zahl der ESBL-Trägern bei 2,4 % vor und 30 % nach der Reise.