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Dr. med. Martin Claßen, Bremen

Immer mehr Kinder bekommen glutenfreies Essen vorgesetzt. Dies ist einerseits dadurch begründet, dass mehr Kinder mit oligosymptomatischer Zöliakie diagnostiziert werden. Manche Eltern glauben aber, ihre Kinder ohne Gluten gesünder zu ernähren, ohne dass die Diagnose einer Zöliakie gestellt wurde. Dr. Charlene Elliot, die sich vor allem mit Marketing von Lebensmitteln und mit Ernährung beschäftigt, wollte deshalb wissen, ob diese Speisen tatsächlich gesünder sind. Dazu wurde ein ganzes Sortiment glutenfreier Speisen im Supermarkt eingekauft und im Vergleich zu glutenhaltigen Produkten analysiert.

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Die Qualität von glutenfreien Produkten lässt häufig zu wünschen übrig.

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364 Produkte wurden ausgewählt, von denen 66 glutenfrei waren. Diese enthielten im Durchschnitt niedrigere Mengen an Protein, Kochsalz und Fett, aber deutlich mehr Zucker. Obwohl alle Speisen speziell als Lebensmittel speziell für Kinder vermarktet wurden, beurteilte die Autorin die ernährungsmedizinische Qualität in 88 % der glutenfreien und 97 % der glutenhaltigen Speisen als minderwertig aufgrund der Zusammensetzung (z. B. Zuckergehalt, Fettgehalt, Kaloriendichte, Salzgehalt).

Kommentar

Die Untersuchung beleuchtet das aktuelle Dilemma der Kinderernährung: Die Industrie vermarktet Produkte für Kinder, die in vielen Aspekten den Anforderungen von Ernährungswissenschaftlern nicht entsprechen. Sie gefährden langfristig die Gesundheit der Kinder und prägen falsche Geschmackspräferenzen. Die vermuteten gesundheitlichen Vorteile einer glutenfreien Kost lassen sich nur für Kinder mit Zöliakie wirklich halten. Eine glutenfreie Ernährung ohne Indikation ist in keinem Aspekt besser als ihr glutenhaltiges Pendant. Von glutenfreien Produkten ohne Indikation muss deshalb abgeraten werden.

Insgesamt müssen wir Kinderärzte immer wieder auf den Wert frisch zubereiteter Speisen mit vielen Pflanzen, wenig Zucker und wenig Fleisch hinweisen und die Risiken von Fertigprodukten aus dem Supermarkt gegenüberstellen.