Etwa 80 % der Patienten mit neu diagnostizierter AML erreichen in der Erstlinie eine komplette Remission (CR). Allerdings erlebe nahezu die Hälfte der Patienten einen Rückfall, und nur 30–40 % lebten noch fünf Jahre nach Ausbruch der Erkrankung, erläuterte Gert Ossenkoppele, Amsterdam, Niederlande, auf dem XV. European LeukemiaNet (ELN) Symposium in Venedig, Italien. Die Therapieentscheidung basiert bei der AML im Wesentlichen auf einer Prognoseabschätzung bei Erstdiagnose. Dabei spielt die genetische Disposition der AML-Blasten eine entscheidende Rolle. In den vergangenen Jahren wurden eine Reihe neuer molekular-zytogenetischer Veränderungen bei der AML identifiziert und zuletzt 2017 in die ELN-Empfehlungen implementiert [Döhner H et al. Blood. 2017;129(4):424-47]. Zu den neuen Markern zählen beispielsweise die interne Tandemduplikation im FLT3-Gen (FLT3-ITD) oder Mutationen in den Genen für RUNX1, ASXL1 oder TP53, die je nach Expressionslevel oder dem gleichzeitigen Auftreten weiterer Risikofaktoren einen günstigen, intermediären oder ungünstigen Verlauf anzeigen können.

Wie Ossenkoppele erklärte, sei eine auf morphologischen Kriterien basierte CR für ein längeres Überleben zwar notwendig, aber bei Weitem nicht ausreichend. Für die minimale Resterkrankung oder besser die messbare Resterkrankung (MRD) spreche, dass sie die Summe aller bekannten und auch unbekannten Effekte widerspiegele, die den Therapieerfolg beeinflussen und dies nicht nur prätherapeutisch, sondern auch im Therapieverlauf.

Zur Bestimmung der MRD, so Ossenkoppele stünden verschiedene Methoden zur Verfügung: neben der Durchflusszytometrie (FCM) zur Bestimmung des leukämieassoziierten Immunphänotyps (LAIP) die quantitative Echtzeit-Polymerasekettenreaktion (qRT-PCR) und auch das NGS („next generation sequencing“).

Robuste Daten zur MRD

Schon in der CBF-2006-Studie habe sich die Aussagekraft der MRD (mittels qRT-PCR bestimmt) bei Patienten mit CBF(„core binding factor“)-positiver AML gezeigt, so Ossenkoppele. Die kumulative Inzidenz eines Rückfalls (CIR) nach drei Jahren war bei einer < 3-log-Reduktion nach der ersten Konsolidierung deutlich höher (54 vs. 22 %) [Jourdan E et al. Blood. 2013;121(12):2213-23]. Ähnlich gute Daten gebe es zur MRD als Marker bei Patienten mit NPM1-mutierter AML, sagte der Hämatologe. Auch in dieser Situation zeigte sich der MRD-Status (qRT-PCR) im peripheren Blut nach dem zweiten Chemotherapiezyklus als ein starker unabhängiger prognostischer Faktor sowohl im Hinblick auf die CIR als auch in Bezug auf das Gesamtüberleben. MRD-Negativität ging mit einer hoch signifikant besseren 3-Jahres-Überlebensrate einher (86 vs. 34 %) [Ivey I et al. N Engl J Med. 2016; 374(5):422-33].

Als verlässlich hat sich nach Ossenkoppele auch die MRD-Bestimmung mittels LAIP erwiesen, beispielsweise in der HOVON/SAKK-42a-Studie [Terwijn M et al. J Clin. Oncol. 2013;31(31):3889-97].

Therapieziel: CR plus MRD-Negativität

Diesen Entwicklungen habe man in den 2017 aktualisierten ELN-Empfehlungen Rechnung getragen. So sei als erstes Ansprechkriterium nicht mehr nur eine CR gefordert, sondern eine CR mit MRD-Negativität. Als Beispiel für eine MRD-gesteuerte Therapie führte Ossenkoppele die HOVON/SAKK-Studien an, in der nach der zweiten Induktion die Patienten in den Risikogruppen günstig und intermediär abhängig vom MRD-Status stratifiziert worden sind.