figure 1

Dr. med. Thomas Hoppen, Koblenz

In diese klinische Studie wurden 63 Reifgeborene von 2011–2016, die Opiaten in utero ausgesetzt waren und die Anzeichen eines neonatalen Abstinenz-Syndroms zeigten, randomisiert aufgenommen und entweder mit sublingualem Buprenorphin oder oralem Morphin behandelt. Die Maximaldosis für Buprenorphin lag bei 60 μg und für Morphin bei 1,2 mg (jeweils pro Kilogramm Körpergewicht und Tag). Traten Symptome auf, die nicht mit der maximalen Opioiddosis kontrolliert werden konnten, wurde zusätzlich Phenobarbital eingesetzt. Der primäre Endpunkt war die Dauer der Symptome des Neugeborenen-Opioidentzugs. Sekundäre klinische Endpunkte waren die Länge des Krankenhausaufenthaltes, der Prozentsatz der Säuglinge, die ergänzende Behandlung mit Phenobarbital erhielten und die Beurteilung der Therapiesicherheit.

Die Wissenschaftler kamen zu eindeutigen Ergebnissen: Die mediane Dauer der Behandlung mit Buprenorphin war signifikant kürzer als bei Morphin (15 Tage vs. 28 Tage), ebenso die mediane Länge des Krankenhausaufenthaltes (21 Tage vs. 33 Tage) (p < 0,001 für beide Vergleiche). Adjunktives Phenobarbital kam bei 5 von 33 Säuglingen (15 %) in der Buprenorphin-Gruppe und in 7 von 30 Säuglingen (23 %) in der Morphin-Gruppe (p = 0,36) zum Einsatz. Die Raten der unerwünschten Ereignisse waren in beiden Gruppen ähnlich.

Kommentar

Morphin kommt in den Vereinigten Staaten bei mehr als 80% aller Säuglinge mit therapiebedürftigem neonatalen Abstinenzsyndrom zum Einsatz. Buprenorphin wurde als starkes Analgetikum 1968 von Reckitt & Colman patentiert, wird im Erwachsenenalter auch zum Opioidentzug in sublingualer Darreichungsform mit Erfolg verwendet und wurde 2006 für die therapeutische Substitution der Abhängigkeit von Opioiden in die Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation aufgenommen. Buprenorphin wirkt am Kappa-Rezeptor antagonistisch. Da dieser Rezeptor für die sedierenden und dysphorischen Wirkungen von Vollagonisten wie Morphin verantwortlich gemacht wird, fehlt diese Wirkung bei Buprenorphin oder ist deutlich schwächer ausgeprägt.

Buprenorphin hat einen breiten therapeutischen Dosisbereich, bis es zu einer Atemdepression kommt, und besitzt eine lange Halbwertszeit, die es für die Behandlung auch von Neugeborenen interessant macht. In Open-Label-Untersuchungen wurde bei günstigem Sicherheitsprofil und guter Wirksamkeit Buprenorphin für diese Indikation bei betroffenen Neugeborenen vorgeschlagen. Erfreulicherweise konnten nun im Rahmen dieser „Single-Site-, randomisierten, doppelblinden, Buprenorphin oder Neonatal Morphin Solution (BBORN) Studie“ die günstigen Eigenschaften dieser Substanz und die Überlegenheit gegenüber Morphin beim neonatalen Abstinenzsyndrom bestätigt werden.