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Dr. med. Ulrich Mutschler, Hamburg

Während einer Adenotonsillektomie kam es bei zwei Kleinkindern zu einem unerwarteten trigemino-kardialen Reflex. Beim ersten Kind, einem zweijährigen Jungen, wurde nach der problemlosen Intubation ein Mundsperrer benutzt. Danach stellte sich sofort eine Sinusbradykardie mit einem Pulsabfall auf < 50/min ein. Durch Lösen der Mundsperre erholte sich das Kind wieder und der Reflex konnte dann bei vorsichtigem, erneutem Öffnen nicht mehr beobachtet werden.

Das zweite Kind, ein zweijähriges Mädchen, hatte ebenfalls beim Betätigen der Mundsperre eine Sinusbradykardie mit einem Pulsabfall auf 35/min und zusätzlichem systolischem Blutdruckabfall auf 69 mmHg — bei einem Ausgangsblutdruck von 90 mmHg. Durch Entfernen der Mundsperre sistierten Bradykardie und Hypotonie, während sich beim erneuten Anlegen die beiden genannten Symptome sofort wieder einstellten.

Als Auslöser diesen Reflexes wird die Erregung des Trigeminusnervs angesehen, mit Weiterleitung des Reizes über die Formatio reticularis zum Vagusnerv. Dieser beeinflusst über seine efferenten Fasern das Herz. Der trigemino-kardiale Reflex tritt — außer bei HNO-Operationen — gelegentlich auch bei Manipulationen im Gesicht, am Auge, bei Operationen im Bereich der mittleren Schädelgrube oder auch bei Biopsien nahe am 4. Ventrikel und der Pons auf.

Bereits 2016 gaben Chowdhury T et al. einen profunden Überblick über diesen Reflex mit seiner Definition, den zugrunde liegenden Mechanismen und Manifestationen sowie dem entsprechenden Management [Chowdhury T et al. Rev Argent Cardiol 2016;86(4)].

Sie betonen den Nutzen von Atropin, die mögliche Gabe von Adrenalin als zweiten Schritt und vor allem initial die sofortige Unterbrechung möglicher (intraoperativer) trigeminaler Reizung.

Kommentar

Wird der Kinderarzt zu einem Notfall mit Bradykardie und/oder Hypotonie gerufen, sollte er sich dieses relativ wenig bekannten Reflexes vergegenwärtigen und mögliche Prozeduren im Versorgungsgebiet des Trigeminus sofort beenden (lassen). Infolge des höheren Vagotonus bei Kleinkindern ist diese Patientengruppe besonders gefährdet, und es sollten — wie bei jeder ärztlichen Prozedur — Ampullen mit Atropin und Adrenalin unmittelbar zur Verfügung stehen.