Hintergrund und Fragestellung: Atemnot limitiert die Belastungstoleranz von COPD Patienten erheblich. Ziel dieser Studie war es, die Effekte des Musikhörens während einer Trainingsbelastung bei COPD-Patienten zu untersuchen.

Patienten und Methoden: Die Patienten absolvierten zwei standardisierte Gehtests bei identischer, zügiger Geschwindigkeit. Das Testende war durch die eigene körperliche Ausbelastung definiert. Dabei hörten die Patienten während des einen Gehtests selbst ausgewählte Musik, bei dem anderen nicht. Als primärer Endpunkt wurde der Unterschied der Gehdauer festgelegt. Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung, Atemnot und Ermüdung wurden vor und nach beiden Tests erhoben.

Ergebnisse: 19 Patienten (Alter: 71±8 Jahre; FEV1 47±19 %) nahmen an der Studie teil. Die Ausdauergehzeit war um knapp 20 % länger, wenn beim Gehen Musik gehört wurde (7,0 versus 5,9 Minuten). Ebenso war die Atemnot gemessen an der Borg-Skala nach dem Test mit Musik signifikant geringer (4,6 versus 5,6 Punkte). Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung oder Beinermüdung waren nicht signifikant unterschiedlich.

Schlussfolgerung: Musikhören während körperlicher Anstrengung bei COPD-Patienten kann die Atemnot reduzieren und die Belastungstoleranz verlängern.

figure 1

Mit der Lieblingsmusik im Ohr verliert die sportliche Anstrengung einen Teil ihres Schreckens — auch für COPD-Patienten.

© www.karrastock.com / stock.adobe.com; (Symbolybild mit Fotomodell)

Kommentar Dr. phil. Rainer Glöckl

Mögliche Erklärung: Verschiebung des Aufmerksamkeitsfokus

Dass eine so simple Maßnahme wie Musikhören die Belastungsatemnot reduzieren und die Belastungstoleranz zu steigern vermag, ist ein erstaunliches Ergebnis. Die Reduktion der Atemnot um einen Punkt (gemessen mittels Borg-Skala) entspricht genau der klinisch relevanten Schwelle und ist somit von Bedeutung. Die Steigerung der Gehtestrecke war zwar statistisch signifikant, die klinische Relevanz einer Steigerung um 1,1 Minuten ist hier aber sicher fraglich. Eine methodische Stärke dieser Studie war dennoch, dass die Patienten im Vorfeld nicht über das genaue Studienziel informiert wurden und somit die Gehtests unvoreingenommen bzw. „verblindet“ absolviert haben. Als mögliche Erklärung für die positiven Effekte des Musikhörens wurde vermutet, dass vor allem die Verschiebung des Aufmerksamkeitsfokus dafür verantwortlich war. Patienten haben sich weniger auf ihre Atemnot konzentriert und waren durch die Musik abgelenkt, sodass sie die Atemnot als weniger schlimm empfanden. Da es sich nur um eine einmalige Querschnittuntersuchung handelte, bleibt unklar, ob sich die positiven Effekte des Musikhörens weiter verstärken oder im Laufe der Zeit wieder neutralisieren, wenn sich die Patienten an die Musik gewöhnt haben. Auch bleibt abzuwarten, ob die Trainingsintensität erhöht werden kann, wenn Patienten dabei Musik hören, um die Effektivität zu steigern.

Auch wenn die gemessenen Effekte nicht von sehr großem Ausmaß waren, so könnte Musikhören doch eine simple Hilfestellung für das sportliche Training von COPD-Patienten sein. In einer anderen Studie konnte gezeigt werden, dass die Adhärenz eines 3-monatigen Gehtrainingsprogrammes bei COPD-Patienten durch Musikhören signifikant verbessert werden konnte [1]. Patienten, die beim Trainings Musik hörten, absolvierten 92 % der vorgegebenen Trainingseinheiten, Patienten, die keine Musik hörten, nur 38 %. Insofern kann Musikhören für viele ein Motivationsfaktor sein, um den „Schweinehund“ zu überwinden. Wenn sich dadurch auch noch die Atemnot verringert, so kann man von einer „Therapie“ mit doppeltem Effekt ohne Nebenwirkungen sprechen.

figure 2

Dr. phil. Rainer Glöckl