Schwedische Forscher haben in einer Fall-Kontroll-Studie die Krankheitsgeschichte vor der Diagnose von 2.570 Patienten mit Brust-, Prostata-, Darm-, Lungen-, Hautkrebs und gynäkologischen Malignomen anhand der diagnostischen Codes im ICD-10 untersucht. Sie nutzten die Daten einer Gesundheitsdatenbank der Region Götaland und des schwedischen Krebsregisters. Alle Patienten hatten im Jahr vor der Krebsdiagnose mindestens 4-mal ihren Hausarzt aufgesucht. Die Vergleichsgruppe bildeten 9.424 Personen mit den gleichen Merkmalen, die Malignomdiagnose ausgenommen. Die Forscher berechneten die Quotienten aus der Wahrscheinlichkeit, mit der bestimmte Symptome bei den Krebspatienten auftraten, und der Wahrscheinlichkeit dieser Symptome bei den Vergleichspersonen (Likelihoodratio, LR).

Die höchste LR wiesen Knoten in der Brust auf (11,9), gefolgt von abnormen Eiweißbefunden im Plasma (5,0) und pathologischen Enzymwerten im Serum (4,6). Insgesamt handelte es sich bei 6 der 10 dokumentierten Diagnosecodes mit den höchsten LR um Alarmsymptome, neben Knoten in der Brust z. B. um intraabdominelle Raumforderungen, postmenopausale, gastrointestinale oder rektale Blutungen. 4 der 10 häufigsten Befunde waren den Alarmsymptomen zuzurechnen.

Daher fragt sich, ob die Krebsdiagnosen nicht schon vor dem vierten Hausarztbesuch hätten gestellt werden können. Tatsächlich gab es verdächtige Befunde, die bei mehr als 75 % der Patienten frühestens bei der vierten Konsultation dokumentiert wurden, z. B. bei Knoten in der Brust bei 94,1 % der Patientinnen. Ein solcher Knoten wurde bei 4,9 % der Frauen schon beim ersten oder zweiten Besuch festgestellt; trotzdem folgten noch mindestens 2 weitere Arztbesuche vor der Diagnose. Auch rektale Blutungen wurden bei 4 von 5 Patienten frühestens beim vierten Besuch festgehalten; bei jedem zehnten war der Befund schon nach der ersten oder zweiten Arztvisite dokumentiert. Insgesamt waren 17 % der Befunde, die später der Krebserkrankung zugeordnet wurden, bei den ersten beiden Arztkonsultationen vorhanden. Die Forscher erwägen dafür 4 Gründe (siehe Kasten 1).

figure 1

Blut im Stuhl sollte gleich beim ersten Arztbesuch abgeklärt werden, z. B. mit einem immunologischen Test.

© Preventis GmbH

Fazit: „Mehr als die Hälfte der Patienten haben im Jahr vor der Diagnose mindestens viermal ihren Hausarzt aufgesucht. 1 von 6 Befunden war schon bei den ersten beiden Konsultationen vorhanden“, so die Forscher. Hier seien womöglich diagnostische Optionen ungenutzt verstrichen. Allerdings legten nicht alle dieser Befunde zwingend die Möglichkeit eines malignen Geschehens nahe.