Der Bundesgerichtshof gesteht Patienten zu, Kuren jederzeit zu kündigen. Kurkliniken haben in solchen Fällen immer das Nachsehen - auch wenn ihre Gäste anderslautende AGB unterschrieben haben.

Kliniken können für den vorzeitigen Abbruch einer Mutter-Kind-Kur keinen Schadensersatz verlangen. Denn bei einem zwischen Klinik und Kurgast geschlossenen Behandlungsvertrag sieht das Gesetz ein jederzeitiges Kündigungsrecht des Patienten vor, urteilte der Bundesgerichtshof (Az.: III ZR 80/20).

Im konkreten Fall trat eine Mutter mit ihren vier Kindern am 28. Februar 2018 eine dreiwöchige Mutter-Kind-Kur in einer Klinik der gemeinnützigen "Kur und Reha GmbH" des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes an. Die Kurklinik übersandte der Mutter ein Schreiben mitsamt den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Einrichtung. Diese sahen bei einer vorzeitigen Abreise ohne medizinisch nachgewiesene Notwendigkeit Schadensersatzzahlungen vor.

Für jeden vorzeitig abgereisten Tag sollte die Patientin demnach 80 % des Tagessatzes berappen. Dies hatte die Mutter auch per Unterschrift so bestätigt. Es bleibe der Patientin unbenommen, zu belegen, so die Kurklinik in ihren AGB, dass kein oder nur ein geringerer Schaden entstanden sei. Lediglich beim gesetzlichen Recht auf Kündigung "aus wichtigem Grund" sollte kein Schadenersatz fällig werden. Als die Frau dann nach zehn Tagen die Mutter-Kind-Kur vorzeitig beendete, verlangte der Klinikbetreiber für die nicht angetretenen Kurtage 3.011 € Schadensersatz. Die Gründe für den Abbruch blieben zwischen Mutter und Kurklinik strittig.

Der Bundesgerichtshof urteilte nun, dass der Betreiber keinen Anspruch auf Schadensersatz hat. Die entsprechende Vertragsklausel in den Geschäftsbedingungen der Klinik sei unwirksam. Die Karlsruher Richter verwiesen darauf, dass es sich bei dem Behandlungsvertrag zwischen Klinik und Patientin um einen auf Vertrauen basierenden "Dienst höher Art" handele. Laut Bürgerlichem Gesetzbuch besteht bei solch einem "besonderen Dienstverhältnis" ein "jederzeitiges Kündigungsrecht". Die Schadensersatzklausel der Kurklinik sei "mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung - dem 'freien' und sanktionslosen Kündigungsrecht bei Diensten höherer Art, die auf besonderem Vertrauen beruhen - nicht zu vereinbaren", so das Gericht.