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„Neuartige Heilverfahren bewegen sich abseits der klassischen Therapeutika in der Kardiologie.“

Prof. Dr. med. Heribert Schunkert

Klinik für Herz und Kreislauferkrankungen Deutsches Herzzentrum München

Im Zentrum der aktuellen Ausgabe stehen Arbeiten, die vielversprechende Innovationen im Bereich der Kardiologie abbilden. Die vier neuartigen Heilverfahren haben allesamt gemeinsam, dass sie sich abseits der klassischen Therapeutika in der Kardiologie bewegen. Dies gilt einerseits für die hier vorgestellten Implantate, sei es zur Behandlung von Herzklappenerkrankungen, der diastolischen Herzinsuffizienz oder von Herzrhythmuserkrankungen. Ganz besonders gilt es aber für neuartige Biologica, d. h. pharmakologische Ansätze, die auf die Regulation der intrazellulären RNA-Spiegel abzielen.

Kathetergestützte Verfahren zur Behandlung von Herzklappenerkrankungen haben in den letzten Jahren den praktischen Alltag in der Herz-Kreislauf-Medizin am stärksten verändert. Viele Patienten, die für einen Herzklappenersatz oder eine offene Rekonstruktion einer Herzklappe zu alt oder gebrechlich waren, lassen sich nun mit TAVI oder MitraClip interventionell behandeln. Akademische Zentren in Zusammenarbeit mit Industriepartnern haben dabei eine erhebliche Verbesserung der Materialien und immer schonendere Verfahren zur Herzklappenbehandlung erwirkt. Auch werden immer mehr Nischen abgedeckt, die sich bislang einer interventionellen Therapie entzogen haben. Tobias Rheude, Constanza Pellegrini und Markus Kasel haben das Spektrum der neuen Devices zur Reparatur von Herzklappen zusammengestellt.

Die diastolische Herzinsuffizienz galt bis dato als eine der undankbarsten Aufgaben in der Behandlung von Herzerkrankungen. Pharmakologische Maßnahmen haben bislang weitgehend enttäuscht. Umso mehr Aufsehen hat ein Implantat erregt, mit dem ein künstlicher Vorhofseptum-Shunt angelegt wird, der es ermöglicht, dass das Blut bei Erhöhung der Füllungsdrücke vom linken Vorhof ins rechte Atrium übertritt, um die Lungenstrombahn von einer postkapillären Druckerhöhung freizuhalten. Erste klinische Erfahrungen zeigen, dass dieses Wirkprinzip nicht nur den pulmonalvenösen Druck senkt, sondern auch symptomatisch Verbesserungen erzielen kann. Gerd Hasenfuß hat in Deutschland die größten Erfahrungen mit diesem innovativen Therapieprinzip und diese in klinisch und pathophysiologisch hochrelevanter Form zusammengefasst.

Ein Dauerbrenner bei den Innovationen sind Möglichkeiten zum Telemonitoring mittels kardialer Implantate. Hier gibt es schon seit einigen Jahren Fortschritte, die jedoch mit einer gewissen Ernüchterung einhergingen, da nicht alle therapeutischen Ziele mittels Telemonitoring zu erreichen waren. Christoph Kolb macht eine Bestandsaufnahme und offeriert eine Übersicht zu aktuellen Fragestellungen und Methoden des Telemonitorings bei Patienten mit Herzrhythmusstörungen und Herzinsuffizienz.

Die vielleicht größte Innovation in der Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zielt auf die Modulation von mikroRNAs ab. Dabei handelt es sich um kurze, nicht kodierende RNAs, die in die Regulation der Proteinsynthese eingreifen. Die Grundlagenforschung hat eine Vielzahl von mikroRNAs identifiziert, die auf diese Art zum Teil nutzbringend, zum Teil aber in nachteiliger Weise den zellulären Stoffwechsel modulieren. Die Gruppe von Stefanie Dimmeler hat Pionierarbeit auf diesem Gebiet geleistet und speziell die mikroRNA 92a als problematisch identifiziert. Diese RNA wird bei bestimmten Bedingungen hochreguliert und kann bei Herzinfarktpatienten oder Patienten mit Atherosklerose die Erkrankung aggravieren. Nun gilt es, mittels gezielter Hemmung dieser RNAs einen therapeutischen Nutzen zu erzielen. Der lange Weg bis zur Etablierung einer klinischen Behandlung wird von den Autorinnen Tina Lukas und Stefanie Dimmeler in einer sehr gut illustrierten und erklärenden Arbeit vorgestellt.

Sie werden hoffentlich meine Freude beim Lesen dieses Heftes teilen, in dem, wie ich finde, brisante Neuentwicklungen zusammengefasst und ein Überblick verschafft wird, wo die spektakuläre Reise der kardiovaskulären Medizin weitergeht.

Ihr

Prof. Dr. med. Heribert Schunkert