Weil die Inzidenz des kolorektalen Karzinoms (CRC) bei Frauen niedriger ist als bei Männern, wird schon seit längerem vermutet, dass weibliche Hormone einen schützenden Effekt haben. Tatsächlich war die Hormontherapie mit Östrogen plus Progestin in den Studien der Women’s Health Initiative (WHI) mit einem verringerten Risiko für ein CRC assoziiert. Allerdings waren die meisten Frauen mindestens 60 Jahre alt und ihr Karzinom wurde im fortgeschrittenen Stadium entdeckt. In der aktuellen Studie prüften Wissenschaftler, ob bei jüngeren Frauen die Hormontherapie nach der CRC-Diagnose mit einem verringerten krebsspezifischen und Gesamtsterberisiko einhergeht. Sie werteten dazu retrospektiv Daten des schwedischen Krebsregisters und des Swedish Prescribed Drug Register, ein Register zur Überwachung der Verschreibung und Abgabe von Arzneimitteln, aus.

Der Anteil der Frauen mit Hormontherapie sank von 36 % im Jahr 1999 auf 27 % im Jahr 2002 und 9 % im Jahr 2007, und zwar bei Patientinnen im Alter zwischen 50 und 59 Jahren — also nach Bekanntwerden der WHI-Studiendaten zur Hormontherapie Anfang der 2000er-Jahre. Im Fokus der Studie standen Teilnehmerinnen, bei denen im Alter zwischen 45 und 69 Jahren ein CRC diagnostiziert worden war. Aus früheren Untersuchungen hatte man geschlossen, dass sich Frauen in dieser Altersgruppe eher einer Hormontherapie unterziehen.

Auswerten ließen sich die Befunde von mehr als 1.100 Frauen, die zum Diagnosezeitpunkt median 63 Jahre alt waren. 736 hatten die Hormontherapie auch vor der Krebsdiagnose erhalten, jede Dritte nur danach. Die Therapie bestand bei 983 Frauen aus Östrogen, bei 126 aus Östrogen und Progesteron. Bei 23,7 % war das Karzinom im Stadium I, bei 27,8 % im Stadium II, bei 36,2 % im Stadium III und nur bei 12,3 % im Stadium IV.

Nach durchschnittlich 5,4 Jahren und einem Follow-up von 6.089 Personenjahren waren 246 Frauen gestorben, 200 an den Folgen des CRC. Der Auswertung zufolge war eine Hormontherapie nach der Krebsdiagnose mit einer Reduktion der krebsspezifischen Mortalität (Hazard Ratio [HR] 0,74; 95 %-Konfidenzintervall [95 %-KI] 0,62–0,88) sowie der Gesamtsterberate assoziiert (HR 0,70; 95 %-KI 0,60–0,82). In der Berechnung waren mehrere Störfaktoren wie etwa Alter und Jahr der Diagnose berücksichtigt worden. Frauen, die auch vor der Diagnose eine Hormontherapie erhalten hatten, profitierten offenbar noch stärker davon (krebsspezifische Mortalität: HR 0,71; 95 %-KI 0,58–0,88; Gesamtsterberate: HR 0,66; 95 %-KI 0,55–0,80).

Wie genau der Schutzeffekt der Hormone zustande kommt, ist nicht im Detail bekannt. Eine mögliche Erklärung sei, dass das Östrogen vor der Entstehung einer Mikrosatelliteninstabilität schütze, so die Forscher.

Fazit: Frauen, die nach der CRC-Diagnose eine Hormontherapie erhalten haben, hatten in einer retrospektiven schwedischen Auswertung eine geringere krankheitsassoziierte und Gesamtsterblichkeit als Frauen ohne Hormontherapie.