Die Behandlung der akuten myeloischen Leukämie (AML) ist chancenreicher aber auch komplexer geworden. In seiner "How-I-Treat-Serie" lässt das Fachmagazin Blood deshalb zwei Hämatologen diffizile Fälle vorstellen.

Die Möglichkeiten zur Behandlung der AML haben sich stark geweitet. So sind mehrere zielgerichtete Therapien verfügbar: Venetoclax mit dem Apoptoseregulator Bcl-2 als Target, Midostaurin sowie Gilteritinib, die sich gegen die Tyrosinkinase FLT3 richten, und Ivosidenib sowie Enasidenib gegen die mutierten Isocitratdehydrogenasen IDH1 und IDH2. Zudem wurde das gegen CD33-gerichtete Immunkonjugat Gemtuzumab-Ozogomycin zugelassen, liposomale Formulierungen älterer Krebsmedikamente wie Daunorubicin und Cytarabin sowie Glasdegib sind ebenfalls verfügbar.

Die AML ist genetisch heterogen und entkommt Medikamenten relativ leicht durch Mutationen. Der Zugang zu mehr Therapien mit neuen Wirkmechanismen und distinkten Nebenwirkungsprofilen birgt aber auch neue Herausforderungen:

  1. 1.

    Die rechtzeitige Identifikation von angreifbaren Mutationen, nicht nur zum Zeitpunkt der Diagnose, sondern auch bei Auftreten eines Rezidivs.

  2. 2.

    Die Entscheidung, welches Medikament genutzt werden sollte, wenn verschiedene therapeutische Optionen verfügbar sind.

  3. 3.

    Eine höhere Sensibilisierung für das Nebenwirkungsmanagement, die mit diesen neuen Agenzien verbunden sind.

Um die neuen Herausforderungen aufzuzeigen, haben Ärzte vom MD Anderson Cancer Center in Texas und dem Australian Centre for Blood Diseases in Melbourne im Rahmen der "How-I-Treat-Serie" 3 Fälle diskutiert. Im ersten Fall geht es um eine 75-jährige Patientin mit bisher unbehandelter AML und die Frage, ob sie eine intensive Chemotherapie inklusive Venetoclax erhalten soll. Im zweiten Fall hat ein junger Mann eine rezidivierte AML mit FLT3-ITD-Mutation. Soll er eine Salvage-Chemotherapie erhalten oder Gilteritinib? Und schließlich zeigen die Kollegen, wie sie bei einer 78-jährigen Frau eine rezidivierte AML mit IDH1-Mutation behandeln - ob mit Chemotherapie oder Ivosidenib-Salvage-Therapie. Mit den detailliert beschriebenen Fall- und Therapieentscheidungen wollen die Hämatologen Praktiker unterstützen.

Fazit: Bei der Behandlung der AML geht es nicht mehr um die einfache binäre Frage zwischen "kurativer, intensiver" Therapie und "palliativer, niedrigintensiver" Behandlung. Die erhöhte Diversität therapeutischer Optionen verlangt einen differenzierten Ansatz.

DiNardo CD und Wie AH. How I treat acute myeloid leukemia in the era of new drugs. Blood. 2020;135(2):85-96